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OGH vom 28.01.2011, 6Ob10/11f

OGH vom 28.01.2011, 6Ob10/11f

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ. Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ö***** Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Lansky, Ganzger + Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. S***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Werner Hauser, Rechtsanwalt in Wien, 2. G***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Herbert Salficky, Rechtsanwalt in Wien, und die Nebenintervenientin auf Seiten der erstbeklagten Partei F***** Co ***** GmbH, *****, vertreten durch Ebner Aichinger Guggenberger Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen 31.805,61 EUR sA, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 38 R 109/10a 18, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung:

Das Erstgericht wies die Klage gegen die zweitbeklagte Partei wegen sachlicher Unzuständigkeit zurück. Die klagende Partei habe zur Begründung ihres Anspruchs gegen die zweitbeklagte Partei keinen Bestandvertrag behauptet. Eine Streitigkeit aus einem Bestandverhältnis wäre jedoch Voraussetzung für die Annahme eines ausschließlichen Gerichtsstands gemäß § 83 JN. Dies treffe allerdings nur auf die erstbeklagte Partei zu.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Streitgenossen könnten am ausschließlichen Gerichtsstand eines Streitgenossen nicht mitgeklagt werden, weil der ausschließliche Gerichtsstand den eigenen allgemeinen Gerichtsstand als Voraussetzung des Gerichtsstands der Streitgenossenschaft ausschließe. Der Gerichtsstand der Streitgenossenschaft werde zwar durch einen ausschließlichen Gerichtsstand nicht ausgeschlossen, wenn er nicht für alle Streitgenossen für den gegenständlichen Rechtsstreit gegeben sei, doch könne der Gerichtsstand des § 93 JN nur dort begründet werden, wo zumindest ein Streitgenosse auch seinen allgemeinen Gerichtsstand habe.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Beschluss erhobene außerordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig:

Nach völlig herrschender Auffassung ist Voraussetzung für die Inanspruchnahme des Gerichtsstands der Streitgenossenschaft gemäß § 93 JN, dass für alle Beklagten kein gemeinsamer ausschließlicher, gewählter oder vereinbarter Gerichtsstand besteht ( Mayr in Rechberger , ZPO 3 § 93 JN Rz 2; Simotta in Fasching 2 § 93 JN Rz 6). Nach der Entscheidung des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien, 45 R 156/86, richtet sich der Gerichtsstand der Streigenossenschaft gemäß § 93 JN trotz Bestehens des ausschließlichen Gerichtsstands nach § 83 JN für einen der Beklagten nach dem allgemeinen Gerichtsstand eines der Beklagten. Diese Entscheidung fand auch Zustimmung im Schrifttum ( Mayr aaO; Simotta aaO); gegenteilige Stimmen in der Literatur liegen soweit ersichtlich nicht vor.

Trotz Fehlens einer ausdrücklichen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu einer konkreten Fallgestaltung liegt aber dann keine erhebliche Rechtsfrage vor, wenn das Gesetz selbst eine klare, das heißt eindeutige Regelung trifft (RIS Justiz RS0042656). Der Wortlaut des § 93 JN stellt zweifelsfrei auf den „allgemeinen“ Gerichtsstand ab. Entgegen der im Revisionsrekurs vertretenen Auffassung liegt auch keine planwidrige Gesetzeslücke vor, kann doch den von der Revisionrekurswerberin ins Treffen geführten prozessökonomischen Argumenten durch Geltendmachung des Anspruchs gegen beide Beklagte beim Gerichtsstand der Streitgenossenschaft nach § 93 JN am allgemeinen Gerichtsstand eines Beklagten zwanglos Rechnung getragen werden. Aus diesem Grund bestehen auch keinerlei verfassungsgrechtliche Bedenken gegen die Regelung des § 93 JN.

Zusammenfassend bringt die Revisionsrekurswerberin daher keine Rechtsfragen der in § 528 Abs 1 ZPO geforderten Bedeutung zur Darstellung, sodass der Revisionsrekurs spruchgemäß zurückzuweisen war.