OGH 22.10.2024, 6Ob221/17v
Rechtssätze
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | |
RS0120357 | Das Rekursgericht muss selbst bei Vorliegen eines (ausdrücklichen) Antrags einer Partei auf Durchführung einer mündlichen Rekursverhandlung diese nicht zwingend vornehmen; auch in diesem Fall fällt die Beurteilung der Notwendigkeit einer solchen mündlichen Rekursverhandlung allein in das pflichtgemäße Ermessen des Rekursgerichts. Das gilt selbst dann, wenn eine mündliche Verhandlung für das Verfahren erster Instanz zwingend vorgeschrieben ist. |
Normen | |
RS0036324 | Das Vergreifen in der Entscheidungsform beeinflusst weder die Zulässigkeit noch die Behandlung des Rechtsmittels. Haben die Untergerichte mit konformen Urteilen (statt getrennt nach Urteil und Beschluss) die Klage zum Teil abgewiesen, zum anderen Teil aber zurückgewiesen, und übersteigt der sachlich beschiedene Teil des Klagsanspruchs nicht die Revisionsgrenze, so ist ein weiterer Rechtszug jedenfalls ausgeschlossen. |
Normen | |
RS0122180 | Begründete das Rekursgericht der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs folgend umfangreich, warum es den Rekurs für inhaltlich nicht berechtigt hält, kann sich die Rekurswerberin durch den formell ihren Rekurs zurückweisenden Spruchteil nicht beschwert erachten. |
Norm | |
RS0131019 | Bei beharrlicher und lang andauernder Verweigerung der Offenlegung kommt ein Nachlass von Zwangsstrafen nach § 285 Abs 3 UGB nicht in Betracht, da diesfalls nicht bloß ein geringes Verschulden vorliegt. |
Norm | |
RS0131829 | Eine Mäßigung der Zwangsstrafe nach § 285 Abs 3 UGB kommt nur dann in Betracht, wenn – neben anderen Voraussetzungen – die „Einbringung“ für den Antragsteller mit besonderer Härte verbunden ist, womit dessen wirtschaftliche Leistungsfähigkeit angesprochen ist. Offenlegungspflichtige, die die Zwangsstrafe ohne besondere Schwierigkeiten bezahlen können, werden daher von § 285 Abs 3 Z 1 UGB nicht erfasst, auch wenn die übrigen Voraussetzungen des § 285 Abs 3 UGB erfüllt sind. Die Voraussetzungen dieser Gesetzesstelle müssen nämlich kumulativ vorliegen. Andere als finanzielle Gesichtspunkte spielen im Rahmen der nach § 285 Abs 3 Z 1 UGB vorzunehmenden Abwägung keine Rolle. |
Normen | GEG §9 UGB §285 ABs3 |
RS0131911 | Die Regelung des § 285 Abs 3 UGB idF RÄG 2014 stellt eine lex specialis für die Nachsicht iSd § 9 GEG dar. |
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Firmenbuchsache der im Firmenbuch zu FN ***** eingetragenen W***** GmbH & Co KG, *****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Gesellschaft vertreten durch Weh Rechtsanwalt GmbH in Bregenz, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom , GZ 3 R 53/17v-5, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Das Erstgericht hat den auf § 9 GEG gestützten, von der Gesellschaft gestellten Antrag auf Nachlass der über ihre Gesamtrechtsvorgängerin verhängten Zwangsstrafen zwar zurückgewiesen, die Berechtigung des Antrags aber auch inhaltlich verneint. Das Rekursgericht hat mit ausführlicher Begründung die inhaltliche Berechtigung des Nachlassantrags verneint und dem Rekurs nicht Folge gegeben.
Bei dieser Sachlage ist aber nicht ersichtlich, inwiefern die Vorgangsweise des Rekursgerichts einen Mangel begründen soll, der eine erschöpfende Erörterung und gründliche Beurteilung der Sache zu hindern geeignet wäre (§ 66 Abs 1 Z 2 AußStrG). Im Übrigen hat der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen, dass die Wahl einer bloß unrichtigen Entscheidungsform keine Beschwer begründet. Begründete das Erstgericht, warum es den Antrag für inhaltlich nicht berechtigt hält, kann sich die Rekurswerberin durch den formell ihren Antrag zurückweisenden Beschluss nicht beschwert erachten (vgl RIS-Justiz RS0122180; 6 Ob 207/05t).
Völlig zutreffend gingen die Vorinstanzen davon aus, dass die Regelung des § 285 Abs 3 UGB idF RÄG 2014 eine lex specialis für die Nachsicht iSd § 9 GEG darstellt. Die Voraussetzungen nach dieser Gesetzesstelle müssen aber kumulativ vorliegen (vgl 6 Ob 150/16a; 6 Ob 175/17d; Dokalik in U. Torggler, UGB² § 285 Rz 17). Dass die langjährige hartnäckige Verweigerung der Offenlegung kein geringes Verschulden darstellt, bedarf keiner weiteren Ausführungen (vgl 6 Ob 150/16a mwN). Die Gesetzesmaterialien (ErläutRV 367 BlgNr XXV. GP 20) stellen ausdrücklich klar, dass ein geringes Verschulden „bei beharrlicher und lang dauernder Verweigerung der Offenlegung“ nicht in Betracht kommt. Dies entspricht auch der einhelligen Auffassung in der Literatur (Dokalik aaO; Zib in Zib/Dellinger UGB § 285 Rz 16).
Die Revisionsrekursausführungen zu § 12 GEG gehen ins Leere, weil die dort geregelte Abstandnahme von der Einbringung nicht im Nachlassverfahren nach § 285 UGB (§ 9 GEG) zu beurteilen ist. Im Verfahren erster Instanz sowie im Rekursverfahren stützte sich die Antragstellerin ausschließlich auf einen Nachlass gemäß § 9 GEG (§ 285 UGB).
Eine mündliche Verhandlung im Verfahren über die allfällige Nachsicht bereits rechtskräftig verhängter Strafen ist auch von Art 6 EMRK nicht gefordert.
Für die Durchführung einer mündlichen (Revisions-)Rekursverhandlung bestand daher kein Anlass (Grabenwarter/Pabel Europäische Menschenrechts-konvention6, 529 f).
Zusammenfassend bringt der Revisionsrekurs somit keine Rechtsfragen der in § 62 Abs 1 AußStrG geforderten Bedeutung zur Darstellung.
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Rechtsgebiet | Zivilrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2017:0060OB00221.17V.1121.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
KAAAD-42116