OGH vom 18.12.2014, 2Ob1/14g
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Hofrätin Dr. E. Solé als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Veith, Dr. Schwarzenbacher, Dr. Nowotny und Dr. Rassi als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei DI F***** L*****, vertreten durch Dr. Gunther Huber, Rechtsanwalt in Traun, gegen die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, wegen Feststellung und Einwilligung in die Verbücherung eines Wegerechts (Streitinteresse: 20.000 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom , GZ 1 R 163/13s 32, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Linz vom , GZ 4 Cg 174/11t 27, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Der Kläger ist Eigentümer der in Oberösterreich gelegenen Liegenschaft EZ ***** des Grundbuchs *****, zu der die Waldgrundstücke 916/1, 916/2 und 916/3 gehören. Die beklagte Partei ist Eigentümerin der Liegenschaft EZ ***** des Grundbuchs ***** (ua) mit dem Grundstück 3269/4, auf dem sich ein Teil der Mühlkreisautobahn A7 befindet.
Östlich von der Autobahntrasse verläuft parallel zu dieser auf dem Grundstück der beklagten Partei ein ca 75 m langer und 3 m breiter, befestigter und mit Gras bewachsener Weg. Dieser führt in nördlicher Richtung zu einem Hochwasserdamm, südlich zu einem Mühlbach. Vor diesem Mühlbach zweigt ein Fußweg ab, der unter der A7 hindurch zu einer kleinen Brücke führt. Auch kurz vor dem nördlich errichteten Hochwasserdamm gibt es einen Durchgang, der es ermöglicht, unter der A7 hindurch zu gelangen. Links (westlich) des beschriebenen, parallel zur A7 verlaufenden Wegs sind bis unter die A7 Röhren für den Hochwasserdurchlauf verlegt. Der Weg ist über eine Landesstraße erreichbar. Er ist nur bis unter die „Brücke der A7“ über den Mühlbach befahrbar. Der Weg bildet die einzige direkte Zufahrtsmöglichkeit zu dieser Brücke und ist als solche für die Überprüfung und Wartung der Brückenlager, aber auch für die Zufahrt in Katastrophenfällen unabdingbar. Kontrollen der Brückenlager werden drei bis viermal jährlich durchgeführt. Auch für Rodungen auf der zwischen der Autobahntrasse und dem Weg befindlichen Böschung und die Wartung der Hochwasserablaufrinnen ist die Benützung des Wegs erforderlich.
Mit dem zwischen der beklagten Partei und der ASFINAG Autobahnen und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft (in der Folge: ASFINAG) abgeschlossenen Fruchtgenussvertrag vom 23. 6./ übertrug der Bund mit Wirkung vom an die ASFINAG das Recht der Fruchtnießung (§§ 509 ff ABGB) an den im Bundesstraßengesetz (BStG) 1971 definierten Straßenzügen einschließlich der Brücken, Tunnels und Gebirgspässe, soweit für deren Benützung eine Maut oder Benützungsgebühr einzuheben ist. Alle diese Strecken sind in einer Beilage zu dem Vertrag angeführt. In räumlicher Hinsicht bezieht sich das Recht der Fruchtnießung auf alle Grundflächen und baulichen Anlagen samt Zubehör und Einrichtungen, die gemäß § 3 BStG 1971 Bestandteil dieser Bundesstraßen sind.
Die Waldgrundstücke des Klägers grenzen nicht direkt an den gegenständlichen Weg an, sie liegen etwa 50 m östlich davon. Dazwischen liegt ein Feld, das einem Dritten gehört. Der Weg entstand im Zuge des Baues des früheren Autobahnzubringers (nunmehr A7), der die Grundstücke der Familien des Klägers und des Dritten durchschnitt. Der Kläger befuhr den Weg schon als Kind mit seinen Eltern (1965). Er stellt die einzige Zufahrtsmöglichkeit zu den Waldgrundstücken 916/1 bis 3 dar und wird vom Kläger ca drei bis viermal jährlich zur Kontrolle des Waldbestands, insbesondere nach Hochwasser, benützt. Alle 10 bis 15 Jahre wird der vorwiegend aus Eschen und Weiden bestehende Auwaldbestand gerodet und als Brennholz verwendet. Diese Tätigkeiten führt der Dritte (bzw dessen Sohn) für den Kläger durch. Der Dritte verwendet den Weg auch als Zufahrt zu seinen eigenen landwirtschaftlich genutzten Liegenschaften, ua zu dem an den Weg angrenzenden Feld. Er befährt den Weg mit dem Mähdrescher und dem Traktor samt Rückewagen, womit das geschlägerte Holz abtransportiert werden kann. Ansonsten wird der Weg von Radfahrern, Läufern und Spaziergängern benützt. Ob er außer vom Kläger, dem Dritten und den Leuten der ASFINAG mit Fahrzeugen befahren wird, konnte nicht festgestellt werden.
