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OGH vom 11.08.2005, 4Ob146/05g

OGH vom 11.08.2005, 4Ob146/05g

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Griss als Vorsitzende, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Gitschthaler als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Sigurd J.B*****, 2. S*****, beide vertreten durch Freimüller, Noll, Obereder, Pilz, Senoner, Celar, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Dipl.-Ing. Friedrich G*****, vertreten durch Dr. Peter Steinbauer, Rechtsanwalt in Graz, wegen Unterlassung, Beseitigung, Zahlung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert 38.320 EUR), über die Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 315/04d-27, womit das Urteil des Landesgerichts Korneuburg vom , GZ 16 Cg 115/02v-23, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

1. Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird im Umfang der Abweisung des Unterlassungsgebots zu Punkt 1 lit a, c bis f und des Beseitigungsbegehrens zu Punkt 2 lit a, c bis f bestätigt.

In Ansehung der Unterlassungs- und Beseitigungsbegehren zu Punkt 1 und 2 jeweils lit b und g wird die Entscheidung dahin abgeändert, dass sie wie folgt zu lauten hat:

1.1 Die beklagte Partei ist schuldig, es ab sofort zu unterlassen, ohne Zustimmung der klagenden Partei die vom Norwegischen ins Deutsche erfolgten Übersetzungen von Werken, an denen die Werknutzungsrechte und/oder Urheberrechte den klagenden Parteien zustehen, insbesondere an folgenden Werken:

Aslaksen Elias, Det storste feilgrep, SkjulteSkatter Forlag Nr 11, Nov1983, 82-83,

Bratlie Sigurd, Dyret og TV, Skultje Skatter Mars 1998, Argang 87,

zu vervielfältigen, zu verbreiten oder sonst zu nutzen (zu verwerten).

1.2 Die beklagte Partei ist gegenüber den klagenden Parteien schuldig, binnen14Tagen bei sonstiger Exekution die unter http://g***** unter dem Text-Link „Smiths Freunde“ unter dem weiteren Text-Link bzw der Subunterschrift „eigene Texte der Norweger-Bewegung“ abrufbar gehaltenen und vom Norwegischen ins Deutsche übersetzten Werke

Aslaksen Elias, Det storste feilgrep, Skjulte

Skatter-Forlag, Nr 11, Nov1983, 82-83

Bratlie Sigurd, Dyret og TV, Skultje Skatter,

Mars 1998, Argang 87,

zu löschen.

2. In Ansehung des Anspruchs auf Unterlassung der Vervielfältigung, Verbreitung oder sonstigen Verwertung des Werkes Bratlie, Sigurd J., Forlosning-Korrespondansen mellom Sigurd J. Bratlie of Forlosning (Pt 1. lit h des Begehrens) und auf Löschung dieses Textes (Pt 2 lit h des Begehrens) wie auch der gesamten Ansprüche auf Zahlung (Punkt3 des Klagebegehrens) und Urteilsveröffentlichung (Punkt4 des Klagebegehrens) wird die angefochtene Entscheidung aufgehoben und dem Berufungsgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

3. Die Kostenentscheidung wird der Endentscheidung vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Erstkläger ist einziger Erbe und Gesamtrechtsnachfolger nach seinem Vater Sigurd B*****. Er ist Herausgeber und Chefredakteur der Zweitklägerin und hat eine leitende Funktion in der „Glaubensgemeinschaft der Norweger“, die auch unter dem Namen „Smiths Freunde“ oder „Norweger“ bekannt ist. Die Zweitklägerin ist Werknutzungsberechtigte im Sinn des § 24 Abs 1 zweiter Satz UrhG an den Werken der norwegischen Schriftsteller Aksel J. Smith, Johan O. Smith und Elias Aslaksen. Zu diesen Werken zählen die im Urteilsbegehren zu Punkt 1 und 2 lit a bis h angeführten Werke.

Der Beklagte ist Pressereferent der „Gesellschaft gegen Sekten- und Kultgefahren“ und einer der Vizepräsidenten der „FECRIS“ (Fédération Européenne des Centres de Recherche et d’Information sur le Secretarisme, zu deutsch: Europäische Föderation der Zentren für Forschung und Information über das Sektenwesen, im Folgenden FECRIS). Zwischen der „Glaubensgemeinschaft“ und dem Beklagten besteht seit Jahren ein gespanntes Verhältnis, das zu einer Reihe von Rechtsstreitigkeiten zwischen den Parteien Anlass gab.

Der Beklagte stellt Auszüge der im Unterlassungsgebot Punkt1 lit a und lit c bis f angeführten Texte - ins Deutsche übersetzt - auf seiner Homepage http://g***** in das Internet. Die im Unterlassungsgebot zu Punkt 1 lit b, g und h angeführten Texte sind - ins Deutsche übersetzt - dort im Volltext wiedergegeben. Einer Veröffentlichung oder Übersetzung dieser Texte bzw Textteile haben die Kläger nicht zugestimmt.

Die Startseite der Homepage enthält unter anderem Hinweise auf die Tätigkeit des Beklagten in einer Pfarrgemeinde und als Präsident der „FECRIS“. Er führt dazu aus, er sei seit seiner Jugend bemüht, einen Beitrag zu einer evangeliumsgemäßen Reform der katholischen Kirche zu leisten. Es sei schön, dabei viele Gleichgesinnte um sich zu wissen. Er bemühe sich auch, in seiner Pfarrgemeinde etwas dazu beizutragen. Die leidvolle Erfahrung anlässlich des Beitritts seiner (namentlich genannten) Tochter zu den „Smiths Freunden“ habe ihn veranlasst, in der Aufklärung über Sekten aktiv zu werden. Sein Einsatz sei auch vom Bundesministerium für Soziale Sicherheit und Generationen gewürdigt worden. Seit sei er Präsident der FECRIS. Er informiere auch gerne über „Tvind-Humana/DAPP/UFF/“. Man könne auch Nachrichten an ihn senden. Durch Anklicken der auf der Startseite aufscheinenden unterstrichenen Worte „Gleichgesinnte“, „Pfarrgemeinde“, „Smiths Freunde“, „Aufklärung über Sekten“, „FECRIS“, „Tvind-Humana/DAPP/UFF/“ gelangt man zu weiteren Internetseiten. Der Link „Gleichgesinnte“ führt zu einer vom Kläger gestalteten Internetseite. Sie enthält 44 Beiträge verschiedener Verfasser über ihre Vorstellungen zur Reform der katholischen Kirche, die jeweils durch Anklicken geöffnet und gelesen werden können. Sechs weitere Links führen zu kirchlichen Institutionen und Bewegungen. Der Link „Pfarrgemeinde“ führt zur Internetseite einer Pfarrgemeinde in K*****, der Link „Aufklärung über Sekten“ zum Internetauftritt der Gesellschaft gegen Sekten und Kultgefahren und der Link „FECRIS“ zur Internetseite der europäischen Föderation der Zentren für Forschung und Information über das Sektenwesen. Unter dem Link „Smiths Freunde“ öffnet sich eine weitere Internetseite des Beklagten, auf der er zunächst die für diese Gemeinschaft in Norwegen, Österreich, Deutschland und den USA gebräuchlichen Bezeichnungen aufzählt. Im Anschluss daran findet sich eine inhaltliche Gliederung in:

1. eigene Texte der Norweger-Bewegung

2. Aussagen ehemaliger Mitglieder

3. theologische und andere fachliche Stellungnahmen

4. Diskussionsbeiträge in der Zeitschrift „Forlosning“

5. andere Medienberichte

6. Erwähnung von „Gehirnwäsche“

und daran anschließend (auch über Link zu den Punkten 1 bis 6 erreichbar) eine detaillierte Darstellung der zu diesen Punkten wiedergegebenen Inhalte wie folgt:

Punkt 1 „eigene Texte der Norweger-Bewegung“ enthält nach Links zu den Homepages der „Smiths Freunde“ international und der „Norweger“ in Österreich nachstehende Ausführungen des Beklagten:

... Die „Norweger“ verschweigen in der Erklärung ihrer Theologie ihre Sonderlehre von „Jesu Sünde im Fleisch“, durch welche sie „weit vom klassischen Christentum“ entfernt sind. Die Behauptung, sie kennten keine Vorschriften bezüglich der Stellung der Frau (auch deren Kleidung und Frisur), Kultur, Kunst und Medien geht auf „ideologische Änderungen“ neueren Datums zurück; man vergleiche doch damit die Bemerkungen des Gründers J. O. Smith in seinen „hinterlassenen Briefen“, wo er Literatur, Musik, Universitäten, akademische Gelehrte pauschal als „Götzen“ bezeichnet ... In den Bemerkungen des Beklagten unterstrichene Textpassagen können durch Anklicken geöffnet und gelesen werden. Er beendet diese Bemerkungen mit seinem Namen „F. G*****“ und führt im Anschluss daran eine Liste von Schriften an, die durch Anklicken der Titel geöffnet und gelesen werden können. Es handelt sich dabei um nachstehende (teilweise vom Unterlassungsbegehren der Kläger umfasste) Titel:

J. O. Smith, Zitate aus hinterlassenen Briefen

Elias Aslaksen: Der größte Fehlgriff, aus „Verborgene Schätze“ November 1983

Elias Aslaksen, Die Gesetze des Geistes des Lebens

S. Bratlie/A. J. Smith, Der Beginn der Wirksamkeit außerhalb Skandinaviens, 1984

Falsche Zeugenaussagen im Grazer Prozess, 1988

Haß, Selbstaggression und Verurteilung der Vernunft im Liedgut der „Smiths Freunde“, 1992 und 1994

Zitate aus den Schriften der „Smiths Freunde“

Fälschung von Originaltexten durch die „Smiths Freunde“, 1995, 1996

Sigurd Bratlie, Das Tier und das Fernsehen, aus Verborgene Schätze3/1998

Christi Sinn von Gunther Schmid, Das Leben 3.2000

Die Smiths Freunde setzen auf Missionierung, 5.2000

Sigurd Johan Bratlie: Ich habe erklärt, wer du bist 18.-

Sigurd Johan Bratlie: Klage gegen Friedrich G*****

Der Beklagte hat Teile der angeführten Schriften dem Original entsprechend in die deutsche Sprache übersetzt und bei jedem Text angeführt, wer Verfasser der Textstelle ist und aus welcher Quelle der Text stammt; er hat sich auch jeweils als Übersetzer ausgewiesen.

Zu diesen Texten im Einzelnen - soweit sie vom Unterlassungsbegehren - umfasst sind:

Der Text „J. O. Smith, Zitate aus hinterlassenen Briefen“ enthält neun ins Deutsche übersetzte Zitate aus Briefen O. J. Smiths an seinen Bruder und an Elias Aslaksen. Sie sind dem im Verlag der Zweitklägerin veröffentlichten Werk „J. O. Smith’s etterlatte brev. Brever til hans bror og Elias Aslaksen“ (das entspricht lit a des Unterlassungsbegehrens) entnommen.

Der unter dem Link „Elias Aslaksen: Der größte Fehlgriff, aus Verborgene Schätze, November 1983“ wiedergegebene Text stammt aus dem im Verlag der Zweitklägerin erschienenen Werk „Aslaksen, Elias, Det storste feilgrep“ (entspricht lit b des Unterlassungsbegehrens). Die Originalschrift wurde - vom Beklagten ins Deutsche übersetzt - zur Gänze auf seiner Homepage wiedergegeben.

Am Ende dieses Textes merkt der Beklagte an:... so besteht wohl kein Grund zur Annahme, dass die „Smithianer“ sich inzwischen zu einer ökumenischen Gesinnung durchgerungen hätten. Friedrich G*****.

Der zu „Elias Aslaksen, Die Gesetze des Geistes des Lebens“ wiedergegebene Text stammt aus dem im Verlag der Zweitklägerin 1988 erschienenen Werk „Aslaksen, Elias, Livet ans Lover“ (entspricht litc des Unterlassungsbegehrens); wiedergegeben werden ins Deutsche übersetzte Zitate der §§ 6 und 17 dieses Werks.

Zu „S. Bratlie/Smith, Aksel J., Menigheten Kristi legeme“ (entspricht lit d des Unterlassungsbegehrens): Die Originalschrift enthält eine Darstellung der Entwicklung seit 1900; Seiten 31-36 und 39 werden vom Beklagten ins Deutsche übersetzt wiedergegeben.

