OGH vom 13.02.1997, 6Ob2288/96f
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Schenk als weitere Richter in der Firmenbuchsache der Robert S***** GmbH & Co KG mit dem Sitz in W*****, wegen Eintragung der Gesellschaft im Firmenbuch, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Komplementärgesellschaft ***** GmbH mit dem Sitz in W***** (FN 94618w des Landesgerichtes Wels) und der Kommanditistin Johann B***** Gesellschaft mbH mit dem Sitz in W***** (FN 122936p des Handelsgerichtes Wien), beide vertreten durch Hasch-Spohn-Richter & Partner, Anwaltskanzlei KEG in Linz, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom , GZ 6 R 140/96t (27 Fr 1659/96m)-8, womit infolge Rekurses der Komplementärgesellschaft und der Kommanditistin der Beschluß des Landes- als Handelsgerichtes Wels vom , GZ 27 Fr 1659/96m-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Die Adolf S***** GmbH & Co KG mit dem Sitz in Wien ist Inhaberin des unter der Firma Robert S***** zu FN 16796a des Landesgerichtes St.Pölten protokollierten Einzelunternehmens. Sie verkaufte mit Kaufvertrag vom dieses Unternehmen an die noch nicht im Firmenbuch eingetragene Robert S***** GmbH & Co KG. Die Verkäuferin stimmte der Weiterführung der Firma Robert S***** durch die Käuferin ausdrücklich zu. Gesellschafter der Käuferin des Unternehmens sind aufgrund des Gesellschaftsvertrages vom die ***** GmbH mit dem Sitz in W***** (FN 94618w des Landesgerichtes W*****) als einzige persönlich haftende Komplementärgesellschaft und die Johann B***** Gesellschaft mbH (FN 122936p des Handelsgerichtes Wien) mit dem Sitz in Wien als Kommanditistin. Die Komplementärgesellschaft und die Kommanditistin beantragten am beim Firmenbuchgericht unter Vorlage des Kommanditgesellschaftsvertrages und zweier Musterzeichnungen der vorgesehenen beiden Geschäftsführer die Eintragung der Kommanditgesellschaft im Firmenbuch unter der Firma Robert S***** GmbH & Co KG.
Das Erstgericht lehnte die Eintragung der Kommanditgesellschaft mit der wesentlichen Begründung ab, daß die vorgesehene Firma der einzutragenden Kommanditgesellschaft nicht dem § 19 HGB entspreche. Die Firma müsse den Namen wenigstens eines persönlich haftenden Gesellschafters mit einem das Vorhandensein einer Gesellschaft andeutenden Zusatz enthalten.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der antragstellenden Gesellschafter der Kommanditgesellschaft nicht Folge. Eine Gesellschaft mbH & Co KG könne entweder im Wege der Neugründung oder einer Umgründung entstehen. Im Falle der Neuerrichtung müsse gemäß § 19 Abs 2 HGB die Firma der Kommanditgesellschaft den Namen wenigstens eines persönlich haftenden Gesellschafters mit einem das Vorhandensein einer Gesellschaft andeutenden Zusatz enthalten. Wenn der einzige persönlich haftende Gesellschafter - wie hier - eine Gesellschaft mbH sei, müsse die Firma der Kommanditgesellschaft aus der Firma der Gesellschaft mbH gebildet werden. Die Firmenfortführung sei in den §§ 21 bis 24 HGB geregelt. Bei der Umgründung einer Personenhandelsgesellschaft in eine Gesellschaft mbH & Co KG könne die alte Firma fortgeführt werden. Der Fall einer Umgründung oder ein Fall, der § 22 Abs 1 HGB zu unterstellen wäre, liege hier nicht vor. Das bestehende Einzelunternehmen Robert Streit sei nicht Vertragsteil einer beabsichtigten Umgründung in eine Kommanditgesellschaft, mit der das Einzelunternehmen fortgeführt werden solle. Es solle vielmehr eine Gesellschaft mbH & Co KG neu gegründet werden, die das Einzelunternehmen Robert Streit erwerbe und fortführe. Das Erstgericht habe zutreffend die Errichtung der Gesellschaft mbH & Co KG als Neugründung beurteilt. Darauf seien die Vorschriften des § 19 Abs 2 und 4 HGB anzuwenden. Die Nichtbeachtung dieser Vorschriften mache die Firma unzulässig, weshalb das Eintragungsgesuch zu Recht abgelehnt worden sei.
Das Rekursgericht sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Mit ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs beantragen die antragstellenden Gesellschafter der einzutragenden Kommanditgesellschaft die Abänderung dahin, daß die beantragten Eintragungen im Firmenbuch bewilligt und vollzogen werden; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig. Zur Frage, ob beim Erwerb eines Handelsgeschäftes mit angestrebter Firmenfortführung durch eine erwerbende, noch nicht im Firmenbuch eingetragene Gesellschaft mbH & Co KG diese im Firmenbuch unter der übernommenen Firma des Einzelunternehmens gemäß § 22 HGB eingetragen werden kann oder ob dem § 19 Abs 2 HGB entgegensteht (wonach die Firma der KG den Namen der einzigen Komplementärgesellschaft zu enthalten hat), liegt eine oberstgerichtliche Rechtsprechung nicht vor. Der Revisionsrekurs ist im Ergebnis aber nicht berechtigt.
