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OGH vom 13.10.2009, 1Ob176/09b

OGH vom 13.10.2009, 1Ob176/09b

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden und durch die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. Grohmann und Dr. E. Solé als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Minderjährigen Alexandre Alfred S***** und Maxime Albert S*****, beide geboren am *****, infolge von Revisionsrekursen der Mutter Mag. Coralie B*****, vertreten durch Mag. Barbara Steiner, Rechtsanwältin in Wien, und des Vaters Michel Jean Paul S*****, vertreten durch Dr. Alfred Kriegler, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 42 R 245/09d-51, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom , GZ 7 P 48/09z-21, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

1. Dem Revisionsrekurs der Mutter wird nicht Folge gegeben.

2. Dem Revisionsrekurs des Vaters wird teilweise Folge gegeben.

Der Beschluss des Rekursgerichts wird dahin abgeändert, dass dessen Punkt 3 ersatzlos entfällt.

3. Der Antrag des Vaters auf Ersatz der Kosten des Revisionsrekursverfahrens wird abgewiesen.

Text

Begründung:

Die derzeit dreijährigen Zwillinge sind unehelich geboren. Der Vater anerkannte die Vaterschaft wenige Tage nach deren Geburt. Die Kinder besitzen - ebenso wie ihre Mutter - die französische und auch die österreichische Staatsbürgerschaft. Der Vater ist französischer Staatsangehöriger. In Frankreich führen die Kinder den Familiennamen des Vaters, in Österreich jenen der Mutter. Bis lebten die Kinder im gemeinsamen Haushalt mit den Eltern in Frankreich, die sich beide um sie kümmerten. Bestimmend waren aber die Entscheidungen des Vaters, die er gegenüber der Mutter fallweise mit körperlicher Gewalt durchsetzte. Es ist aber nicht bescheinigt, dass der Vater Gewalt auch gegenüber den beiden Minderjährigen geübt hätte. Ebenso ist nicht bescheinigt, dass der Vater die beiden Minderjährigen sexuell missbraucht hätte.

Bereits im November 2008 plante die Mutter, mit den Kindern nach Österreich zu übersiedeln, und teilte dem Vater ihren Wunsch nach Trennung mit. Am kam es zu einer Auseinandersetzung, weil die Mutter beabsichtigte, mit den Kindern gegen den Willen des Vaters für die Dauer von vier Tagen nach Paris zu reisen. Letztendlich gab der Vater sein Einverständnis, dass die Mutter mit den Minderjährigen bei einer Freundin übernachte. Von dort fuhr sie am nächsten Tag mit den Minderjährigen nach Paris. Anstatt - wie zunächst angekündigt - am zurückzukehren, reiste sie zu ihren ebenfalls in Frankreich wohnhaften Eltern. Am erklärte sie vor einer französischen Polizeistelle, ihren Hauptwohnsitz in Wien genommen zu haben und sich nunmehr dorthin zu begeben. Noch am selben Tag reiste sie mit den Kindern nach Paris und am darauf folgenden Tag per Flugzeug nach Wien. Davor nahm sie noch die behördliche Mitteilung zur Kenntnis, dass der Vater inzwischen für den einen Termin beim zuständigen Familiengericht in Frankreich erwirkt hatte. Sie bestand jedoch darauf, dass ihr eine Ladung mit der Aufforderung zum persönlichen Erscheinen zugestellt werden müsse. In Wien erwirkte die Mutter am eine einstweilige Verfügung, mit der dem Vater die Kontaktaufnahme mit der Mutter untersagt wurde. Dem lag die Behauptung zugrunde, der Vater habe sie mit dem Umbringen bedroht und eines der Kinder zu entführen versucht. Mit einstweiliger Verfügung vom stellte das französische Amtsgericht auf Antrag des Vaters fest, dass die „elterliche Autorität" über beide Minderjährige beiden Elternteilen zustehe. Es bestimmte als ständigen Wohnsitz der beiden Minderjährigen den Wohnsitz des Vaters und sprach aus, dass diesem für die Zeit, welche die Minderjährigen bei ihm verbringen, das alleinige Sorgerecht sowie die Entscheidungsbefugnis im Fall eines chirurgischen Eingriffs zukomme. Für die Mutter wurde ein Besuchsrecht angeordnet. Das französische Amtsgericht legte seiner Entscheidung zugrunde, dass die Mutter Kenntnis von der über Antrag des Vaters anberaumten Verhandlung erlangt habe und bewusst zu dieser nicht erschienen sei. Ihr Verhalten, die Minderjährigen aus ihrer gewohnten Umgebung zu reißen und dem Vater ihren jetzigen Wohnsitz zu verheimlichen, sei gegen die Interessen der Minderjährigen gerichtet.

