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OGH 25.08.2016, 5Ob146/16f

OGH 25.08.2016, 5Ob146/16f

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Höllwerth, die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache des Antragstellers Mag. O***** H*****, vertreten durch Dr. Anke Reisch, Rechtsanwältin in Kitzbühel, gegen die Antragsgegnerin R***** GmbH & Co KG, *****, vertreten durch Dr. Lisbeth Lass und Dr. Hans Christian Lass, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen § 52 Abs 1 Z 6 iVm § 20 Abs 3 WEG 2002, infolge des „außerordentlichen“ Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den (richtig) Sachbeschluss des Landesgerichts Innsbruck vom , GZ 4 R 128/16a-50, mit dem der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Kitzbühel vom , GZ 4 Msch 7/14x-36, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Der Antragsteller begehrt Rechnungslegung nach § 52 Abs 1 Z 6 iVm § 20 Abs 3 WEG 2002.

Das Erstgericht gab dem Begehren teilweise statt.

Die Antragsgegnerin bekämpfte die Stattgebung. Das Rekursgericht gab ihrem Rekurs Folge und wies den Antrag zur Gänze ab. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 10.000 EUR nicht übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Die Antragstellerin erhob dagegen einen „außerordentlichen“ Revisionsrekurs, den das Erstgericht dem Obersten Gerichtshof direkt vorlegte. Diese Vorgangsweise widerspricht dem Gesetz.

1. Im allgemeinen Außerstreitverfahren ist der Revisionsrekurs – außer im Fall der Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs nach § 63 Abs 3 AußStrG – jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat (§ 62 Abs 3 AußStrG). Das gilt gemäß § 62 Abs 4 AußStrG nicht, soweit der Entscheidungsgegenstand nicht rein vermögensrechtlicher Natur ist.

2. In diesem wohnrechtlichen Außerstreit-
verfahren nach § 52 Abs 1 Z 6 WEG 2002 gelten zufolge § 52 Abs 2 WEG 2002 die allgemeinen Bestimmungen über das Außerstreitverfahren mit den in (unter anderem) § 37 Abs 3 Z 16 MRG genannten Besonderheiten. Nach dieser Bestimmung sind die in § 37 Abs 1 MRG genannten Entscheidungsgegenstände rein vermögensrechtlicher Natur und es beträgt die maßgebliche Wertgrenze 10.000 EUR.

3. Das Rekursgericht hat ausgesprochen, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 10.000 EUR nicht übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Der Oberste Gerichtshof ist daher nur dann zur Entscheidung über das Rechtsmittel berufen, wenn das Rekursgericht, dem der Rechtsmittelschriftsatz ungeachtet seiner Bezeichnung als außerordentlicher Revisionsrekurs nach § 69 Abs 3 AußStrG vorzulegen ist, seinen Zulassungsausspruch nach § 63 Abs 3 AußStrG abändert. Ob der Rechtsmittelschriftsatz, der keinen ausdrücklichen Antrag auf Abänderung des Zulassungsausspruchs enthält, den Erfordernissen des § 63 Abs 1 AußStrG entspricht oder ob er einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (RIS-Justiz RS0109623 [T13, T14]).

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Höllwerth, die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache des Antragstellers Mag. O***** H*****, vertreten durch Dr. Anke Reisch, Rechtsanwältin in Kitzbühel, gegen die Antragsgegnerin R***** GmbH & Co KG, *****, vertreten durch Dr. Lisbeth Lass und Dr. Hans Christian Lass, Rechtsanwälte in Innsbruck und die übrigen Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ ***** GB *****, wegen § 52 Abs 1 Z 6 iVm § 20 Abs 3 WEG 2002, infolge des Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom , GZ 4 R 128/16a-50, mit dem der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Kitzbühel vom , GZ 4 Msch 7/14x-36, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Der Antragsteller begehrt von der Antragsgegnerin (Hausverwalterin) Rechnungslegung nach § 52 Abs 1 Z 6 iVm § 20 Abs 3 WEG 2002. In diesem Verfahren kommt zufolge § 52 Abs 2 Z 1 WEG 2002 allen Wohnungseigentümern Parteistellung zu (5 Ob 167/03z = wobl 2003/162, 300; diese Entscheidung zitierend T. Klicka in Hausmann/Vonkilch Österreichisches Wohnrecht3 § 52 WEG 2002 Rz 22), weshalb ihnen auch Entscheidungen zuzustellen sind. Die Entscheidung des Erstgerichts wurde den übrigen Wohnungseigentümern durch Hausanschlag zugestellt, die Entscheidungen der zweiten Instanz und des Revisionsrekurses der Antragstellerin jedoch nicht. Das Erstgericht wird daher die Entscheidungen des Rekursgerichts sowie den Revisionsrekurs der Antragstellerin den übrigen Wohnungseigentümern zuzustellen haben.