Die Vorinstanzen haben die begehrte Eintragung deshalb abgelehnt, weil bei der Neubildung der Firma einer Personengesellschaft die antragstellende Kommanditgesellschaft gemäß § 19 Abs 2 HGB den Namen der einzigen Komplementärgeselslchaft in die Firma aufzunehmen habe. Es liege weder der Fall einer Umgründung noch ein Fall des § 22 Abs 1 HGB vor. Die dagegen ins Treffen geführten Rekursausführungen sind durchaus gewichtig. Es kann ihnen aus folgenden Gründen beigepflichtet werden:
§ 22 Abs 1 HGB normiert das Recht des Erwerbers eines Handelsgeschäfts (Unternehmens), die bisherige Firma mit oder ohne Beifügung eines das Nachfolgeverhältnis andeutenden Zusatzes fortzuführen, wenn der Veräußerer in die Fortführung der Firma ausdrücklich einwilligt. Diese Durchbrechung des Grundsatzes der Firmenwahrheit wird zur Wahrung der sogenannten Firmenkontinuität in Kauf genommen. Es soll nicht der in der Firma steckende Wert im Falle der Veräußerung des Unternehmens vernichtet werden (SZ 43/181; Schuhmacher in Straube HGB2 Rz 1 zu § 22). Das Recht zur Firmenfortführung steht auch einer ein Unternehmen kaufenden Personengesellschaft zu, also auch einer Gesellschaft mbH & Co KG. Dieses Recht, die Firma auch ohne Nachfolgezusatz fortzuführen, findet seine Grenze nur im Täuschungsverbot nach § 18 Abs 2 HGB. Kapitalgesellschaften müssen gemäß § 4 Abs 2 AktG und § 5 Abs 2 GmbHG der übernommenen Firma den Zusatz "Aktiengesellschaft" bzw "GmbH" beifügen. Bei der Gesellschaft mbH & Co KG vertritt der Oberste Gerichtshof in nunmehr ständiger jüngerer Rechtsprechung (gegenteilig noch SZ 47/90) die Auffassung, daß die Kommanditgesellschaft in analoger Anwendung des § 5 Abs 2 GmbHG der übernommenen Firma den Zusatz GmbH & Co KG beizufügen habe, damit offengelegt werde, daß einziger Komplementär eine Gesellschaft mbH ist, daß also deswegen eine Haftungsbeschränkung vorliegt (SZ 51/40; Koppensteiner, GmbHG Rz 22 zu § 5; Schuhmacher aaO Rz 16 zu § 22 mwN aus Lehre und Rechtsprechung; vgl für den deutschen Rechtsbereich § 19 Abs 5 dHGB, der den Gesellschaftszusatz ausdrücklich verlangt). Diesem Erfordernis wird mit der angemeldeten Firma der Kommanditgesellschaft Rechnung getragen. Die Auffassung, daß hier kein Fall des § 22 HGB vorläge, weil es um eine Neueintragung einer Kommanditgesellschaft gehe, kann nicht geteilt werden. Zutreffend führen die Rekurswerber ins Treffen, daß es unökonomisch wäre, von der anmeldenden, in Gründung befindlichen Kommanditgesellschaft zu verlangen, sie müsse sich zunächst entsprechend der Bestimmung des § 19 Abs 2 HGB mit einer den Namen der Komplementärgesellschaft enthaltenden Firma im Firmenbuch eintragen lassen und könne erst nach erfolgter Eintragung eine Firmenänderung (auf die zu übernehmende Firma des gekauften Handelsgeschäfts) gestützt auf § 22 HGB erwirken. Wenn der Erwerber des Handelsgeschäftes (des Unternehmens) dieses schon vor Durchführung der firmenrechtlich notwendig werdenden Eintragungen unter Verwendung der bisherigen Firma im Geschäftsverkehr tatsächlich schon führt und eine Geschäftstätigkeit ausübt, wozu der Erwerber nach der materiellen Rechtslage ja durchaus berechtigt ist, wäre es tatsächlich nicht sinnvoll, ihm die überflüssige Zwischeneintragung aufzubürden, zumal er ja verpflichtet ist, unverzüglich die Änderung der eingetragenen Tatsache, nämlich die Nichtverwendung der dem § 19 Abs 2 HGB entsprechenden Firma und die tatsächliche Verwendung der Firma des gekauften Unternehmens dem Firmenbuchgericht bekanntzugeben (§ 10 FBG). Die §§ 19 Abs 2 und 22 Abs 1 HGB sind Bestimmungen über die Handelsfirma. Sie sind im Zusammenhang zu lesen und dahin auszulegen, daß der Gesetzgeber in jedem Fall eines Unternehmenserwerbs dem Grundsatz der Firmenerhaltung die Priorität einräumt, also auch für