OGH vom 22.12.2003, 2Ob288/03x
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Michaela G*****, vertreten durch Dr. Benedikt Wallner, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei ***** Bank GmbH, *****, vertreten durch Tramposch & Partner Mag. Ulrich Hiob, Rechtsanwalt in Eisenstadt, wegen Zahlung von EUR 5.987,76 sA und Feststellung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom , GZ 12 R 56/03y-22, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom , GZ 9 Cg 123/02b-18, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung, folgenden
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil aufgehoben; zugleich wird auch das Urteil des Erstgerichtes aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an dieses zurückverwiesen.
Die Kosten der Rechtsmittelverfahren sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Die Klägerin begehrt von der beklagten Partei die Zahlung von EUR 5.987,76 sA sowie die Feststellung, aus dem zwischen Gregorij Alexander B***** und der beklagten Partei am abgeschlossenen Kreditvertrag über ursprünglich öS 345.000 nicht zu haften.
Sie brachte dazu vor, der Hauptschuldner sei ihr damaliger Lebensgefährte gewesen; er habe bei der beklagten Bank am einen Kredit über 345.000 S aufgenommen. Die zur Rückzahlung zu gelangende Gesamtbelastung betrage S 506.928. Die beklagte Partei habe sich des Hauptschuldners als Boten bedient und ihm die Kreditunterlagen mit dem Auftrag mitgegeben, die Klägerin möge “als Solidarschuldnerin” mitunterschreiben. In Wahrheit sei die Klägerin aber ausschließlich gutstehende Dritte, damit Interzedentin im Sinn der §§ 25c und 25d KSchG gewesen. Hätte sie gewusst, wie es um die wirtschaftliche Lage des Hauptschuldners bestellt gewesen sei, insbesondere dass es sich bei der Kreditzuzählung bereits um eine Umschuldung gehandelt und wenig Hoffnung bestanden habe, dass der Hauptschuldner den Kredit aus Eigenem werde zurückzahlen können, hätte sie die Haftungserklärung nicht abgegeben. Sie sei entgegen § 25c KSchG von der beklagten Partei nicht über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Hauptschuldners aufgeklärt worden, sie habe vielmehr überhaupt keinen Kontakt zur beklagten Bank gehabt. Zum Zeitpunkt der Abgabe der Haftungserklärung sei sie vermögenslos gewesen und sei sie dies bis heute. Im Laufe des letzten Jahres sei der Klagsbetrag rechtsirrtümlich an die beklagte Partei bezahlt worden, weil ihr diese stets mit der Gehaltsabtretung gedroht habe, obwohl eine solche gemäß § 12 KSchG unzulässig sei. Es wäre der Klägerin unangenehm gewesen, wenn ihr Dienstgeber wegen der Gehaltsabtretung kontaktiert oder belangt worden wäre. Hilfsweise werde das Geschäft wegen eines von der beklagten Partei verursachten Irrtums angefochten und die Rückabwicklung der wechselseitigen Leistungen begehrt.
Hilfsweise begehrt die Klägerin die Anwendung der richterlichen Mäßigung gemäß § 25d KSchG. Die Klausel im Kreditvertrag, die Klägerin würde “als Solidarschuldner” bestätigen, über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Kreditnehmers aufgeklärt worden zu sein, spreche für das Verständnis der beklagten Bank, sie als Interzedentin zu betrachten. Die Klausel selbst hingegen sei rechtsunwirksam und ungewöhnlich im Sinne des § 864a ABGB.
