OGH vom 20.04.2006, 4Ob239/05h

OGH vom 20.04.2006, 4Ob239/05h

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß als Vorsitzende und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Gitschthaler als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Sonja B*****, vertreten durch Dr. Johannes Sääf, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei E***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Harald R. Jahn, Rechtsanwalt in Wien, wegen 331.035,24 EUR sA, Leistung (Streitwert 10.000 EUR) und Feststellung (Streitwert 35.000 EUR), über die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom , GZ 40 R 97/05v-45, mit dem das Teilurteil des Bezirksgerichts Fünfhaus vom , GZ 12 C 24/04p-34, idF des Berichtigungsbeschlusses vom , ON 38, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass das Teilurteil des Erstgerichts, das im Umfang der Teilabweisung des Mehrbegehrens von 3.066,38 EUR (Punkt 4 des Teilurteils) mangels Anfechtung in Rechtskraft erwachsen ist, im Umfang der Feststellung, dass die Klagsforderung an Benützungsentgelt und anteiliger Grundsteuer mit 162.748,62 EUR zu Recht besteht (Punkt 1 des Teilurteils), wiederhergestellt wird.

Im Übrigen wird die Rechtssache an das Berufungsgericht zurückverwiesen und dem Berufungsgericht auftragen, nach Erledigung der Berufung der Beklagten gegen die Feststellung, dass ihre Gegenforderung nicht zu Recht bestehe (Punkt 2 des Teilurteils), über das Begehren der Klägerin auf Zahlung von Benützungsentgelt und anteiliger Grundsteuer zu entscheiden.

Die Kosten des Revisionsverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Vater der Klägerin errichtete in den 50er-Jahren des vorigen Jahrhunderts auf einer ihm gehörigen Liegenschaft in der Hüttelbergstraße in Wien ein Wohnhaus sowie eine Tankstelle mit Servicestation. Diese betrieb er bis 1970; die Klägerin und ihre Schwester arbeiteten im Betrieb mit. Im Oktober 1970 übernahm die Rechtsvorgängerin der Beklagten den Tankstellenbetrieb samt kompletter Einrichtung und vollen Kraftstofftanks. Mit ihr hatte ein exklusiver Belieferungsvertrag bestanden.

Im November 1971 schlossen die Klägerin, die damals zu 173/520 Anteilen Eigentümerin der Liegenschaft war, und die Rechtsvorgängerin der Beklagten einen zunächst bis befristeten Bestandvertrag über die Tankstelle und die Servicestation. Als monatlicher Bestandzins wurden 5.000 S wertgesichert vereinbart; der Bestandnehmerin wurde ein vorzeitiges Kündigungsrecht für den Fall eingeräumt, dass ihr die Weiterführung der Tankstelle samt Servicestation unwirtschaftlich erscheinen sollte.

Am verlängerten die Rechtsvorgängerin der Beklagten und die Klägerin sowie ihre Schwester als damalige Liegenschaftseigentümerinnen den Bestandvertrag bis . Sie vereinbarten dabei unter anderem, dass die Bestandnehmerin das Kündigungsrecht jeweils nur zum 31. 12. eines jeden Jahres mit einjähriger Kündigungsfrist ausüben könne. Die Bestandnehmerin verpflichtete sich, etwaige Umweltschäden aus dem Betrieb der Tankstelle und aller ihrer ober- und unterirdischen Einrichtungen und Anlagenteile auf eigene Kosten zu beheben.

Ende des Jahres 2000 wollte der Pächter der Tankstelle in Pension gehen. Die Beklagte bot die Tankstelle zwei bei ihr in Ausbildung stehenden potenziellen Pächtern an. Diese lehnten jedoch ab, weil sie den Betrieb für unwirtschaftlich hielten. Aus diesem Grund kündigte die Beklagte mit am bei Gericht eingelangter Kündigung das Bestandverhältnis per . Sie beantragte, den Liegenschaftseigentümerinnen aufzutragen, den Bestandgegenstand bis zum zu übernehmen. Die Aufkündigung erwuchs mangels Einwendungen in Rechtskraft.

