OGH 29.08.2006, 5Ob152/06y
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Kalivoda, Dr. Höllwerth und Dr. Grohmann als weitere Richter in der außerstreitigen Wohnrechtssache der Antragstellerin Elisabeth D*****, vertreten durch Mag. Nadja Horvath, Mietervereinigung Österreichs, Landesorganisation Wien, 1010 Wien, Reichsratsstraße 15, gegen die Antragsgegnerin Dr. Wolfgang D*****, vertreten durch Gabler, Gibel & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, und die weiteren Verfahrensparteien Ö***** V*****, Ilse S*****, Margit M*****, Barbara Ö*****, Angela F*****, Johanna Hermine S*****, Erwin A*****, Josef H*****, Annemarie H*****, jeweils *****, Ing. Rudolf L*****, Johanna S*****, Christine Z*****, Franz F*****, Franz G*****, Ingeborg T*****, Dkfm. Kurt G*****, jeweils *****, Mag. Reinhold S*****, Brigitte N*****, Erna K*****, Christine K*****, Lieselotte Z*****, Margit M*****, Herta A*****, Friederike R*****, Josef P*****, Walter R*****, Otto S*****, Alois M*****, Hannelore K*****, Edith A*****, E***** W*****, Ursula R*****, Walter S*****, Gertrude K*****, Otto Z*****, jeweils *****, Margarethe Z*****, Anton E*****, Heinz S*****, Rosa M*****, Albert M*****, jeweils *****, Auguste Z*****, Herta Z*****, Marianne A*****, jeweils *****, Eva B*****, Theresia U*****, Elisabeth W*****, Ingrid K*****, Siegfried Z*****, Martin U*****, Liselotte S*****, Hedwig J*****, jeweils *****, Henriette P*****, Karin P*****, Monika P*****, Renate D*****, Johanna Hermine S*****, Aurelia K*****, Dr. Thomas L*****, Martina G*****, Maria M*****, Gerald A*****, Helmut K*****, Irene K*****, beide *****, Johann F*****, Maria F*****, beide *****, Angelika N*****, Helga F*****, Friedrich F*****, beide *****, Josef F*****, Julia F*****, beide *****, Walter Ö*****, Ruciza Ö*****, Mag. Liselotte T*****, Mag. Ernst Alfred T*****, beide *****, Renate T*****, Mag. Wolfgang G*****, Gertrude G*****, Friedrich G*****, beide *****, Ferdinand E*****, Maria E*****, beide *****, Mag. Karin N*****, Hans G*****, Renate G*****, beide *****, Karin B*****, Maria S*****, Helga N*****, Dkfm. Viktor N*****, beide *****, Aspasia M*****, Gerhard M*****, beide *****, wegen § 20 Abs 3 WEG 2002 iVm § 52 Abs 1 Z 6 WEG 2002, über den ordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 40 R 332/05b-23, womit der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Floridsdorf vom , GZ 26 Msch 5/04g-18, bestätigt wurde, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin hat die Kosten ihrer rechtsfreundlichen Vertretung im Revisionsrekursverfahren selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Die Antragstellerin ist auf Grund eines Kaufvertrags vom zu 1490/81620-Anteilen Mit- und Wohnungseigentümerin der Liegenschaft EZ 129 GB *****, Liegenschaftsadresse *****. Die Antragsgegnerin ist Verwalterin der Liegenschaft.
Um die Jahreswende 1981/1982 vereinbarte die Mehrheit der Wohnungseigentümer durch Unterfertigung und Rücksendung der von der Antragsgegnerin vorbereiteten Unterschriftslisten, dass sämtliche Aufwendungen aus dem laufenden Betrieb sowie aus der Instandhaltung und Erneuerung der Personenaufzüge nicht nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile, sondern nach Maßgabe des in der Vereinbarung genannten, an die unterschiedlichen Nutzungsmöglichkeiten angepassten Kostenschlüssels verrechnet werden. Nach dem vereinbarten Kostenschlüssel beträgt der von der Antragstellerin zu tragende Anteil der Liftkosten 2,0246 %; der nach den Miteigentumsanteilen berechnete Betriebskostenschlüssel beträgt für die Antragstellerin 1,83 %.