Nach Ablauf der Rechtsmittelbeantwortungsfrist wird der Akt dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vorzulegen sein.

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann, die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der außerstreitigen Wohnrechtssache des Antragstellers Mag. O***** H*****, vertreten durch Dr. Anke Reisch, Rechtsanwältin in Kitzbühel, gegen die Antragsgegnerin R***** GmbH & Co KG, *****, vertreten durch Dr. Lisbeth Lass und Dr. Hans Christian Lass, Rechtsanwälte in Innsbruck, und die übrigen Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ ***** GB *****, wegen § 52 Abs 1 Z 6 iVm § 20 Abs 3 WEG, über den Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom , GZ 4 R 128/16a-50, mit dem der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Kitzbühel vom , GZ 4 Msch 7/14x-36, abgeändert wurde, den

Sachbeschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Antragsteller ist schuldig, der Antragsgegnerin binnen 14 Tagen die mit 501,91 EUR (darin enthalten 83,65 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung zu ersetzen.

Text

Begründung:

Der Antragsteller ist Mit- und Wohnungseigentümer einer Liegenschaft, die bis von der Antragsgegnerin verwaltet wurde. Nach dem Hausverwaltervertrag sollte die Auftragsvergabe für größere Reparaturen (über einer Einzelauftragssumme von 1.000 EUR) und Instandhaltungsmaßnahmen an den allgemeinen Teilen der Liegenschaft erst nach Einholung dreier, voneinander unabhängiger Angebote sowie eines einstimmigen oder mehrheitlichen Beschlusses und nur ohne Sonderverrechnung erfolgen, wenn die notwendigen Geldmittel bei Auftragsvergabe (beispielsweise in Rücklage oder durch vorherige Sondervorschreibung) bereit stünden. Davon ausgenommen war die Auftragsvergabe bei Gefahr im Verzug.

Bei der Hausversammlung vom wurde festgehalten, dass die Hecke im Bereich der Hauptzufahrtsstraße unansehnlich geworden war. Die anwesenden Wohnungseigentümer einigten sich auf die gänzliche Entfernung der Hecke. Es wurde ebenfalls überlegt, einen Holzzaun aufzustellen und möglicherweise mit einer Müllentsorgungseinrichtung zu verbinden. Eine entsprechende Sichtschutzlösung sollte noch geprüft werden.

Die Antragsgegnerin teilte den Wohnungseigentümern per E-Mail vom mit, dass auch die Hecke an der südwestlichen Grundstücksgrenze nicht mehr ansehnlich sei, und schlug deshalb vor, auch diese Hecke zu entfernen. Einige Wohnungseigentümer hätten die Entfernung auch im Bereich der Häuser 16–27 gewünscht. Die Antragsgegnerin fragte an, ob alle Hecken gerodet werden sollten und als Alternative Holzzäune aufzustellen seien. Sie gehe davon aus, dass die Wohnungseigentümer nichts dagegen einzuwenden hätten und bitte um Meinungsäußerungen und Vorschläge. Wie die angesprochenen Wohnungseigentümer reagierten, lässt sich nicht feststellen.

