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OGH vom 26.02.2008, 1Ob180/07p

OGH vom 26.02.2008, 1Ob180/07p

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Univ.-Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. E. Solé und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Hans Peter G*****, 2. Anton G*****, und 3. Josef G*****, alle vertreten durch Dr. Haimo Sunder-Plaßmann, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei C***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Karl Hochhaltinger, Rechtsanwalt in Wien, wegen 71.853,78 EUR sA, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom , GZ 40 R 320/06i-12, womit das Urteil des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom , GZ 42 C 425/05w-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagenden Parteien sind schuldig, der beklagten Partei die mit 2.129,82 EUR (darin enthalten 354,97 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die beklagte GmbH ist Mieterin von Geschäftsräumlichkeiten. Die klagenden Parteien begehren als Vermieter die Bezahlung eines Mietzinsrückstands und berufen sich dabei auf eine Mietzinsanhebung infolge eines Machtwechsels in der Mietergesellschaft aufgrund einer Verschiebung der Anteilsrechte in der diese bestimmenden Gesellschafterin (§ 12a Abs 3 MRG).

Das Erstgericht stellte folgenden wesentlichen Sachverhalt fest:

Mit Gesellschaftsvertrag vom wurde die S***** und T***** GesmbH gegründet, an der Ferdinand S***** und Jean Erich T***** zu jeweils 50 % beteiligt waren; zugleich waren sie gemeinsam vertretungsberechtigte Geschäftsführer. Diese GesmbH war mit 72 % an der Rechtsvorgängerin der Mietergesellschaft beteiligt, die damals in Rechtsform einer AG betrieben wurde. Die weiteren 28 % an der Mietergesellschaft hielt damals eine andere Aktiengesellschaft. Die von dieser gehaltenen Aktien wurden 1990 von Jean Erich T 18 %) und von dessen Ehegattin Veronika T 10 %) erworben. Mit Generalversammlungsbeschluss vom wurde die S***** und T***** GesmbH in eine Aktiengesellschaft umgewandelt, die nunmehr die Firma C***** Holding AG führte. An dieser waren Jean Erich T***** und Ferdinand S***** weiterhin zu jeweils 50 % beteiligt; beide bildeten den gemeinsam vertretungsbefugten Vorstand. Die wirtschaftlichen Entscheidungen für die Mietergesellschaft wie auch für die Holding wurden - so wie bereits in früheren Jahren - immer von Jean Erich T***** getroffen. Er bestimmte die Geschäfts-, Finanz- und Ausschüttungspolitik und beherrschte die Unternehmen. So entschied er über die Eröffnung neuer Geschäfte, die Aufnahme von Krediten sowie die Auswahl von Wirtschaftsprüfern und Aufsichtsräten. Die von ihm vorbereiteten Beschlüsse wurden in der Hauptversammlung immer einstimmig gefasst. Ferdinand S***** hatte sich ihm gegenüber nämlich schon im Jahr 1990 verpflichtet, „das Stimmrecht der GesmbH als Aktionär, von wem es namens des Aktionärs auch immer ausgeübt wird, jeweils nur in Übereinstimmung mit dem Aktionär Jean Erich T***** auszuüben". Diese Absprache sollte so lange gelten, solange die Beteiligungen des Jean Erich T***** an beiden Gesellschaften bestehen.

