OGH vom 28.06.2000, 6Ob10/00i
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Baumann, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Firmenbuchsache der Kanzlei F***** & S***** OEG mit dem Sitz in I***** über den Revisionsrekurs der Gesellschafter Christian F***** und Katja S*****, beide vertreten durch Dr. Ivo Greiter und andere Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom , GZ 3 R 201/99d-5, mit dem der Beschluss des Landes- als Handelsgerichtes Innsbruck vom , GZ 50 Fr 12506/99p-2, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Eintragung der Änderung des Firmenwortlautes der Kanzlei F***** & S***** OEG auf Kanzlei F***** & S***** KEG bewilligt wird.
Die Durchführung der Eintragung obliegt dem Erstgericht.
Text
Begründung:
Im Firmenbuch des Erstgerichtes ist die Kanzlei F***** & S***** OEG mit dem Sitz in I***** eingetragen. Persönlich haftende Gesellschafter waren Christian F***** und Katja S*****. Beide Gesellschafter teilten am dem Firmenbuchgericht mit, dass Katja S***** ihre Stellung in die eines Kommanditisten mit einer Hafteinlage von 10.000 S geändert habe. Ihr zunächst gestellter Antrag auf Änderung des Firmenwortlautes in Kanzlei F***** & S***** Kommanditpartnerschaft wurde abgewiesen. Die Eintragung der übrigen begehrten Änderungen wurde bewilligt. Seit ist dementsprechend die Gesellschaft als KEG eingetragen. Der Aufforderung, den Firmenwortlaut dahin abzuändern, dass der Rechtsformzusatz "OEG" durch den Rechtsformzusatz "Kommanditerwerbsgesellschaft" oder "KEG" ersetzt werde und der Name der nunmehrigen Kommanditistin entfalle, leisteten die Gesellschafter nicht Folge. Mit Beschluss vom verhängte das Erstgericht die bereits mit seinem Beschluss vom angedrohten Zwangsstrafen von je 2.000 S über beide Gesellschafter und kündigte die Verhängung einer weiteren Zwangsstrafe von 20.000 S für den Fall an, dass der Aufforderung binnen drei Wochen neuerlich nicht entsprochen werde. Dieser Beschluss wurde den Geschäftsführern je am zugestellt. Mit Beschluss vom verhängte das Erstgericht über beide Gesellschafter die angedrohte Zwangsstrafe von je 20.000 S und drohte für den Fall der weiteren Nichtbefolgung des gerichtlichen Auftrages eine Zwangsstrafe von je 50.000 S an. Zudem kündigte es die Verlautbarung des Beschlusses über die Verhängung der Zwangsstrafe auf Kosten der Gesellschafter in den Bekanntmachungsblättern an. Über den dagegen erhobenen Rekurs der Gesellschafter wurde noch nicht entschieden.
Am (sohin innerhalb der den Gesellschaftern mit Beschluss vom gesetzten dreiwöchigen Frist) brachten die Gesellschafter den Antrag beim Erstgericht auf Änderung des Firmenwortlautes in Kanzlei F***** & S***** KEG ein.
Das Erstgericht wies diesen Antrag ab, weil es unverändert die Ansicht vertrete, dass die Änderung des Rechtsformzusatzes nicht ausreichend sei. Der Grundsatz der Firmenbeständigkeit finde seine Grenze im Täuschungsverbot des § 18 Abs 2 HGB. Schon die verbleibende Namensmehrheit täusche ein Mehr an Haftung und damit eine bessere als die tatsächlich bestehende Haftung bei nur einem verbleibenden persönlich haftenden Gesellschafter vor.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der Revisionsrekurs zulässig sei. Die Täuschungseignung der Firma der nunmehrigen KEG sei zu bejahen, weil durch den Verbleib des Namens der nur noch als Kommanditistin an der Gesellschaft beteiligten Katja S***** in der Firma der Gesellschaft gegenüber deren potentiellen Geschäftspartnern der irreführende Eindruck erweckt werde, dass an der Gesellschaft zwei persönlich haftende Gesellschafter beteiligt wären. Überdies könnte der jederzeit mögliche Austritt des einzigen verbliebenen persönlich haftenden Gesellschafters zu einer weiteren Einschränkung der Haftungslage der Gesellschaft führen, mit der das interessierte Publikum im Hinblick auf den die volle Haftung zweier persönlich haftender Gesellschafter ausweisenden Firmenwortlaut nicht rechnen müsse. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil die Frage, ob und inwieweit auch im Fall des Austrittes eines persönlich haftenden Gesellschafters aus einer OEG der Grundsatz der Firmenwahrheit dem Grundsatz der Firmenbeständigkeit nach § 24 Abs 1 HGB vorgehe, noch nicht an den Obersten Gerichtshof herangetragen worden sei.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der beiden Gesellschafter ist zulässig und berechtigt.