Der zu „Elias Aslaksen, Die Gesetze des Geistes des Lebens“ wiedergegebene Text stammt aus dem im Verlag der Zweitklägerin 1988 erschienenen Werk „Aslaksen Elias, Livet ans Lover“ (entspricht litc des Unterlassungsbegehrens); wiedergegeben werden ins Deutsche übersetzte Zitate der §§ 6 und 17 dieses Werks.

Zu „S. Bratlie/A. J. Smith: Der Beginn der Wirksamkeit außerhalb Skandinaviens, 1984“ wird ein Kapitel des im Verlag der Zweitklägerin 1984 erschienenen Werkes „Bratlie Sigurd/Smith, Aksel J., Menigheten Kristi legeme“ (entspricht litd des Unterlassungsbegehrens) - ins Deutsche übersetzt - wiedergegeben. Am Ende dieses Textes kommentiert der Beklagte wie folgt: „Die ‘Freunde’ behaupten immer wieder, sie hätten keinerlei Organisation. Hier wird jedoch beschrieben, wie die Missionierung in zahlreichen Ländern generalstabsmäßig gestaltet wurde, denn es wird berichtet, dass Länder ‘bearbeitet’ wurden und das ‘organisiert’ wurde ... Friedrich G*****“.

Die „Zitate aus den Schriften der Smiths Freunde“ enthalten - ins Deutsche übersetzt - Zitate aus den zu lit e und f des Unterlassungsbegehrens angeführten Werken „Aslaksen Elias, Hovmot og dets utslag, Skjulte Skatter Forlag“ und „Bratlie Sigurd, Bruden og Skjogen og de siste tider, Eget Forlag“.

Zu „Sigurd Bratlie, Das Tier und das Fernsehen, aus Verborgene Schätze 3/1998“ wird der gesamte (in der im Verlag der Zweitklägerin erschienenen Zeitschrift Skjulte Skatter März 1998) veröffentlichte Beitrag des Sigurd Bratlie, „Dyret og TV“ (entspricht litg des Unterlassungsbegehrens) in deutscher Sprache wiedergegeben. Diesen Text kommentiert der Beklagte am Ende wie folgt: „Diese sektentypische Weise des ‘Schwarz/Weiß-Denkens’ kommt in diesem Artikel deutlich zum Ausdruck. Das Fernsehen wird aber hier einseitig als Einbruch der bösen Welt in die einzige Gemeinde, die heute auf Erden den Leib Christi darstellt und die allein durch Gottes Wort aufgebaut wird, aufgefasst. Jede Art von Politik wird mit dem Tier der Offenbarung gleichgesetzt. Die Idee, dass es auch in der Politik Gute und Böse geben könnte, wird gar nicht erst erwogen ... ‘Religion’ und ‘religiöse’ ist übrigens für die ‘Smiths Freunde’ ein negativer Begriff, ein Schimpfwort. ... Entlarvt sich die Behauptung in der schon vor Jahren von Mitgliedern der Norweger-Bewegung verteilten Broschüre, ihnen stünde der Gebrauch aller Medien offen, als reine Propaganda. Das Ziel ist klar: Die eigenen Mitglieder sollen nicht merken, dass es außerhalb ihres geschlossenen Kreises auch Gutes gibt. Friedrich G*****“.

Das Link „Sigurd Johan Bratlie: Ich habe erklärt, wer du bist, 18.- gibt den zuvor unter „Bratlie Sigurd J., Forlosning - Korrespondansen mellom Sigurd J. Bratlie of Forlosningveröffentlichen gesamten Briefwechsel - ins Deutsche übersetzt - wieder (entspricht lit h des Unterlassungsbegehrens).

Punkt 2. des Internetauftritts „Aussagen ehemaliger Mitglieder“ enthält 23 Beiträge von Einzelpersonen, die - über Link wiedergegeben - über ihre Erfahrungen in und mit der Gemeinschaft der Norweger berichten.

Zu Punkt 3. „theologische und andere fachliche Stellungnahmen“ finden sich 47 Artikel, die sich mit Fragen der Religion, insbesondere mit der Gemeinschaft „Smiths Freunde“ befassen und die jeweils über Link geöffnet und gelesen werden können, darunter auch zwei vom Beklagten über diese Bewegung verfasste Schriftwerke.

Punkt 4. „Diskussionsbeiträge in der Zeitschrift bzw auf der Website ‘Forlosning’“ enthält 21 - über Link zu öffnende - Beiträge

Punkt 5. „andere Medienberichte“ enthält 62 Berichte aus den unterschiedlichsten Medien, die sich mit der Norweger-Bewegung befassen und über Link aufrufbar und einsehbar sind.

Punkt 6. „Erwähnung von ‘Gehirnwäsche’“ enthält 15 Beiträge, die sich mit diesem Thema befassen. Ihnen ist eine persönliche Anmerkung des Beklagten vorangestellt: „Zahlreiche private Dokumente und Zeitungsartikel, aus denen zitiert wird, zeigen, dass den ‘Smiths Freunden’ in Norwegen häufig ‘Gehirnwäsche’ vorgeworfen wird und sie als ‘Sekte’ bezeichnet werden ...“

Der Beklagte hat die angeführten Schriften jeweils dem Original entsprechend in die deutsche Sprache übersetzt und bei jeden Text angeführt, wer Verfasser der Textstelle ist und aus welcher Quelle der Text stammt. Er hat sich auch jeweils als Übersetzer ausgewiesen.