Die Beklagte legte den Betrieb der Tankstelle im Dezember 2000 still und zeigte die Stilllegung der Gewerbebehörde am an. Sie hatte die Klägerin nicht auf die bevorstehende Stilllegung hingewiesen. Diese hatte davon jedoch vom Pächter erfahren. Noch vor der Stilllegung wies der Ehegatte der Klägerin den Geschäftsführer der Beklagten telefonisch darauf hin, dass die Investitionen der Beklagten nach dem Bestandvertrag in das Eigentum der Liegenschaftseigentümerinnen übergegangen seien.

Da sich die beabsichtigte Stilllegung in der Tankstellenbranche herumgesprochen hatte, meldete sich im Dezember 2000 eine Tankstellenbetreiberin bei der Klägerin, um ihr Interesse an der Weiterführung der Tankstelle zu bekunden.

Am erschienen Mitarbeiter eines von der Beklagten beauftragten Unternehmens, um Schließungsarbeiten durchzuführen. Es sollten die Zapfsäulen abmontiert und die Tanks gereinigt werden. Die Klägerin und ihre Schwester sprachen sich gegen die Demontage der Zapfsäulen aus, weil die Investitionen in ihr Eigentum übergehen sollten. Bei einer Besprechung wurde festgehalten, dass die Kessel grundentleert werden und die Beklagte die erforderlichen Bodenuntersuchungen in Auftrag gibt. Das Gutachten sollte bis Ende Jänner 2001 vorliegen.

Mit Schreiben vom schlug der (damalige) Rechtsvertreter der Klägerin und ihrer Schwester dem Beklagtenvertreter eine einvernehmliche Lösung durch vorzeitige Beendigung des Bestandvertrags vor, um die Weiterführung der Tankstelle durch eine Interessentin zu ermöglichen. Die Beklagte verstoße durch die Stilllegung des Betriebs gegen die sie treffende Betriebspflicht und damit massiv gegen die wirtschaftlichen Interessen der Bestandgeberinnen. Die Schwester der Klägerin teilte dem Geschäftsführer der Beklagten unter anderen mit, dass sie selbst die Tankstelle nicht mehr betreiben wolle.

Noch im Jänner 2001 ließ die Beklagte die Treibstofftanks grundentleeren, reinigen und mit Stickstoff füllen. Die produktführenden Leitungen wurden gereinigt und blindiert, der Benzinabscheider vor der Servicehalle entleert und gereinigt. Sämtliche Werbemittel wurden demontiert. Die Beklagte beauftragte ein Unternehmen, Boden- und Grundwasserproben zu entnehmen. Am wurde ein Bericht vorgelegt, wonach die gesättigte Bodenzone (Grundwasser) kontaminiert sei. Der Ausgang der Grundwasserverunreinigung liege mit großer Wahrscheinlichkeit im Bereich der südöstlichen Zapfsäule (Benzin/Super Plus), des Füllschacht/Diesel-Benzin-Tanks und der Füllschacht/HEL-Zapfsäule. Der überwiegende Teil der Schadstoffe sei vermutlich nicht vor 1990 in die gesättigte Bodenzone gelangt, weil der Grundwasserabstrom zu dieser Zeit als kontaminationsfrei nachgewiesen worden sei.

Mit Schreiben vom bot der Beklagtenvertreter dem Rechtsanwalt der Bestandgeberinnen an, dass die Beklagte das Bestandobjekt im Tankstellenbereich dekontaminiert per an die Bestandgeberinnen zurückstelle. Die Tankstelleneinrichtungen sollten nicht wieder hergestellt werden, dafür zahle die Beklagte den Bestandgeberinnen 300.000 S. Das Bestandverhältnis sollte mit als einvernehmlich aufgelöst gelten, sodass auch jegliche Bestandzinszahlungsverpflichtungen der Beklagten ab Juli 2001 wegfallen würden. Durch diese Vereinbarung sollten alle wechselseitigen Ansprüche zwischen den Parteien verglichen und bereinigt sein.

