OGH vom 30.01.2017, 6Ob10/17i
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Außerstreitsache des Antragstellers F***** K*****, Deutschland, vertreten durch Dr. Marco Nademleinsky, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegnerin N***** K*****, vertreten durch Dr. Helene Klaar Dr. Norbert Marschall Rechtsanwälte OG in Wien, wegen Rückführung der minderjährigen D***** C***** K*****, geboren am ***** 2007, und F***** H***** K*****, geboren am ***** 2016, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 42 R 503/16f, 42 R 504/16b-55, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Der Auffassung der Vorinstanzen, sie habe die beiden Kinder am widerrechtlich im Sinne der Bestimmungen des Haager Übereinkommens über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführungen (HKÜ) von Deutschland nach Österreich verbracht, weshalb deren Rückführung anzuordnen gewesen sei, tritt die Antragsgegnerin in ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs zutreffend nicht entgegen. Dieser war daher zurückzuweisen.
2. Daran ändert auch der im außerordentlichen Revisionsrekurs ausschließlich relevierte Umstand nichts, dass der Antragsgegnerin mittlerweile mit Entscheidung des AG Bonn vom das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Kinder gemäß § 1671 Abs 1 Satz 2 Nr 2 dBGB verbindlich (§ 40 Abs 1 dFamFG; zu dieser Voraussetzung vgl 6 Ob 27/11fiFamZ 2011, 179 [Fucik]) allein übertragen wurde. Nach § 111a iVm § 49 Abs 3 AußStrG sind neu vorgebrachte Tatsachen, die zur Zeit des Beschlusses (hier: des Rekursgerichts) noch nicht vorhanden waren, nur soweit zu berücksichtigen, als sie nicht ohne wesentlichen Nachteil zum Gegenstand eines neuen Antrags – ausgenommen eines Abänderungsantrags – gemacht werden können. Einen solchen Antrag kann die Antragsgegnerin aber für den Fall der beabsichtigten Durchsetzung der Rückgabeanordnung unter Hinweis auf die Entscheidung des AG Bonn jederzeit stellen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (RIS-Justiz RS0048056, RS0006893) erfordert zwar der Grundsatz der Bedachtnahme auf das Kindeswohl, dass auch noch vom Obersten Gerichtshof alle während des Verfahrens eingetretenen Entwicklungen, die unstrittig und aktenkundig sind (jüngst 7 Ob 150/16h), voll zu berücksichtigen sind. Infolge der durch die Entscheidung des AG Bonn derzeit gegebenen Möglichkeit, einer Durchsetzung der Rückgabeanordnung entgegenzutreten, ist aber eine Kindeswohlgefährdung nicht zu befürchten.
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2017:0060OB00010.17I.0130.000 |
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