Die Kläger begehren, dem Beklagten aufzutragen, 1. es ab sofort zu unterlassen, ohne ihre Zustimmung die vom Norwegischen ins Deutsche erfolgten Übersetzungen von Werken, an denen die Werknutzungsrechte und/oder Urheberrechte den klagenden Parteien zustehen, insbesondere an folgenden Werken:

a) J.O.Smith’s etterlatte brev. Brever til hans bror og Elias Aslaksen, Skjulte skatters Forlag, Horten

b) Aslaksen, Elias, Det storste feilgrep, Skjulte Skatter Forlag Nr 11, November 1983, 82-83

c) Aslaksen, Elias, Livet ans Lover, Skjulte Skatter Forlag, 1988

d) Bratlie, Sigurd/Smith, Aksel J., Menigheten Kristi legeme, Skjulte Skatter Forlag, 1984

e) Aslaksen, Elias, Hovmot og dets utslag, Skjulte Skatter Forlag

f) Bratlie, Sigurd, Bruden og Skjogen og de siste tider, Eget Forlag

g) Bratlie, Sigurd, Dyret og TV, Skjulte Skatter, Mars 1998, Argang 87

h) Bratlie, Sigurd J., Forlosning-Korrespondansen mellom Sigurd J.Bratlie of Forlosning

zu vervielfältigen, zu verbreiten oder sonst zu nutzen (zu verwerten),

2. binnen 14Tagen die unter „http://g***** unter dem Text-Link „Smiths Freunde“ unter dem weiteren Text-Link bzw der Subunterschrift „Eigene Texte der Norweger Bewegung“ abrufbar gehaltenen und vom Norwegischen ins Deutsche übersetzten unter Punkt 1 lit a bis h angeführten Werke zu löschen;

3. den klagenden Parteien 320 EUR zu bezahlen und

4. das Urteil mit Fettdrucküberschrift, Fettdruckumrandung sowie fett und gesperrt geschriebenen Prozessparteien unter der Internetadresse des Beklagten unter dem Text-Link „Smiths Freunde“ zu veröffentlichen und für die Dauer von zwei Monaten abrufbar zu halten. Der Beklagte stelle die im Spruch näher angeführten Werke teils ins Deutsche übersetzt, teils in norwegischer Originalsprache, teils auszugsweise über ein Link auf seiner Homepage ins Internet. Eine Zustimmung der Kläger zur Veröffentlichung oder Übersetzung dieser Texte liege nicht vor. Die im Urteilsbegehren angeführten Beiträge und Bücher seien Sprachwerke im Sinn des § 2 Z 1 UrhG, ihre Nutzung sei nur mit Zustimmung des Urhebers bzw Werknutzungsberechtigten zulässig. Der Beklagte könne sich nicht auf eine freie Benutzung im Sinn des § 5 Abs 2 UrhG berufen, weil er die Werke teilweise oder zur Gänze ins Deutsche übersetzt, dabei jedoch kein selbstständiges Werk geschaffen habe. Er könne auch nicht das Zitatrecht nach § 46 Z 2 UrhG für sich in Anspruch nehmen, weil seine Homepage mangels eigentümlicher geistiger Schöpfung kein Werk, vor allem aber kein wissenschaftliches Werk sei. Auch auf § 46 Z 1 UrhG könne sich der Beklagte nicht stützen, weil er kein selbstständiges Werk geschaffen habe. Eine Einschränkung des Urheberrechts zugunsten des Grundrechts der freien Meinungsäußerung finde nicht statt. Der Beklagte habe nämlich die Werke auszugsweise und aus dem Zusammenhang gerissen zum Zweck der Verunglimpfung der Norweger Bewegung verbreitet und mit unsachlichen Kommentaren versehen. Er könne kein eigenes diese Nutzung der fremden Werke rechtfertigendes Interesse geltend machen. Wiederholungsgefahr-als Voraussetzung des Unterlassungsanspruchs-liege vor. Die begehrte Urteilsveröffentlichung diene der Aufklärung der beteiligten Verkehrskreise. Das nach § 86 Abs 1 UrhG auszumessende Entgelt werde mit 120 EUR einschließlich Umsatzsteuer beziffert. Der wegen schuldhafter Verletzung der Rechte der Kläger zustehende Schadenersatzanspruch nach § 87 UrhG betrage das Doppelte des angemessenen Entgelts und werde mit 200 EUR bewertet.

Der Beklagte beantragt Klageabweisung. Er sei in seiner Eigenschaft als Pressereferent der „Gesellschaft gegen Sekten und Kultgefahren“ und als einer der Vizepräsidenten der FECRIS seit Jahren um sachliche Aufklärung über die von Sekten ausgehenden Gefahren bemüht. Es gehe ihm vor allem darum, die (abzulehnenden) Methoden, die Sekten bei Anwerbung und Behandlung ihrer Mitglieder anwendeten, aufzuzeigen. Er verstoße durch die über seine Website abrufbaren Schriften der „Norweger“ nicht gegen das Urheberrechtsgesetz. Ihre Wiedergabe sei nur Teil der gesamten Homepage, die eine vollständige Information über die Norweger Bewegung verschaffe und in ihrer Gesamtheit ein selbstständiges wissenschaftlich-empirisches neues Werk im Sinn des § 5 Abs 2 UrhG sei. Im Vergleich zum Umfang des Gesamtwerks fielen die Auszüge aus den Texten der Norweger Bewegung nicht ins Gewicht. Der Beklagte habe den Sinn der zitierten Schriften auch nicht verändert und klar ersichtlich gemacht, dass es sich dabei um Zitate aus den Schriften der Norweger Bewegung handle. Im Übrigen dienten die angeblichen Urheberrechtsverletzungen den Klägern nur als Vorwand, um den Beklagten unter Druck zu setzen. Er verfolge mit der Veröffentlichung der Texte keinen kommerziellen Zweck, er setze sich mit der Norweger-Bewegung vielmehr sachlich kritisch auseinander und bringe seine Kritik dadurch zum Ausdruck, dass er die Texte der Gemeinschaft für sich sprechen lasse. Aufgrund der von Sekten ausgehenden Gefahren bestehe ein öffentliches Interesse an der Aufklärung, sodass eine allfällige Urheberrechtsverletzung durch das Recht der freien Meinungsäußerung gerechtfertigt sei. Im Übrigen würden die Kläger durch die Wiedergabe von Textauszügen in ihren wirtschaftlichen Interessen nicht berührt.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren vollinhaltlich statt. Die vom Beklagten in Teilen wiedergegebenen Schriften seien Sprachwerke iSd § 2 Z 1 UrhG. Die zustimmungslose Benutzung der Texte verstoße gegen die Rechte der Kläger. Der Beklagte könne sich nicht auf das Recht der freien Meinungsäußerung berufen, weil die Veröffentlichung der Werke nach seinen eigenen Angaben ausschließlich dazu diene, „die sachlich-kritische Auseinandersetzung mit der Norweger-Bewegung zu fördern und durch unveränderte Veröffentlichung der Originaltexte kritisch zum Ausdruck zu bringen“. Anders als bei dem der Entscheidung 4 Ob 127/01g - Medienprofessor zugrundeliegenden Sachverhalt fehle es hier an einer, die Wiedergabe der Texte rechtfertigenden Verletzung rechtlicher Interessen des Beklagten. Die Nutzung der fremden Werke sei im Hinblick auf das Recht der freien Meinungsäußerung weder durch ein zwingendes soziales Bedürfnis noch durch öffentliches Interesse gerechtfertigt. Der Beklagte könne sich auch nicht auf das Recht des „großen Zitats“ berufen, weil seine Homepage kein wissenschaftlich-empirisches Werk sei.

Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil Rechtsprechung fehle, ob die der Entscheidung 4 Ob 127/01g - Medienprofessor zu entnehmenden Grundsätze auch dann gelten, wenn sich der Beklagte nicht selbst verteidige, sondern für andere Zwecke vom Recht der Meinungsäußerungsfreiheit Gebrauch mache; Rechtsprechung fehle auch dazu, ob die dargelegten Grundsätze auch für den Fall nur ausschnittsweiser Wiedergabe von Artikeln versehen mit eigenen Kurzkommentaren gelten. Rechtlich vertrat das Berufungsgericht die Auffassung, der Internetauftritt des Beklagten sei kein selbstständiges neues Werk. Mangels eines wissenschaftlichen Werks könne sich der Beklagte auch nicht auf das Recht des „großen Zitats“ berufen. Wende man jedoch die zu 4 Ob 127/01g - Medienprofessor dargelegten Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, sei die Vorgangsweise des Beklagten durch das Recht der freien Meinungsäußerung gerechtfertigt. Dem Beklagten gehe es darum, die seiner Meinung nach vorhandene Gefährlichkeit von Sekten, insbesondere der von ihm für eine Sekte gehaltenen Norweger-Bewegung, darzustellen. Dazu sei es erforderlich, die Texte für sich sprechen zu lassen. Ihre fast unkommentierte Wiedergabe sei für eine kritische Auseinandersetzung geeignet. Die Kläger hätten eine durch die Veröffentlichung der Textteile hervorgerufene Beeinträchtigung wirtschaftlicher Interessen weder geltend gemacht noch sei eine solche Beeinträchtigung anzunehmen. Das vom Beklagten mit der Aufnahme der Werke in seine Homepage ausgeübte Recht der freien Meinungsäußerung wiege daher weit stärker als die Interessen der Kläger, wobei es keinen Unterschied mache, ob sich die Veröffentlichung - wie im Fall Medienprofessor - auf die Verteidigung der eigenen Person oder auf andere Gegenstände beziehe. Unerheblich sei, ob der Beklagte durch gezielte Textauswahl versuche, die Bewegung bewusst in ein schiefes Licht zu rücken. Dass er unrichtig zitiert hätte, hätten die Kläger nicht geltend gemacht. Sie hätten auch keine einzige unwahre oder ehrenrührige Tatsachenbehauptung angeführt. Eine Einwilligung der Kläger zur Veröffentlichung der Texte wäre hier nicht zu erreichen gewesen, weil die Werke gerade zur Kritik an den Berechtigten verwendet würden. Die Veröffentlichung durch den Beklagten sei daher durch das Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit gerechtfertigt, sodass auf die weiteren Berufungsgründe (der Beklagte hatte auch eine Mängel- und Tatsachenrüge erhoben) nicht mehr eingegangen werden müsse.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Klägerin ist zulässig und auch teilweise berechtigt.

Die Kläger sind der Auffassung, der Beklagte hätte sein Recht auf freie Meinungsäußerung auch ohne Verletzung ihrer Urheber- bzw Verwertungsrechte ausüben können. Eine kritisierende Berichterstattung wäre auch mit eigenen Worten und ohne Aufnahme von Texten oder Teilen davon in seine Homepage möglich gewesen. Im Übrigen habe das Berufungsgericht das erstgerichtliche Urteil aktenwidrig durch die Mutmaßung ergänzt, dass eine Einwilligung zur Veröffentlichung der Texte nicht zu erreichen gewesen wäre. Die Aufnahme der Texte in die Homepage des Beklagten verletze zwar keine geldwerten wirtschaftlichen Interessen, wohl aber das Interesse des Urhebers und alleine Nutzungsberechtigten, darüber zu entscheiden, ob und auf welche Weise die Werke genutzt werden. Die mit abfälligen Bemerkungen des Beklagten versehenen ausschnittsweise wiedergegebenen Zitate seien geeignet, das Ansehen der Urheber in der Öffentlichkeit negativ zu beeinflussen.

Vor Eingehen in die Frage, ob das verfassungsrechtlich gewährleistete Recht auf freie Meinungsäußerung hier einen Eingriff in die - gemäß § 96 UrhG, Art 5 RBÜ auch in Österreich geschützten - Urheber-und Verwertungsrechte der Kläger rechtfertigt, ist zu prüfen, ob der Beklagte überhaupt in die Rechte der Kläger eingegriffen hat.

Der Beklagte hat unter Berufung auf das in § 46 UrhG verankerte Recht auf freie Werknutzung durch Zitat einen Eingriff in die Rechte der Kläger bestritten und unter Hinweis auf § 5 Abs 2 UrhG die Auffassung vertreten, sein Internetauftritt habe Werkcharakter.

1. zum Recht der freien Werknutzung durch Zitat nach § 46 Z 1 und Z 2 UrhG

Dass die im Urteilsbegehren angeführten Texte als Sprachwerke urheberrechtlichen Schutz als Ganzes wie auch in ihren Teilen genießen (§ 1 Abs 2 UrhG), ist nicht zweifelhaft und wird vom Beklagten auch nicht in Abrede gestellt. Auch die Aktivlegitimation des Erstklägers als Erbe und Gesamtrechtsnachfolger des Urhebers einiger dieser Werke und der Zweitklägerin als (ausschließlich) Werknutzungsberechtigte iSd § 23 Abs 1 zweiter Satz UrhG steht (mit Ausnahme des zu lit h des Unterlassungsbegehrens angeführten Briefverkehrs) außer Streit.