Gemäß § 21 der Satzung der Rechtsvorgängerin der Mietergesellschaft beschließt die Hauptversammlung, sofern das Gesetz nicht zwingend eine andere Mehrheit vorschreibt, mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen, und in Fällen, in denen eine Kapitalmehrheit erforderlich ist, mit einfacher Mehrheit des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals. Eine drei Viertel-Mehrheit des vertretenen Grundkapitals ist für die Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern sowie die laut § 17 Abs 4 der Satzung der Hauptversammlung zugewiesenen Beschlussfassungen erforderlich. 1999 wollte Ferdinand S***** aus privaten Gründen als Aktionär ausscheiden. Mit Kaufvertrag vom erwarb Jean Erich T***** dessen 50 %igen Anteilsrechte an der Holding und war somit deren alleiniger Aktionär, aber auch deren alleiniger Vorstand. Diese Änderung wurde dem Vermieter nicht bekanntgegeben. Mit Kaufvertrag vom erwarb die Holding AG die 10 %igen Anteilsrechte der Veronika T***** an der Rechtsvorgängerin der Mietergesellschaft; Jean Erich T***** hielt weiterhin seine Beteiligung von 18 %. Mit Hauptversammlungsbeschluss vom wurde die Holding AG in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (C***** Holding GmbH) umgewandelt; ebenso wurde die Mietergesellschaft von einer AG in eine GmbH umgewandelt. Die Beteilungsverhältnisse an beiden Gesellschaften blieben unverändert. Jean Erich T***** ist alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Holding GesmbH; an der Mietergesellschaft sind die Holding GesmbH mit 82 % und er selbst mit 18 % beteiligt; zugleich ist er alleiniger Geschäftsführer der Mietergesellschaft. Mit Schreiben vom teilte die beklagte Partei der Hausverwalterin der klagenden Parteien mit, dass die Mietergesellschaft ihre Rechtsform gewechselt habe; aus der Firmenwortlautänderung ergäben sich keine Änderungen in der Gesellschaftsstruktur, in der Vertretung, im Geschäftsumfang und in den wirtschaftlichen Verhältnissen.

Die Kläger begehrten die Zahlung von 71.853,78 EUR sA. Es sei zu einer Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten bei der beklagten Partei gekommen, ohne dass diese den Klägern angezeigt worden sei. Die Änderung liege darin, dass Ferdinand S***** und Jean Erich T***** jedenfalls bis mit je 50 % an der C***** Holding AG (vormals S***** und T***** GmbH, nunmehr C***** Holding GmbH) beteiligt gewesen seien, sodass die Willensbildung in dieser Gesellschaft und auch in der Mietergesellschaft immer nur gemeinsam habe erfolgen können. Spätestens seit halte Jean Erich T 100 % an der C***** Holding GmbH, sodass dieser jedenfalls seit diesem Zeitpunkt die alleinige Entscheidungsgewalt in der Holding-Gesellschaft und damit auch in der Mietergesellschaft habe. Aufgrund ab gerechtfertigter Anhebung des Mietzinses auf das angemessene Ausmaß würden die Mietzinse für Mai und Juni 2005 in Höhe des Klagebegehrens aushaften.

Die beklagte Partei wendete ein, die Anhebung des Mietzinses sei zu Unrecht erfolgt, da keine entscheidende Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten erfolgt sei. Von einem Machtwechsel in der C***** Holding GmbH könne schon deshalb keine Rede sein, da es durch das Ausscheiden von Ferdinand S***** als Gesellschafter der C***** Holding GmbH zu keinem „Kippen der Mehrheit" gekommen sei, da Jean Erich T***** schon bisher zu 50 % an der Holding GmbH und darüber hinaus direkt mit 18 % am Stammkapital der Mietergesellschaft beteiligt gewesen sei. Außerdem sei zwischen Jean Erich T***** und Ferdinand S***** bereits am ein Syndikatsvertrag bezüglich der Ausübung der Stimmrechte bei der Rechtsvorgängerin der Holding GmbH (der S***** und T***** GmbH) abgeschlossen worden. Dieser sehe eine Stimmrechtsbindung dergestalt vor, dass Ferdinand S***** verpflichtet gewesen sei, sein Stimmrecht nur in Übereinstimmung mit Jean Erich T***** auszuüben. An diese Vereinbarung habe sich Ferdinand S***** immer gehalten. Die Kläger replizierten, dass ihnen der Syndikatsvertrag vom bisher unbekannt geblieben sei. Interne Absprachen zwischen den Gesellschaftern, die nur das Innenverhältnis beträfen, stünden der Annahme einer entscheidenden Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten nicht entgegen und seien daher unmaßgeblich. Selbst wenn man unterstellen wollte, der Abschluss des Stimmrechtsbindungsvertrags habe andere Gründe gehabt als die Verhinderung einer Mietzinserhöhung, hätten die Kläger keine Möglichkeit gehabt, ohne freiwillige Information von einer Änderung zu erfahren.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren mangels Vorliegens eines „Machtwechsels" ab, da Jean Erich T***** schon vor dem Erwerb der Anteilsrechte des Ferdinand S***** aufgrund des Stimmrechtsbindungsvertrags entscheidenden Einfluss auf die beklagte Mietergesellschaft ausgeübt habe.

