OGH vom 17.12.1996, 4Ob2359/96g
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes HonProf. Dr. Gamerith als Vorsitzenden, durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek und Dr. Niederreiter sowie durch die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse, *****, vertreten durch Dr. Gustav Teicht und Dr. Gerhard Jöchl, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei H***** P*****, Transportunternehmer, *****, *****, vertreten durch Dr. Dietrich Clementschitsch und andere Rechtsanwälte in Villach, wegen S 81.403,28 sA, infolge Revisionsrekurses der Klägerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgericht vom , GZ 3 R 220/96d-11, mit dem der Beschluß des Bezirksgerichtes Spittal/Drau vom , GZ 3 C 548/96z-4, bestätigt wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit S 6.086,40 bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung (darin S 1.014,40 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
Die Klägerin begehrt S 81.403,28 sA. Ihr seien im Verfahren 34 Cga 143/94v des Landesgerichtes Klagenfurt Prozeßkosten in dieser Höhe erwachsen, weil der Beklagte unrichtige Meldungen erstattet habe.
Der Beklagte wendet ein, daß das angerufene Gericht unzuständig sei. Seit der ASGG-Novelle 1994 BGBl 1994/314 hätten auch Streitigkeiten zwischen der Urlaubs- und Abfertigungskasse und Arbeitgebern als Arbeitsrechtssachen zu gelten.
Das Erstgericht wies die Klage wegen sachlicher Unzuständigkeit zurück.
Gemäß § 50 Abs 1 Z 5a ASGG idF BGBl 1994/314 seien auch Streitigkeiten zwischen der Urlaubs- und Abfertigungskasse und Arbeitgebern Arbeitsrechtssachen.
Das Rekursgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes. Es sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.
Schadenersatzansprüche der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse gegenüber Arbeitgebern würden zwar vom Gesetz nicht ausdrücklich als Arbeitsrechtssachen bezeichnet; sie seien aber unter die in § 50 Abs 1 Z 5 ASGG genannten Ansprüche zu subsumieren; andernfalls wäre diese Bestimmung analog anzuwenden. Die Aufzählung in § 50 ASGG sei nicht taxativ, sondern demonstrativ.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diese Entscheidung gerichtete Revisionsrekurs der Klägerin ist nicht berechtigt.
Die Klägerin verweist darauf, daß § 50 Abs 1 Z 5 ASGG Ansprüche nach dem Bauarbeiter-Urlaubsgesetz 1972 (nunmehr Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz) betrifft, § 50 Abs 1 Z 5a Ansprüche nach dem Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsgesetz. Ansprüche auf Schadenersatz zwischen der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse und Arbeitgebern oder Arbeitnehmern seien zumindest vom Wortlaut her nicht erfaßt. Eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes liege nicht vor. Während § 50 Abs 1 Z 1 ASGG weit formuliert sei und damit auch Schadenersatzansprüche umfasse, sei in § 50 Abs 1 Z 5 und § 50 Abs 1 Z 5a ASGG bewußt eine andere Abgrenzung vorgenommen worden.
Gemäß § 1 ASGG ist das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz auf Arbeitsrechtssachen nach § 50 ASGG und auf Sozialrechtssachen nach § 65 ASGG anzuwenden, soweit nichts anderes angeordnet ist. Zuständig zur Entscheidung in Arbeits- und Sozialrechtssachen sind in erster Instanz die Landesgerichte; in Wien das Arbeits- und Sozialgericht Wien (§ 3 ASGG). Arbeitsrechtssachen sind bürgerliche Rechtsstreitigkeiten (ua) über Ansprüche nach dem Bauarbeiter-Urlaubsgesetz 1972, BGBl Nr. 414, zwischen der Urlaubskasse und Arbeitgebern oder Arbeitnehmern mit Ausnahme des im § 25 des Bauarbeiter-Urlaubsgesetzes 1972 geregelten Verfahrens (§ 50 Abs 1 Z 5 ASGG) und über Ansprüche nach dem Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsgesetz, BGBl Nr. 129/1957, in der jeweils geltenden Fassung, zwischen der Urlaubs- und Abfertigungskasse und Arbeitgebern (§ 50 Abs 1 Z 5a ASGG). Schadenersatzansprüche wegen unrichtiger Meldungen nach dem Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz - BUAG, BGBl 1972/414 idF BGBl 1987/618, sind im Gesetz nicht ausdrücklich genannt.
Unter den in § 50 Abs 1 Z 5 ASGG genannten "Ansprüchen nach dem Bauarbeiter-Urlaubsgesetz 1972" können jedoch nicht nur Ansprüche verstanden werden, die das Gesetz ausdrücklich einräumt. Auch Ansprüche, deren Berechtigung (auch) nach diesem Gesetz zu prüfen ist, sind einzubeziehen, weil insoweit die gleichen Gründe für die Zuständigkeit der Arbeits- und Sozialgerichte sprechen, die den Gesetzgeber bewogen haben, die Ansprüche nach dem Bauarbeiter-Urlaubsgesetz 1972 den Arbeits- und Sozialgerichten zuzuweisen. Unter "Ansprüche nach dem Bauarbeiter-Urlaubsgesetz 1972" sind daher auch Schadenersatzansprüche zu verstehen, die aus Verstößen gegen dieses Gesetz abgeleitet werden; unter "Bauarbeiter-Urlaubsgesetz 1972, BGBl Nr. 414," ist die jeweils geltende Fassung dieses Gesetzes zu verstehen, das ist derzeit das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz - BUAG, das - abgesehen von späteren Änderungen (zuletzt BGBl 1995/832) - durch die Novelle BGBl 1987/618 den erwähnten Titel "Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz - BUAG" statt bisher "Bauarbeiter-Urlaubsgesetz 1972" erhalten hat (Fink, Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz ASGG, 128; s auch 8 ObA 307, 308/95; diese Entscheidung betrifft Ansprüche nach dem BUAG, über die im Verfahren in Arbeits- und Sozialrechtssachen entschieden wurde; s auch SZ 63/17, wonach der Arbeitnehmer die Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse [BUAK] vor dem Arbeits- und Sozialgericht klagen muß).
Der Revisionsrekurs mußte daher erfolglos bleiben.