Die Website des Beklagten enthält aus Anlass einer kritisch gestalteten Information über die Norweger-Bewegung - über Link abrufbar und eindeutig als Zitat erkennbar - einzelne ins Deutsche übersetzte Passagen aus den zu lit a, c bis f des Unterlassungsbegehrens angeführten Sprachwerken. Die zu lit b, g und h angeführten Texte wurden (gleichfalls als Zitat gestaltet und über Link einsehbar) zur Gänze wiedergegeben. Dass diese Texte bzw Textteile unrichtig wiedergegeben würden oder unrichtig übersetzt worden wären, haben die Kläger nicht behauptet.

§ 46 UrhG gestattet die Vervielfältigung, Verbreitung und die öffentliche Zurverfügungstellung eines Sprachwerks, wenn einzelne Stellen eines veröffentlichten Sprachwerks angeführt werden (sogenanntes „kleines Zitat“, Z 1); oder - soweit hier von Bedeutung - einzelne Sprachwerke nach ihrem Erscheinen in einem durch den Zweck gerechtfertigten Umfang in ein die Hauptsache bildendes wissenschaftliches Werk aufgenommen werden (Z 2). Von einem Zitat im Sinn dieser Bestimmung wird gesprochen, wenn ein urheberrechtlich geschütztes Werk ganz oder teilweise in ein anderes Werk aufgenommen wird, also auch das zitierende Werk urheberrechtlich schutzfähig ist. Diese Voraussetzung liegt jedenfalls dann vor, wenn das zitierende Werk auch bei Wegfall des Zitats noch als eigenständige Schöpfung bestehen bleiben kann (4 Ob 1/95 = SZ 68/26 = MR 1995,179 [Walter] - Friedrich Heer II; 4 Ob 224/00w = SZ 73/49 = MR 2000, 373 [Walter] - Schüssels Dornenkrone; 4 Ob 230/02f = ÖBl 2003/77, 283 - meischi.at; RIS-Justiz RS00761095 und RS0076794).

Die Zulässigkeit der freien Werknutzung durch „kleines Zitat“ setzt - anders als § 46 Z 2 UrhG - eine wissenschaftliche Qualität des zitierenden Werks nicht voraus. Es reicht aus, dass das zitierende Werk urheberrechtlich schutzfähig ist. Auch Internetauftritte können - unter anderem als Datenbankwerke oder Sammelwerke - urheberrechtlichen Schutz genießen (4 Ob 155/01z = ÖBl 2003/69, 252 - C-Villas). Beim Sammelwerk drückt sich die (für den Werkcharakter erforderliche) eigentümliche geistige Schöpfung in der Eigentümlichkeit der Auswahl und/oder der Anordnung der aufgenommenen Beiträge nach einem bestimmten Leitgedanken aus. In diesem Sinn wurde bereits Wahlzeitungen und Urlaubsmagazinen eines Reiseveranstalters, wie auch Beiträgen in Tageszeitungen als einem bestimmten geplanten Zweck dienenden Sammelwerken urheberrechtlicher Schutz zuerkannt (3 Ob 443/56 = ÖBl 1957, 60 - Heimatruf; 4 Ob 113/89 = ÖBl 1990, 138 - take off; 4 Ob 224/00w = SZ 73/149 = MR 2000, 373 [Walter]-Schüssels Dornenkrone, 4 Ob 58/05s - Schlagwortsammlung). An die Originalität werden dabei keine hohen Anforderungen gestellt (4 Ob 155/90 = ÖBl 1991, 134 - Stadtplan Innsbruck; 4 Ob 224/00w = SZ 73/149 = ÖBl 2001, 181 - Schüssels Dornenkrone).

Werden diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall angewendet, ist die Schutzfähigkeit des Internetauftritts des Beklagten als Sammelwerk zu bejahen. Die Anordnung und Gliederung der einzelnen Webseiten unter dem Gesichtspunkt der Darstellung eigener Texte der Norweger-Bewegung versehen mit persönlichen Bemerkungen, der Wiedergabe von Aussagen einzelner Mitglieder, theologischer und anderer fachlicher Stellungnahmen (darunter auch zweier Werke des Beklagten), Diskussionsbeiträgen und Medienberichten bringt eine gedankliche Bearbeitung des Themas „Aufklärung über Sekten, insbesondere über die vom Beklagten als Sekte beurteilte Norweger-Bewegung“ zum Ausdruck, die diese Darstellung von einer bloßen Aneinanderreihung von über Link verfügbaren Informationen unterscheidet.

Bei Auslegung des in § 46 Z 1 UrhG verwendeten Begriffs der „einzelnen Stellen“ sind nicht streng mathematische Maßstäbe anzulegen. Bei der im Einzelfall vorzunehmenden Beurteilung des zulässigen Umfangs von Zitaten sind unter Berücksichtigung des Zitatzwecks die Interessen des Zitierten und des Zitierenden gegeneinander abzuwägen. Die freie Werknutzung durch Zitat darf nicht dazu führen, dass der wirtschaftliche Wert des Werks in einer ins Gewicht fallenden Weise ausgehöhlt würde (4 Ob 224/00w = SZ 73/149 = MR 2000, 373 [Walter]-Schüssels Dornenkrone; 4 Ob 127/01g = SZ 74/108 = MR 2001, 304 [Swoboda, Walter] - Medienprofessor; RIS-Justiz RS0076733 und RS0076725). Die Zitierung darf daher nicht in einem solchen Umfang Kenntnis des zitierten Werks verschaffen, dass dadurch die Verwertungsmöglichkeit seines Schöpfers geschmälert würde. Im Einzelfall kann aber auch die Wiedergabe zahlreicher Stellen zulässig sein (Schricker, Urheberrecht² § 51 Rz 46).

Ob - wie die Revision meint - die Interessen der Kläger durch die Zitierung deshalb verletzt wurden, weil die Zitate mit (nach Meinung der Revision) abfälligen Bemerkungen versehen wurden, hat keinen Einfluss auf die Interessenabwägung bei Beurteilung des zulässigen Umfangs eines Zitats. Diese Frage könnte erst bei der Interessenabwägung im Zusammenhang mit dem vom Beklagten geltend gemachten Recht der freien Meinungsäußerung oder im Zusammenhang mit einem - hier nicht geltend gemachten - Anspruch nach § 1330 ABGB von Bedeutung sein.