Die Klägerin forderte am die Beklagte auf, ihr ein Gutachten über die Kontaminierung zur Verfügung zu stellen. Dies verweigerte der Beklagtenvertreter am ; die „Kontaminierungs-" (richtig: Dekontaminierungs-)arbeiten würde die Beklagte jedenfalls durchführen. Das von der Beklagten mit dem Aushub des kontaminierten Erdreichs beauftragte Unternehmen begann im November 2001 mit den Arbeiten. Davor, und zwar am , kam es, obwohl die Klägerin dem nicht zugestimmt hatte, zu einer Beweissicherung.

Den Vergleichsvorschlag vom nahmen die Klägerin und ihre Schwester nicht an. Da eine Tankstellenbetreiberin nach wie vor Interesse an der Übernahme der Tankstelle zeigte, waren sie weiterhin an einer Einigung mit der Beklagten interessiert. Die Klägerin bezifferte mit Schreiben vom der Beklagten gegenüber ihre Forderung mit 181.500 EUR zuzüglich 15.000 EUR für die Geschäftseinrichtung.

Am fanden Verhandlungen statt, bei denen die Beklagte 800.000 S als Abgeltung für die Wiederherstellung der Tankstelle anbot. Mit Schreiben vom teilten die Klägerin und ihre Schwester die Bedingungen mit, unter denen sie bereit wären, gegen diesen Abgeltungsbetrag auf die Wiederherstellung der Tankstelle zu verzichten. Am stellte der Beklagtenvertreter klar, dass der angebotene Betrag als Generalabfindung gedacht sei; die Bestandgeberinnen müssten sich verpflichten, für die Zeit von bis am gegenständlichen Standort keine Tankstelle zu betreiben oder durch Dritte betreiben zu lassen. Die Bestandgeberinnen lehnten den Vergleichsvorschlag am ab und forderten die Beklagte auf, die Anlagen wiederherzustellen. Sie wiesen darauf hin, dass sie, sollten die Arbeiten nicht bis zum abgeschlossen sein, unbeschadet weiterer Ansprüche jedenfalls ein Benutzungsentgelt in der Höhe des bislang bezahlten Bestandzinses begehren würden.

Ab zahlte die Beklagte keinen Bestandzins mehr; dieser hatte zuletzt 5.533,50 EUR monatlich betragen. Am erwarb die Klägerin die Liegenschaftsanteile ihrer Schwester; sie ist seitdem Alleineigentümerin der Liegenschaft.

Die auf Grund der Bodenkontaminationen erforderlichen Aushubarbeiten dauerten bis April 2002. Die - von dem Unternehmen, das die Boden- und Grundwasserproben entnommen hatte, als sauber bewertete - Baugrube wurde zugeschüttet, an der Grenze zur Nachbarliegenschaft wurde vermörteltes Material in die Baugrube eingebracht und dort belassen. Sowohl auf der Liegenschaft der Klägerin als auch auf der Nachbarliegenschaft wurden Brunnen geschlagen, um den Grundwasserspiegel abzusenken und Trichter zu bilden, in die die Schadstoffe hineinlaufen. Die Tankstelle wurde nicht wiederaufgebaut.

In der Zeit zwischen der Ablehnung des Vergleichsvorschlags durch die Bestandgeberinnen am und Juni 2002 gab es zwischen den Parteien keinerlei Kontakt. Die damalige Rechtsvertreterin der Klägerin wies die Beklagte am darauf hin, dass eine ordnungsgemäße Rückstellung der Tankstellenanlage noch nicht erfolgt sei, und forderte sie auf, das seit fällig gewordene Benutzungsentgelt zu überweisen.

Bei einem Zusammentreffen am bot die Beklagte 1 Mio S als Ablöse. Die Klägerin forderte die Beklagte auf, vor Rückstellung der Liegenschaft das vermörtelte Material an der Grundstücksgrenze zur Nachbarliegenschaft zu entfernen. Der Geschäftsführer der Beklagten erklärte, er werde sich diesbezüglich erkundigen. Die Rechtsvertreterin der Klägerin meinte, sie werde sich zum Vergleichsanbot bis äußern. Die Äußerung unterblieb, da die Klägerin keine Nachricht über die Entfernung der Bodenvermörtelung erhielt.

