zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
OGH vom 23.11.2010, 1Ob180/10t

OGH vom 23.11.2010, 1Ob180/10t

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ. Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Dr. E. Solé und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Markus K*****, vertreten durch Dr. Sabine Berger, Rechtsanwältin in Salzburg, gegen die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen 47.000 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 14 R 38/10a 22, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom , GZ 31 Cg 23/08p 18, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Der Kläger steht seit in einem öffentlich rechtlichen Dienstverhältnis zur Beklagten (Republik Österreich) und wurde bis im Bereich der Post und Telegraphenverwaltung verwendet. Mit wurde er gemäß § 17 Abs 1 und Abs 1a Poststrukturgesetz (PTSG) der Post und Telekom Austria AG zur dauernden Dienstleistung zugewiesen. Mit Bescheid der Generaldirektion für die Post und Telekom Austria AG vom wurde der Kläger per zur Telekom Austria AG versetzt und mit der Leitung der Abteilung „Personal Telekom *****“ und damit mit der Funktion „Leiter des Personalamts *****“ betraut.

Mit Schreiben vom teilte das beim Vorstand der Telekom Austria AG eingerichtete Personalamt (§ 17 Abs 2 PTSG) dem Kläger gemäß § 38 Abs 6 BDG mit, dass sein bisheriger Arbeitsplatz wegen einer Organisationsveränderung mit Ablauf des aufgelassen werde und beabsichtigt sei, ihn danach gemäß § 40 iVm § 38 BDG von seiner bisherigen Verwendung abzuberufen und ab auf einer sogenannten „Pool Planstelle“ zu führen. Ab Ende Juni 2004 gab es weder ein Personalamt ***** dieses wurde aufgelöst noch (naturgemäß) den Arbeitsplatz eines Leiters dieses Personalamts. Einen gleichwertigen Arbeitsplatz am Standort ***** gibt es nicht. Die vom Kläger geforderte Erlassung eines Bescheids über seine Versetzung, der er nie zugestimmt hat, erfolgte nicht. Der Kläger wurde unter Aufrechterhaltung seiner gehaltsmäßigen Einstufung vorerst dienstfrei gestellt.

Der Kläger begehrt in seiner Amtshaftungsklage ein Schmerzengeld von 15.000 EUR als Abgeltung der durch die ungerechtfertigte Versetzung hervorgerufenen physischen und psychischen Beeinträchtigung sowie den Ersatz jenes Schadens, der ihm seit 2005 durch den Verlust der Zielerreichungsprämie sowie des Anspruchs auf einen Dienstwagen entstanden sei.

Die Vorinstanzen erachteten den Anspruch des Klägers als nicht berechtigt, weil auch das rechtmäßige Alternativverhalten in Form der Erlassung eines Bescheids den durch die Organisationsänderung bedingten Verlust des Arbeitsplatzes samt der damit verbundenen finanziellen Vorteile nicht verhindert hätte. Das Berufungsgericht ließ unter Hinweis auf die Entscheidung 1 Ob 244/09b die ordentliche Revision nicht zu.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision des Klägers zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf.

1. Der Oberste Gerichtshof hat zu der Frage, ob die Verletzung der öffentlich rechtlichen Verpflichtung zur bescheidmäßigen Erledigung einer Versetzung (§ 38 Abs 7 BDG) nach Auflassen eines Arbeitsplatzes durch Organisationsänderung einem Beamten der Telekom Austria AG einen Amtshaftungsanspruch auf Weiterzahlung seiner bisherigen (teilweisen pauschalierten) Nebengebühren gewährt, in der Entscheidung 1 Ob 244/09b bereits ausführlich Stellung genommen. Ergebnis war, dass auch das rechtmäßige Alternativverhalten durch Erlassen eines Bescheids nichts daran geändert hätte, dass der betroffene öffentliche Bedienstete seinen bisherigen Arbeitsplatz und die damit verbundenen Teile seines Bezugs („tätigkeitsbezogene“ Nebengebühren) verloren hätte. Warum diese Erwägungen zur Kausalität im vergleichbaren Fall des Arbeitsplatzverlustes als Folge einer Organisationsänderung nicht gelten sollen, vermag die Revision nicht aufzuzeigen.