Der Kläger begehrte zuletzt 1. festzustellen, dass ihm und allen künftigen Eigentümern der in der EZ ***** des Grundbuchs ***** vorgetragenen herrschenden Grundstücke 916/1, 916/2 und 916/3 gegenüber der beklagten Partei und allen künftigen Eigentümern des in der EZ ***** des Grundbuchs ***** vorgetragenen dienenden Grundstücks 3269/4 die Dienstbarkeit des Geh und Fahrrechts zur notwendigen regelmäßigen Bewirtschaftung der herrschenden Grundstücke als Zugangs- und Zufahrtsweg zukomme, wobei diese Dienstbarkeit auf den (näher beschriebenen) Bringungsweg im südöstlichen Bereich des Grundstücks räumlich beschränkt sei, und 2. die beklagte Partei zur Einwilligung in die grundbücherliche Einverleibung der in Punkt 1. bezeichneten Dienstbarkeit zu verpflichten. Er brachte vor, er bzw seine Rechtsvorgänger hätten den Weg seit zumindest 1945 zur notwendigen regelmäßigen Bewirtschaftung der Waldgrundstücke als Zugangs- und Zufahrtsweg benützt und dadurch ein Wegerecht ersessen. Die Ersitzung sei bei Begründung des Fruchtgenussrechts längst vollendet gewesen.
Die beklagte Partei bestritt die behauptete Ersitzung, zumal der Weg erst seit Ende der 1990er Jahre bestehe. Ferner wandte sie ein, dass sie mit der Fruchtnießerin ihres Grundstücks eine notwendige Streitgenossenschaft bilde, weshalb das Klagebegehren schon mangels Beteiligung der ASFINAG am gegenständlichen Rechtsstreit abzuweisen sei.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren auch im zweiten Rechtsgang ab.
Es ging im Wesentlichen vom eingangs wiedergegebenen Sachverhalt aus und stellte noch fest, dass „eine offensichtliche Benutzung des Weges durch die landwirtschaftlichen Tätigkeiten“ des Dritten nicht ersichtlich sei und die Vertreter der ASFINAG bei ihren Fahrten bisher weder mit dem Kläger noch dem Dritten zusammengetroffen seien.
In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Ansicht, das Fruchtgenussrecht der ASFINAG erstrecke sich auch auf den strittigen Weg, der die einzige Zufahrtsmöglichkeit zur „Brücke der A7“ über den Mühlbach darstelle. Die Zufahrten seien erforderlich, um die Brückenlager warten und den Zustand der Brücke kontrollieren zu können. Der Weg sei daher Bestandteil einer Bundesstraße iSd § 3 BStG. Allerdings bildeten der Eigentümer und der Fruchtnießer eines Grundstücks bei einer Klage auf Feststellung und Einverleibung eines Geh und Fahrrechts gemäß § 523 ABGB eine notwendige Streitgenossenschaft. Das Klagebegehren sei daher abzuweisen, weil es nicht auch gegen die ASFINAG gerichtet sei.
Im Übrigen sei der Weg gar nicht ersitzungsfähig, diene er doch als Bestandteil einer Bundesstraße dem Gemeingebrauch. Dienstbarkeiten könnten nur ersessen werden, wenn für den Eigentümer erkennbar ein vom Gemeingebrauch verschiedenes Recht in Anspruch genommen werde. Für die beklagte Partei sei die Nutzung des Wegs durch den Kläger für drei bis viermal jährlich stattfindende Kontrollfahrten und die alle 10 bis 15 Jahre notwendige Entfernung gerodeten Brennholzes nicht erkennbar gewesen. Es sei daher davon auszugehen, dass der Kläger den öffentlichen Weg nur im Rahmen des Gemeingebrauchs benütze, weswegen die Ersitzung einer Wegdienstbarkeit ausgeschlossen sei.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgenstands 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei.