Die beklagte Partei wendete ein, die Klägerin sei über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Hauptschuldners aufgeklärt worden. Nach der eingeholten Bonitätsprüfung sei nicht vorhersehbar gewesen, dass der Kredit tatsächlich notleidend werden würde. Nur dann, wenn für die beklagte Partei bei Abschluss des Kreditvertrages erkennbar gewesen wäre, dass dieser notleidend werden würde, wäre ein Verstoß gegen die Informationspflichten denkbar. Die Klägerin hätte die Verpflichtung aus dem Kreditvertrag als solidarisch haftende Mitschuldnerin wegen des Naheverhältnisses zum Hauptschuldner jedenfalls übernommen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, wobei im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen wurden:
Der Lebensgefährte der Klägerin war zum Zeitpunkt des Kreditabschlusses bei einem Finanzberatungsunternehmen beschäftigt. Zunächst hatte er einen Kredit bei einer anderen Bank. Da der damalige Arbeitgeber des Lebensgefährten der Klägerin mit der beklagten Bank geschäftliche Kontakte unterhielt, wurde dem Lebensgefährten der Klägerin nahegelegt, den Kredit bei der beklagten Partei aufzunehmen. Er hatte bei Abschluss des gegenständlichen Kreditvertrages bereits einen Vorkredit bei der beklagten Partei offen. Daraus hafteten rund S 200.000 aus. Die Klägerin war bei Abschluss des gegenständlichen Kreditvertrages bereits seit einem Jahr seine Lebensgefährtin und wusste von Schulden, über die finanzielle Gesamtlage ihres Lebensgefährten war sie jedoch nicht informiert, “insbesondere inwieweit er selbst den gegenständlichen Kredit bedienen konnte”.
Der Kreditbetrag wurde hauptsächlich zur Schuldenabdeckung des Lebensgefährten der Klägerin verwendet, nur etwa 20.000 S wurden für gemeinsame Wohnungskosten verwendet. Bargeld erhielt die Klägerin aus dem Kreditvertrag nicht.
Die Kreditunterlagen nahm der Lebensgefährte der Klägerin mit nach Hause, wo sie von der Klägerin unterschrieben wurden. Die Klägerin hatte nie direkten Kontakt zur beklagten Partei und war auch nie in irgendeiner ihrer Filialen.
Auf der ersten Seite des schriftlichen Kreditvertrages wird festgehalten, dass es sich um einen Barkredit in Höhe von ATS 345.000 “für diverse Anschaffungen” handle. Am Ende der ersten Seite befindet sich allerdings der Vermerk “Abdeckung ***** Bank GmbH [beklagte Partei] Vorkonto 36-26643-001; “Abdeckung ***** E***** Bank laut sep Aufstellung ü/S 182.000”.
Auf der letzten Seite der Krediturkunde befindet sich oberhalb der Unterschrift der Klägerin folgender Vermerk: “Als Solidarschuldner bestätige ich, über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Kreditnehmers und über die wesentlichen Folgen meiner Solidarhaftung informiert und zur Übernahme der Solidarhaftung auch für den Fall bereit zu sein, dass der Kreditnehmer seine Verpflichtung nicht oder nicht vollständig erfüllt”.
Als die Klägerin den Kreditvertrag unterschrieb, verdiente sie brutto monatlich S 14.200, ihr Lebensgefährte hatte ihr erzählt, dass er ca S 20.000 im Monat verdiene.
“Auch wenn ihr Lebensgefährte sie über seinen tatsächlichen finanziellen Hintergrund informiert hätte, hätte er nicht nachgegeben und solange auf sie eingeredet, bis sie unterschrieben hätte”.
Sie wusste, einen Kreditvertrag zu unterschreiben. Sie hatte zu diesem Zeitpunkt keine anderen Verbindlichkeiten. Ihr Lebensgefährte sagte ihr, dass er, wenn es notwendig wäre, ohnehin zuerst geklagt werden würde. Dass die Beklagte erkannte oder erkennen hätte müssen, dass der Lebensgefährte der Klägerin nicht in der Lage war, seine Verbindlichkeiten zu erfüllen, konnte nicht festgestellt werden.
Die Klägerin zahlte an die beklagte Partei bis S 82.393,37 aus Sorge um ihren Arbeitsplatz.
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, es fehle an einem krassen Missverhältnis zwischen dem Haftungsumfang und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Klägerin, weshalb die behauptete Sittenwidrigkeit der Interzession zu verneinen sei. Eine Hinweispflicht im Sinne des § 25c KSchG setze voraus, dass der Gläubiger erkannte oder erkennen habe müssen, dass der Hauptschuldner vermutlich nicht in der Lage sein werde, seine Verpflichtung zur Gänze zu erfüllen. Von der Klägerin sei nicht vorgebracht worden, ob und inwieweit der beklagten Partei tatsächlich ein solches Wissen oder Wissenmüssen unterstellt werden müsse. Auch ein Vorbringen, das die Anwendung des § 25d KSchG rechtfertige, sei nicht erhoben worden.
