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OGH vom 19.10.2016, 1Ob175/16s

OGH vom 19.10.2016, 1Ob175/16s

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ. Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer Zeni Rennhofer als weitere Richter in der beim Landesgericht Steyr zu AZ 4 Cg 30/16v anhängigen Rechtssache der klagenden Partei V***** P*****, gegen die beklagte Partei Republik Österreich (Bund), wegen 30.000 EUR sA, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Der Kläger brachte beim Landesgericht Steyr eine Amtshaftungsklage ein und begehrte gleichzeitig die Bewilligung der Verfahrenshilfe, wobei er seine Ersatzansprüche erkennbar aus einem vor dem Landesgericht Feldkirch geführten Strafverfahren und aus drei vor dem Landesgericht Steyr geführten Verfahren über die bedingte Entlassung ableitet.

Das Landesgericht Steyr legte diesen Akt dem Oberlandesgericht Linz mit dem Ersuchen um Delegierung gemäß § 9 Abs 4 AHG vor, das sich zunächst für eine Delegierungsentscheidung nach dieser Gesetzesstelle für nicht zuständig erachtete und den Akt an den Obersten Gerichtshof herantrug.

Nach Zurückstellung des Akts an das Oberlandesgericht Linz mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom , AZ 1 Nc 12/16d, bestimmte dieses das Landesgericht Linz zur Verhandlung und Entscheidung in der Rechtssache als zuständig, soweit der Kläger Amtshaftungsansprüche aus den vor dem Landesgericht Steyr anhängig gewesenen Verfahren über die bedingte Entlassung ableitet.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diese Delegierung richtet sich der Rekurs des Klägers, der zulässig (RIS Justiz RS0105630; 1 Ob 152/14f), aber nicht berechtigt ist.

1. Der anwaltlichen Fertigung bedurfte das Rechtsmittel zufolge § 72 Abs 3 erster Satz ZPO nicht. Um „zumindest praktische, wenn nicht gar logische Friktionen auszuschließen“, ist in Verfahrenshilfefragen keinerlei Anwaltspflicht vorgesehen ( Fucik in Rechberger 4 § 72 ZPO Rz 3). Auch die nach § 9 Abs 4 AHG zu lösende Frage, welches Gericht zur Bewilligung oder Versagung der Verfahrenshilfe (und allenfalls zu einem weiteren Amtshaftungsverfahren) zu bestimmen ist, zählt zu den von der Anwaltspflicht befreiten „Verfahrenshilfefragen“ (1 Ob 95/03g mwN; 1 Ob 19/16z; RIS Justiz RS0111570). Da die Zuständigkeitsbestimmung durch das Oberlandesgericht auch die noch offene Entscheidung über die Bewilligung oder Versagung der Verfahrenshilfe umfasste, kann hier nichts anderes gelten.

2. Nach § 9 Abs 4 AHG hat das übergeordnete Gericht ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache zu bestimmen, wenn der Ersatzanspruch aus einer Verfügung des Präsidenten eines Gerichtshofs erster Instanz oder eines Oberlandesgerichts oder aus einem kollegialen Beschluss eines dieser Gerichte, die nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes unmittelbar oder im Instanzenzug zuständig wären, abgeleitet wird.

3.1 Im vorliegenden Fall leitet der Kläger seine Ersatzansprüche – soweit im Rekursverfahren von Relevanz – aus Verfahren vor dem Landesgericht Steyr ab, dem er zum Teil ein Unterbleiben von Entscheidungen vorwirft.

3.2 Der Oberste Gerichtshof hat zu dem auch hier zu beurteilenden verfahrenseinleitenden Schriftsatz des Antragstellers bereits in der Entscheidung 1 Nc 12/16d ausgeführt, dass der Antragsteller seine Ersatzansprüche nicht aus einem Verhalten von Organen des Oberlandesgerichts Linz ableitet. Soweit seine Amtshaftungsansprüche vom Delegierungsbeschluss dieses Gerichtshofs erfasst sind, beruft er sich auch nicht auf ein Fehlverhalten eines Organs des Landesgerichts Linz, sodass die vom Oberlandesgericht Linz vorgenommene Delegierung der Rechtslage entspricht.

3.3 Mit seiner im Rekurs aufgestellten Behauptung „alle eingeklagten Verbrechen [hätten] im Zuständigkeitsbereich von LG und OLG Linz [stattgefunden]“ verstößt der Kläger gegen das im Rekursverfahren herrschende Neuerungsverbot (RIS Justiz RS0108589). Auch daraus ergeben sich keine Hinweise, die vom Kläger behaupteten Ansprüche, soweit sie von der Delegierung erfasst sind, wären auf das Verhalten eines Organs des Landesgerichts oder Oberlandesgerichts Linz zurückzuführen.

3.4 Zur Entscheidung über die vom Antragsteller nunmehr in seinem Rekurs behauptete Befangenheit eines namentlich genannten Richters des Landesgerichts Linz bzw die darin enthaltene pauschale Ablehnung offensichtlich aller Richter dieses Landesgerichts (vgl dazu RIS Justiz RS0046005 [T10, T 21]) ist der Oberste Gerichtshof aus Anlass des vorgelegten Rekurses zufolge § 23 JN nicht berufen.

4. Dem Rekurs ist damit ein Erfolg zu versagen.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2016:0010OB00175.16S.1019.000

Fundstelle(n):
HAAAD-42707