Rechtlich erörterte es, der Weg sei gemäß § 3 BStG zur Wartung und Kontrolle der A7 erforderlich und vom Fruchtgenussrecht der ASFINAG umfasst. Diese sei daher auch hinsichtlich des Wegs zur Ausübung der Nutzungs- und Verwaltungsbefugnisse berechtigt und wäre zur Erhebung einer Klage auf Feststellung, dass das vom Kläger behauptete Geh und Fahrrecht über das Grundstück zu Gunsten der in seinem Eigentum stehenden Waldgrundstücke nicht bestehe, legitimiert. Es sei nach den Feststellungen nicht zu bezweifeln, dass das Geh und Fahrrecht zu Nutzungsüberschneidungen führen könne, die Ausübung des Fruchtgenusses beschränke und den Fruchtgenuss entwerte. Immer dann, wenn der Kläger den Weg zum Zweck der Kontrolle seiner Waldgrundstücke befahre oder der Weg im Zusammenhang mit der Rodung des Auwaldbestands benützt werde, stehe er der ASFINAG zur Überprüfung und Wartung der Brückenlager sowie im Katastrophenfall nicht zur Verfügung. Das Klagebegehren enthalte keine Beschränkungen des festzustellenden Geh und Fahrrechts, welche diese Kollisionsmöglichkeiten verhindern oder beseitigen könnten.
Die vom Kläger angestrebte Feststellung und das damit zulässigerweise verbundene Begehren auf Einwilligung in die Einverleibung des behaupteten Geh und Fahrrechts an dem mit einem Fruchtgenuss zu Gunsten der ASFINAG belasteten Grundstück der beklagten Partei könnte daher zu miteinander unvereinbaren Rechtspositionen am selben Grundstück führen. Würden im gegenständlichen Rechtsstreit über die actio confessoria des Klägers und in einem Rechtsstreit über eine actio negatoria der ASFINAG verschiedene Entscheidungen zur Frage ergehen, ob der Kläger und seine Rechtsvorgänger im Eigentum der Waldgrundstücke ein Geh und Fahrrecht über das Grundstück der beklagten Partei ersessen haben, hätte dies jene „unlösbaren Verwicklungen“ zur Folge, deretwegen nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs eine Klage auf Feststellung und Einverleibung einer Dienstbarkeit gegen alle Miteigentümer des angeblich dienenden Grundstücks zu richten sei. Da das Fruchtgenussrecht seinem Inhaber eine ähnliche Stellung zur Sache und das Recht zur actio negatoria gebe, wie sie der Eigentümer habe, könne auch der Anspruch des Klägers auf Feststellung und Einverleibung des behaupteten Geh und Fahrrechts nur gegen die beklagte Partei als Eigentümerin und die ASFINAG als Fruchtnießerin gemeinsam durchgesetzt werden.
Entgegen der Ansicht des Klägers bestehe die Gefahr unlösbarer Verwicklungen durch verschiedene Entscheidungen wegen Nichterfassung der Fruchtnießerin auch dann, wenn das behauptete Geh und Fahrrecht im Zeitpunkt der Begründung des Fruchtgenussrechts der ASFINAG bereits ersessen, der Rechtserwerb also bereits abgeschlossen gewesen sein sollte. Entscheidend sei, dass das Fruchtgenussrecht im Zeitpunkt der Klagseinbringung bestanden habe. Das Berufungsgericht teile daher die Ansicht des Erstgerichts, dass die beklagte Partei als Eigentümerin und die ASFINAG als Fruchtnießerin des Weges für die Klage auf Feststellung und Einverleibung eines Geh und Fahrrechts gemäß § 523 ABGB eine notwendige Streitgenossenschaft iSd § 14 ZPO bildeten und zwar unabhängig davon, ob der Rechtserwerb durch Ersitzung im Zeitpunkt der Begründung des Fruchtgenussrechts bereits abgeschlossen gewesen sei. Der vom Kläger vermissten Feststellungen zur Ersitzungszeit vor 1965 bedürfe es nicht. Das nur gegen die beklagte Partei gerichtete Klagebegehren scheitere schon an deren fehlenden Passivlegitimation, sodass eine Auseinandersetzung mit den Fragen des Gemeingebrauchs und einer davon allenfalls abweichenden Nutzung durch den Kläger bzw seine Rechtsvorgänger nicht erforderlich sei.