Das von der Klägerin angerufene Berufungsgericht bestätigte die angefochtene Entscheidung, es sprach aus, der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteige EUR 4.000, nicht jedoch EUR 20.000, die ordentliche Revision sei nicht zulässig.
Das Berufungsgericht führte zu den von der Klägerin geltend gemachten Feststellungsmängeln aus, es sei nicht erkennbar, aufgrund welcher Beweisergebnisse das Erstgericht diese Feststellungen treffen hätte sollen.
Zuzugeben sei der Klägerin aber, dass der Umstand, dass der Kreditgeber selbst aktiv wurde, um die Einbeziehung der Interzedentin in das Schuldverhältnis zu erreichen, prima facie darauf hinweise, dass er die Einbringung der Forderung beim Hauptschuldner als nicht gesichert angesehen habe. Da hier offenbar die beklagte Partei selbst die Interzession der Klägerin als Mitschuldnerin erreichen habe wollen, genüge es nicht, dass das Erstgericht nicht feststellen habe können, dass die beklagte Partei erkannt hätte oder erkennen hätte müssen, dass der Hauptschuldner nicht in der Lage gewesen wäre, seine Verbindlichkeiten zu erfüllen. Es wäre hier Sache der beklagten Partei gewesen, nicht nur entsprechende Behauptungen aufzustellen, sondern den Gegenbeweis mit Beweismitteln zu erbringen, die eine positive Feststellung ermöglichten.
Es sei der beklagten Bank aber der Beweis gelungen, dass die Klägerin die Verpflichtungserklärung trotz ordnungsgemäßer Information abgegeben hätte. Die Klägerin gehe selbst davon aus, dass sich die beklagte Bank ihres Lebensgefährten als “Verhandlungsgehilfen” bedient habe. Müsse sich die Bank die Handlungen der Hilfsperson zurechnen lassen, so sei davon auszugehen, dass es hier in dem konkreten Fall gerade noch ausreiche, wenn die Bank beweise, dass die Klägerin den Kreditvertrag auch dann unterschrieben hätte, wenn ihr Lebensgefährte und Hauptschuldner als Hilfsperson der Bank sie näher über seinen tatsächlichen finanziellen Hintergrund informiert hätte und sie dann, wenn auch mit Überredung, letztlich doch den Kreditvertrag freiwillig unterschrieben hätte. Davon sei auch deshalb auszugehen, weil die Klägerin hier ihre Unterschrift unter einen vom sonstigen Vertragstext deutlich abgegrenzten und hervorgehobenen Passus, wonach sie über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Kreditnehmers und über die wesentlichen Folgen ihrer Solidarhaftung informiert sei, geleistet habe. Derartige Vertragsbestimmungen seien nicht ungewöhnlich. Ein sich solidarisch verpflichtender Interzedent müsse nach den Umständen und der Rechtslage mit solchen Bestimmungen rechnen. Möge eine solche Bestimmung die Bank auch nicht von der Informationspflicht befreien, so liege in ihr doch ein starkes Indiz dafür, dass die Klägerin den Kreditvertrag auch dann unterfertigt hätte, wenn sie tatsächlich von der Bank über die finanzielle Gesamtlage informiert worden wäre. Das Berufungsgericht gehe daher auch davon aus, dass die Klägerin damals auch bei vollständiger Information durch die Bank ihrem Lebensgefährten zuliebe die Solidarhaftung als Interzedentin übernommen hätte.