In der der Antragstellerin gelegten Abrechnung der Bewirtschaftungskosten und in der Einzelabrechnung für die Jahre 2000, 2001 und 2002 hat die Antragsgegnerin hinsichtlich der Liftkosten den vereinbarten (gerundeten) Aufteilungsschlüssel von 2,02 bzw 2,01 % zugrunde gelegt.
Die Antragstellerin begehrte von der Antragsgegnerin, eine ordnungsgemäße Abrechnung der Betriebskosten für die Jahre 2000, 2001 und 2002 betreffend den zur Vorschreibung gelangenden Liftkostenverteilungsschlüssel neu zu legen. Die Antragstellerin begründete diesen Antrag im Wesentlichen mit dem Fehlen einer wirksamen - einstimmigen - Vereinbarung über eine Abänderung des gesetzlichen Aufteilungsschlüssels.
Die Antragsgegnerin beantragte Abweisung des Antrags, weil die um die Jahreswende 1981/1982 - mehrheitlich - erfolgte Vereinbarung wirksam sei.
Das Erstgericht wies den Antrag ab. Die 1981/1982 getroffene Vereinbarung sei im Geltungsbereich des § 19 Abs 1 Z 1 WEG 1975 idF vor dem 3. WÄG erfolgt, wonach die Mehrheit der Miteigentümer eine abweichende Vereinbarung über die Aufteilung der Aufwendungen für einen Personenaufzug vereinbaren habe können; die seinerzeit wirksam zustande gekommene Vereinbarung sei daher bindend.
Das Rekursgericht gab dem Rechtsmittel der Antragstellerin nicht Folge und erachtete die um die Jahreswende 1981/1982 mehrheitlich erfolgte Vereinbarung über die abweichende Aufteilung der Liftaufwendungen ebenfalls für rechtswirksam; gemäß Art III Abschnitt II Z 1 des 3. WÄG sei nämlich altes Recht weiterhin für vor Inkrafttreten des 3. WÄG abschließend verwirklichten Sachverhalte maßgeblich.
Das Rekursgericht hat ausgesprochen, der (gemeint: ordentliche; § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG nF) Revisionsrekurs sei zulässig, weil die Frage der Weitergeltung von gültigen Mehrheitsbeschlüssen über den Verteilungsschlüssel von grundsätzlicher Bedeutung sei. Gegen die Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der ordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem erschließbaren Antrag auf Abänderung im Sinn der Antragsstattgebung; hilfsweise stellt die Antragstellerin auch einen Aufhebungsantrag. Die Antragstellerin macht in ihrem Rechtsmittel geltend, dass in § 56 Abs 9 WEG 2002 ausdrücklich auf das Inkraftbleiben von Beschlüssen nach § 13b Abs 4 WEG 1975 verwiesen werde; daraus sei im Umkehrschluss abzuleiten, dass sämtliche Beschlüsse die nicht den Anforderungen des § 13b Abs 4 WEG 1975 gerecht würden, unwirksam seien. Eine dieser Bestimmung nahekommende Regelung finde sich in den Übergangsbestimmungen des 3. WÄG nicht, woraus der Schluss zu ziehen sei, dass in die Rechtswirksamkeit von Beschlüssen jedenfalls insoweit eingegriffen worden sei, als diese Sachverhalte, wie etwa Verteilungsfragen für die Zeit ab dem beträfen. Für die Wirksamkeit eines abweichenden Aufteilungsschlüssels hätte es daher zumindest nach dem eines einstimmigen Beschlusses bedurft. Die Antragsgegner erstattete eine Revisionsrekursbeantwortung mit dem Antrag, dem Revisionsrekurs der Antragstellerin keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Rekursgerichts ist der Revisionsrekurs mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG nF unzulässig:
1. Nach § 19 Abs 1 Z 1 WEG 1975 idF BGBl 1981/520 waren die Aufwendungen für die Liegenschaft einschließlich der Beiträge zur Rücklage von den Miteigentümern nach dem Verhältnis ihrer Anteile zu tragen. Ein hievon abweichender Verteilungsschlüssel konnte von der Mehrheit der Miteigentümer hinsichtlich der Aufwendungen für Anlagen vereinbart werden, die nicht allen Miteigentümern verhältnismäßig zugute kommen, wie etwa für einen Personenaufzug nach dem Verhältnis ihrer unterschiedlichen Nutzungsmöglichkeit. Dass nach dieser Rechtslage der seinerzeitige Mehrheitsbeschluss wirksam war, bezweifelt auch die Antragstellerin in ihrem Revisionsrekurs nicht mehr.