Die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der ordentlichen Revision lägen vor, weil Rechtsprechung zu der über den Einzelfall hinaus bedeutsamen Rechtsfrage fehle, ob der Eigentümer und der Fruchtnießer einer Liegenschaft hinsichtlich der Servitutenklage ( actio confessoria ) notwendige passive Streitgenossen iSd § 14 ZPO seien.
Gegen diese Berufungsentscheidung richtet sich die Revision des Klägers mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, das Rechtsmittel zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, weil es einer Klarstellung der Rechtslage durch den Obersten Gerichtshof bedarf. Sie ist im Sinne des Aufhebungsantrags auch berechtigt.
Der Kläger macht geltend, der Fruchtnießerin hätten bei Begründung des Fruchtgenussrechts nur Nutzungs- und Verwaltungsbefugnisse in jenem Umfang eingeräumt werden können, in welchem sie der Eigentümerin selbst zugestanden wären. Durch ein früher begründetes Wegerecht hätten die Befugnisse der Fruchtnießerin daher nicht beeinträchtigt werden können, unlösbare Verwicklungen könnten nicht entstehen. Im Übrigen sei unerfindlich, weshalb eine nur drei bis viermal jährlich mögliche gleichzeitige Benützung des nur 75 m langen Weges durch die ASFINAG und den Kläger mit dem Fruchtgenussrecht kollidieren sollte. Es wäre festzustellen gewesen, dass der Kläger das beanspruchte Wegerecht bereits vor dem durch Ausübung außerhalb des jedermann zustehenden Gemeingebrauchs ersessen gehabt habe.
Hiezu wurde erwogen:
1. Das unter die persönlichen Dienstbarkeiten eingeordnete Fruchtgenussrecht (§ 509 ABGB) ist das dingliche Recht des Fruchtnießers auf volle Nutzung einer fremden Sache unter Schonung der Substanz. Es entsteht an Liegenschaften (erst) durch die Verbücherung (5 Ob 157/13v mwN; RIS Justiz RS0088537). Ist der übereinstimmende Parteiwille nicht auf einen solchen Fruchtgenuss gerichtet, kann nur ein inhaltlich ähnliches obligatorisches Recht entstehen, das nur die Vertragsteile bindet (3 Ob 208/10z mwN; RIS Justiz RS0011668). Eine Durchbrechung des Eintragungsgrundsatzes besteht an sich nur bei offenkundigen Dienstbarkeiten, die ihrer Natur nach Grunddienstbarkeiten sind, nicht aber bei persönlichen Dienstbarkeiten, wie zB dem Recht des Fruchtgenusses (3 Ob 208/10z mwN).
2. Mit dem Infrastrukturfinanzierungs-gesetz 1997, BGBl I 1997/113, wurde ua das sog ASFINAG-Ermächtigungsgesetz erlassen. Nach dessen § 2 Abs 1 hat der Bundesminister für Finanzen der ASFINAG das Recht der Fruchtnießung (§§ 509 ff ABGB) an allen Bestandteilen (§ 3 BStG 1971) bestehender und künftig zu errichtender Bundesstraßen gemäß §§ 1 und 7 Abs 1 Bundesstraßenfinanzierungsgesetz (BStFG) 1996 zu übertragen. § 3 ASFINAG ErmächtigungsG bestimmt, dass das Recht der Fruchtnießung von der ASFINAG durch Unterfertigung des Fruchtgenussvertrags mit Wirksamkeit erworben wird, wobei § 481 ABGB keine Anwendung findet.
Die Begründung des Fruchtgenussrechts der ASFINAG bedurfte demnach eines noch abzuschließenden Titelgeschäfts, nicht aber des sonst erforderlichen Modus der Einverleibung im Grundbuch ( M. Gruber , Überlegungen zum Fruchtgenussrecht der ASFINAG an Autobahnen, bbl 2002, 9). Insoweit liegt beim Fruchtgenussrecht der ASFINAG eine vom Regelfall abweichende, gesetzlich angeordnete Durchbrechung des Eintragungsgrundsatzes vor. Dass das Fruchtgenussrecht ungeachtet seiner fehlenden Verbücherung dingliche Wirkung entfaltet, ist schon durch den in § 2 Abs 1 ASFINAG ErmächtigungsG enthaltenen Verweis auf die §§ 509 ff ABGB klargestellt.
