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OGH vom 24.02.2009, 4Ob238/08s

OGH vom 24.02.2009, 4Ob238/08s

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** Gesellschaft ***** mbH, *****, Deutschland, vertreten durch Georg S. Mayer Rechtsanwalt GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei Thomas S***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Michèle Grogger-Endlicher, Rechtsanwältin in Wien, wegen 68.350,47 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 1 R 151/08w-31, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen. Der Antrag auf Zuspruch der Kosten der Revisionsbeantwortung wird gemäß § 508a Abs 2 Satz 2 ZPO abgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Ob ein Vertrag im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, begründet nur dann eine erhebliche Rechtsfrage, wenn infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde (RIS-Justiz RS0042936; vgl auch RS0042776; zuletzt etwa 17 Ob 7/08s). Das gilt auch dann, wenn eine andere Auslegung ebenfalls vertretbar wäre (RIS-Justiz RS0112106 [T3, T 4]).

2.1. Im vorliegenden Fall übertrug die Beklagte im Rahmen ihrer eigenen Rechtebefugnis nach den Feststellungen der Tatsacheninstanzen mit Lizenzvertrag vom (Beil ./B) - auf dessen Gewährleistungsversprechen in Punkt 2 die Klägerin ihre Ansprüche stützt - [nur] die Verwertungsrechte an jenen Werken (Buch und Musik), die bei der Schaffung des gewerbsmäßig hergestellten und 1936 erstmals aufgeführten Films „Die Puppenfee" benutzt wurden, sowie die (Mit-)Urheberrechte des Regisseurs an diesem Filmwerk.

2.2. Das Berufungsgericht gelangte zur Auffassung, Gegenstand der genannten Rechteübertragung seien nicht auch die Verwertungsrechte der Filmherstellerin des genannten Films gewesen. Den Vertragsparteien sei nämlich bekannt gewesen, dass die Beklagte über diese Verwertungsrechte nicht verfüge, und sie seien der - wie sich später herausgestellt habe: unrichtigen - Meinung gewesen, solche Rechte bestünden einerseits infolge Löschung der Filmherstellerin wegen Vermögenslosigkeit, andererseits auch infolge Zeitablaufs nicht mehr. Die Beklagte habe sich auch nicht vertraglich verpflichtet, das Risiko dafür zu übernehmen, dass entgegen der gemeinsamen Annahme der Vertragsteile Verwertungsrechte der Filmherstellerin noch bestünden.

2.3. Diese Vertragsauslegung durch das Berufungsgericht ist keinesfalls unvertretbar. Die Gewährleistungszusage der Rechtegeberin des Lizenzvertrags vom erstreckte sich nämlich nach ihrem eindeutigen Wortlaut nur auf die der Herstellung des Vertragsfilms zugrundeliegenden Rechte, über die die Lizenzgeberin auch verfügen konnte. Davon zu unterscheiden sind die erst infolge Herstellung des Films entstandenen Rechte, die nicht Gegenstand des Vertrags waren, weil dessen Parteien bekannt war, dass diese Rechte bei der Filmherstellerin lagen (wobei sie einvernehmlich davon ausgingen, dass diese Rechte im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht mehr bestanden). Der systematische Zusammenhang (gleich zu Beginn des Vertrags wird klargestellt, für wen allein die Lizenzgeberin sprechen kann und welche Rechte daher auch allein Gegenstand einer Lizenzierung sein können) spricht mit guten und damit jedenfalls vertretbaren Gründen für die vom Berufungsgericht gewonnene Vertragsauslegung.

3. Hat demnach die Beklagte nicht zugesagt, Verwertungsrechte des Filmherstellers einzuräumen und für deren Bestand Gewähr zu leisten, ist dem Klagebegehren die Anspruchsgrundlage entzogen. Damit hängt die Entscheidung nicht von den in der Zulassungsbeschwerde aufgeworfenen Fragen ab, ob das „Gemeinfreiwerden" eines Films zum Rückfall des Senderechts vom Filmhersteller an die an seiner Herstellung Beteiligten führt.

4. Gleiches gilt für die Frage, ob sich die „cessio legis" des § 38 UrhG auch auf zum Zeitpunkt der Filmherstellung wirtschaftlich noch unbedeutende Verwertungsarten und Urheber vorbestehender Werke in ihrer Doppelstellung als Miturheber des Filmwerks erstreckt:

Der Umfang der beim Filmhersteller gemäß § 38 UrhG entstandenen Verwertungsrechte ist im Verhältnis zur Klägerin als Rechtenehmerin unerheblich, weil die Beklagte über solche Verwertungsrechte nicht rechtsgeschäftlich verfügt hat. Für vorbestehende Werke, die als Grundlage der Filmherstellung gedient haben (hier: Buch und Musik), sind die urheberrechtlichen Sonderregeln für Filmwerke jedenfalls nicht anwendbar; soweit die Beklagte über (Mit-)Urheberrechte am Filmwerk in Form der Regieleistung verfügt hat, war sie auch dazu befugt.