OGH vom 10.02.2017, 6Nc4/17s
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schramm und Dr. Gitschthaler als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj B*****, und N*****, AZ 16 Pu 188/09g des Bezirksgerichts Floridsdorf, wegen Übertragung der Zuständigkeit nach § 111 JN, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die mit Beschluss des Bezirksgerichts Floridsdorf vom verfügte Übertragung der Zuständigkeit zur Besorgung der Pflegschaftssache an das Bezirksgericht Liezen wird in Ansehung der minderjährigen B***** nicht genehmigt.
Text
Begründung:
Der Magistrat der Stadt Wien teilte mit Schreiben vom dem die Pflegschaftssache führenden Bezirksgericht Floridsdorf mit, dass die obsorgeberechtigte Mutter mit der mj N***** in den Sprengel des Bezirksgerichts Liezen verzogen sei.
Mit Beschluss vom übertrug das Bezirksgericht Floridsdorf die Zuständigkeit zur Besorgung der Pflegschaftssache an das Bezirksgericht Liezen, weil sich das jüngste Kind in dieser Pflegschaftssache nunmehr ständig im Sprengel des Bezirksgericht Liezen aufhalte.
Mit Beschluss vom übernahm das Bezirksgericht Liezen die Zuständigkeit zur Besorgung der Pflegschaftssache der mj N***** und lehnte die Übernahme der Zuständigkeit zur Besorgung der Pflegschaftssache für die mj B***** ab. Die mj B***** habe ihren ständigen Aufenthalt nach wie vor im Sprengel des Bezirksgerichts Floridsdorf.
Rechtliche Beurteilung
Die Zuständigkeitsübertragung ist hinsichtlich der mj B***** nicht zu genehmigen. Ausschlaggebendes Kriterium für die Übertragung der Zuständigkeit zur Führung der Pflegschaftssache für Minderjährige ist immer das Kindeswohl (RIS-Justiz RS0047074). Dabei wird der pflegschaftsgerichtliche Schutz in der Regel am Besten durch das Gericht gewährleistet, in dessen Sprengel sich das Kind aufhält (6 Nc 10/05f mwN).
In der Rechtsprechung wird zwar immer wieder betont, dass eine Aufsplitterung des Pflegschaftsverfahrens für mehrere Kinder aus einer Lebensgemeinschaft oder einer Ehe nach Tunlichkeit vermieden werden sollte, weil es in der Regel zweckmäßig sei, wenn die Pflegschaft bei einem Gericht geführt wird (6 Nc 5/16m mwN). Es wurde aber eine Zuständigkeitsübertragung hinsichtlich eines von mehreren Geschwistern immer wieder genehmigt, wenn sich deren Lebensmittelpunkte in verschiedenen Bezirksgerichts-sprengeln befanden (6 Nc 5/16m mwN).
Das Pflegschaftsverfahren der mj B***** befindet sich in der Endphase (sie vollendet im Mai 2017 ihr 18. Lebensjahr). Im Hinblick darauf und angesichts des Umstands der faktischen Trennung der Lebensbereiche der beiden Geschwister (und ihrer Eltern) sowie des Umstands, dass das Verfahren bisher ausschließlich Fragen der Gewährung von Unterhaltsvorschüssen betraf, ist im konkreten Fall ausschlaggebend, dass der Lebensmittelpunkt der mj B***** nach wie vor im Sprengel des Bezirksgerichts Floridsdorf liegt. Der Hinweis auf eine Praxis, wonach sich die örtliche Zuständigkeit nach dem jüngsten Kind richte, entbehrt einer gesetzlichen Grundlage (6 Nc 5/16m).
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2017:0060NC00004.17S.0210.000 |
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Fundstelle(n):
DAAAD-42380