3. Zwischen den Parteien ist unstrittig, dass durch den Abschluss des Fruchtgenussvertrags der ASFINAG mit Wirkung vom der Fruchtgenuss auch an dem gegenständlichen Grundstück der beklagten Partei mit dem Autobahnteilstück der A7 übertragen wurde. Ebenso ist im Revisionsverfahren nicht mehr strittig, dass das Fruchtgenussrecht der ASFINAG den auf dem Grundstück parallel zur Autobahn verlaufenden Weg als Bestandteil einer Bundesstraße iSd § 3 BStG 1971 umfasst. Dieser Weg dient der ASFINAG zur „Erhaltung und Beaufsichtigung“ der dienstbaren Sache, wozu der Fruchtnießer nach § 513 ABGB verbunden ist.
4. Während der Dauer des Fruchtgenussrechts stehen dem Fruchtnießer als Rechtsbesitzer alle Nutzungs- und Verwaltungsbefugnisse zu, sodass der Eigentümer von der Nutzung und Verwaltung ausgeschlossen ist (1 Ob 11/08m; 2 Ob 161/09d; RIS Justiz RS0011877). Gegen jeden Störer steht dem Fruchtnießer die Klage nach § 523 zweiter Fall ABGB ( actio negatoria ) auf Unterlassung von Eingriffen zu. Nur der Fruchtnießer, nicht auch der Eigentümer ist zur Abwehr von das Fruchtgenussrecht beeinträchtigenden Angriffen während der Dauer des Fruchtgenusses berechtigt (2 Ob 161/09d mwN; RIS Justiz RS0011870; Hofmann in Rummel , ABGB³ § 509 Rz 3). Dem Eigentümer bleiben hingegen alle Befugnisse, deren Ausübung das Recht des Fruchtnießers nicht beeinträchtigt, so etwa die Veräußerung oder weitere Belastung der Sache oder die Klage auf Feststellung einer Dienstbarkeit (vgl 6 Ob 140/05i; 2 Ob 161/09d mwN; Koch in KBB 4 § 509 Rz 4; Hofmann aaO § 509 Rz 3).
5. Das Klagebegehren der Klage nach § 523 erster Fall ABGB (Servitutenklage; actio confessoria ) kann auf Feststellung einer bestrittenen Dienstbarkeit gerichtet sein, ohne dass die sonst für Feststellungsklagen erforderlichen Voraussetzungen (§ 228 ZPO) vorliegen müssen (1 Ob 230/03k; 9 Ob 117/06f; 7 Ob 108/07v; RIS Justiz RS0011506, RS0012120; Koch aaO § 523 Rz 3). Damit kann ein Begehren auf Einverleibung der Dienstbarkeit verknüpft werden (1 Ob 230/03k; 6 Ob 140/05i; 7 Ob 108/07v mwN; RIS Justiz RS0012121, RS0118963). Als Feststellungsklage und als Klage auf Einverleibung kann die konfessorische Klage nach herrschender Rechtsprechung nur gegen den Eigentümer des angeblich dienstbaren Grundstücks, nicht aber auch gegen Dritte, demnach auch nicht gegen andere Dienstbarkeitsberechtigte, gerichtet werden (vgl 6 Ob 33/66 SZ 39/21; 1 Ob 2003/96g; 1 Ob 191/09h [Vor und Nacherbe]; 1 Ob 7/13f; RIS Justiz RS0012094, RS0106908). Sind mehrere Miteigentümer des herrschenden oder dienenden Guts vorhanden, muss die Feststellungsklage von allen Miteigentümern erhoben werden und/oder gegen alle Miteigentümer gerichtet sein; diese bilden jeweils eine notwendige Streitgenossenschaft und somit auch eine einheitliche Streitpartei (vgl 7 Ob 175/13f; RIS Justiz RS0012106, RS0101793; Koch aaO § 523 Rz 5; Spath in Schwimann , ABGB 4 II § 523 Rz 4).