Nach Einholung zweier Angebote vergab die Antragsgegnerin den Auftrag zur Entfernung der Hecke an das Unternehmen M***** (Unternehmen). Ob die Einholung weiterer Angebote für die Heckenentfernung und Humusierung eine Ersparnis gebracht hätte, konnte nicht ermittelt werden. Die verrechneten Arbeitspreise lagen weit unter den üblichen Marktpreisen. Die Antragsgegnerin erteilte dem Unternehmen auch den Auftrag, einen einfachen Bretterzaun an der Böschungskrone zur Straße hin zu errichten. Sie (ihr Geschäftsführer) war nämlich der Ansicht, zur Errichtung eines solchen Zaunes als Absturzsicherung verpflichtet zu sein. Tatsächlich wäre aufgrund der Böschungsneigung die Errichtung des Zaunes zur Absturzsicherung nicht notwendig gewesen. Als Absturzsicherung wäre der in Auftrag gegebene Zaun auch untauglich gewesen, weil er nicht – wie vorgeschrieben – zumindest einen Meter, sondern lediglich 0,65 m hoch war. Als Sichtschutz war er vollkommen ungeeignet.

Einige Wohnungseigentümer urgierten daraufhin die Errichtung eines Sichtschutzes. Die Antragsgegnerin beauftragte das Unternehmen mit der Errichtung eines Sichtschutzzaunes, ohne zuvor weitere Angebote einzuholen. Der Sichtschutzzaun wurde unmittelbar hinter dem zuvor angebrachten Zaun errichtet. Wäre er sofort errichtet worden, wären die Kosten für den Bretterzaun (1.330,55 EUR netto/1.596,66 EUR brutto) nicht angefallen.

Es kann nicht festgestellt werden, dass es jemals zu einer Willensbildung und Beschlussfassung über die Zäune gekommen ist.

Der Antragsteller bemängelte – soweit noch relevant – in seinem Antrag auf Legung einer richtigen Abrechnung für das Jahr 2012 die Positionen „Anlagenpflege/Sichtschutzzaun“ (2.775 EUR) und „Anlagenpflege/Heckenentfernung“ (4.913 EUR). Die Antragsgegnerin habe vor Vergabe der Aufträge nicht – wie im Hausverwaltervertrag gefordert – drei Angebote eingeholt. Die Errichtung des ersten Zaunes als Absturzsicherung sei weder beschlossen worden noch notwendig gewesen.

Die Antragsgegnerin wendete ein, sie müsse nach § 20 Abs 4 WEG lediglich für Erhaltungsarbeiten, die über die laufende Instandhaltung hinausgingen, sowie für größere Verbesserungsarbeiten mindestens drei Angebote einholen. Die Entfernung dürrer Hecken sei eine Erhaltungsarbeit, die nicht über die laufende Instandhaltung hinausginge. Nach der Entfernung der Hecke hätten viele Wohnungseigentümer die Errichtung eines Sichtschutzes gefordert. Die Kosten für die Entfernung der Hecke und die Errichtung des Sichtschutzes hielten sich in einem ordnungsgemäßen Rahmen.

Das Erstgericht wies den Antrag auf gänzliche Herausnahme der noch umstrittenen Positionen Sichtschutzzaun und Heckenentfernung aus der Abrechnung für 2012 unbekämpft ab (Spruchpunkt 1) und trug dem Antragsgegner auf, binnen sechs Monaten die Abrechnung in diesen Postionen dahin zu berichtigen, dass der Eigentümergemeinschaft nur jene Beträge verrechnet werden, die angefallen wären, wenn jeweils drei Angebote eingeholt, das günstigste ausgewählt und in der Folge lediglich ein geeigneter Sichtschutzzaun ohne zusätzlichen Bretterzaun errichtet worden wäre (Spruchpunkt 2). Rechtlich folgerte es, dass die Antragsgegnerin verpflichtet gewesen sei, sich an die im Hausverwaltervertrag enthaltene Regelung, bei Aufträgen über 1.000 EUR zumindest drei Angebote einzuholen und erst nach einer einstimmigen oder mehrheitlichen Beschlussfassung zu vergeben, zu halten. Die Errichtung des ersten niedrigen Zaunes, der weder der Sicherung noch dem Sichtschutz diene, sei nicht nachvollziehbar.