Über Antrag der Klägerin änderte das Berufungsgericht seinen Ausspruch über die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision dahin ab, dass diese für zulässig erklärt wurde. Das Berufungsgericht begründete dies damit, es habe die Unterschrift der Klägerin unter die Klausel, über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Kreditnehmers informiert zu sein, als Indiz dafür gewertet, die Klägerin hätte den Kreditvertrag auch dann unterfertigt, wenn sie tatsächlich von der Bank über die finanzielle Gesamtlage informiert worden wäre. Darin könnte man möglicherweise eine für die Klägerin nachteilige Beweislastverschiebung erblicken, was die Tatsachenbestätigung zum unzulässigen Vertragsbestandteil im Sinn des § 6 Abs 1 Z 11 KSchG machen würde, der allenfalls nicht einmal als Indiz für das Vorliegen eines Ausnahmetatbestandes des § 25c letzter Satz KSchG herangezogen werden dürfte. Es sei auch nicht von der Hand zu weisen, dass es für die Annahme des Ausnahmetatbestandes des § 25c letzter Satz KSchG nicht genüge, wenn die Bank beweise, dass die Interzedentin ihre Verpflichtung trotz Information oder auch Überredung des Hauptschuldners als Erfüllungsgehilfen der Bank übernommen hätte und dass die Überredung des Hauptschuldners und Lebensgefährten die Entscheidungsfreiheit der Klägerin in einem Maß beeinflusst haben könnte, das es verbiete, der Bank den Ausnahmetatbestand des § 25c letzter Satz KSchG zugute kommen zu lassen.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der klagenden Partei mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass dem Klagebegehren stattgegeben werde; hilfsweise werden Aufhebungsanträge gestellt.
Die beklagte Partei hat Revisionsbeantwortung erstattet und beantragt, dem Rechtsmittel der Klägerin nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig und im Sinne ihres Aufhebungsantrags auch berechtigt.
Die Klägerin macht in ihrem Rechtsmittel geltend, aus der Feststellung, dass der Hauptschuldner solange auf sie eingeredet hätte, bis sie unterschrieben hätte, könne ebensowenig auf die Entbehrlichkeit der gebotenen Aufklärung geschlossen werden wie darauf, dass sie im Fall einer solchen Aufklärung durch die Bank die Haftungserklärung abgegeben hätte. Auch aus der Unterfertigung einer nichtigen Tatsachenfiktion könne dies nicht geschlossen werden. Der die Bank treffende Beweis im Sinn des § 25c KSchG letzter Satz sei nicht schon dann erbracht, wenn die Interzedentin “nach Überredung” durch den Hauptschuldner tatsächlich eine Haftungserklärung abgegeben habe, auch wenn sie diese Erklärung unmittelbar unter eine im Anwendungsbereich des KSchG nichtige Formularklausel gesetzt habe. Die Informationspflicht hätte für die beklagte Partei auch dann bestanden, wenn der Klägerin die finanzielle Situation des Kreditnehmers bekannt gewesen wäre. Zu berücksichtigen sei auch der emotionale Druck, den die Lebensgemeinschaft mit dem Hauptschuldner auf die Klägerin ausgeübt habe. Im Zusammenhang mit der emotionalen Bindung zum Hauptschuldner könne von einer freien und unbeeinflussten Willensentscheidung nicht gesprochen werden. Dass es für die beklagte Partei durchaus vorhersehbar gewesen sei, dass der Hauptschuldner seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen werde, ergebe sich bereits aus der “Umschuldung”.
Hiezu wurde erwogen:
Gemäß § 25c KSchG hat der Gläubiger einen Verbraucher, der einer Verbindlichkeit als Mitschuldner, Bürge oder Garant beitritt, auf die wirtschaftliche Lage des Schuldners hinzuweisen, wenn er erkennt oder erkennen muss, dass der Schuldner seine Verbindlichkeit voraussichtlich nicht erfüllen wird. Unterlässt der Unternehmer diese Information, so haftet der Interzedent nur dann, wenn er seine Verpflichtung trotz einer solchen Information übernommen hätte. Will der Verbraucher die Inanspruchnahme durch den Gläubiger verhindern, so hat er zu beweisen, dass die schlechte wirtschaftliche Lage dem Gläubiger bekannt war oder bekannt sein musste. Der Gläubiger hat dann die erfolgte Information zu beweisen. Es steht ihm aber auch frei zu behaupten und zu beweisen, dass der Verbraucher die Interzession auch bei erfolgter Information getätigt hätte (Krejci in Rummel³ ABGB § 25c KSchG Rz 10). Zur Frage, ob der beklagten Bank die schlechte wirtschaftliche Lage des Hauptschuldners bekannt war oder bekannt sein musste, hat das Erstgericht die Negativfeststellung getroffen, es könne nicht festgestellt werden, dass die beklagte Partei erkannte oder erkennen hätte müssen, dass der Hauptschuldner nicht in der Lage war, seine Verbindlichkeit zu erfüllen. Die Frage des Kennens der wirtschaftlichen Lage des Schuldners stellt eine Tatfrage dar, ob der Gläubiger aber die wirtschaftliche Lage erkennen musste, eine Rechtsfrage. Zur Tatfrage entspricht es der vom Berufungsgericht zutreffend zitierten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, dass dann, wenn der Gläubiger aktiv für eine bereits bestehende Forderung die Einbeziehung eines Interzedenten betreibt, dies prima facie darauf hinweist, dass er die Einbringung der Forderung beim Hauptschuldner als nicht gesichert ansah (RIS-Justiz RS0113882; SZ 73/121 [siehe auch P. Bydlinski Kreditbürgschaft², 116]). Durch den Anscheinsbeweis wird aber an der Beweislastverteilung selbst nichts geändert (Haas, Zur Aufklärung des Interzedenten über die wirtschaftliche Lage des Hauptschuldners nach § 25c KSchG, JBl 2002, 538 [541 FN 45]; Rechberger in Rechberger² ZPO Vor § 266 Rz 22 mwN). Da im vorliegenden Fall der Lebensgefährte der Klägerin zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme des gegenständlichen Kredites bei der beklagten Partei bereits einen Kredit offen hatte und der gegenständliche Kredit im Wesentlichen nur der Abdeckung der Vorkredite diente, sind die Voraussetzungen dafür gegeben, dass der Klägerin die Beweiserleichterung des Anscheinsbeweises zugute kommt. Ob ein materiellrechtlicher Tatbestand vorliegt, der eine Beweismaßreduzierung im Sinne eines Anscheinsbeweises rechtfertigt, ist eine Frage der rechtlichen Beurteilung (Rechberger, aaO, Vor § 266 Rz 22 mwN). Wenn nun das Erstgericht die Negativfeststellung getroffen hat, ohne der Klägerin die Beweiserleichterung des Anscheinsbeweises einzuräumen, hat es den Tatbestand unrichtig rechtlich beurteilt, die Feststellung kann daher nicht der Entscheidung zugrunde gelegt werden. Ob, ausgehend von dieser Beweiserleichterung, die zitierte Negativfeststellung aufrecht zu erhalten ist, ist eine Frage der Beweiswürdigung und somit eine Tatfrage, auf die vom Obersten Gerichtshof nicht einzugehen ist. Das Verfahren ist daher mit einem Feststellungsmangel insoweit behaftet, als nicht in rechtlich einwandfreier Weise feststeht, ob die beklagte Bank erkannte, dass der Schuldner seine Verbindlichkeit voraussichtlich nicht erfüllen werde.
Was die Rechtsfrage betrifft, ob die beklagte Bank diesen Umstand hätte erkennen müssen, bedarf es noch einer weitergehenden Erörterung mit den Parteien. Nach ständiger Rechtsprechung ist je nach Art und Ausmaß der Verbindlichkeit vom Gläubiger eine sorgfältige Bonitätsprüfung unter Verwendung der ihm zugänglichen Instrumente vorzunehmen und hat sich der Gläubiger in jenem Umfang Kenntnis von der wirtschaftlichen Lage des Hauptschuldners zu verschaffen, wie dies ein sorgfältiger Kreditgeber üblicherweise tut (RIS-Justiz RS0115984; ÖBA 2002, 499; siehe hiezu auch Haas, aaO, JBl 2002, 539 f). Sollte sich im fortgesetzten Verfahren nicht ohnehin bereits ergeben, dass die beklagte Bank erkannte, dass der Hauptschuldner seine Verbindlichkeit voraussichtlich nicht erfüllen werde, wird diese Frage mit den Parteien zu erörtern und werden darüber bei widerstreitendem Tatsachenvorbringen Feststellungen zu treffen sein.
