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OGH vom 11.10.2012, 1Ob179/12y

OGH vom 11.10.2012, 1Ob179/12y

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ. Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj L***** S*****, geboren am , vertreten durch Mag. Heinz Wolfbauer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterhalts, über den Revisionsrekurs des Vaters Dr. O***** K*****, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 43 R 254/12i 106, womit infolge Rekurses des Vaters der Beschluss des Bezirksgerichts Döbling vom , GZ 10 Pu 131/09b 100, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Mit Vergleich vom verpflichtete sich der Vater zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von 425 EUR ab dem . Bis dahin leistete er einen Unterhalt von monatlich 230 EUR. Über Antrag des Minderjährigen verpflichtete das Erstgericht den Vater für die Zeit vom bis zum zu den Betrag von 230 EUR jeweils übersteigenden monatlichen Unterhaltsleistungen, wies ein Unterhaltsmehrbegehren ab und sprach aus, dass die vom Vater bis geleisteten Unterhaltszahlungen von insgesamt 15.720 EUR auf dessen Unterhaltsschuld anzurechnen seien.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters nicht Folge und ließ den Revisionsrekurs zunächst nicht zu.

Über Zulassungsvorstellung des Vaters änderte es seinen Zulassungsausspruch ab und erklärte den Revisionsrekurs für zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, „ob finanzielle Leistungen eines Dritten zum Unterhalt eines Kindes auf jeden Fall auf den Unterhaltsanspruch anzurechnen sind, wenn der Dritte in Kenntnis einer erst nachfolgend begehrten und sodann auch rückwirkend erfolgten Erhöhung der Geldunterhaltsverpflichtung des Elternteils seine finanziellen Zuwendungen nicht erbracht hätte“.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts (§ 71 Abs 1 AußStrG) nicht zulässig.

1. Der vom Vater in seinem Revisionsrekurs angesprochene Verfahrensmangel erster Instanz, weil er vor der Beschlussfassung durch das Erstgericht nicht einvernommen worden sei, wurde bereits durch das Rekursgericht begründet verneint. Auch im Verfahren außer Streit gilt, dass eine vom Rekursgericht verneinte Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens in dritter Instanz nicht mehr geltend gemacht werden kann (RIS Justiz RS0030748; RS0050037). Eine Beeinträchtigung von Interessen des Kindes, die zur Durchbrechung dieses Grundsatzes führen könnte, ist bei dem hier vorliegenden Sachverhalt nicht erkennbar.

2. Es begründet keine Aktenwidrigkeit, wenn das Rekursgericht auf die Aussage des väterlichen Großvaters verweist und diese richtig wiedergibt. In Wahrheit wendet sich der Revisionswerber unter diesem Revisionsgrund aber ohnedies gegen die Beweiswürdigung der Vorinstanzen, die vor dem Obersten Gerichtshof nicht mehr bekämpft werden kann (RIS Justiz RS0007236). Soweit in diesem Zusammenhang das Fehlen von Feststellungen geltend gemacht wird, werden keine Verfahrensfragen angesprochen.

3. Der Revisionswerber verweist auf die festgestellten Zuwendungen des väterlichen Großvaters an den Minderjährigen (und nach den Feststellungen zum Teil auch an dessen Mutter) von gesamt 4.700 EUR und meint, in diesem Umfang sei der Unterhaltsanspruch des Minderjährigen erloschen. Es trifft zu, dass regelmäßige -Sach oder Geldleistungen eines Dritten zum Erlöschen des Unterhaltsanspruchs führen können (vgl 4 Ob 146/08m vom ). Das rechtliche Schicksal des Unterhaltsanspruchs des Kindes gegenüber dem unterhaltspflichtigen Elternteil hängt aber entscheidend vom Motiv für eine solche Leistung ab (vgl Barth/Neumayr in Fenyves/Kerschner/Vonkilch in Klang ³ § 140 ABGB Rz 26). Nur wenn der Dritte mit seiner Leistung die Absicht verfolgte, ganz oder auch nur teilweise die Unterhaltspflicht des Schuldners zu erfüllen, sei es um von ihm Ersatz zu erlangen oder in dessen Erwartung (vgl RIS Justiz RS0020019), sei es als Schenkung gegenüber dem Verpflichteten, kommt ein (teilweises) Erlöschen des Unterhaltsanspruchs dem Verpflichteten gegenüber in Betracht (vgl 9 Ob 118/97m; 2 Ob 74/10m). Mangels nachgewiesener Absicht, dass sie den Unterhaltsschuldner entlasten sollten, haben Leistungen Dritter daher grundsätzlich keinen Einfluss auf die Unterhaltsverpflichtung des geldunterhaltspflichtigen Elternteils (7 Ob 568/93; 6 Ob 501/96; 9 Ob 118/97m). Im Zweifel ist anzunehmen, dass Zuwendungen naher Angehöriger in Erfüllung einer (zumindest angenommenen) sittlichen Verpflichtung und nicht in der Absicht, den Unterhaltspflichtigen zu entlasten, erbracht werden (RIS Justiz RS0047325; Neuhauser in Schwimann/Kodek , ABGB 4 I § 140 Rz 54).

4. Nach den Feststellungen erfolgten die einzelnen Geldzuwendungen des väterlichen Großvaters unregelmäßig und überwiegend zu besonderen Anlässen (für Ausgaben der Mutter anlässlich der Geburt, als Weihnachtsgeschenk für Mutter und das Kind, zum ersten Geburtstag), wobei das Erstgericht ausdrücklich festhielt, dass diese Leistungen keine Unterhaltszahlungen darstellten. Damit handelte es sich bei den Leistungen des väterlichen Großelternteils nicht um solche, die den geldunterhaltspflichtigen Elternteil von seiner Unterhaltspflicht entlasten sollten. Der Anspruch des Kindes gegenüber dem Unterhaltsschuldner bleibt von solchen auf Freiwilligkeit beruhenden Leistungen Dritter unberührt, ohne dass es noch darauf ankäme, ob der väterliche Großvater diese Zuwendungen auch erbracht hätte, wenn er Kenntnis von der Verpflichtung des Unterhaltsschuldners zur Leistung eines höheren Geldunterhalts und deren nachträglichen Geltendmachung gehabt hätte. Ausgehend vom feststehenden Sachverhalt stellt sich die vom Rekursgericht als erheblich erachtete Rechtsfrage damit nicht. Es ist aber nicht Aufgabe des Obersten Gerichtshofs zu nach den Feststellungen nicht relevanten Fragen Stellung zu nehmen (RIS Justiz RS0088931 [T3]).

5. Die Ausführungen des Revisionsrekurswerbers zu seiner Zahlung von 810 EUR lassen außer Acht, dass es sich dabei nach den den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen des Erstgerichts ausdrücklich um eine als „Sonderbedarf“ gewidmete Zahlung an die Mutter handelte, die keine Unterhaltsleistung für den Minderjährigen darstellte, und gehen damit nicht vom festgestellten Sachverhalt aus. Insoweit ist die Rechtsrüge nicht gesetzesgemäß ausgeführt (RIS Justiz RS0043312).

6. Der insgesamt nicht zulässige Revisionsrekurs ist damit zurückzuweisen, ohne dass dieser Beschluss noch einer weiteren Begründung bedürfte (§ 71 Abs 3 letzter Satz AußStrG).