Das Berufungsgericht bestätigte die Abweisung des Klagebegehrens. Wenngleich ein Stimmbindungsvertrag keine Auswirkung auf die nach den Gesellschaftsstrukturen bestehenden rechtlichen Einflussmöglichkeiten habe und keine Machtveränderung im Sinne des § 12a Abs 3 MRG bewirke, habe ein Machtwechsel in der Holding AG nicht stattgefunden, weil sowohl vor als auch nach dem Erwerb der Anteilsrechte durch Jean Erich T***** keine wesentliche Entscheidung in der Mietergesellschaft ohne dessen Zustimmung habe getroffen werden können. Zufolge der vormals 50 %igen Anteilsrechte des Jean Erich T***** habe ohne ihn in der Hauptversammlung keine Mehrheitsentscheidung zustandekommen können. Auch der Vorstand sei ohne seine Zustimmung handlungsunfähig gewesen. Vorstandsmitglieder seien er und Ferdinand S***** gewesen; gemäß dem offenen Firmenbuch hätten sie nur gemeinsam tätig werden können. Gegen den Willen von Jean Erich T***** sei eine Stimmabgabe der Mehrheitsgesellschafterin der Mietergesellschaft somit nicht möglich gewesen. Dieser habe daher über die rechtliche Möglichkeit verfügt, die C***** Holding AG zu „blockieren" und mit seinen Anteilen von 18 % an der Mietergesellschaft deren Entscheidungen in der Hauptversammlung maßgeblich zu bestimmen, weswegen eine wesentliche Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten in der Mietergesellschaft nicht stattgefunden habe. Aus diesem Grund seien die Kläger zur Anhebung des Hauptmietzinses nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diese Entscheidung gerichtete Revision ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist für eine Mietzinsanhebung nach § 12a Abs 3 MRG entscheidend, ob auf Mieterseite ein Machtwechsel in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht eingetreten ist. Dies ist bei Kapitalgesellschaften grundsätzlich der Fall, wenn es zum „Kippen der Mehrheitsverhältnisse" kommt (1 Ob 226/98m = SZ 71/157; 5 Ob 76/02s = ecolex 2003/24; RIS-Justiz RS0111167, RS0108983). Ein „Kippen der Mehrheitsverhältnisse" ist dann gegeben, wenn es dem Machtträger aufgrund seiner gesellschaftsrechtlichen Position möglich ist, die Geschicke der Gesellschaft faktisch zu bestimmen, weil deren rechtliche Strukturen keine Handhabe bieten, ihn daran zu hindern.

Dabei ist vor allem an die Bestellung und die Abberufung der

Geschäftsführungsorgane zu denken (5 Ob 288/98h = NZ 2000, 310; 5 Ob

307/00h = SZ 74/109). Das Kippen der Mehrheitsverhältnisse indiziert

allerdings lediglich eine entscheidende Änderung der rechtlichen und

wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten (5 Ob 35/02m = RdW 2002, 531;

5 Ob 21/04f = WoBl 2005/47). Seine konkreten Auswirkungen sind im

Einzelfall zu prüfen. Nach nunmehr gefestigter und einheitlicher (jüngerer) oberstgerichtlicher Rechtsprechung zur „Machtwechseltheorie" steht das Recht auf Mietzinsanhebung nur bei Änderung der rechtlichen und der wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten in der Mietergesellschaft zu. Beide Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen (3 Ob 78/07b). Nicht nur der Austausch von Gesellschaftern oder solche Anteilsverschiebungen, die sich unmittelbar auf die rechtlichen Strukturen der Mietergesellschaft auswirken und sich daraus ablesen lassen, können den Anhebungsstatbestand des § 12a Abs 3 erster Satz MRG erfüllen (5 Ob 7/98k). Die Möglichkeit eines entscheidenden Einflusses auf die Mietergesellschaft ist auch dann tatbestandsgemäß im Sinne des § 12a Abs 3 Satz 1 MRG, wenn sie bloß mittelbar - etwa über zwischengeschaltete weitere Gesellschaften - besteht. Es reicht die Änderung auf Ebene jener (Konzern-)Gesellschaft aus, die aufgrund von Beteiligungen einen beherrschenden Einfluss auf die Mietergesellschaft ausübt. So indiziert etwa die Veräußerung der Anteilsrechte an jener Holding-Gesellschaft, die letztlich wiederum Gesellschafterin bzw alleinige Anteilsinhaberin der Mietergesellschaft ist, den Anhebungstatbestand des § 12a Abs 3 Satz 1 MRG (5 Ob 7/98k). Wer nämlich die Mehrheit der oder sämtliche Aktien an jenem Unternehmen besitzt, das einen beherrschenden Einfluss auf die nachgeordneten Unternehmen ausübt, ist regelmäßig in der Lage, aufgrund seiner Beteiligungen auf die nachgeordneten (abhängigen) Unternehmen Einfluss zu nehmen. Bei Umschichtungen im Konzern, etwa in Form von Anteilsübertragungen oder Umgründungen, können aber die rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten auch auseinanderfallen (1 Ob 226/98m). Etwa liegt dann keine Änderung der wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten vor, wenn es zu Anteilsverschiebungen oder Umgründungen zwischen konzernverbundenen Unternehmen kommt, sich aber an jenen Personen nichts ändert, die auf der obersten Ebene den Einfluss ausüben (6 Ob 88/06v).