Der Vater beantragte am die Rückführung der Kinder nach dem Haager Übereinkommen vom über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (HKÜ), BGBl 1988/512. Obwohl beiden Elternteilen gemeinsam die elterliche Autorität zukomme, habe die Mutter die Kinder widerrechtlich ohne seine Zustimmung nach Österreich verbracht.

Die Mutter wendete ein, sie sei nach französischem Recht lediglich verpflichtet gewesen, binnen angemessener Frist dem Vater Mitteilung darüber zu machen, dass sie mit den Kindern anderswo Aufenthalt nehme. Dieser Verpflichtung sei sie nachgekommen, weswegen die Ausreise der Kinder nach Österreich nicht widerrechtlich sei. Aufgrund der Gewalttätigkeiten des Vaters würde eine Rückführung der Kinder nach Frankreich deren Wohl gefährden. Die Minderjährigen seien aufgrund des Verhaltens des Vaters traumatisiert und befänden sich in psychotherapeutischer Behandlung. Darüber hinaus bestehe der Verdacht des sexuellen Missbrauchs der Kinder durch den Vater. Dieser Verdacht sei von der Psychotherapeutin der Kinder bestätigt worden.

Das Erstgericht gab dem Rückführungsantrag statt und trug der Mutter die Rückgabe der beiden Minderjährigen an den Vater auf. Nach französischem Recht komme beiden Elternteilen die elterliche Sorge für die Minderjährigen zu und hätten sie das Sorgerecht zuletzt gemeinsam ausgeübt. Diese Zuteilungsregelung werde durch die Trennung der Eltern nicht berührt, sodass auch das Aufenthaltsbestimmungsrecht - ungeachtet der Trennung - den Eltern weiterhin gemeinsam obliege. Dieses Recht habe die Mutter durch ihre Ausreise mit den Minderjährigen nach Österreich verletzt. Mit der Rückführung der Kinder seien weder schwerwiegende Gefahren verbunden, noch würden die Kinder in eine unzumutbare Lage gebracht.

Das Rekursgericht änderte über Rekurs der Mutter den Beschluss des Erstgerichts teilweise ab. Es ordnete die sofortige Rückführung der Kinder nach Frankreich an (Punkt 1), trug der Mutter den Ersatz der Verfahrenskosten auf (Punkt 2), und verfügte, dass dieser Beschluss wirksam werde, sofern die französischen Behörden den Nachweis erbrächten, dass angemessene Vorkehrungen getroffen wurden, um - insbesondere im Hinblick auf den Verdacht des sexuellen Missbrauchs durch den Vater - den Schutz der Kinder nach deren Rückkehr zu gewährleisten (Punkt 3). Der ordentliche Revisionsrekurs wurde zugelassen. Das Rekursgericht teilte die Ansicht des Erstgerichts, es habe nach dem anzuwendenden französischen Familienrecht zum Zeitpunkt der Verbringung der Kinder ein gemeinsames Sorgerecht der Eltern bestanden, das auch tatsächlich zuletzt von beiden Eltern gemeinsam ausgeübt worden sei. Das Sorgerecht beziehe sich auch auf die Bestimmung des Aufenthaltsorts der Kinder. Durch die Ausreise mit den Kindern nach Österreich habe die Mutter das Mitsorgerecht des Vaters verletzt. Möge sie auch gewichtige Gründe gehabt haben, sich von diesem zu trennen und mit den Kindern einen anderen Wohnort zu nehmen, wäre die Klärung in einem gerichtlichen Verfahren erforderlich gewesen. Wenngleich die Beweisergebnisse für die Annahme eines sexuellen Missbrauchs der Kinder durch den Vater nicht ausreichten, ergäben sich aus dem Akt doch Anhaltspunkte dafür, dass die Rückführung der Kinder nicht in deren Interesse gelegen sein könnte. Aus diesem Grund sei die Anordnung der Rückführung vom Nachweis der zum Schutz der Kinder erforderlichen Vorkehrungen (nach Art 11 Abs 4 der Verordnung [EG] Nr 2001/2003 des Rates vom über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen [EuEheVO bzw Brüssel IIa-VO]) abhängig zu machen. Die zitierte Bestimmung solle verhindern, dass nicht sofort ausreichend aufklärbare Gefährdungstatbestände lediglich zur Verschleppung des Rückführungsverfahrens geltend gemacht würden. Den Behörden des Erststaats käme in solchen Fällen die Aufgabe zu, entsprechende Vorkehrungen zu treffen, um eine Gefährdung hintanzuhalten. Lediglich dann, wenn die Behörden dazu nicht bereit oder in der Lage wären, könnte die Rückgabe im Anwendungsbereich der Brüssel IIa-VO verweigert werden. Es sei daher die Rückführung der Kinder nach Frankreich anzuordnen.