Am forderte die Klägerin die Wiederherstellung der Tankstelle, die Überweisung des ausständigen Bestandzinses für das Jahr 2002, die Behebung der Bauschäden sowie die Entfernung des im Erdreich vorhandenen Betonblocks. Im Februar 2003 kündigte sie das Vollmachtsverhältnis zu ihrer Rechtsanwältin; sie wandte sich direkt an den Beklagtenvertreter und ersuchte um Wiederherstellung der Tankstelle. Dies sagte ihr der Beklagtenvertreter auch zu. Auf telefonisches Ersuchen übermittelte sie einem Geschäftsführer der Beklagten am eine schriftliche Aufforderung zur Wiederherstellung der Tankstelle. In der Folge urgierte sie bei beiden Geschäftsführern der Beklagten sowie bei dem mit der Abwicklung der Bauarbeiten beauftragten Unternehmen wiederholt die Rückstellung der Tankstelle.

Am wurden in der Servicestation Bodenproben gezogen, nachdem bei der Hebebühne Öl ausgelaufen war. Die Kontamination sollte durch Bodenaushub saniert werden; die Fläche des auszuhebenden kontaminierten Erdreichs wurde auf etwa 5 m² geschätzt, die Masse des auszuhebenden Erdreichs bei einer Aushubtiefe von etwa 4 m auf maximal 50 Tonnen. Die Aushubarbeiten wurden bislang nicht durchgeführt.

Ein Geschäftsführer der Beklagten schlug bei einer Besprechung am vor, dass die Beklagte die zur Dekontaminierung notwendigen Arbeiten durchführen sollte und dass sämtliche Ansprüche der Klägerin durch eine Abschlagszahlung erledigt werden sollten. Einen konkreten Betrag nannte er nicht, meinte aber, dass ein Vergleich bis zu 200.000 EUR denkbar sei; darüber hinaus würde es schwierig werden, eine Einigung zu erzielen. Er forderte die Klägerin auf, eine Summe bekannt zu geben, durch deren Zahlung alle Ansprüche erledigt wären. Am übermittelte die Klägerin ein Vergleichsanbot. Danach sollte die Beklagte für die vertragswidrig nicht durchgeführte Rückstellung der Tankstelle und die Beschädigungen der Tankstelle Schadenersatz durch eine einmalige Zahlung von 340.000 EUR leisten. Die Beklagte sollte die Haftung für Schäden aus der Kontaminierung des Erdreichs und aus der Bauführung übernehmen und die Tankstelle bis längstens zurückstellen. Die Beklagte lehnte den Vorschlag am ab und teilte mit, dass ihre technischen Kontraktoren mit dem Wiederaufbau der Tankstelle beauftragt würden.

In der Folge (und auch nicht bis zum Schluss der Verhandlung erster Instanz am ) wurde nicht mit Wiederherstellungsarbeiten begonnen, der Klägerin wurde auch nicht die Rückstellung der Tankstelle angeboten. Die Beklagte verfügt nach wie vor über die Schlüssel zur Servicestation und lässt sie geringfügig heizen. In einem Branchenverzeichnis ist am Standort nach wie vor eine Tankstelle der Beklagten eingetragen.