Zu prüfen ist also, ob aus den in mehreren Stufen erfolgten Änderungen der Beteiligungsverhältnisse bzw der Anteilsrechte (siehe RIS-Justiz RS0108810) eine im Sinne des § 12a Abs 3 MRG entscheidende Änderung der Einflussmöglichkeiten in der letztgliedrigen Gesellschaft (der Mietergesellschaft) abzuleiten ist. Dazu sind vorerst die aus der derzeitigen Position des Jean Erich T***** (als einziger Gesellschafter und Geschäftsführer der Holding GesmbH und faktisch auch der Mietergesellschaft) sich ableitenden rechtlichen Einflussmöglichkeiten mit jenen rechtlichen Einflussmöglichkeiten zu vergleichen, wie sie diesem vor 1999 (als er nur über 50 % der Anteilsrechte an der Holding AG und über 18 % der Anteilsrechte an der Mietergesellschaft verfügte) zukamen.

Als alleinigem Gesellschafter und Geschäftsführer sowohl der Holding GmbH als auch der Mietergesellschaft ist es Jean Erich T***** derzeit möglich, ohne jede Rücksichtnahme auf die Bildung von Mehrheitsverhältnissen die Geschäftsführer der Holding- und auch der Mietergesellschaft zu bestellen; ebenso kann er sich selbst zum Geschäftsführer machen (§ 15 Abs 1 GmbHG) und die Bestellung zum Geschäftsführer jederzeit widerrufen (§ 16 Abs 1 GmbHG). Wäre er nicht selbst Geschäftsführer, käme ihm gemäß § 20 Abs 1 iVm § 39 Abs 1 GmbHG die Befugnis zu, jede Geschäftsangelegenheit initiativ aufzugreifen und den Geschäftsführern mit Beschluss der Generalversammlung verbindliche Weisungen zu erteilen. Er verfügt somit unzweifelhaft über die ihm allein und uneingeschränkt zukommende Befugnis der Bestellung und Abberufung der gesellschaftsrechtlichen Organe; gleichzeitig hat er die Möglichkeit, die Entscheidungsprozesse in beiden Gesellschaften zu bestimmen. Als Alleinaktionär der Holding AG und zugleich der Mietergesellschaft hatten seine Entschließungen die Wirkung von einstimmigen Hauptversammlungsbeschlüssen (Strasser in Jabornegg/Strasser, AktienG4 § 103 Rz 5), sodass er auf die nachgeordnete Mietergesellschaft bestimmenden Einfluss nehmen konnte. Fraglich ist aber, ob Jean Erich T***** über eine vergleichbare gesellschaftsrechtlich begründete Machtstellung schon vor dem Jahr 1999 verfügte, als er die restlichen Anteilsrechte an der Holding AG erwarb. Lässt man den Stimmbindungsvertrag vorerst außer Betracht, hätte vor 1999 die Situation eintreten können, dass Jean Erich T***** und Ferdinand S***** als Vorstände der Holding AG zu keiner übereinstimmenden Willensbildung gelangten, sodass sich die Holding AG in der Hauptversammlung der Mietergesellschaft der Stimme enthalten hätte müssen. Gemäß § 113 AktG iVm § 108 Abs 4 AktG ist die Hauptversammlung - wenn Gesetz oder Satzung nichts anderes bestimmen - ohne Rücksichtnahme auf die Zahl der erschienenen oder vertretenen Aktionäre und die Zahl der von diesen erlegten Aktien und vertretenen Stimmen beschlussfähig. Somit hätte Jean Erich T***** auch in diesem Fall mit seinen (nur) 18 %igen Anteilsrechten über die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen verfügt und die „Verbandswillensbildung" herbeiführen können (siehe Strasser aaO § 113 Rz 2). In jenen Fällen, in denen das Gesetz zusätzlich zum Erfordernis der einfachen Stimmenmehrheit eine Kapitalmehrheit erfordert, sieht § 21 der hier zur Anwendung gelangenden Satzung nur eine einfache Mehrheit „des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals" vor. Davon sind aber nur Aktien umfasst, für die die Stimmen zu diesem Beschlussthema abgegeben worden sind (siehe Kostner, Die Aktiengesellschaft, 84). Wiederum hätte Jean Erich T***** im Fall der Nichtabgabe bzw nicht gültigen Abgabe der Stimme der Holding AG eine „Verbandswillensbildung" herbeiführen können. Eine andersartige Situation lag - lässt man abermals den Stimmbindungsvertrag außer Acht - vor 1999 in Ansehung der Bestellung und Abberufung von Organen der Gesellschaft vor. Der