Rechtliche Beurteilung

1. Der Revisionsrekurs der Mutter ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Nach Art 3 lit a und b HKÜ gilt das Verbringen oder Zurückhalten eines Kindes als widerrechtlich, wenn dadurch das Sorgerecht verletzt wird, das einer Person, einer Behörde oder sonstigen Stellen allein oder gemeinsam nach dem Recht des Staates zusteht, in dem das Kind unmittelbar vor dem Verbringen oder Zurückhalten seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, und dieses Recht im Zeitpunkt des Verbringens oder Zurückhaltens allein oder gemeinsam tatsächlich ausgeübt wurde oder ausgeübt worden wäre, falls das Verbringen oder Zurückhalten nicht stattgefunden hätte. Das Sorgerecht im Sinne dieses Übereinkommens umfasst insbesondere auch das Recht, den Aufenthalt des Kindes zu bestimmen (Art 5 lit a HKÜ). Das Ziel des Übereinkommens liegt darin, das in einem der Vertragsstaaten bestehende (Mit-)Sorgerecht tatsächlich zu beachten und als schnelle und in gewissem Umfang vorläufige Maßnahme zunächst die sofortige Rückgabe des Kindes in das Umfeld zu erreichen, aus dem es gerissen wurde (RIS-Justiz RS0109515; RS0074540).

Maßgeblich ist demnach, ob dem Vater zum Zeitpunkt des Verbringens der Kinder nach Österreich ein (Mit-)Sorgerecht zustand, was zufolge des damaligen gewöhnlichen Aufenthalts der Kinder in Frankreich nach französischem Sachrecht zu beurteilen ist (1 Ob 614/90 = SZ 63/131; 1 Ob 163/09s mwN).

Nach Art 372 des Code civil üben die Eltern - jedenfalls wenn wie hier die Vaterschaft vor Ablauf eines Jahres nach der Geburt des Kindes feststeht - die elterliche Sorge gemeinsam aus. Nach Art 373-2 Code civil berührt die Trennung der Eltern die Zuteilungsregelungen für die Ausübung der elterlichen Sorge nicht. Jeder Elternteil muss persönliche Beziehungen mit dem Kind aufrecht erhalten und die Bindung dieses Kindes zu dem anderen Elternteil respektieren. Jegliche Verlegung des Aufenthaltsorts eines Elternteils muss, sobald die Modalitäten der Ausübung der elterlichen Sorge verändert werden, dem anderen Elternteil vorher und rechtzeitig mitgeteilt werden. Falls keine Einigung zustandekommt, ruft der betreibende Elternteil den Familienrichter an, der danach entscheidet, was das Kindeswohl erfordert. Der Richter teilt die Fahrtkosten auf und setzt den jeweiligen Beitrag zum Unterhalt und zu den Erziehungskosten des Kindes neu fest.

In ihrem Revisionsrekurs weist die Mutter darauf hin, dass mit dem eben zitierten und 2002 eingefügten Artikel die elterliche Gewalt im französischen Code civil neu definiert worden sei und seitdem nicht mehr das Recht beinhalte, den Aufenthaltsort des Kindes zu bestimmen. Nach der neuen Gesetzeslage käme zwar beiden Eltern auch nach der Trennung die elterliche Gewalt zu, den Aufenthaltsort der Minderjährigen könnte aber ein Elternteil alleine festlegen. Es bestehe lediglich die Verpflichtung, den anderen Elternteil vorher und rechtzeitig über den Wechsel des Aufenthaltsorts zu informieren. Das HKÜ sei bei Lebensgefährten, die sich trennen, erst anwendbar, nachdem ein entsprechender Richterspruch eines französischen Familienrichters vorliege.