Das nur von der Antragsgegnerin angerufene Rekursgericht änderte den angefochtenen Sachbeschluss dahin ab, dass es den gesamten Antrag abwies. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs habe die Frage einer allenfalls rechtswidrig unterbliebenen Einholung von Vergleichsanboten keinen Einfluss darauf, dass es tatsächlich zu einem die Eigentümergemeinschaft betreffenden, auf einem Vertrag mit einem dritten Unternehmen beruhenden Leistungsaustausch gekommen sei, der im Rahmen einer vollständigen Jahresabrechnung darzustellen und auszuweisen sei. Dies gelte auch für den Vorwurf, ein Hausverwalter habe seiner Verpflichtung zur ordentlichen Verwaltung nicht entsprochen, weil er diese Aufwendungen nicht über den Haftpflichtversicherer abgewickelt habe. Auch im vorliegenden Fall seien die verrechneten Leistungen von einem Unternehmen tatsächlich erbracht worden.

Nachträglich ließ das Rekursgericht über Antrag der Antragsgegnerin den Revisionsrekurs zu. Die Frage nach der allenfalls rechtswidrig unterbliebenen Einholung von Vergleichsanboten habe nach der Entscheidung 5 Ob 183/09m zwar keinen Einfluss auf den in der Jahresrechnung auszuweisenden, tatsächlich erfolgten Leistungsaustausch gegenüber dritten Unternehmen. Hier habe der Antragsteller nicht nur eine solche Unterlassung, sondern auch eine weder von der Eigentümergemeinschaft genehmigte noch notwendige Maßnahme des Verwalters bemängelt.

Rechtliche Beurteilung

Der beantworteteRevisionsrekurs des Antragsgegners ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, er ist aber nicht berechtigt.

1. § 20 Abs 3 WEG 2002 (zuvor § 17 Abs 1 Z 1 WEG 1975 idF der WRN 1999) verpflichtet den Verwalter, den Wohnungseigentümern eine ordentliche und richtige Abrechnung zu legen.

1.1 Während zuvor nur die Legung einer formell vollständigen, nachvollziehbaren Abrechnung Gegenstand des außerstreitigen Verfahrens nach dem WEG war, sind seit der WRN 1999 die früher dem streitigen Verfahren vorbehaltenen Fragen der Richtigkeit der Abrechnung im Sinn materieller Richtigkeit und Berechtigung von Forderungen nach der Rechtsprechung nunmehr als Vorfragen im außerstreitigen Verfahren zu prüfen (5 Ob 167/03z = SZ 2004/42 = RIS-Justiz RS0117889 [T1]; RS0119057). So sah es der Oberste Gerichtshof als zu prüfende Fragen an, ob die in der Abrechnung enthaltenen Ausgaben Aufwendungen für die Liegenschaft darstellen und der Aufwand von der Eigentümergemeinschaft oder von einem einzelnen Wohnungseigentümer zu tragen ist (5 Ob 62/04k; 5 Ob 160/04x), wie die zwischen dem Verwalter und der Eigentümergemeinschaft getroffene Honorarvereinbarung – als Grundlage für den Honoraranspruch und den Ersatz von Aufwendungen des Verwalters – lautete (5 Ob 167/03z) und ob der Verteilungsschlüssel (§ 32 WEG) richtig war (5 Ob 11/14z; 5 Ob 30/15w). Gefordert wurde und wird nach wie vor, dass die Abrechnung den gesetzlichen und vertraglichen Grundlagen des Rechtsverhältnisses zwischen Wohnungseigentümer (Eigentümergemeinschaft) und Hausverwalter entspricht und das Ergebnis der Abrechnung das tatsächlich Geschuldete ist (5 Ob 167/03z; 5 Ob 27/09w; 5 Ob 11/14z; 5 Ob 30/15w).

1.2 Diesen erstmals in 5 Ob 167/03z deutlich ausgesprochenen Grundsatz der umfassenden Verpflichtung zur Prüfung, ob die Abrechnung den gesetzlichen und vertraglichen Grundlagen entspricht, hat der Oberste Gerichtshof bei Leistungen Dritter an die Eigentümergemeinschaft relativiert. Zu 5 Ob 183/09m hielt er ein angeblich pflichtwidriges Verhalten des Verwalters (keine Einholung von Vergleichsangeboten [§ 20 Abs 4 Satz 2 WEG]; unterlassene Geltendmachung von Ansprüchen gegen einen Haftpflichtversicherer) für irrelevant. Es sei allein entscheidend, dass es tatsächlich zu einem die Eigentümergemeinschaft betreffenden, auf einem Vertrag mit einem dritten Unternehmen beruhenden Leistungsaustausch, der im Rahmen einer vollständigen Jahresabrechnung darzustellen und auszuweisen sei, gekommen sei.