Aufsichtsrat, dem zwingend die Bestellung des Vorstands obliegt, kann nur mit der in § 21 der Satzung vorgesehenen drei Viertel-Mehrheit des vertretenen Grundkapitals bestellt werden. In jenen Fällen, in denen die Vorstände der Holding AG zu keiner Einigung gelangt wären, hätten die Aktien der Holding AG bei Berechnung der Kapitalmehrheit nach dem bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapital außer Ansatz bleiben müssen. Mit seiner nur 18 %igen Beteiligung am Grundkapital hätte Jean Erich T***** aber durch seine gültige Stimmabgabe die für die Bestellung und Abberufung von Aufsichtsratsmitgliedern im § 21 der Satzung vorgesehene drei Viertel-Mehrheit am bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapital dann nicht zustande bringen können, wenn Veronika T***** mit ihrem 10 %igen Anteil nicht seinen Standpunkt geteilt hätte, hätte er doch dann über eine zumindest 21 %ige Kapitalmehrheit verfügen müssen. Dies trifft ebenso auf die in § 17 Abs 4 der Satzung aufgezählten, der Hauptversammlung zugewiesenen wirtschaftlich bedeutsamen Angelegenheiten zu, für die § 21 der Satzung dasselbe Quorum vorsieht. Dass die damalige Ehegattin des Jean Erich T***** den 10 %igen Minderheitsanteil (bis 2001) hielt, ist nicht maßgeblich, da im Zusammenhang mit der Beurteilung einer Mietzinsanhebung auch Anteile von Ehegatten grundsätzlich nicht zusammengerechnet werden (Vonkilch in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht § 12a Rz 50; 1 Ob 19/04g). Zu prüfen ist also, ob ein Anstieg der Beteiligung an der Holding AG von einer einfachen zu einer qualifizierten (drei Viertel) Mehrheit im Jahr 1999 für Jean Erich T***** eine Änderung der rechtlichen Einflussmöglichkeiten iSd § 12a Abs 3 MRG herbeiführte. Dem Argument der beklagten Partei, dies sei schon deshalb nicht der Fall, weil sich bei „Durchrechnung" schon vor 1999 eine Beteiligung des Jean Erich T***** an der Mietergesellschaft von über 50 % ergäbe, ist entgegenzuhalten, dass ein „Durchgriff" nicht allein auf den Gesellschafterwechsel an der unternehmenstragenden Gesellschaft zu beschränken ist, sondern weiter zu prüfen ist, welche konkreten Auswirkungen dieser auf die rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten nach sich zieht; insbesondere ist zu beurteilen, ob der rechtliche und wirtschaftliche Einfluss nicht doch „in einer Hand geblieben" ist (Schauer, Geschäftsraummiete und Unternehmensübertragung, GesRZ 1994, 12 [20]). In der - ebenfalls eine Aktiengesellschaft betreffenden - Entscheidung 3 Ob 114/00m (= wobl 2001, 317) wurde zwar der Anhebungstatbestand des § 12a Abs 3 MRG verneint, weil es zum bloßen „Ausbau" einer bereits zuvor bestehenden Mehrheit von 52,63 % auf 79 % der Stimmrechtsanteile kam bzw diese Stimmenmehrheit in der Folge auf 25 % „abgebaut" wurde, aber kein anderer Aktionär über einen größeren Stimmenanteil verfügte. Im vorliegenden Fall ist aber nicht von einer für den Anhebungstatbestand des § 12a Abs 3 MRG unmaßgeblichen bloßen „Aufstockung" bereits gegebener Mehrheitsverhältnisse auszugehen, die auch schon zuvor für die Bestellung und Abberufung der Geschäftsführungsorgane (des Aufsichtsrats) ausgereicht hätten. Gerade diese Befugnisse waren gemäß § 21 der Satzung erst mit dem Entstehen der drei Viertel-Mehrheit für Jean Erich T***** verbunden; ihnen kommt nach ständiger Rechtsprechung für die Frage der Änderung der rechtlichen Einflussmöglichkeiten iSd § 12a Abs 3 MRG entscheidende Bedeutung zu (RIS-Justiz RS0111297). Erst ab 1999 erlaubte es die gesellschaftsrechtliche Position dem Jean Erich T*****, die Geschicke der Mietergesellschaft faktisch zu bestimmen, weil nunmehr die rechtlichen Strukturen keine Handhabe mehr boten, ihn daran zu hindern. Eine Änderung der rechtlichen Einflussmöglichkeit im Sinne des § 12a Abs 3 Satz 1 MRG ist demzufolge zu bejahen (siehe 5 Ob 7/98k).