Die Klägerin begehrt mit der seit anhängigen Klage insgesamt 331.850,24 EUR an Pachtzins bzw Benutzungsentgelt für die Zeit von Jänner 2002 bis Mai 2004 (165.815 EUR), an Kosten für die Beseitigung von im Zuge der „Wiederherstellungsarbeiten" eingetretenen Schäden (112.000 EUR), an Rechtsberatungs- und Rechtsvertretungskosten (26.367,74 EUR) sowie als Ersatz für die „Zerstörung eines lebenden Unternehmens" (27.667,50 EUR), des Weiteren die Rückstellung der wieder hergestellten Tankstelle und die Feststellung der Haftung der Beklagten für Schäden und Folgeschäden aus dem Betrieb der Tankstelle im Zusammenhang mit der Kontaminierung des Erdreichs und der Bauführung. Die Beklagte habe den Betrieb der Tankstelle vertragswidrig vorzeitig eingestellt und damit den Kundenstock zerstört, die Tankstelleneinrichtungen beseitigt, den Boden der Betriebsliegenschaft kontaminiert, die Tankstelle nicht in vertragsgemäßem Zustand an die Klägerin zurückgestellt und auch keinerlei Bestand- bzw Benutzungsentgelte bezahlt.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Sie habe das Bestandverhältnis vertragsgemäß vorzeitig aufgekündigt und sei bemüht gewesen, die Tankstelle zurückzustellen. Dies sei aber an überzogenen und ständig wechselnden Forderungen der Klägerin gescheitert. Die Klägerin habe damit die Rückstellung vereitelt. Pachtzinse könne die Klägerin nicht geltend machen, da kein Bestandverhältnis bestehe; ein Benutzungsentgelt stehe ihr nicht zu, weil der Beklagten wegen der Unwirtschaftlichkeit der Tankstelle kein Vorteil erwachsen sei. Die Beklagte habe für Dekontaminierungs- und Entsorgungsarbeiten 300.000 EUR aufgewendet, die sie aufrechnungsweise einwende. Der Ersatzanspruch stehe ihr zu, weil das Erdreich bereits kontaminiert gewesen sei, als ihre Rechtsvorgängerin die Tankstelle übernommen habe.

Das Erstgericht erklärte mit Teilurteil die Klageforderung als mit 162.748,62 EUR (Benutzungsentgelt [5.533,50 EUR x 29 Monate] und anteilige Grundsteuer [2.277,12 EUR]) als zu Recht bestehend (Punkt 1), die Gegenforderung als nicht zu Recht bestehend (Punkt 2) und verpflichtete die Beklagte zur Zahlung von 162.748,62 EUR sA (Punkt 3); das Mehrbegehren von 3.066,38 EUR wies es (insoweit rechtskräftig) ab (Punkt 4). Zwischen den Parteien habe ein Pachtverhältnis bestanden; dieses sei durch Kündigung beendet worden. Die Beklagte sei zur Rückstellung verpflichtet gewesen; die Klägerin habe eine Mitwirkungspflicht getroffen. Die Klägerin habe mehrfach die Rückstellung der vertragsgemäß wieder hergestellten Tankstelle gefordert; die Beklagte habe die Tankstelle nicht zurückstellen wollen. Unabhängig von einem messbaren Nutzen, einer Weiterbenützung der Tankstelle oder einem Verschulden habe die Klägerin Anspruch auf ein Benutzungsentgelt für die Zeit nach Beendigung des Pachtvertrags in Höhe des bisherigen Pachtzinses. Die Klägerin habe die Rückstellung nicht vereitelt. Da nicht feststehe, dass die Liegenschaft bei Übergabe der Tankstelle an die Rechtsvorgängerin der Beklagten bereits kontaminiert gewesen sei, habe die Klägerin für die Dekontaminierungs- und Entsorgungskosten nicht aufzukommen. Die Beklagte habe die Kosten auch nicht näher aufgeschlüsselt oder belegt; die Gegenforderung bestehe daher nicht zu Recht.