Dem erkennenden Senat wurden seit der Entscheidung des Rekursgerichtes in dieser Firmenbuchsache bereits zwei ähnliche Fälle zur Entscheidung vorgelegt, wobei es in einem Fall um die Firma einer Erwerbsgesellschaft mit dem Zweck der Ausübung des Berufes des Wirtschaftstreuhänders (E vom , 6 Ob 232/99g), im anderen Fall um die Firma einer Erwerbsgesellschaft mit dem Zweck der Ausübung des Berufes des Immobilienmaklers und Immobilienverwalters ging (E vom , 6 Ob 47/00f). Im vorliegenden Fall ist der Zweck der Gesellschaft die Unternehmensberatung. Es liegt daher hier - anders als in 6 Ob 232/99g, aber ebenso wie in 6 Ob 47/00f - kein "freier Beruf" im Sinn des § 6 EGG vor. Unternehmensberater üben vielmehr (ebenso wie Immobilienmakler und Immobilienverwalter) ein gebundenes Gewerbe aus (§ 124 Z 6 GewO). Der Firmenwortlaut muss daher keinen Hinweis auf den ausgeübten Beruf enthalten. Im Übrigen haben aber auch hier folgende, bereits in der grundlegenden Entscheidung 6 Ob 232/99g dargelegte und in der Entscheidung 6 Ob 47/00f insoweit wiederholte Erwägungen zu gelten:
Eingetragene Erwerbsgesellschaften müssen gemäß § 2 Abs 1 ErwerbsgesellschaftenG BGBl 1990/257 (EGG) in ihrer Firma ihre Organisationsform offenlegen. Eine Kommandit-Erwerbsgesellschaft muss diese Bezeichnung in ihrer Firma führen; sie darf sie mit den Buchstaben "KEG" abkürzen. Wird eine OEG unter Wahrung der Identität der Gesellschaft umgewandelt, so ist die Bezeichnung entsprechend zu ändern (Krejci, Erwerbsgesellschaftengesetz 142 unter Hinweis auf den JAB). § 4 Abs 1 EGG verweist im übrigen insoferne auf die für die OHG und KG geltenden Vorschriften über die Firma, als nicht die §§ 2 und 6 leg cit Besonderheiten regeln. Bei der Neueintragung darf die Firma keinen anderen Namen als den des persönlich haftenden Gesellschafters (§ 19 Abs 4 HGB iVm § 4 EGG) - somit nicht den Namen eines Kommandististen (Krejci aaO § 2 Rz 10) - und keinen Bestandteil enthalten, der objektiv geeignet ist, eine Täuschung iSd § 18 Abs 2 HGB zu erwecken (6 Ob 5/93 = SZ 66/32).
Scheidet ein Gesellschafter aus einer Handelsgesellschaft aus, so kann ungeachtet dieser Veränderung die bisherige Firma fortgeführt werden (§ 24 Abs 1 HGB). Bei dem Ausscheiden eines Gesellschafters, dessen Name in der Firma enthalten ist, bedarf es zur Fortführung der Firma der ausdrücklichen Einwilligung des Gesellschafters oder seiner Erben (§ 24 Abs 2 HGB). Wenn ein namengebender persönlich haftender Gesellschafter in die Rolle des Kommanditisten zurücktritt, ist die Zulässigkeit der Firmenfortführung in Analogie zu § 24 Abs 2 HGB insoweit zu bejahen. Denn wenn die Firma schon beim weiterreichenderen Fall des Ausscheidens des namengebenden Gesellschafters beibehalten werden darf, muss gleiches für die Übernahme der Kommanditistenrolle durch einen bisher persönlich haftenden Gesellschafter gelten (Schuhmacher in Straube2 , § 24 HGB Rz 5; Bokelmann in K. Schmidt, Münchener Kommentar zum HGB, § 24 Rz 6 mwN in FN 17; Schlegelberger, HGB5 , § 24 Rz 8, je mwN). Dasselbe hat auch für Erwerbsgesellschaften zu gelten.
Zutreffend erkannte die zweite Instanz, der Grundsatz der Firmenwahrheit nach § 18 HGB gelte uneingeschränkt nur für die Firmenneugründung und werde im Fall von Änderungen nach § 24 HGB durch den Grundsatz der Firmenkontinuität insoweit verdrängt, als die Fortführung der Firma gestattet sei, auch wenn dadurch der Firmenwortlaut mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht mehr übereinstimme. Die Aufrechterhaltung der Firma solle verhindern, dass der in der Firma steckende Wert vernichtet und den Kunden das Erkennen des Unternehmens erschwert werde. Das Recht, die übernommene Firma unverändert und ohne Beifügung eines Nachfolgezusatzes fortzuführen, finde jedoch seine Grenze im Täuschungsverbot des auch auf Gesellschaften anzuwendenden § 18 Abs 2 HGB.