Dem mit dem „Kippen der Mehrheitsverhältnisse" idR verbundenen Indiz einer Änderung auch der wirtschaftlichen Machtverhältnisse (siehe 6 Ob 88/06v uva) setzt die beklagte Partei den Stimmrechtsbindungvertrag sowie den Umstand entgegen, die wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten seien faktisch bereits seit 1990 allein bei Jean Erich T***** gelegen gewesen, sodass die Ergebnisse des 1999 erfolgten Übergangs der 50 %igen Anteilsrechte an der Holding AG schon 1990 vorweggenommen worden seien. Die beklagte Partei führt somit eine nach außen nicht in Erscheinung getretene rechtsgeschäftliche Bindung von Abstimmungsverhalten ins Treffen, der der Charakter einer bloß vertraglichen Koordinierung der Stimmrechtsausübung zur Mehrheitsbildung zukommt („Majoritätssyndikat" - Strasser in Jabornegg/Strasser AktG4 § 114 Rz 4). Derartige Syndikatsverträge zeitigen nur schuldrechtliche Wirkung und binden nur die Vertragspartner, nicht auch die Gesellschaft selbst (RIS-Justiz RS0049389). Sie greifen nicht unmittelbar in die gesellschaftsrechtliche Organisation ein. Dies findet seinen Ausdruck unter anderem darin, dass ihnen zuwiderlaufende Stimmabgaben dennoch wirksam sind und die Vertragspartner von ihnen jederzeit einvernehmlich - auch schlüssig - wieder abgehen können (SZ 66/56; RIS-Justiz RS0059854). Im Zusammenhang mit § 12a Abs 3 MRG sind derartige interne Absprachen zwischen Gesellschaftern nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich unmaßgeblich. So wurden zB Weisungsrechte des Kommanditisten gegenüber dem Komplementär als der Annahme einer entscheidenden Änderung nicht entgegenstehend angesehen (7 Ob 169/97x = SZ 70/216). Diese Ansicht fand die Zustimmung von Würth (wobl 1998, 99) mit der Einschränkung, dass Absprachen nur von Bedeutung sein könnten, soweit sie im Sinne des § 12a Abs 3 letzter Satz MRG der Umgehung dienten. Für eine solche Umgehungsabsicht bestehen im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte, weil der Syndikatsvertrag schon etwa drei Jahre vor dem Inkrafttreten des § 12a MRG abgeschlossen wurde. Nun trifft es für die Beurteilung der „Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten" sicher zu, dass Einflussmöglichkeiten aufgrund obligatorischer Vereinbarungen in einer Vielzahl von Fällen außer Betracht zu bleiben haben. Dies gilt vor allem für ein nach der betreffenden Änderung bzw anlässlich der Änderung für die Zukunft vorgesehenes „abgestimmtes Verhalten" (vgl dazu etwa 1 Ob 19/04g), dessen Einhaltung naturgemäß nicht vorhersehbar ist. Im vorliegenden Fall beruft sich die Mietergesellschaft aber zusätzlich zum Syndikatsvertrag auf ein schon vor dem Erwerb der Anteile neun Jahre lang bestandenes und weiterhin bestehendes konkretes Machtverhältnis. Dieses ist damit zu charakterisieren, dass sich die Mietergesellschaft zwar nach der eingetretenen Veränderung (auch) rechtlich in der alleinigen Hand eines einzigen „Einflussberechtigten" befindet, dieser aber auch in der Vergangenheit aufgrund bestehender und auch tatsächlich eingehaltener Abreden der alleinige wirtschaftlich Einflussberechtigte gewesen war, der die Geschicke der Gesellschaft geleitet hat. Die Berufung auf ein solches Machtverhältnis ist dort nicht ausgeschlossen, wo dieser Gesellschafter (Aktionär) sowohl vor als auch nach der Veränderung stets mehrheitlich beteiligt war, überwiegend vom (günstigen) Mietvertrag profitierte, und kein weiterer Aktionär hinzugetreten ist. In einer Gesamtbetrachtung der beiden Elemente „der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten" wäre es nicht sachgerecht, dem Vermieter ein Mietzinsanhebungsrecht zu gewähren, obwohl nach wie vor dieselbe natürliche Person im überwiegenden Umfang von der Nutzung des Mietobjekts durch die Gesellschaft profitiert.