Wird die Feststellung einer Dienstbarkeit gegenüber einem Dritten , also etwa einem anderen Dienstbarkeitsberechtigten begehrt, dann muss das rechtliche Interesse nach § 228 ZPO behauptet und nachgewiesen werden (SZ 39/21). In diesem Fall liegt kein konfessorisches Feststellungsbegehren nach § 523 erster Fall ABGB vor (SZ 39/21).
6. Im vorliegenden Fall begehrt der Kläger mit der von der beklagten Partei bestrittenen Behauptung, eine Grunddienstbarkeit ersessen zu haben, die Feststellung und die Einverleibung der Dienstbarkeit. Von der beklagten Partei wurde zu Recht nie in Frage gestellt, dass es sich dabei um ein konfessorisches Feststellungsbegehren handelt. Dieses kann, wie ausgeführt, nur gegen den Eigentümer des angeblich dienenden Guts gerichtet werden, was vorliegend auch geschehen ist. Das mit dem Feststellungsbegehren verbundene Begehren auf Einwilligung in die Einverleibung der Dienstbarkeit zielt auf eine dingliche Verfügung über die Sache, die auch nach Begründung eines Fruchtgenussrechts allein dem Eigentümer vorbehalten bleibt.
Der Fruchtnießer ist dagegen (nur) Dritter, gegen den ein Feststellungsbegehren nur bei Vorliegen eines Feststellungsinteresses iSd § 228 ZPO begehrt werden kann. Dieses kann, muss aber nicht zu bejahen sein. Abzustellen ist jeweils auf die Umstände des Einzelfalls.
7. Unter diesen Prämissen stellt sich nun die Frage, ob unter den hier maßgeblichen Umständen Eigentümer und Fruchtnießer als notwendige Streitgenossenschaft zu werten sind:
7.1 Das Vorliegen einer notwendigen Streitgenossenschaft wird nach ständiger Rechtsprechung dann bejaht, wenn wegen Nichterfassung aller Beteiligten die Gefahr „unlösbarer Verwicklungen“ durch divergierende Entscheidungen besteht. Sie ist daher dann gegeben, wenn die Gemeinschaftlichkeit der rechtserzeugenden Tatsachen zwangsläufig zu einer einheitlichen Entscheidung führen muss (2 Ob 89/13x mwN; RIS Justiz RS0035479). Es handelt sich um eine Frage der Sachlegitimation. Wird ein notwendiger Streitgenosse am Prozess nicht beteiligt, führt dies zur Abweisung des Klagebegehrens mangels Aktiv oder (hier) Passivlegitimation (vgl 1 Ob 191/09h mwN).
7.2 Der vorliegende Fall ist durch die Besonderheit gekennzeichnet, dass das Fruchtgenussrecht kraft gesetzlicher Anordnung nicht verbüchert ist. Dem Fruchtnießer, der an das Ergebnis des konfessorischen Rechtsstreits nicht gebunden ist, stünde es offen, die eingetragene Dienstbarkeit gegen sich gelten zu lassen oder den Dienstbarkeitsberechtigten mit der Behauptung des besseren Rangs als „Störer“ auf Unterlassung zu klagen. „Unlösbare Verwicklungen“ ergäben sich daraus nicht.
7.3 Aus diesen Erwägungen ist für die Beurteilung der Frage nach dem Vorliegen einer notwendigen Streitgenossenschaft auch die vom Kläger aufgeworfene Rangfrage nicht entscheidend. Diese und die sich daraus ergebenden Konsequenzen bedürfen jedenfalls unter den hier vorliegenden besonderen Umständen im Rechtsstreit über die gegen den Bund als Eigentümer des angeblich dienenden Gutes gerichtete konfessorische Feststellungsklage keiner weiteren Erörterung. Maßgeblich ist nur, ob der Kläger die behauptete Dienstbarkeit überhaupt ersessen hat.