Dazu ist vorerst klarzustellen, dass nach Art 3 HKÜ nur die Frage, welcher Person das Sorgerecht zusteht, nach dem Recht des Staates zu beurteilen ist, in dem das Kind unmittelbar vor dem Verbringen oder Zurückhalten seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, nicht aber auch die Frage, ob das Verbringen oder Zurückhalten in Verletzung dieses Sorgerechts als widerrechtlich anzusehen ist. Vom Standpunkt des Übereinkommens aus ist das Verbringen eines Kindes durch einen der gemeinsam Sorgeberechtigten ohne Genehmigung des anderen - unabhängig vom in Ansehung des Innehabens des Sorgerechts anzuwendenden nationalen Recht - widerrechtlich. Die spezifische staatsvertragliche Widerrechtlichkeit ist in diesen Fällen zwar möglicherweise nicht das Ergebnis einer gesetzwidrigen Handlung, sondern des Umstands, dass dieses Verhalten die durch das Gesetz ebenfalls geschützten Rechte des anderen Elternteils missachtet und ihre normale Ausübung unterbricht (1 Ob 614/90). Ob die Verlegung des Aufenthaltsorts der Kinder ohne Zustimmung des Vaters schon vor Einholung der erforderlichen Entscheidung des Familienrichters Art 372-2 des Code civil widersprach oder nicht, ist demnach für die Frage der Widerrechtlichkeit der Verbringung eines Kindes nach dem HKÜ nicht maßgeblich. Entscheidend ist vielmehr, ob dem Vater auch nach der Trennung weiterhin das (Mit-)Aufenthaltsbestimmungsrecht als Teil des Sorgerechts zustand. Dies ist aber nach Art 372-2 Code civil eindeutig zu bejahen, räumt diese Regelung doch beiden Elternteilen ungeachtet der Trennung das Recht ein, nach vorheriger rechtzeitiger Verständigung des anderen Elternteils den Aufenthaltsort des Kindes zu verändern. Dies reicht für die Annahme eines „gemeinsamen Sorgerechts" iSd Art 3 lit a und b HKÜ aus. Die Verbringung der Kinder ist demnach widerrechtlich im Sinne des HKÜ.

Die Rückgabe eines entführten Kindes ist dennoch nicht zu verfügen, wenn sie mit der schwerwiegenden Gefahr eines körperlichen oder seelischen Schadens für das Kind verbunden ist oder das Kind auf andere Weise in eine unzumutbare Lage bringt (Art 13 Abs 1 lit b HKÜ). Für das Vorliegen von Rückführungshindernissen ist die Person behauptungs- und beweispflichtig, die sich der Rückgabe widersetzt (RIS-Justiz RS0074561). Konnte im vorliegenden Fall die Mutter einen entsprechenden Beweis nicht erbringen und konnte das Erstgericht einen sexuellen Missbrauch der Kinder durch den Vater nicht als bescheinigt ansehen, ist der Oberste Gerichtshof an diese Feststellung gebunden.

Auch der Umstand, dass die Mutter in Österreich eine günstige Mietwohnung gefunden und Aussicht auf einen Arbeitsplatz hat, während die Anschaffung einer Wohnung in Frankreich mit erheblichem finanziellen Aufwand verbunden wäre, steht der Rückführung der Kinder nicht entgegen. Nach der Rechtsprechung muss der entführende Elternteil eigene Nachteile der Rückkehr in Kauf nehmen, kommt es doch auf das Wohl der Kinder, nicht aber auf sein eigenes Wohl an (5 Ob 47/09m). Unter Beachtung der Umstände des Einzelfalls ist es idR dem entführenden Elternteil zumutbar, gemeinsam mit dem Kind in den Herkunftsstaat zurückzukehren.

Da der Ausnahmetatbestand des Art 13 Abs 1 lit b HKÜ nach der Rechtsprechung eng auszulegen und auf „besondere Sachverhalte" zu beschränken ist, müssten berücksichtigungswürdige drohende Nachteile über die zwangsläufigen Folgen eines erneuten Aufenthaltswechsels hinausgehen, weil sonst das Ziel des HKÜ nicht greifen würde (5 Ob 47/09m mwN). Die von der Revisionsrekurswerberin ins Treffen geführte gelungene Integrierung der Kinder in der neuen Umgebung könnte eine Rückführung jedenfalls nur dann ausschließen, wenn der Rückführungsantrag mehr als ein Jahr nach dem Verbringen des Kindes gestellt worden wäre. Dies ist hier nicht der Fall.

Aus diesen Gründen erweist sich der Revisionsrekurs der Mutter als erfolglos.

