Suchen Hilfe
OGH vom 08.11.2011, 3Ob161/11i

OGH vom 08.11.2011, 3Ob161/11i

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon. Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Ing. Manfred R*****, 2. Gabriele R*****, beide vertreten durch Neumayer, Walter Haslinger Rechtsanwälte Partnerschaft in Wien, gegen die beklagte Partei A***** AG, *****, vertreten durch Grohs Hofer Rechtsanwälte Gesellschaft m.b.H. in Wien, wegen 49.350 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 114/11f 29, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Handelsgerichts Wien vom , GZ 48 Cg 2/10v 25, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

I. Die Bezeichnung der beklagten Partei wird auf A***** AG, *****, berichtigt.

II. Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

I. Aus dem Firmenbuch (FN *****) ist ersichtlich, dass die Firma der Beklagten nunmehr A***** AG lautet und ihren Sitz in *****, hat. Die Bezeichnung der Beklagten ist nach § 235 Abs 5 ZPO zu berichtigen.

II. Den Klägern gelingt es aus folgenden Gründen nicht, eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen, sodass ihre außerordentliche Revision als nicht zulässig zurückzuweisen ist:

II.1. Sie wenden sich gar nicht gegen die mittlerweile ständige, zum Verkaufsprospekt des auch hier gegenständlichen Finanzprodukts („Dragon FX Garant“) ergangene Judikatur, wonach mit dessen Inhalt entsprechend der Ende 2006 bestehenden Rechtslage und Einschätzung der Bonität durch Fachkreise eine Verletzung der Aufklärungspflicht der Beklagten zum allgemeinen Insolvenzrisiko des Emittenten und des Garanten zu verneinen sei und deshalb auch einem auf Irrtum und Schadenersatzrecht gestützten Begehren keine Berechtigung zukomme (4 Ob 20/11m [krit Graf in ecolex 2011, 506; zust Klausberger in Glosse zu EvBl 2011/111]; 6 Ob 65/11v; 8 Ob 148/10p; 8 Ob 38/11p; 7 Ob 29/11g; 9 Ob 87/10z; 1 Ob 71/11i; 8 Ob 47/11m; 5 Ob 56/11p; 1 Ob 109/11b; 1 Ob 108/11f; 1 Ob 135/11a; 1 Ob 132/11k).

Die Zulässigkeit der Revision begründen die Kläger damit, dass im Unterschied zu den bisher entschiedenen Fällen nach dem hier zu beurteilenden Sachverhalt von einer ausdrücklichen Zusicherung der Risikolosigkeit des Wertpapiers durch einen Mitarbeiter der Beklagten gegenüber dem Erstkläger auszugehen sei; der Rechtsfrage, ob ein redlicher Erklärungsempfänger die Zusage der Beklagten wörtlich verstehen dürfe oder nicht, komme erhebliche Bedeutung zu.

II.2. Vorweg ist klarzustellen, dass der Versuch der Kläger, die Feststellung des Erstgerichts, dass das Risiko einer Insolvenz der Emittentin und Garantin im Hinblick auf die damalige Bonität der Lehmann Gruppe äußerst gering und unwahrscheinlich war, als aktenwidrig zu beanstanden, scheitern muss. Inhaltlich handelt es sich dabei nämlich um die in dritter Instanz unzulässige Bekämpfung der erstgerichtlichen Beweiswürdigung (stRsp). Daran anknüpfenden Vorwürfen von Aufklärungsfehlern fehlt es daher an der notwendigen Grundlage im für den Obersten Gerichtshof bindenden Sachverhalt.

II.3. Das Argument der Kläger, der Mitarbeiter der Beklagten habe mündlich zugesichert, es bestehe überhaupt kein Risiko, bezieht sich nur auf ein aus dem Zusammenhang gerissenes Detail der Feststellungen zum Beratungsgespräch. Es übergeht den vom Berufungsgericht zu Recht in den Vordergrund gestellten Gesamtkontext des Inhalts des zwanzig Minuten dauernden Beratungsgesprächs und die zweifellos im konkreten Einzelfall vertretbare Interpretation (RIS Justiz RS0042555) der Äußerung des Mitarbeiters der Beklagten dahin, der Erstkläger habe diese als redlicher Erklärungsempfänger nicht wortwörtlich verstehen dürfen, sondern dem offensichtlichen Sinngehalt entsprechend so, dass nur unter ganz außergewöhnlichen, nach aktuellem Wissensstand praktisch nicht zu erwartenden Umständen ein Risiko (gemeint: des [teilweisen] Verlusts des Kapitals) bestehe, das sich später ursprünglich zu Recht unerwartet doch realisiert hat.

Bei diesem Verständnis der Risikoinformation der Beklagten kommt es nicht darauf an, ob die Wahrscheinlichkeit einer Insolvenz der Emittentin/Garantin höher oder geringer war, als jene des Ausbruchs eines dritten Weltkriegs.

II.4. Ist ein Beratungsfehler der Beklagten auch nach der unmittelbaren Information des Erstklägers zu verneinen, stellt sich die Frage nach dem Rechtswidrigkeitszusammenhang gar nicht. Eine Auseinandersetzung mit der von den Klägern zitierten Entscheidung 4 Ob 62/11p erübrigt sich daher.

II.5. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Fundstelle(n):
DAAAD-43553