7.4 Es muss hier daher auch nicht näher geprüft werden, ob nach den konkreten Verhältnissen die Ausübung der behaupteten Dienstbarkeit nicht ohnedies mit dem Fruchtgenussrecht der ASFINAG vereinbar wäre (vgl RIS Justiz RS0011728). Dies erscheint zumindest nicht gänzlich ausgeschlossen, wird doch der 75 m lange (angebliche) Servitutsweg nach den Feststellungen des Erstgerichts nur drei bis viermal jährlich für die Zufahrt zu den Waldgrundstücken des Klägers sowie alle 10 bis 15 Jahre zum Abtransport gerodeten Holzes benützt. Dass der Weg deshalb der ASFINAG für die ebenfalls nur drei bis viermal jährlich stattfindende Überprüfung und Wartung der Brückenlager sowie in Katastrophenfällen „nicht zur Verfügung“ stünde, wie das Berufungsgericht annahm, ist bei dieser Sachlage kaum vorstellbar.
8. Als Zwischenergebnis ist jedenfalls festzuhalten, dass entgegen der Auffassung der Vorinstanzen Fruchtnießer (ASFINAG) und Eigentümer (Bund) im Rechtsstreit über die konfessorische Feststellungsklage des Klägers keine notwendige Streitgenossenschaft bilden. Die beklagte Partei ist demnach für die vorliegende Klage allein passiv legitimiert.
9. Es bedarf daher der weiteren Prüfung, ob sich der Kläger zu Recht auf die Ersitzung der behaupteten Dienstbarkeit stützen kann:
9.1 Für die Ersitzung eines Rechts an einer fremden Sache, insbesondere einer Wegeservitut, ist grundsätzlich die Ausübung des Rechts im Wesentlichen gleichbleibend zu bestimmten Zwecken in bestimmtem Umfang erforderlich. Für den Eigentümer der belasteten Sache muss dabei erkennbar sein, dass der den Rechtsbesitz Behauptende die Benützung der fremden Sache so ausübt, als hätte er ein Recht. Die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs hat zu dieser Frage stets nur die (objektive) Erkennbarkeit gefordert, auf die positive Kenntnis des belasteten Eigentümers kommt es daher nicht an (vgl 7 Ob 637/94; 1 Ob 33/09y; 6 Ob 85/10h; 1 Ob 115/14i; 4 Ob 123/14p; RIS Justiz RS0009762, RS0010135, RS0033018). Die Regelmäßigkeit der Benützung und die Bedürfnisse für die Liegenschaft des Rechtsausübenden bilden wesentliche Anhaltspunkte für die Erkennbarkeit. Wege und Bringungsrechte sind als solche aufgrund der Bewirtschaftungsart leicht erkennbar, auch wenn sie nicht häufig, sondern nur wenige Male im Jahr ausgeübt werden. Es kann wegen des geringen Erfordernisses des herrschenden Guts auch selten ausgeübte Wegerechte geben (7 Ob 637/94; 1 Ob 33/09y).
9.2 Nach § 287 ABGB sind Sachen, welche dem Gemeingebrauch gewidmet sind, öffentliches Gut. Der Gemeingebrauch eines Weges schließt die Ersitzung einer Dienstbarkeit nicht aus (7 Ob 20/13m; vgl RIS Justiz RS0009757). Voraussetzung des Erwerbs eines Privatrechts durch Ersitzung an einem öffentlichen Weg ist, dass der Erwerber die Benützung in anderer Weise ausgeübt hat, als sie durch jedermann im Rahmen des Gemeingebrauchs ausgeübt werden konnte. Es muss also für den Eigentümer erkennbar sein, dass ein vom Gemeingebrauch verschiedenes Privatrecht in Anspruch genommen wird (vgl 4 Ob 21/10g; 7 Ob 20/13m; 5 Ob 30/14v; RIS Justiz RS0009785). Schließlich kann auch ein im Umfang des Gemeingebrauchs bereits enthaltenes Recht ersessen werden, wenn die Benützung mit dem Willen verknüpft ist, damit ein vom Recht der Allgemeinheit losgelöstes Recht in Anspruch zu nehmen und für den Ersitzungsgegner erkennbar ist, dass ein vom Gemeingebrauch unabhängiges Recht in Anspruch genommen wird (vgl 8 Ob 170/68 SZ 41/68; Stabentheiner in Fenyves/Kerschner/Vonkilch , Klang ³ § 287 Rz 12).
9.3 Der Gemeingebrauch an Bundesstraßen ist gesetzlich in § 28 BStG 1971 geregelt. Danach steht die Benützung der „unmittelbar dem Verkehr dienenden Flächen“ der Bundesstraßen jedermann im Rahmen der straßenpolizeilichen und kraftfahrrechtlichen Vorschriften offen.
