OGH vom 14.04.2011, 6Nc4/11g
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ. Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Verfahrenshilfesache der Antragsteller 1. G***** GmbH, 2. V***** GmbH, 3. R***** L*****, alle *****, AZ 6 Nc 1/11h des Landesgerichts Salzburg, über die Anzeige eines Zuständigkeitsstreits zwischen diesem Landesgericht und dem Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Akt wird dem Landesgericht Salzburg zurückgestellt .
Text
Begründung:
Die Antragsteller Geschäftsführer der Erst- und der Zweitantragstellerin ist der Drittantragsteller streben die Bewilligung der Verfahrenshilfe im Umfang des § 64 Abs 1 Z 1 und 3 ZPO an. Sie behaupten Schadenersatzansprüche gegen Dr. S*****, dessen Adresse sie mit 8530 Deutschlandsberg angeben (laut Sachverständigenliste richtig: 8541 Schwamberg, *****), mit der erkennbaren Begründung, dieser sei in einem gegen den Drittantragsteller geführten Strafverfahren in Salzburg als Sachverständiger tätig gewesen und habe dabei die Antragsteller geschädigt.
Dieser Antrag wurde am beim Landesgericht Salzburg eingebracht und von diesem offensichtlich ohne Übersendungsnote und im Hinblick auf den Wohnsitz des Sachverständigen an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz weitergeleitet, wo er am einlangte.
Mit Beschluss vom überwies das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz zu AZ 23 Nc 4/10a den Verfahrenshilfeantrag gemäß § 44 JN an das (seiner Auffassung nach) nicht offenbar unzuständige Landesgericht Salzburg. Es verwies dabei einerseits auf § 9 Abs 1 AHG und andererseits auf den „Ort der Schadenszufügung“. Dieser Beschluss wurde mangels Anfechtung durch die Antragsteller am rechtskräftig.
Mit Beschluss vom erklärte sich das Landesgericht Salzburg zu AZ 6 Nc 1/11h für örtlich unzuständig und überwies die „Rechtssache“ wiederum an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz. Das Amtshaftungsgesetz finde keine Anwendung, weil auch ein gerichtlich bestellter Sachverständiger nicht Organ sei; die Voraussetzungen des § 92a JN lägen ebenfalls nicht vor. Dieser Beschluss wurde den Antragstellern am zugestellt.
Am langte beim Landesgericht Salzburg ein Schreiben der Antragsteller ein, in dem auf den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom und den Umstand verwiesen wird, dass dieses „bereits die Zuständigkeit des Landesgerichts Salzburg festgestellt“ habe; es werde „um umgehende Erledigung des Verfahrenshilfeantrags“ ersucht.
Nunmehr legte das Landesgericht Salzburg den Akt zur Entscheidung über den Kompetenzkonflikt vor.
Rechtliche Beurteilung
Die Vorlage ist verfrüht.
Nach § 47 JN sind Streitigkeiten zwischen verschiedenen Gerichten erster Instanz über die Zuständigkeit für eine bestimmte Rechtssache von dem diesen Gerichten zunächst übergeordneten gemeinsamen höheren Gericht zu entscheiden. Ein negativer Kompetenzkonflikt liegt dabei dann vor, wenn zwei oder mehrere Gerichte hintereinander ihre (sachliche oder örtliche) Zuständigkeit in der gleichen Rechtssache in der Art verneinen, dass die Zuständigkeit eines weiteren Gerichts nicht in Betracht kommt ( Mayr in Rechberger , ZPO³ [2006] § 47 JN Rz 1 mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung). Voraussetzung für eine Entscheidung nach § 47 JN ist aber, dass beide Gerichte ihre Zuständigkeit rechtskräftig verneint haben (RIS-Justiz RS0118692). Gerade dies ist hier nicht der Fall, haben sich doch die Antragsteller ganz ausdrücklich und innerhalb der Rekursfrist gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg ausgesprochen und erkennbar dessen Zuständigkeit behauptet.
Das Landesgericht Salzburg wird deshalb das Schreiben der Antragsteller vom als Rekurs zu werten und ein Verbesserungsverfahren einzuleiten haben; sodann wird es den Rekurs dem Oberlandesgericht Linz als Rekursgericht vorzulegen haben.