Die Informationspflicht im Sinne des § 25c KSchG trifft den Kreditgeber, der sich dazu auch eines Verhandlungsgehilfen bedienen kann. Unter den Voraussetzungen, unter denen man Irreführungen des Interzedenten durch Verhandlungsgehilfen des Kreditgebers diesem zurechnet, muss man auch eine Aufklärung durch den Verhandlungsgehilfen als ausreichend erachten. Der Hauptschuldner ist gegenüber dem Interzedenten aber nur dann Verhandlungsbeauftragter des Kreditgebers, wenn der Gläubiger selbst ein über den mit jeder Interzession begrifflich verbundenen Sicherungszweck hinausgehendes Interesse an der Verpflichtung des Interzedenten hatte (RIS-Justiz RS0014862; ÖBA 2002, 322; siehe auch P. Bydlinski, aaO, 60 f).
Ein derartiges, über den mit der Interzession begrifflich verbundenen Sicherungszweck hinausgehendes Interesse ist im vorliegenden Fall nicht erkennbar, weshalb sich die beklagte Bank nicht auf eine Aufklärung durch den Lebensgefährten der Klägerin berufen kann, diese aber auch nicht Irreführung durch ihren Lebensgefährten geltend machen kann. Vielmehr kann von der Klägerin als erwachsener, geschäftsfähiger Person erwartet werden, dass sie sich bei Zweifelsfragen selbst um Information bemüht, es ist ihr auch zumutbar, ihre wirtschaftlichen Interessen selbst ausreichend zu wahren (P. Bydlinski, aaO, 55 mwN).
Nach ständiger Rechtsprechung besteht die Informationspflicht des Kreditgebers auch dann, wenn der Interzedent über die finanzielle Situation des Hauptschuldners Bescheid weiß; dadurch soll eine Verminderung des Risikos für den Bürgen durch die ausdrückliche Warnung bewirkt werden (RIS-Justiz RS0113880; SZ 73/121; zuletzt 8 Ob 50/03s).
Die beklagte Bank ist schon einer allfälligen Informationspflicht im Sinne des § 25c KSchG nicht nachgekommen.
Allerdings eröffnet § 25c letzter Satz KSchG dem Gläubiger die Möglichkeit, die fehlende Kausalität seiner Pflichtwidrigkeit zu beweisen (P. Bydlinski, Die Sittenwidrigkeit von Haftungsverpflichtungen, ZIK 1995, 135 [139]; Thunhart, Informations-und Warnpflichten beim Konsumentenkredit in Österreich und den USA, ÖBA 2001, 843 [850]; SZ 73/121). Dieser Nachweis eines hypothetischen Kausalverlaufes ist nun der beklagten Bank nur insoweit gelungen, als die Klägerin auch dann, wenn sie ihr Lebensgefährte über seinen tatsächlichen finanziellen Hintergrund informiert hätte, den Kreditvertrag unterschrieben hätte. Wie schon oben ausgeführt, ist das Verhalten des Lebensgefährten der Klägerin der beklagten Bank aber weder in der Frage der Irreführung noch in der Frage der Erfüllung der Aufklärungspflichten zuzurechnen. Weiters wurde schon oben ausgeführt, dass die Informationspflicht auch gegenüber dem besteht, der bereits informiert ist. Es bedarf daher einer Feststellung, ob die Klägerin auch dann den Kreditvertrag unterschrieben hätte, wenn sie von der beklagten Bank im Sinne des § 25c KSchG ausreichend informiert worden wäre. Dazu hat das Erstgericht aber keine Tatsachenfeststellungen getroffen. Das Berufungsgericht hat zwar ausgeführt, es gehe aufgrund verschiedener Überlegungen davon aus, dass die Klägerin auch bei vollständiger Information durch die Bank ihrem Lebensgefährten zuliebe die Solidarhaftung als Interzedentin übernommen hätte. Dabei kann es sich aber nicht um ergänzende Feststellungen handeln, denn diese hätten ja nur nach Beweiswiederholung (oder -ergänzung) getroffen werden können (E. Kodek in Rechberger² ZPO § 488 Rz 4 mwN). Auch insoweit liegt daher ein Feststellungsmangel vor.
Das Erstgericht wird daher im fortgesetzten Verfahren zu prüfen haben, ob die beklagte Bank eine Informationspflicht traf und,sollte dies der Fall sein, ob die Klägerin auch bei Erfüllung der Informationspflicht die klagsgegenständliche Verpflichtung übernommen hätte.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.