Nach den dargelegten Grundsätzen treffen die Voraussetzungen des „kleinen Zitats“ auf die den Schriften lit a und c bis f des Unterlassungsbegehren entnommenen einzelnen Textstellen zu. Mögen diese Zitate auch insgesamt gesehen zahlreich sein, so erreichen sie dennoch jeweils keinen Umfang, der die (wirtschaftlichen) Interessen der Kläger an der Verbreitung der Werke beeinträchtigten könnte. Die einzelnen Zitate sind durch den Zweck ihrer Wiedergabe gerechtfertigt. Er liegt vor allem darin, das (eigene) Verständnis der Gemeinschaft den Stellungnahmen des Beklagten, ehemaliger Mitglieder und theologischer Fachkreise mit dem Ziel gegenüberzustellen, dem Leser (Betrachter der Website) eine Auseinandersetzung mit dem Thema durch eine umfassende Darstellung der vorhandenen Quellen zu ermöglichen. Hinsichtlich der den Schriften lit a und c bis f des Unterlassungsbegehrens entnommenen Zitate kann sich der Beklagte daher auf das Recht der freien Werknutzung durch Zitat nach § 46 Z 1 UrhG berufen. Dass der Beklagte die in norwegischer Originalsprache verfassten Zitate in Deutsch wiedergegeben hat, ändert nichts an der Zulässigkeit des Zitats. Die Kläger haben nicht behauptet, dass die Übersetzung unrichtig oder sinnstörend wäre, ihr Unterlassungsbegehren ist auch nicht auf die Unterlassung der Nutzung der Werke durch Übersetzung gerichtet.

Von den zu lit b, g und h des Unterlassungsbegehrens angeführten Werken zitierte der Beklagte nicht bloß einzelne Stellen, er nahm vielmehr die Texte zur Gänze in seinen Internetauftritt auf. Sie können jeweils über einen Link eingesehen und gelesen werden. Die Nutzung dieser Texte übersteigt das nach § 46 Z 1 UrhG zulässige „kleine Zitat“.

Die Aufnahme eines gesamten Sprachwerks ist nach § 46 Z 2 UrhG nur dann zulässig, wenn das aufnehmende Werk ein wissenschaftliches ist. Dies setzt voraus, dass sich der Gegenstand zur wissenschaftlichen Bearbeitung eignet und der Urheber durch die Art und Weise der Behandlung des Themas - sei es durch den Inhalt oder durch seine Darstellung - die Absicht erkennen lässt, dass sein Werk einem wissenschaftlichen Zweck, insbesondere der Belehrung, dienen soll. Ob der Autor diese Absicht verwirklichen konnte, ist unerheblich. Als wissenschaftliches Werk in diesem Sinn hat der Oberste Gerichtshof eine Dissertation über die Persönlichkeit und die Gedankenwelt eines bekannten Historikers und Publizisten beurteilt (4 Ob 1/95 = SZ 68/26 = MR 1995, 179 [Walter] – Friedrich Heer II). Walter (MR 1995, 184) vertritt zu dieser Entscheidung die Auffassung, angesichts der großzügigen Zulassung des wissenschaftlichen Zitats seien an die Wissenschaftlichkeit des zitierenden Werks strenge Anforderungen zu stellen, weil kaum ein Gegenstand denkbar sei, der sich nicht zur wissenschaftlichen Behandlung eignen könnte. Das „große Zitatrecht“ stehe für Werke bloß belehrender Natur oder populärwissenschaftliche Werke nicht zur Verfügung.

Nach Schricker (Urheberrecht² § 51 Rz 31) sind zwar auch populärwissenschaftliche Werke in die Definition „wissenschaftliches Werk“ einzubeziehen, es kommt aber darauf an, ob das betreffende Werk eine Erkenntnis ernsthaft und geordnet erarbeitet, sich mit ihr auseinandersetzt oder sie bloß verbreitet. Bei der Prüfung sei sowohl auf den Inhalt (die Thematik) als auch auf die Form der Darstellung Bedacht zu nehmen: Wissenschaftlich sei ein Werk, das nach Rahmen, Form und Gehalt durch eine eigene Geistestätigkeit die Wissenschaft durch Vermittlung von Erkenntnis fördern wolle.

Das mit dem hier zu beurteilenden Sammelwerk verfolgte Ziel des Beklagten, über die seiner Meinung nach zu den Sekten zu zählende Norweger-Bewegung durch Gegenüberstellung von Ansichten aufzuklären, reicht nicht aus, um seinen Internetauftritt als wissenschaftliches Werk zu beurteilen. Die Aneinanderreihung, Gegenüberstellung und Wiedergabe der über Link abrufbaren Inhalte ist keine methodisch geordnete Erarbeitung von Erkenntnissen im Sinn einer wissenschaftlichen Bearbeitung.

Mangels eines wissenschaftlichen Werks kann sich der Beklagte in Ansehung der zur Gänze wiedergegebenen urheberrechtlich geschützten Texte (lit b, g und h des Unterlassungsbegehrens) auf das Recht des „großen Zitats“ nicht berufen; er hat insoweit in die geschützten Rechte der Kläger eingegriffen.

