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OGH vom 19.06.1997, 6Ob2213/96a

OGH vom 19.06.1997, 6Ob2213/96a

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Gerhard Franz R*****, Taxiunternehmer, ***** und 2. Heinz O*****, Taxiunternehmer, ***** beide vertreten durch Dr.Thomas Gratzl, Rechtsanwalt in Wels, wider die beklagte Partei Dkfm. Hans H*****, Taxiunternehmer, ***** vertreten durch Dr.Gerhard Hoyer, Rechtsanwalt in Wels, wegen Unterlassung (Streitwert 75.000 S), infolge Revisionsrekurses der klagenden Parteien gegen den Beschluß des Landesgerichtes Wels als Rekursgerichtes vom , GZ 22 R 142/96f-10, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Wels vom , GZ 9 C 1011/95i-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der beklagten Partei die mit 5.358,14 S (darin 893,02 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Streitteile sind gemeinsam mit einer Reihe weiterer Personen Gesellschafter der Funktaxi-Gemeinschaft W***** GesbR. Die Gesellschafter haben sich zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes zur gemeinsamen Errichtung und zum Betrieb einer Taxifunkanlage zusammengeschlossen. Gegenstand der Gesellschaft sind die Errichtung und der Betrieb der Funkanlage sowie die Vertretung und Förderung der gewerblichen und wirtschaftlichen Interessen der Gesellschafter, wie insbesondere die Durchführung von Werbemaßnahmen. Nach § 7 des Gesellschaftsvertrages unterliegt jeder Gesellschafter der Treuepflicht gegenüber den Mitgesellschaftern, so daß es ihm untersagt ist, sich an einer anderen Gesellschaft mit dem gleichen oder einem ähnlichen Gesellschaftszweck zu beteiligen und Informationen über Aufbau und Organisationsablauf der Gesellschaft an Fremde weiterzugeben. Der Vertrag enthält in § 14 folgende Schiedsklausel: "Die Gesellschafter unterwerfen sich für alle Streitigkeiten aus diesem Gesellschaftsvertrag der ausschließlichen Zuständigkeit des Schiedsgerichtes der Kammer der gewerblichen Wirtschaft und der dafür geltenden Schiedsgerichtsordnung."

Die Kläger begehren, den Beklagten schuldig zu erkennen, gesellschafter- und gesellschaftsschädliche Handlungen im Zusammenhang mit der Errichtung "Funktaxi-Sammelverkehr" der Stadt W***** zu unterlassen, wie insbesondere jede Kooperation mit der Taxigesellschaft 1718, die Durchführung von Fahrten unter einem eigenen (zweiten) Funkleitsystem und die gemeinsame Bewerbung, Öffentlichkeitsarbeit und Kundenaquirierung mit Angehörigen der Gesellschaft 1718, somit Handlungen, die erkennbar gegen die Interessen der "Funktaxi-Gemeinschaft W***** GesbR" verstoßen. Sie brachten dazu vor, der Beklagte als einer der zur Geschäftsführung berufenen Gesellschafter setze gesellschaftswidrige und auch den gesetzlichen Bestimmungen widersprechende Handlungen. Er beteilige sich gemeinsam mit Mitgliedern eines Konkurrenzunternehmens, nämlich der Gesellschaft 1718, am Projekt des Anruf-Sammeltaxi-Verkehrs in W*****. Neben den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages verletze er dadurch auch § 1186 ABGB, nach dem kein Mitglied befugt sei, ein der Gesellschaft schädliches Nebengeschäft zu unternehmen. Der Beklagte habe Aufforderungen, sein unzulässiges Verhalten einzustellen, negiert.

Der Beklagte wandte sachliche Unzuständigkeit ein und berief sich auf die in § 14 des Gesellschaftsvertrages vereinbarte Schiedsklausel.

Das Erstgericht wies die Klage wegen sachlicher Unzuständigkeit zurück. Der Unterlassungsanspruch sei primär aus dem Gesellschaftsvertrag abgeleitet, weshalb eine Streitigkeit aus diesem Vertrag im Sinne der Schiedsklausel vorliege.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Kläger keine Folge. Schiedsvereinbarungen seien grundsätzlich nach den Vorschriften des Prozeßrechtes auszulegen. Soweit diese nicht ausreichten, seien zur Auslegung analog die Auslegungsregeln des ABGB heranzuziehen, nach denen auch der von den Parteien mit der Schiedsgerichtsvereinbarung gemeinsam verfolgte Zweck, also die Parteiabsicht und die Grundsätze des redlichen Verkehrs als Auslegungsmittel zu berücksichtigen seien. Primär sei jedoch der objektive Erklärungswert festzustellen, so daß für den Wirkungsbereich einer Schiedsvereinbarung in erster Linie der Inhalt dieser Vereinbarung maßgeblich sei. Entscheidend für die Zuständigkeit des Schiedsgerichtes sei der Text der Schiedsgerichtsvereinbarung mit Berücksichtigung vernünftiger und den Zweck der Vereinbarung favorisierender Auslegung. Da eine übereinstimmende Absicht der Parteien, daß Streitigkeiten wie die vorliegende, nicht von der Schiedsklausel des Gesellschaftsvertrages umfaßt sein sollten, von den Klägern nicht behauptet und auch nicht festgestellt sei, könne die im Vertrag enthaltene Schiedsklausel bei Berücksichtigung der angeführten Grundsätze nur so verstanden werden, daß von ihr alle Streitigkeiten zwischen Gesellschaftern, die nur aufgrund der Existenz des Gesellschaftsvertrages und ihrer Stellung als Vertragspartner möglich seien, umfaßt seien. Ein Rechtsstreit wie der vorliegende, wäre ohne Vorhandensein des Gesellschaftsvertrages gar nicht denkbar.

Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil zu der Frage, ob eine Schiedsklausel in einem Gesellschaftsvertrag auch für Verpflichtungen eines Gesellschafters gelte, die sich zwar bereits aus dem Gesetz ergeben, ohne Existenz des Gesellschaftsvertrages aber gar nicht denkbar wären, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehle.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes ist der Revisionsrekurs der Kläger mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

Das Rekursgericht hat die Rechtsprechung zu den Auslegungskriterien einer Schiedsklausel zutreffend wiedergegeben. Die Anwendung dieser Grundsätze auf den konkreten Einzelfall stellt keine erhebliche Rechtsfrage dar. Umfaßt eine Schiedsklausel "alle Streitigkeiten aus diesem Vertrag", so werden davon jedenfalls auch ein behaupteter Verstoß gegen die im Vertrag festgelegten Pflichten - mögen diese in generalisierter Form (Treuepflicht des Gesellschafters) überdies auch schon aus dem Gesetz ableitbar sein - und der daraus abgeleitete Unterlassungsanspruch umfaßt. Die Kläger haben ihren Unterlassungsanspruch ausdrücklich auf einen Verstoß gegen die im Gesellschaftsvertrag vereinbarten Pflichten gestützt.

Der Ausspruch über die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung, in der ausdrücklich auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels mit dem Antrag auf Zurückweisung hingewiesen wurde, beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.