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OGH vom 23.06.2021, 6Ob103/21x

OGH vom 23.06.2021, 6Ob103/21x

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Gitschthaler als Vorsitzenden, die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny, die Hofrätin Dr. Faber und den Hofrat Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Firmenbuchsache der im Firmenbuch des Landesgerichts Klagenfurt zu FN ***** eingetragenen B***** GmbH mit dem Sitz in K***** über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Gesellschaft, *****, und der Geschäftsführer Mag. C***** B*****, sowie Mag. T***** K*****, alle vertreten durch Dr. Peter-Leo Kirste, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Rekursgericht vom , GZ 4 R 86/21f, 4 R 87/21b, 4 R 88/21z-16 bis -18, mit dem der Rekurs der Gesellschaft und der Geschäftsführer gegen die Beschlüsse des Landesgerichts Klagenfurt vom , GZ 5 Fr 630/21v-9 bis -11, zurückgewiesen wurden, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird .

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und dem Rekursgericht die neuerliche Entscheidung über die Rekurse aufgetragen.

Text

Begründung:

[1] Mit Zwangsstrafverfügungen vom verhängte das Erstgericht über die Gesellschaft und dessen Geschäftsführer Zwangsstrafen wegen bis unterlassener Einreichung des Jahresabschlusses der Gesellschaft zum .

[2] Mit Schriftsatz vom erhoben die Geschäftsführer und die Gesellschaft, alle vertreten durch einen Steuerberater, Einspruch gegen die Zwangsstrafverfügungen. Der Steuerberater berief sich dabei auf eine ihm erteilte Zustellvollmacht.

[3] In der Folge verhängte das Erstgericht im ordentlichen Verfahren Zwangsstrafen in Höhe von jeweils 350 EUR. Trotz des Hinweises im Einspruch auf die Zustellvollmacht stellte das Erstgericht diese Zwangsstrafenbeschlüsse an die Geschäftsführer und die Gesellschaft selbst zu. Diese Zustellung erfolgte am .

[4] Die Gesellschaft und die Geschäftsführer, alle vertreten durch einen Rechtsanwalt, erhoben gegen diese Beschlüsse Rekurs, worin sie ausführten, dass ihnen die angefochtenen Beschlüsse am zugestellt worden seien und sodass der am erhobene Rekurs somit rechtzeitig sei.

[5] Das Rekursgericht wies den Rekurs als verspätet zurück. Die Rekursfrist habe am begonnen und daher mit Ablauf des geendet.

Rechtliche Beurteilung

[6] Der Revisionsrekurs ist aus Gründen der Rechtssicherheit zulässig; er ist auch berechtigt.

[7] 1. Wegen des im Außerstreitverfahren in erster Instanz geltenden Grundsatzes der Vertretungsfreiheit (§ 6 AußStrG) durften sich die Parteien in erster Instanz auch durch einen Steuerberater vertreten lassen. Gemäß § 77 Abs 11 WTBG ersetzt bei einem Wirtschaftstreuhänder die Berufung auf die erteilte Bevollmächtigung deren urkundlichen Nachweis. Daher hätte das Erstgericht die Zustellung der Zwangsstrafenbeschlüsse an den Steuerberater vornehmen müssen.

[8] Wenn das Erstgericht dessen ungeachtet die Zustellung an die Geschäftsführer und die Gesellschaft direkt vornahm, durfte das Rekursgericht in Anbetracht des gegenteiligen Rekursvorbringens nicht ohne nähere Erhebungen davon ausgehen, dass die Zwangsstrafenbeschlüsse noch am selben Tag, sohin am , an den Steuerberater weitergeleitet wurden.

[9] Der Beschluss des Rekursgerichts war daher aufzuheben und dem Rekursgericht die neuerliche Entscheidung aufzutragen.

[10] 2. Zur Vermeidung des Anfallens weiterer Kosten wird jedoch auf die Entscheidungen 6 Ob 259/20m und 6 Ob 105/21s verwiesen, die die im Rekurs angesprochenen Rechtsfragen (im letzteren Fall sogar betreffend ein Rechtsmittel desselben Parteienvertreters) inhaltlich behandeln.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2021:0060OB00103.21X.0623.000

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Fundstelle(n):
HAAAD-43611