2. Zur Rechtfertigung des Eingriffs in Urheber- und Verwertungsrechte durch das Grundrecht der freien Meinungsäußerung:

Der Oberste Gerichtshof hat seit seinen Entscheidungen 4 Ob 224/00w (= SZ 73/149 = MR 2000, 373 [Walter] - Schüssels Dornenkrone) und 4 Ob 127/01g (= SZ 74/108 = MR 2001, 304 [Swoboda, Walter - Medienprofessor]) wiederholt erkannt, dass das durch Art 10 EMRK geschützte Recht der freien Meinungsäußerung dem urheberrechtlichen Unterlassungsanspruch im Einzelfall entgegenstehen kann (4 Ob 194/01k = MR 2002, 30 [Walter] - Wiener Landtagswahlkampf; 4 Ob 230/02f = MR 2003, 38 [Walter] - meischi.at; 4 Ob 105/03z = MR 2003, 317 [Walter] - Foto des Mordopfers; zuletzt 4 Ob 266/04b und 4 Ob 39/04k). Ob dem Grundrecht der freien Meinungsäußerung ein Vorrang vor Urheber- und Leistungsschutzrechten zukommt, ist aufgrund einer Interessenabwägung zu entscheiden. Dem Interesse des Urhebers, über die Verwendung seines Werks zu bestimmen und diese nur gegen Entgelt zu gestatten, steht das Interesse desjenigen gegenüber, der durch die Verwendung des Werks Tatsachen mitteilen oder Meinungen äußern will. Grundvoraussetzung jeder Rechtfertigung eines Eingriffs in Urheber- und Leistungsschutzrechte durch das Grundrecht der freien Meinungsäußerung ist, dass die wirtschaftlichen Interessen des Urhebers nicht berührt werden und das Grundrecht ohne Eingriff in das Urheber- oder Leistungsschutzrecht nicht ausgeübt werden kann (4 Ob 105/03z = MR 2003, 317 [Walter] - Foto des Mordopfers). Zutreffend weist die Lehre in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Einschränkungen der ausschließlichen Urheber- und Leistungsschutzrechte auf bestimmte Sonderfälle begrenzt werden müssen, die weder die normale Auswertung des Werks beeinträchtigen, noch die berechtigten Interessen des Urhebers oder Rechteinhabers ungebührlich verletzen (Walter, Europäisches Urheberrecht, InfoRL Rz 93 ff; Schumacher, Anm zu 4 Ob 105/03z = ecolex 2004/254 - Foto des Mordopfers). Die Meinungsäußerungsfreiheit soll das Urheber- oder Leistungsschutzrecht nur dort verdrängen, wo eine Nutzung des geschützten Textes sonst unmöglich oder nur unzulänglich möglich wäre und berücksichtigungswürdige Urheberinteressen oder eine „normale“ Verwertung des Werks der Benutzung nicht entgegenstehen (Burgstaller, Anmzu 4 Ob 230/02f = ÖBl 2003, 283 - meischi.at).

In diesem Sinn hat der Oberste Gerichtshof auch schon mehrfach klargestellt, dass die Verletzung der Urheberrechte der einzige Weg sein muss, um das Grundrecht ausüben zu können (4 Ob 266/04b mwN; siehe auch die Rechtsprechungsübersicht in Ebert, Urheberrecht und Art 10 EMRK, ecolex 2004, 719 ff).

Die zur Rechtfertigung eines Eingriffs im Einzelfall führenden Umstände hat derjenige zu behaupten und zu beweisen, der sich auf das Recht der freien Meinungsäußerung beruft. Er muss behaupten und beweisen, dass er in die Urheber- und Verwertungsrechte nicht über das im zu beurteilenden Fall erforderliche Ausmaß eingegriffen hat und die für den beabsichtigten Zweck unumgängliche Nutzung der Texte nicht anders hätte erreichen können.

Wendet man diese Grundsätze im vorliegenden Fall an, ist die vollständige Wiedergabe der zu lit b, g und h angeführten Werke auf der Website des Beklagten schon deshalb nicht durch das Recht der freien Meinungsäußerung gerechtfertigt, weil der angestrebte Zweck (Kritik an den Thesen der Norweger-Bewegung zu üben) auch ohne vollständige Wiedergabe der Texte hätte erreicht werden können. Anders als im Fall 4 Ob 127/01g - Medienprofessor bedurfte es hier weder der vollständigen Wiedergabe der geschützten Texte lit b und g noch auch des gesamten Schriftverkehrs zu lit h. Teilzitate aus diesen Schriften hätten vielmehr ausgereicht, um - in Verbindung mit eigenen Formulierungen des Beklagten - die angestrebte Kritik zum Ausdruck zu bringen. Auf die Frage, ob die Kläger einer Wiedergabe der Texte auf der Website des Beklagten zugestimmt hätten, kommt es bei dieser Sachlage nicht mehr an.

Die vollständige Wiedergabe der Schriften zu lit b, g und h des Unterlassungsbegehrens ist somit nicht durch das Grundrecht der freien Meinungsäußerung gerechtfertigt.

3. Zur behaupteten Genehmigung der Verwertung des Schriftverkehrs zu lith des Unterlassungsbegehrens:

Der Beklagte hat zum Schriftverkehr (lit h des Unterlassungsgebots) ausgeführt, die ausschließlichen Verwertungsrechte daran stünden nicht den Klägern, sondern dem Betreiber der norwegischen Website „www.forlosning.com“ zu. Dieser habe einer Wiedergabe des Schriftverkehrs auf der Homepage des Beklagten zugestimmt. Der Beklagte hat sich dazu auf einen Zeugen und auf Parteienvernehmung berufen. Das Erstgericht hat - ohne Einvernahmen durchzuführen - eine Negativfeststellung getroffen: Es könne weder festgestellt werden, dass der Ersteller dieser norwegischen Website die Rechte besitze, diese Korrespondenz zu verbreiten oder zu veröffentlichen, noch dass er dem Beklagten die Zustimmung erteilt habe, die Korrespondenz auf seiner Homepage zu veröffentlichen. Der Beklagte hat diese Negativfeststellung in seiner Berufung bekämpft. Das Berufungsgericht hat die Beweisrüge aus rechtlichen Gründen nicht behandelt. Sein Verfahren ist ergänzungsbedürftig.

Der Revision des Klägers wird daher teilweise Folge gegeben. Die Entscheidung des Berufungsgerichts wird - mit Teilurteil - im Umfang der Abweisung der Unterlassungs- und Beseitigungsbegehren zu Punkt 1 und 2, jeweils lit a, c bis f, bestätigt. In Ansehung der Unterlassungs- und Beseitigungsbegehren zu Punkt 1 und 2, jeweils lit b und g, wird es abgeändert und das entsprechende Unterlassungs- und Beseitigungsgebot erlassen. In Ansehung der Unterlassungs- und Beseitigungsbegehren zu Punkt 1 und 2, jeweils lit h, des Zahlungsbegehrens und des Begehrens auf Urteilsveröffentlichung wird die Entscheidung aufgehoben und dem Berufungsgericht aufgetragen, diesbezüglich die Beweisrüge zu erledigen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 Abs 2 ZPO.