2. Der Revisionsrekurs des Vaters ist zulässig und teilweise berechtigt.

Nach Art 11 Abs 4 EuEheVO kann die Rückführung aus dem Grunde der schwerwiegenden Gefahr für das Kind oder einer sonst unzumutbaren Lage nicht verweigert werden, wenn feststeht, dass angemessene Maßnahmen ergriffen wurden, um den Schutz des Kindes nach seiner Rückkehr zu gewährleisten. Dieser aus dem anglo-amerikanischen Rechtskreis stammende Regelungsgedanke soll das mit dem Rückführungsantrag befasste Gericht ermutigen, auf die Beseitigung etwaiger Rückführungshindernisse hinzuwirken, anstatt die Rückführung gleich abzulehnen (Nademleinsky/Neumayr, Internationales Familienrecht Rz 09.26). Aus dieser Bestimmung folgt, dass der Richter die Anordnung der Rückgabe an zuvor zu erfüllende Bedingungen knüpfen und etwa den Antragsteller zu bestimmten Handlungen verpflichten oder selbst den Versuch unternehmen kann, durch Kontaktaufnahme mit den ausländischen Behörden die Rahmenbedingungen günstig zu beeinflussen. Er kann darauf hinwirken, dass das Rückgabehindernis entfällt (Hüßtege in Thomas/Putzo (d) Zivilprozessordnung29 Art 11 EuEheVO Rz 4). Als Schutzmaßnahmen im Sinne des Art 11 Abs 4 EuEheVO kommen etwa Verpflichtungen des Antragstellers gegenüber dem zuständigen Gericht in Frage (sogenannte „undertakings"), oder das Gericht bemüht sich selbst aktiv um die Beseitigung von im Herkunftsstaat drohenden Gefahren (sogenannte „safe harbour orders"). Solche Schutzmaßnahmen sind jedoch ausschließlich dann zu treffen, wenn sie wegen des Bestehens einer schwerwiegenden Gefahr für das körperliche oder psychische Wohl eines Kindes notwendig erscheinen (Holzmann in Studien zum internationalen Privat- und Verfahrensrecht, Band 18, Brüssel IIa-VO: Elterliche Verantwortung und internationale Kindesentführungen, 198 ff [201]). Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall nicht gegeben, da eine Gefährdung der Kinder durch den Vater nicht bescheinigt und auch sonst kein Rückgabehindernis ersichtlich ist. Allein die nicht weiter belegte Ansicht des Rekursgerichts, es lägen doch Anhaltspunkte dafür vor, dass die Rückführung der Kinder „nicht in deren Interesse sein könnte", reicht für eine Ermächtigung zur Anordnung von Schutzmaßnahmen nach Art 11 Abs 4 EuEheVO nicht aus.

Der Beschluss des Rekursgerichts ist somit insoweit abzuändern, als dessen Punkt 3 ersatzlos zu entfallen hat.

Als nicht berechtigt erweist sich der Revisionsrekurs des Vaters jedoch insoferne, als er die Rückgabe der Kinder an ihn oder an eine von ihm bestimmte Person erreichen will. Das HKÜ verlangt nicht die Rückgabe der entführten Kinder an den anderen Elternteil, sondern deren Rückkehr in das Staatsgebiet des Herkunftsstaats, damit dort das gemeinsame Sorgerecht bzw das Besuchsrecht ausgeübt werden kann (5 Ob 47/09m; 2 Ob 103/09z).

Nach Art 26 HKÜ können die Behörden, die aufgrund dieses Übereinkommens die Rückgabe des Kindes anordnen, der Person, die das Kind verbracht hat, die Erstattung der dem Antragsteller selbst oder für seine Rechnung entstandenen notwendigen Kosten (wie insbesondere Kosten der Rechtsvertretung) auferlegen. Auch der Zuspruch von Kosten nach Art 26 HKÜ setzt aber deren Geltendmachung der Höhe nach voraus. Das Verfahren nach dem HKÜ ist in Österreich nach den Vorschriften des AußStrG durchzuführen. Infolge des in § 78 Abs 4 AußStrG enthaltenen Verweises auf die Bestimmungen der ZPO ist auf die Verzeichnung von Kosten § 54 Abs 1 ZPO anzuwenden, nach dem die Partei bei sonstigem Verlust des Ersatzanspruchs das Kostenverzeichnis rechtzeitig zu übergeben hat. Dies hat der Vater jedoch unterlassen. Weder im Revisionsrekurs noch in der Revisionsrekursbeantwortung ist ein Kostenverzeichnis enthalten. Ein Kostenzuspruch ist daher schon deshalb nicht möglich.