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OGH 13.10.2009, 5Ob150/09h

OGH 13.10.2009, 5Ob150/09h

Rechtssätze


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Normen
ABGB §140 Cb
FamLAG idF BGBl 1992/311 §2 Abs1 litb
RS0083694
Bei der Lösung der Frage, ob der Eintritt der Selbsterhaltungsfähigkeit durch ein Studium hinausgeschoben wird, kann nicht allein das Lebensalter herangezogen werden, sondern es kommt auf die durchschnittliche Studiendauer an. Durch die Aufnahme eines Studiums wird der Eintritt der Selbsterhaltungsfähigkeit des Kindes solange hinausgeschoben, wie die durchschnittliche Dauer dieses Studiums beträgt. Auch während dieses Zeitraumes hat das Kind aber nur Anspruch auf Unterhalt, wenn es das Studium ernsthaft und zielstrebig im Sinn des § 2 Abs 1 lit b FamLAG idF BGBl 1992/311 betreibt.
Norm
RS0101996
Für die Zeit des Doktoratsstudiums erlischt die Unterhaltspflicht der Eltern dann nicht, wenn der bisherige Studienfortgang zeitlich überdurchschnittlich war, der Erwerb des Doktorgrades ein besseres Fortkommen erwarten lässt, dieses Studium zielstrebig betrieben wird und ein maßstabgerechter Elternteil bei intakten Familienverhältnissen seinem Kind für diesen Zeitraum weiterhin Unterhalt gewährt hätte. (hier: Magister der Technischen Mathematik - Doktoratsstudium im Spezialbereich der Graphentheorie in London).
Norm
RS0047669
Hat das unterhaltsberechtigte Kind die Absicht, an der Wirtschaftsuniversität Fremdenverkehr zu studieren, dient ein einjähriger Studienaufenthalt in den USA dem angestrebten Bildungsziel und hat daher nicht Ruhen des Unterhaltsanspruches zur Folge.

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen/Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Glawischnig, Dr. Roch und Dr. Tarmann-Prentner als weitere Richter in der Familienrechtssache des Mag. Norbert O*****, vertreten durch Mag. Dagmar Hoppstädter, Rechtsanwältin in Weißkirchen an der Traun, wegen Unterhalt, über den Revisionsrekurs des Antragstellers Ing. Maximilian B*****, vertreten durch Mag. Gerhard Stranzinger, Rechtsanwalt in Ried, gegen den Beschluss des Landesgerichts Wels als Rekursgericht vom , GZ 21 R 75/09t-57, mit dem über Rekurs des Antragstellers der Beschluss des Bezirksgerichts Vöcklabruck vom , GZ 12 Fam 10/07w-51, in der Hauptsache bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller ist schuldig, dem Antragsgegner die mit 447,98 EUR (darin 74,66 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung zu ersetzen.

Text

Begründung:

Der Antragsteller Ing. Maximilian B***** ist der Vater des am geborenen Antragsgegners Mag. Norbert O*****. Er verpflichtete sich in einem praetorischen Vergleich, seinem Sohn ab bis zu dessen Selbsterhaltungsfähigkeit einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von 429 EUR zu leisten.

Der Antragsgegner hat als einer von wenigen Studenten der Johannes-Kepler-Universität Linz das Diplomstudium der Wirtschaftsinformatik mit Auszeichnung abgeschlossen. Für eine universitäre Laufbahn ist weltweit ein abgeschlossenes Doktoratsstudium samt Auslandsaufenthalten Voraussetzung. Inklusive Dissertation werden an der Johannes-Kepler-Universität in Linz im Allgemeinen rund vier Jahre für das Doktoratsstudium benötigt. Der Unterhaltsberechtigte betreibt seit September 2007 sein Doktoratsstudium in Vilnius/Litauen und wird es voraussichtlich im Sommer 2011 abschließen.

Der Antragsteller begehrte am seine Befreiung von der Unterhaltspflicht mit der Behauptung, sein Sohn habe infolge Abschlusses des Diplomstudiums die Selbsterhaltungsfähigkeit erreicht.

Beide Vorinstanzen erachteten das Unterhaltsbefreiungsbegehren des Vaters für nicht berechtigt.

Das Rekursgericht erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig, weil zur Frage, ob ein Unterhaltsberechtigter das Doktoratsstudium im Inland absolvieren müsse, wenn es hier möglicherweise weniger lang dauere als im Ausland und bejahendenfalls, ob dann Unterhalt (nur) in der Höhe und für den Zeitraum, wie bei Absolvierung des Doktoratsstudiums in Österreich angemessen wäre, geschuldet werde, keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen vom unterhaltspflichtigen Antragsteller erhobene Revisionsrekurs ist - entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG) - Ausspruch des Rekursgerichts unzulässig.

Ein an das Diplomstudium anschließendes Doktoratsstudium schiebt den Eintritt der Selbsterhaltungsfähigkeit des Unterhaltsberechtigten hinaus, wenn dieser - wie hier unstrittig - bisher überdurchschnittliche Studienleistungen erbracht hat und für die angestrebte wissenschaftliche Tätigkeit der Erwerb eines Doktorats ein besseres Fortkommen erwarten lässt (vgl 7 Ob 302/98g = JBl 2000, 112 = EFSlg 86.760; RIS-Justiz RS0101996; vgl jüngst zum Bakkalaureat 9 Ob 63/08t = Zak 2009/534, 332). Dass dies unter besonderen, hier vorliegenden Voraussetzungen auch auf eine weitergehende wissenschaftliche Ausbildung im Ausland zutrifft, hat der Oberste Gerichtshof ebenfalls bereits ausgesprochen (vgl RIS-Justiz RS0047669).

Maßgeblich ist dann nur noch die durchschnittliche Dauer dieses Studiums, nicht aber, worauf das Rekursgericht in der Begründung des Zulassungsausspruchs und auch der Antragsteller unzutreffend abstellen, die kürzestmögliche Studiendauer (vgl RIS-Justiz RS0083694) und dass das Studium ernsthaft und zielstrebig betrieben wird (vgl RIS-Justiz RS0110600), was hier gar nicht strittig ist. Nach den maßgeblichen Feststellungen dauert das Doktoratsstudium im konkreten Fachbereich in Österreich im Durchschnitt 3,2 Jahre, real aber etwa 4 Jahre, sodass eine gegenüber dem Auslandsstudium ins Gewicht fallende Verkürzung der Doktoratsstudiendauer in Österreich nicht zu erwarten ist. Im Übrigen entspricht der Auslandsaufenthalt auch internationalen Standards für das Doktoratsstudium eines besonders qualifizierten Studenten.

Mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG ist der Revisionsrekurs zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 78 Abs 2 AußStrG. Der Antragsgegner hat auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses hingewiesen.

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Zivilrecht
Schlagworte
Kennung XPUBL
Diese Entscheidung wurde veröffentlicht in
iFamZ 2010/8 S 21 - iFamZ 2010,21
XPUBLEND
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2009:0050OB00150.09H.1013.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
IAAAD-43200