Das Berufungsgericht wies das gesamte, vom Teilurteil des Erstgerichts erfasste Teilklagebegehren ab und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Die Beklagte habe bereits vor Beendigung des Bestandverhältnisses versucht, das Bestandobjekt an die Klägerin zurückzustellen. Die Klägerin sei mit Ablauf des in Annahmeverzug geraten. Ab diesem Zeitpunkt wäre sie gemäß § 1109 ABGB zur Rücknahme des Bestandobjekts unabhängig von dessen Zustand verpflichtet gewesen; sie habe aber die Rückstellung durch immer neue und wechselnde Forderungen verhindert. Ein neuerliches formales Rückstellungsanbot sei nach diesem Zeitpunkt nicht notwendig gewesen, weil die Beklagte ihren Rückgabewillen ausreichend dokumentiert habe. Dass die Beklagte noch über Schlüssel zur Servicestation verfüge und diese beheizt habe und in einem Branchenverzeichnis mit diesem Standort aufgeschienen sei, ändere daran nichts. Der Annahmeverzug der Klägerin habe den Lauf der Jahresfrist des § 1111 ABGB ausgelöst; ihr stehe daher kein Benutzungsentgelt zu. Damit erübrige es sich, auf die Ausführungen zur Gegenforderung einzugehen.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision der Klägerin ist zulässig und berechtigt.

Das zwischen den Parteien bestehende Bestandverhältnis über die Tankstelle samt Servicestation hat am geendet. Gegenstand des Revisionsverfahrens sind die Ansprüche der Klägerin auf Benutzungsentgelt für die Zeit danach.

1. Nach § 1109 Satz 1 ABGB muss der Bestandnehmer die Sache nach geendigtem Bestandvertrage dem etwa entrichteten Inventarium gemäß oder doch in dem Zustand, in welchem er sie übernommen hat, zurückstellen. Die Rückstellung erfolgt bei unbeweglichen Sachen durch Räumung, das heißt Entfernung aller nicht in Bestand gegebenen Sachen, und Übergabe. Bei versperrbaren Sachen ist auch das Überbringen der Schlüssel erforderlich. Der Bestandgeber kann wegen Beschädigungen des Bestandobjekts die Übernahme nicht verweigern, sondern ist auf Ansprüche nach § 1111 ABGB verwiesen (Iro in KBB [2005] §§ 1109, 1110 ABGB;Binder in Schwimann, ABGB³ [2006] § 1109 Rz 33; stRsp ua 4 Ob 147/02z = immolex 2003/112; 3 Ob 177/04g = immolex-LS 2005/23; RIS-Justiz RS0020833). Er kann den Bestandnehmer etwa auf Ersatz der Kosten der Herstellung des vereinbarten Zustands in Anspruch nehmen (6 Ob 663/86 = MietSlg 38.186).

Lehnt der Bestandgeber die Übernahme des geräumten Bestandobjekts ab, gerät er in Annahmeverzug und die widrigen Folgen fallen auf ihn. Dies gilt nicht nur dann, wenn ein Übergabetermin ausdrücklich vereinbart wurde und der Bestandgeber die Übernahme des ordnungsgemäß geräumten und termingerecht zur Rücknahme angebotenen Bestandobjekts ablehnt (stRsp ua 6 Ob 663/86; RIS-Justiz RS0020810), sondern in jedem Fall, in dem das Bestandobjekt nach Ablauf der Bestandzeit zur Übernahme angeboten wird (1 Ob 195/01k = ecolex 2002/162). Gerät der Bestandgeber in Annahmeverzug, so ist der Bestandnehmer ab diesem Zeitpunkt nicht (mehr) verpflichtet, ein Benutzungsentgelt zu zahlen (4 Ob 565/87 = SZ 60/229; Binder aaO § 1109 Rz 36 mwN).

2. Wendet man diese Grundsätze im vorliegenden Fall an, so hätte die Klägerin nach dem (Beendigung des Bestandverhältnisses) die Rücknahme der Tankstelle samt Servicestation nicht von einer Dekontaminierung der Liegenschaft, einer Wiederherstellung des vertragsgemäßen Zustands oder der Zahlung eines Ersatzbetrags abhängig machen dürfen, hätte die Beklagte ihr die Rückstellung angeboten. Dass die Beklagte ein solches Angebot gemacht hätte, ist weder behauptet noch festgestellt.

Die Beklagte war nicht darauf angewiesen, vor der Rückgabe zu einer Einigung mit der Klägerin zu kommen. Aufgrund der gerichtlichen Aufkündigung verfügte sie über einen Titel, mit dem sie die Übernahme des Bestandgegenstands im Exekutionsweg hätte erzwingen können (§ 562 ZPO;§ 1 Z 4 EO;1 Ob 217/98p = SZ 72/26 ua).