1.3 Kritik an der Entfernung zwar unwirtschaftlicher oder vertragswidriger, vom Hausverwalter auf Kosten der Eigentümergemeinschaft dennoch tatsächlich getätigter Ausgaben aus der Jahresabrechnung – und damit an einer umfassenden Prüfpflicht – findet sich im Schrifttum:

Nach Malesich (immolex 2004/162) führt dieser Vorgang zwangsläufig zu einer Unrichtigkeit des Saldos und damit der Verfälschung der berichtigten sowie der nachfolgenden Abrechnungen.

Vonkilch (immolex 2004/162) sieht in der Verschleierung solcher Aufwendungen in der Abrechnung oder deren völliger Ausklammerung einen „Bärendienst“ für die Wohnungseigentümer, weil die Abrechnungen theoretisch „richtige“, aber eben nicht die tatsächlich erfolgten Geldflüsse abbildeten. Aus der „richtigen“ Abrechnung müsse das „tatsächlich Geschuldete“ abzulesen sein.

Thunhart (Die Überprüfung der Jahresabrechnung auf ihre Richtigkeit [§ 34 Abs 3 WEG], wobl 2012, 45 [48]) hält zur Frage von pflichtwidrigen Aufwendungen fest, eine nachfolgende Überprüfung der Abrechnung könne nicht rückgängig machen, dass der Verwalter als Vertreter der Eigentümergemeinschaft – wenn auch pflichtwidrig – Verbindlichkeiten eingegangen sei, die nunmehr aushaften und die Eigentümergemeinschaft belasten. Die Überprüfung der Abrechnung müsse sich nicht nach dem Verhalten eines pflichtgetreuen Verwalters, sondern nach den tatsächlich getätigten Aufwendungen richten.

E. M. Hausmann (in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht3 § 34 WEG Rz 21) erachtet die Orientierung ausschließlich an den faktisch stattgefundenen Geldflüssen (nur) insoweit für gerechtfertigt, als es nicht Gegenstand der Richtigkeitsprüfung sein könne, ob Einnahmen und Ausgaben wirtschaftlich oder zweckmäßig waren. Nur ganz offenkundige Überschreitungen des pflichtgemäßen Ermessens führen ihrer Meinung nach zur Unrichtigkeit der Abrechnung.

1.4 Diese Lösung, die den Umfang der Prüfpflicht vom Ausmaß einer Pflichtwidrigkeit des Verwalters abhängig machen will, überzeugt nicht: Bei Überprüfung der Richtigkeit muss das Gericht gemäß § 34 Abs 3 letzter Satz WEG die Unrichtigkeit bestimmter Positionen bindend festlegen und den Saldo entsprechend richtigstellen (5 Ob 11/14z; RIS-Justiz RS0019408 [T22]). Fälle der auch krassen Misswirtschaft können allerdings nicht einfach dadurch aus der Welt geschafft werden, dass einzelne Ausgaben im Nachhinein aus der Abrechnung genommen werden (Thunhart aaO 47). Die Abgrenzung zwischen noch und offenkundig nicht mehr pflichtgemäßem Ermessen birgt die Gefahr in sich, dass das Abrechnungsverfahren mit schadenersatzrechtlichen Erwägungen überfrachtet wird.

1.5 Die Orientierung am tatsächlichen Leistungsaustausch trägt der Unbeschränkbarkeit der Verwaltervollmacht nach außen (§ 20 Abs 1 WEG) Rechnung. In allen Angelegenheiten der Verwaltung – sei es ordentliche oder außerordentliche – vertritt der Verwalter die Eigentümergemeinschaft gegenüber Dritten (RIS-Justiz RS0013747). Seine Vertretungsakte sind – von im Abrechnungsverfahren nicht interessierenden Ausnahmefällen wie Kenntnis des Vertragspartners vom Vollmachtsmissbrauch abgesehen – auch dann wirksam, wenn er im Bereich der außerordentlichen Verwaltung pflichtwidrig gegen den Willen der Eigentümer agiert (RIS-Justiz RS0013747 [T8]).