Für diese Sicht spricht auch die rechtshistorische Komponente und der Zweck des § 12a Abs 3 MRG:

Das Recht des Vermieters auf Anhebung des Mietzinses wurde in § 12a Abs 1 MRG (vor dem 3. WÄG § 12 Abs 3 MRG [aF]) an den Grundtatbestand des Mietrechtsübergangs aufgrund einer Unternehmensveräußerung geknüpft. Tragender Gedanke des § 12a Abs 3 MRG ist es, zu verhindern, dass durch gesellschaftsrechtliche Möglichkeiten mehrheitlich andere Personen als der bisherige Mieter zum Nachteil des Vermieters einen unangemessen niedrigen Mietzins verwerten können (SZ 70/216). Vor diesem Hintergrund wurde eine wesentliche Änderung der wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten etwa verneint, wenn die Änderung der Mehrheitsverhältnisse nicht operativ genutzt wurde, sondern nur einem Verschmelzungsvorgang dienen sollte, an dessen Ende unveränderte Machtverhältnisse in der aufnehmenden Mietergesellschaft stehen (6 Ob 88/06v). Auch im vorliegenden Fall bestehen unveränderte wirtschaftliche Machtverhältnisse in der Mietergesellschaft. Jean Erich T***** konnte infolge der bereits gegebenen tatsächlichen Situation durch den Erwerb von Aktien des Ferdinand S***** an der Holding AG keine neuen wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten mehr hinzugewinnen.

Zusammenfassend ist davon auszugehen, dass es bei der Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse im Sinne des § 12a Abs 3 MRG nicht nur auf die rechtlichen, sondern entscheidend auch auf die faktischen Machtverhältnisse ankommt. Diese lagen im hier zu beurteilenden Fall festgestelltermaßen seit 1990 allein bei Jean Erich T*****. Trotz dieser Beweisergebnisse haben sich die klagenden Vermieter im Verfahren erster Instanz aber weiterhin ausschließlich auf eine Änderung der gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse berufen und eine Änderung der faktischen Machtverhältnisse bzw eine entsprechende Umgehungsabsicht auch nach dem Vorbringen der beklagten Partei über die bestehenden wirtschaftlichen Machtverhältnisse nicht behauptet (vgl 3 Ob 78/07b). Das durch den Erwerb weiterer Anteilsrechte an der Holding AG seitens Jean Erich T***** zunächst gegebene Indiz, es hätten sich auch die wirtschaftlichen Machtverhältnisse in der Mietergesellschaft geändert, ist demnach entkräftet. Ausgehend von den Feststellungen der Vorinstanzen hat sohin kein Machtwechsel im Sinne des § 12a Abs 3 MRG stattgefunden.

Der Revision ist ein Erfolg zu versagen.

Der Ausspruch über den Ersatz der Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.