Die Beklagte hat sich darauf beschränkt, mit ihre Bestandzinszahlungen einzustellen. Sie verfügt nach wie vor über einen Schlüssel zur Servicestation, lässt diese beheizen und duldet es, dass die Tankstelle als ihr Standort in einem Branchenverzeichnis aufscheint. Dass sie mit der Klägerin Gespräche über die wechselseitigen Ansprüche geführt hat, vermag ein Rückstellungsanbot nicht zu ersetzen.

3. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass die Beklagte bereits vor dem die Rückstellung angeboten habe. Die Beklagte beruft sich in ihrer Revisionsbeantwortung dazu ausdrücklich auf ihr Anbot vom (S. 9).

Dem ist entgegen zu halten, dass - wie das Berufungsgericht selbst ausführt - die Klägerin zur Rücknahme des Bestandobjekts vor Beendigung des Bestandverhältnisses nicht verpflichtet gewesen ist. Sie hat daher das Anbot der Beklagten zu Recht abgelehnt, das im Übrigen an mehrere Bedingungen, wie den Abschluss eines Generalvergleichs und der Rücknahme vor Ablauf der Kündigungsfrist, geknüpft war, auf deren Erfüllung der Beklagten kein Anspruch zustand.

In der Revisionsbeantwortung führt die Beklagte unter Hinweis auf die Entscheidung 7 Ob 120/99v (= immolex 2000/29) aus, die Fallfrist des § 1111 ABGB könne auch schon vor dem tatsächlichen Ende der bedungenen Bestanddauer zu laufen beginnen. Sie übersieht dabei, dass die Frist mit der Rückstellung des Bestandobjekts zu laufen beginnt und daher voraussetzt, dass das Bestandobjekt vor diesem Zeitpunkt an den Bestandgeber zurückgestellt wird. Gerade dies war aber hier nicht der Fall; das Bestandobjekt befindet sich nach wie vor in der Verfügungsgewalt der Beklagten. Auch in der von der Beklagten weiters erwähnten Entscheidung MietSlg 39.150 (= 6 Ob 507/87) ging es um ein bereits zurückgestelltes Bestandobjekt.

Nach der Entscheidung 4 Ob 565/87 (= JBl 1988, 245 = MietSlg 39.149) ist die Weigerung des Bestandgebers zur Übernahme des Bestandobjekts nicht gerechtfertigt, wenn der Bestandnehmer bereit ist, ihm das Bestandobjekt zum vereinbarten Termin zu übergeben, seine Fahrnisse bereits entfernt hat und die Schlüssel aushändigen will. All dies hat die Beklagte hier aber nicht getan, sondern ihre Rückstellungsangebote von Bedingungen abhängig gemacht, so etwa davon, dass sämtliche Ansprüche der Klägerin durch eine Abschlagszahlung erledigt sein sollten oder dass die Klägerin in der Zeit von bis am gegenständlichen Standort keine Tankstelle betreibe oder durch Dritte betreiben lasse.

4. Damit hat die Beklagte aber weder das Bestandobjekt an die Klägerin zurückgestellt noch befindet sich diese im Annahmeverzug. Es bedarf daher auch keiner Auseinandersetzung mit der Frage, ob Ansprüche auf Benutzungsentgelt überhaupt dem Anwendungsbereich des § 1111 ABGB zu unterstellen sind. Diese gründen ja auf bereicherungsrechtlichen Überlegungen (vgl etwa Iro aaO §§ 1109, 1110 Rz 4 mwN; Binder aaO § 1109 Rz 33), während § 1111 ABGB lediglich Schadenersatzansprüche erfasst (vgl Binder aaO § 1111 Rz 17). Auch der in der Revisionsbeantwortung in diesem Zusammenhang erwähnten (zweitinstanzlichen) Entscheidung (LGZ Wien MietSlg 53.165) lagen Vermögensschäden zu Grunde.