1.6 Der erkennende Senat hält daher am Grundsatz fest, wonach es für die Überprüfung einer Ausgabe in der Jahresabrechnung darauf ankommt, dass es zu einem, auf einem rechtswirksamen Vertrag zwischen Eigentümergemeinschaft und einem dritten Unternehmer beruhenden Leistungsaustausch gekommen ist, und dass ein behauptetes pflichtwidriges Verhalten des Hausverwalters im Zusammenhang mit der Auftragsvergabe im Rechnungslegungsverfahren weder zu prüfen noch für die Richtigkeit der Abrechnung relevant ist. Nur im Rahmen der Verwaltung ist der Hausverwalter jedoch vertretungsbefugt und die Eigentümergemeinschaft zufolge § 18 Abs 1 Satz 1 WEG rechtsfähig. Die Zuordnung zur Verwaltung muss daher bei der Überprüfung der materiellen Richtigkeit der Abrechnung als Vorfrage beurteilt werden.

1.7 Dieses Ergebnis steht nur in einem vermeintlichen Spannungsverhältnis zu der in 5 Ob 167/03z dargelegten Prüfpflicht. Der Oberste Gerichtshof betont in dieser und auch folgenden Entscheidungen (RIS-Justiz RS0119057), das Ergebnis der Abrechnung müsse das „tatsächlich Geschuldete“ sein. Schließt der Hausverwalter im Namen der Eigentümergemeinschaft einen Vertrag mit einem dritten Unternehmer, ist dessen (berechtigte) Forderung für erbrachte Leistungen das von der Eigentümergemeinschaft „tatsächlich Geschuldete“, welches im Ausmaß der Zahlung durch den Hausverwalter in die Jahresabrechnung aufgenommen werden muss. Die mehrfach zitierte „Leitentscheidung“ betraf zudem kein Vertragsverhältnis zwischen Eigentümergemeinschaft und Dritten.

1.8 Der Antragsteller bestritt nie, dass die Entfernung der Hecke und deren Ersatz durch Zäune eine Maßnahme der Verwaltung darstellte. Lediglich die wirtschaftliche (Un-)Zweckmäßigkeit des ersten, weder als Sichtschutz noch als Absicherung tauglichen Zaunes, die daraus entstandenen Mehrkosten sowie die Vergabe des Auftrags ohne vorangegangene Einholung von drei Angeboten ist in dritter Instanz noch Thema seiner Argumentation. Dieser Vorwurf pflichtwidrigen Verhaltens des Hausverwalters ist jedoch – wie dargelegt – nicht relevant.

2. Die gewünschte Wiederherstellung des erstinstanzlichen Sachbeschlusses scheitert auch an folgenden Erwägungen:

Das Erstgericht wies den Antrag auf gänzliche Entfernung der umstrittenen Positionen „Sichtschutz/Zaun“ und „Anlagenpflege, Hecke entfernen“ unbekämpft ab. Sein Auftrag an den Antragsgegner, die Abrechnung zu berichtigen, widerspricht § 34 Abs 3 letzter Satz WEG. Danach ist es Aufgabe des Gerichts, die Abrechnung zu korrigieren. Der Auftrag zur Legung einer berichtigten, mit Fiktionen arbeitenden Abrechnung (welche Kosten wären angefallen, wenn das Günstigste von drei Angeboten ausgewählt und nur ein geeigneter Sichtschutzzaun errichtet worden wären), ist kein in einem derartigen Abrechnungsverfahren erzielbares Ergebnis. Das Erstgericht stellte zudem ausdrücklich fest, dass nicht ermittelt werden konnte, ob die Einholung weiterer Angebote für die Heckenentfernung/Humusierung eine Kostenersparnis gebracht hätte, und dass die verrechneten Preise weit unter den marktüblichen lagen. Eine Verletzung der gesetzlichen (§ 20 Abs 4 Satz 2 WEG) oder vertraglichen Verpflichtung, insgesamt drei Vergleichsangebote einzuholen, wäre damit für die (Un-)Richtigkeit der Abrechnung zumindest in dieser Position ohne Einfluss.

3. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 37 Abs 3 Z 17 MRG iVm § 52 Abs 2 WEG.

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Rechtsgebiet
Zivilrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2016:0050OB00146.16F.0825.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
HAAAD-42344