2. Zunächst wird darin ausdrücklich zugestanden, dass ein Beamter kein subjektives Recht hat, eine unzweckmäßige Organisationsänderung zu verhindern (1 Ob 276/01x; VwGH 2007/12/0092). Der Kläger behauptet nun eine gegen § 17 Abs 3 Z 11 PTSG verstoßende und daher seiner Ansicht nach gesetzwidrige Organisationsänderung durch Auflassung des Personalamts *****, die der Kläger nur im Rahmen der Berufung gegen einen Bescheid über die Versetzung als Folge dieser gesetzwidrigen Organisationsänderung bekämpfen hätte können. Richtig ist, dass mit § 17 Abs 3 Z 11 PTSG das Personalamt ***** für Beamte der Betriebsstellen der Telekom Austria AG im Land ***** zur Wahrnehmung der bisher der Post und Telegraphendirektionen zukommenden Funktionen einer nachgeordneten Dienstbehörde eingerichtet wurde. Dasselbe gilt nach Z 5 leg cit für Beamte bei Betriebsstellen der Österreichischen Post AG im Land *****. Bis zur Errichtung eines eigenen Personalamts für die Telekom Austria AG existierte für Beamte der Post und Telekom Austria AG ein gemeinsames Personalamt *****. Das Personalamt für Beamte der Telekom Austria AG in diesem Bundesland, dessen Leitung der Kläger, der zuvor das für alle Beamten der Post und Telekom Austria AG gemeinsame Personalamt ***** geleitet hatte, nach seinem nicht bestrittenen Vorbringen im Jahr 1999 übernommen hatte, ist als nachgeordnete Dienstbehörde für die der Telekom Austria AG zugewiesenen Beamten grundsätzlich als Teil der Bundesverwaltung zu werten und nicht (nur) als (privatrechtliche) Betriebsabteilung der Telekom Austria AG (VfGH B 100/07; 9 ObA 74/08k = DRdA 2010/26, 320 [ Brodil ]; vgl VfGH G 24/09; 9 ObA 88/07t zu dem nach § 17 Abs 2 PTSG beim Vorstand der Österreichischen Postbus AG als oberste Dienst und Pensionsbehörde eingerichteten Personalamt). Die Zweifel des Klägers, ob es Organen der Telekom Austria AG freistehe, die Organisation und die örtliche und sachliche Zuständigkeit der Personalämter (wie durch gänzliche Abschaffung des Personalamts *****) durch (rein) gesellschaftsrechtliche Maßnahmen zu ändern, können auf sich beruhen. Auch eine (allfällig) rechtswidrige Auflösung des Personalamts ändert nichts an der Tatsache, dass diese Dienstbehörde und damit der Arbeitsplatz des Klägers als deren Leiter faktisch nicht mehr existent ist. Der Kläger konnte und kann daher seine bisherige Tätigkeit nicht mehr ausüben, was er nach seiner ausdrücklichen Erklärung in der Revision auch gar nicht will. Es geht ihm ausschließlich um die Beibehaltung seiner vollen Besoldung im Wege des Schadenersatzes. Wie der Revisionswerber selbst zugesteht, hat der Beamte auch im Fall einer rechtswidrigen Dienstfreistellung keinen Rechtsanspruch auf Weiterbezug einer tätigkeitsbezogenen Besoldung wie hier Zurverfügungstellung eines Dienstwagens und Gewährung von Erfolgsprämien (VwGH 95/12/0178 und 97/12/0417; 1 Ob 244/09b). Damit hätte auch die Erlassung eines Bescheids über die Versetzung des Klägers und eine (fiktive) erfolgreiche Bekämpfung dieses Bescheids nichts am Faktum der bereits durchgeführten Organisationsänderung (Auflösung des Personalamts) und dem Verlust der pauschalen Nebengebühren geändert. Bezeichnenderweise behauptete der Kläger nicht einmal selbst, eine erfolgreiche Bekämpfung eines Versetzungsbescheids hätte die weitere Ausübung seiner bisherigen Tätigkeit garantiert. Betont er wiederholt die Auswirkungen dieses hypothetischen Verlaufs auf seine besoldungsrechtliche Stellung, ist darauf hinzuweisen, dass seine gehaltsmäßige Einstufung trotz Verlust des Arbeitsplatzes zur Gänze aufrecht blieb.

3. Die Ausführungen in der Revision zur Praxis des Telekomkonzerns, zugewiesene Bundesbeamte durch faktische Dienstfreistellung aus dem aktiven Dienststand zu mobben, sind nach den §§ 513, 482 ZPO unzulässige Neuerungen.

4. Die Auslegung von Prozessvorbringen ist jeweils nach den Umständen des konkreten Einzelfalls zu beurteilen und stellt daher nur bei einer auffallenden Fehlbeurteilung eine erhebliche Rechtsfrage dar (RIS Justiz RS0042828). Die Auffassung des Berufungsgerichts, der Kläger leite seinen Schmerzengeldanspruch nicht aus der Unterlassung des vorgeschriebenen förmlichen Verfahrens über seine Versetzung ab, mit der er ja seinen Amtshaftungsanspruch rechtfertigt, lässt sich mit dem Vorbringen des Klägers in Einklang bringen. Er behauptet Angststörungen, depressive Reaktionen mit begleitenden physischen Beschwerden (Gastritis, Schlafstörungen, Herzklopfen, Tinnitus etc), insbesondere weil er durch die Situation am Arbeitsplatz massiv unter Druck gesetzt und ständiger Stresssituation ausgesetzt gewesen sei. Dass nicht die mit dem Arbeitsplatzverlust verbundene Gesamtsituation, sondern die Tatsache des unterlassenen Bescheids die Gesundheitsstörungen hervorgerufen haben soll, bedeutet daher keine wahrzunehmende Fehlbeurteilung.

5. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).