5. Der Klägerin steht infolge Verzögerung der Rückstellung gemäß § 1041 ABGB ein angemessenes Benutzungsentgelt zu, das sich grundsätzlich nach dem vereinbarten Bestandzins richtet (vgl Iro aaO §§ 1109, 1110 Rz 4 mwN; Binder aaO § 1109 Rz 36 mwN). Nicht maßgeblich ist, ob das Bestandobjekt etwa brach lag. Eines Verschuldens des Bestandnehmers an der Räumungsverzögerung bedarf es ebenso wenig wie eines Schadens des Bestandgebers (Binder aaO § 1109 Rz 36 mwN).

6. Die Beklagte macht geltend, ihr sei nach Ablauf der Bestandzeit eine gleichartige Weiterverwendung des Bestandobjekts nicht mehr möglich gewesen, weshalb der Klägerin ein Benutzungsentgelt in Höhe des vereinbarten Pachtzinses nicht zustehe.

Die Beweislast für eine Abweichung des Benutzungsentgelts vom vereinbarten Bestandzins trifft denjenigen, der behauptet, diese Abweichung sei marktgerecht; der früher entrichtete Zins hat die Vermutung der Ortsüblichkeit für sich (Binder aaO § 1109 Rz 37; Iro aaO §§ 1109, 1110 Rz 4).

Den Feststellungen lässt sich nicht entnehmen, worin ein (objektiver) Grund für ein derartiges Abweichen gelegen sein soll. Dass die Tankstelle nicht mehr benutzbar war, weil sie „ja schon Ende 2000 zum Teil abgebrochen wurde", hat die Beklagte selbst zu verantworten. Die Klägerin und ihre Schwester haben sich gegen den Abbau ausgesprochen. Auch der Umstand, dass zwei potenzielle Pächter es im Jahr 2000 ablehnten, die Tankstelle zu übernehmen, vermag ein Abweichen vom vereinbarten Bestandzins nicht zu rechtfertigen. Nach den Feststellungen hat zum selben Zeitpunkt eine andere Tankstellenbetreiberin die Übernahme angestrebt. Es steht somit nicht fest, dass der Betrieb der Tankstelle samt Servicestation unwirtschaftlich gewesen wäre. Ob die Beklagte eine Betriebspflicht traf, ist für die Höhe des Benützungsentgelts ohne Bedeutung.

7. Die Beklagte macht schließlich noch geltend, dass die Klägerin nicht aktiv legitimiert sei. Als bloße Miteigentümerin wäre sie nicht „rückstellungsübernahmebefugt" gewesen. Zwischen den beiden Liegenschaftseigentümerinnen habe keine Einigkeit bestanden.

Dem ist entgegen zu halten, dass die Klägerin bereits seit Alleineigentümerin der Liegenschaft und damit einzige Bestandgeberin war. Die von der Beklagten angesprochene Frage einer mangelnden „Rücknahmebefugnis" der Klägerin könnte daher allenfalls für den Zeitraum 1. 1. bis von Bedeutung sein; auch in dieser Zeit gab es aber gar kein Rückstellungsanbot der Beklagten.

8. Damit steht der Klägerin ein Benützungsentgelt für den Zeitraum ab in Höhe des damals vereinbarten Bestandzinses zu. Das Ersturteil war insoweit wieder herzustellen.

Das Berufungsgericht hat sich auf Grund seiner vom erkennenden Senat nicht geteilten Rechtsansicht mit der Berufung der Beklagten gegen den Ausspruch über die Gegenforderung nicht weiter auseinandergesetzt. Die von der Beklagten in diesem Zusammenhang bekämpften Feststellungen sind aber für die Entscheidung erheblich. Besteht die Gegenforderung (ganz oder teilweise) zu Recht, so ist das Begehren auf Zahlung der zu Recht bestehenden Klagsforderung (insoweit) abzuweisen; andernfalls ist dem Zahlungsbegehren stattzugeben. Die angefochtene Entscheidung war daher teilweise aufzuheben und die Rechtssache war in diesem Umfang an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 52 ZPO.