2. Nach § 19 Abs 2 WEG 1975 idF BGBl 1993/800 (3. WÄG) konnten (nur) sämtliche Miteigentümer einen von der allgemeinen Regel des § 19 Abs 1 WEG 1975 idF BGBl 1993/800 (3. WÄG) abweichenden Aufteilungsschlüssel oder eine Abrechnungseinheit festlegen.
3. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass sich die Rückwirkung eines Gesetzes grundsätzlich nur auf jene Tatbestände bezieht, für die die Rückwirkung ausdrücklich ausgesprochen wird (RIS-Justiz RS0008694). Die Übergangsbestimmung in Art III Abschnitt II Z 1 des 3. WÄG besagt, dass das neue Recht - soweit nicht ausdrücklich anderes verfügt wurde - auch für bereits im Wohnungseigentum stehende Wohnungen und sonstige Räumlichkeiten anzuwenden ist. Eine besondere, ausdrückliche Rückwirkungsanordnung, die für den vorliegenden Fall in Betracht käme, enthalten die Übergangsregelungen des 3. WÄG nicht.
4. In den Übergangsbestimmungen zum 3. WÄG hat der entscheidende Senat bereits in mehreren Entscheidungen ein Festhalten am bewährten Prinzip erkannt, wonach neues Recht nicht auf vor Inkrafttreten der neuen Bestimmungen endgültig und abschließend verwirklichte Sachverhalte anzuwenden ist (5 Ob 6/96; 5 Ob 12/96; vgl auch RIS-Justiz RS0008695). Dieser Grundsatz kommt auch im vorliegenden Fall für den nach § 19 Abs 1 Z 1 WEG 1975 idF BGBl 1981/520 wirksamen Mehrheitsbeschluss zum Tragen, weil diese Beschlussfassung und nicht eine künftige Abrechnungsperiode den (hier eben vor Inkrafttreten des 3. WÄG) verwirklichten Sachverhalt darstellt.
5. Der von der Antragstellerin ins Treffen geführte § 56 Abs 9 WEG 2002 stellt eine spezifische Übergangsbestimmung in Verbindung mit dem durch das 3. WÄG eingefügten § 13b Abs 4 WEG 1975 für die Neuregelung der Fristen für die Beschlussanfechtung dar; ein Sachzusammenhang mit der hier zu beurteilenden Wirksamkeit der Vereinbarung eines abweichenden Aufteilungsschlüssels ist nicht zu erkennen.
Da sich eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG nF nicht stellt, ist das demnach unzulässige Rechtsmittel zurückzuweisen.
6. § 37 Abs 3 Z 17 MRG idF des WohnAußStrBeglG ist nur anzuwenden, wenn die Sache nach dem anhängig geworden ist (Art 10 § 2 Abs 3 WohnAußStrBeglG); hier gilt daher noch § 37 Abs 3 Z 19 MRG aF, wonach die Kosten rechtsfreundlicher Vertretung grundsätzlich jede Partei selbst zu tragen hat. Barauslagen hat die Antragsgegnerin nicht geltend gemacht.
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
Schlagworte | Kennung XPUBL - XBEITR Diese Entscheidung wurde veröffentlicht in Zak 2006/716 S 417 - Zak 2006,417 = wobl 2007,28/6 (Call) - wobl 2007/6 (Call) XPUBLEND |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2006:0050OB00152.06Y.0829.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
FAAAD-43574