Gemäß § 18 Abs 2 erster Satz HGB darf der Firma kein Zusatz beigefügt werden, der ein Gesellschaftsverhältnis andeutet oder sonst geeignet ist, eine Täuschung über die Art oder den Umfang des Geschäfts oder die Verhältnisse des Geschäftsinhabers herbeizuführen. Bei der Beurteilung der Frage, ob der Firmenkern oder ein Firmenzusatz zur Täuschung über die Verhältnisse des Geschäftsinhabers oder über Art oder Umfang des Geschäftes geeignet ist, ist der gleiche Prüfungsmaßstab wie bei § 2 UWG anzulegen (ÖBl 1986, 126; WBl 1991, 30; 4 Ob 75/93 = ÖBl 1993, 241 ua; RIS-Justiz RS0061263; Schuhmacher aaO § 18 HGB Rz 7 f). Das Täuschungsverbot gilt nach Lehre und Rspr nicht nur in Bezug auf Zusätze, sondern auch für den Firmenkern (6 Ob 25/95 = JBl 1996, 461 mwN). Es widerstreitet dem Grundgedanken des § 18 Abs 2 HGB, wenn bei einem nicht unbeträchtlichen Teil der durch die Firma angesprochenen Verkehrskreise eine unrichtige Vorstellung über das Unternehmen erweckt werden kann, die für die Art oder den Umfang des Geschäftes oder für die Verhältnisse der Gesellschaft als Geschäftsinhaberin von Einfluss sind. Gleichgültig ist es, ob Irreführungen tatsächlich vorkommen oder beabsichtigt sind (Fromherz in Jabornegg, HGB, § 18 HGB Rz 8 mwN).
Kapitalgesellschaften müssen gemäß § 4 Abs 2 AktG und § 5 Abs 2 GmbHG der übernommenen Firma den Zusatz "Aktiengesellschaft" bzw "GmbH" beifügen. Bei der abgeleiteten Firma einer Gesellschaft mbH & Co im engeren Sinn (GmbH ist der einzige Komplementär) vertritt der Oberste Gerichtshof nunmehr die Auffassung, dass eine Einschränkung des Prinzips der Firmenkontinuität (§§ 22 und 24 HGB) durch die analoge Anwendung des § 5 Abs 2 GmbHG geboten sei, somit die Kommanditgesellschaft der übernommenen Firma den Zusatz GmbH & Co KG beizufügen habe, damit offengelegt werde, einziger Komplementär sei eine Gesellschaft mbH, also deswegen eine Haftungsbeschränkung vorliege (SZ 51/40, SZ 60/5, SZ 70/29 zu § 22 HGB, alle mwN; RIS-Justiz RS0049246; Schuhmacher aaO § 22 HGB Rz 16 mwN aus Lehre und Rechtsprechung). Diese Auffassung kann auch für die KEG fruchtbar gemacht werden.
Bei der Kommandit-Erwerbsgesellschaft mit einem Komplementär und einem Kommanditisten und einer nach § 24 HGB fortgeführten Firma reicht der - geänderte - Gesellschaftsformzusatz "KEG" aus, um die Täuschungseignung zu verneinen und hinreichend deutlich zum Ausdruck zu bringen, dass die Gesellschaft allenfalls nur über einen Komplementär verfügt. Die Vorschrift des § 19 Abs 4 HGB über die neue Firma wird somit insofern durch die Regelung des § 24 HGB für die abgeleitete Firma verdrängt. Liegen demnach die Voraussetzungen des § 24 HGB vor, wird bereits durch den Gesellschaftsformzusatz "KEG" eine Täuschungseignung der abgeleiteten Firma beseitigt.
Da § 24 Abs 1 HGB bei Eintritt und Ausscheiden von Gesellschaftern die Fortführung der bisherigen Firma ausdrücklich gestattet, kann das interessierte Publikum aus dem Firmenwortlaut die Gesellschafterzusammensetzung ohnehin nicht erkennen und muss bei Interesse jedenfalls im Firmenbuch nachsehen. Aus der Anzahl der in der Firma aufscheinenden Gesellschafter ergibt sich demnach keine bessere als die tatsächlich bestehende Haftungssituation (vgl Fromherz in Jabornegg, HGB, § 24 HGB Rz 22). Es besteht auch kein Bedürfnis des Publikums, bereits aus dem Firmenwortlaut zu erkennen, ob es sich um eine neue oder eine abgeleitete Firma handelt (vgl SZ 60/5).
Der begehrten Änderung des Firmenwortlautes steht somit im Gegensatz zur Ansicht der Vorinstanzen kein Hindernis im Wege. Dem Rechtsmittel ist Folge zu geben.