§ 3 BStG 1971, der die Bestandteile der Bundesstraße regelt, unterscheidet ua zwischen den „unmittelbar dem Verkehr dienenden Flächen“ (Fahrbahnen, Gehsteige, Rad und Gehwege etc), baulichen Anlagen im Zuge einer Bundesstraße (Tunnels, Brücken, Durchlässe etc), und im Zuge einer Bundesstraße gelegene, der Erhaltung und der Beaufsichtigung der Bundesstraßen dienende bebaute und unbebaute Grundstücke. Wie in Punkt 3. bereits ausgeführt wurde, ist in dritter Instanz nicht mehr strittig, dass der gegenständliche Weg der Erhaltung und Beaufsichtigung des Autobahnteilstücks dient. Somit handelt es sich aber nicht um eine „unmittelbar dem Verkehr dienende Fläche“ iSd §§ 3, 28 BStG 1971, die kraft gesetzlicher Widmung dem Gemeingebrauch dient.
Dass sich ein solcher durch langjährige Übung im Sinne der Annahme des Erstgerichts entwickelt hätte (vgl Stabentheiner aaO § 287 Rz 4), geht aus den bisherigen Feststellungen ebenfalls nicht hervor. Danach wird der Weg zwar von Radfahrern, Läufern und Spaziergängern benützt. Ob er außer vom Kläger, dem weiteren Anrainer oder den Leuten der ASFINAG je mit (Kraft )Fahrzeugen befahren wurde, steht jedoch nicht fest. Dies wäre auch kaum zu erwarten, weil der Weg zwar über eine Landesstraße erreicht werden kann, auf dem Grundstück aber unter der „Brücke der A7“ endet. Zumindest nach seiner derzeitigen Anlage dient der Weg somit nur der Zufahrt zu dieser „Brücke“, nicht aber dem Durchzugsverkehr.
9.4 Es kann daher auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger den Weg nur im Rahmen des Gemeingebrauchs verwendet hat. Auf die Frage, ob jene Bundesstraßen, an denen der ASFINAG aufgrund des ASFINAG-ErmächtigungsG das Fruchtgenussrecht eingeräumt wurde, seit dem Gemeingebrauch überhaupt noch offen stehen (dies verneinend M. Gruber , Überlegungen zum Fruchtgenussrecht der ASFINAG an Autobahnen, bbl 2002, 9), muss aufgrund der vorstehenden Erwägungen nicht weiter eingegangen werden.
Entgegen der in der Revisionsbeantwortung vertretenen Ansicht traf das Erstgericht auch keine Feststellungen, aus denen die mangelnde (objektive) Erkennbarkeit der Benützung des Weges durch den Kläger bzw seiner Rechtsvorgänger und deren Besitzmittler abgeleitet werden könnte. Ob die „landwirtschaftlichen Tätigkeiten“ des Dritten eine „offensichtliche Nutzung“ des Weges vermittelten, ist einerseits Rechtsfrage, andererseits irrelevant, weil die landwirtschaftliche Nutzung nicht den Kläger betrifft. Die Feststellung, dass die Leute der ASFINAG bisher weder mit dem Kläger, noch mit dem Dritten zusammengetroffen seien, ist nicht von Bedeutung, weil es wie ausgeführt wurde auf die positive Kenntnis des Belasteten nicht ankommt.
10. Es bedarf somit, worauf der Kläger schon in seiner Berufung zu Recht verwiesen hat, ergänzender und geeigneter Feststellungen, die eine Beurteilung zulassen, ob der Kläger die Dienstbarkeit des Geh und Fahrrechts im geltend gemachten Umfang durch eine für den Eigentümer des dienenden Guts (objektiv) erkennbare Ausübung dieses Rechts während der gesamten Ersitzungszeit (§ 1472 ABGB) erworben hat, wobei hinsichtlich der Benützung durch die Rechtsvorgänger des Klägers § 1493 ABGB zur Anwendung gelangt.
11. Die Entscheidungen der Vorinstanzen sind deshalb aufzuheben. Das Erstgericht wird das Verfahren im Sinne obiger Ausführungen zu ergänzen und danach erneut über das Klagebegehren zu entscheiden haben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.
European Case Law Identifier
ECLI:AT:OGH0002:2014:0020OB00001.14G.1218.000