den Fall, daß der Unternehmenserwerb durch eine in Gründung befindliche Personengesellschaft erfolgt, die allenfalls auch schon die Geschäftstätigkeit des Handelsgewerbes im Sinne des § 1 HGB aufgenommen hat und dadurch existent geworden ist (vgl dazu § 176 Abs 1 HGB; § 123 Abs 1 iVm § 161 Abs 2 HGB; Kastner/Doralt/Nowotny, Grundriß des Gesellschaftsrechts5 143; HS 24.068; Koppensteiner in Straube, HGB2 Rz 15 zu § 161). Wenn eine Personengesellschaft nur oder auch zu dem Zweck gegründet wird, ein gekauftes Unternehmen fortzuführen, so kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, daß bei der Firmenbildung zunächst die Vorschrift des § 19 HGB einzuhalten wäre, daß dann aber unverzüglich der schon verwirklichte Sachverhalt, der sämtliche Voraussetzungen des § 22 HGB erfüllt, zum Gegenstand eines neuerlichen Firmenbuchverfahrens zu machen wäre. Trotz der Berechtigung der in diesem Sinn ausgeführten Rekursargumente ist das Rechtsmittel im Ergebnis aber aus folgendem Grund nicht berechtigt:
Die vom Veräußerer des Unternehmens abgeleitete Firma der Kommanditgesellschaft ist unbedenklich. Das Eintragungsgesuch wurde richtigerweise auch von der Komplementärgesellschaft und der Kommanditistin der Gesellschaft eingebracht (§ 108 Abs 1 HGB; Torggler/Kucsko in Straube, HGB2 Rz 2 zu § 108 mwN). Es besteht jedoch auch eine Anmeldungspflicht des Veräußerers, der zumindest den Inhaberwechsel gemäß § 31 Abs 1 HGB anzumelden gehabt hätte. Im Falle des Erwerbs durch Rechtsgeschäfte unter Lebenden ist nach herrschender Lehre der bisherige Firmeninhaber gemeinsam mit dem Erwerber anmeldungspflichtig (Schuhmacher aaO Rz 8 zu § 31; Schlegelberger, HGB5 Rz 22 zu § 22). Diese Ansicht wurde auch schon in der Rechtsprechung vertreten (OLG Linz in NZ 1990, 40). Der Veräußerer ist dem Erwerber zur Mitwirkung bei der Umschreibung verpflichtet (Heymann, HGB2 Rz 39 zu § 22 mwN aus der deutschen Rechtsprechung). Seit dem Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz (BGBl 1995/458) ordnet das Gesetz an, daß Vorgänge, durch die ein Betrieb oder Teilbetrieb übertragen wird, sowie der Rechtsgrund sowohl im Firmenbuch des Erwerbers als auch des Veräußerers einzutragen sind (§ 3 Z 15 FBG). Der Auffassung über eine gemeinsame Anmeldungspflicht ist für den Fall, daß Erwerber und Veräußerer im gleichen Firmenbuch eingetragen sind, beizupflichten. Die alleinige (und auch hier nur allein beantragte) Eintragung der Kommanditgesellschaft unter der Firma des Einzelunternehmens ohne gleichzeitige Löschung des Veräußerers in dessen Firmenbucheintragung würde dazu führen, daß für ein Unternehmen zwei Inhaber mit demselben Firmenkern (einmal die Kommanditgesellschaft mit dem erforderlichen, die Rechtsform ausweisenden Gesellschaftszusatz, einmal die bisherige Einzelfirma) aufscheinen, was sich unter Umständen schon aufgrund des Firmenausschließlichkeitsgebotes nach § 30 HGB verbietet. Vom Inhaberwechsel und der Eintragung des Wechels im Firmenbuch des Veräußerers sind dessen eingetragene Firmenbuchrechte betroffen. In diese Rechte soll nicht ohne seine Mitwirkung eingegriffen werden, was sich schon aus dem Grundsatz des Parteiengehörs ergibt. Im vorliegenden Fall ist die neu einzutragende Gesellschaft in einem anderen Firmenbuch als demjenigen des Veräußerers einzutragen. Der erkennende Senat vertritt für diesen Fall die Auffassung, daß dem Eintragungsgesuch der Gesellschafter der einzutragenden Kommanditgesellschaft nur dann stattgegeben werden könnte, wenn auch der Veräußerer zumindest zeitgleich den Inhaberwechsel angezeigt hätte. Dies hätten die Antragsteller zu behaupten und urkundlich nachzuweisen gehabt. Das Fehlen der Mitwirkung des Veräußerers bildet einen Abweisungsgrund. Der Revisionsrekurs ist daher (nur) im Ergebnis nicht berechtigt.