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OGH vom 03.02.2005, 2Ob285/04g

OGH vom 03.02.2005, 2Ob285/04g

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Dr. Baumann, Hon. Prof. Dr. Danzl und Dr. Veith als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Franz B*****, vertreten durch Schneider & Schneider Rechtsanwälte OEG in Wien, gegen die beklagte Partei V***** AG, *****, vertreten durch Dr. Christoph Wolf, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung (Streitwert EUR 20.100,--), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 83/04m-12, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom , GZ 35 Cg 63/03h-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 1.063,80 (darin EUR 177,30 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war Vorstandsmitglied der beklagten Partei, einer Tochtergesellschaft der Ö***** V***** AG (in der Folge: „Ö*****"), die 65 % der Aktien der beklagten Partei hält. In gemeinsamen Vorstandssitzungen der Ö***** und der beklagten Partei wurden letzterer bestimmte Geschäftsbereiche des V*****-Konzerns zugewiesen, darunter das Emissionsgeschäft. Der beklagten Partei wird durch den Konzern vorgegeben, wie hoch das Netto-Emissionsvolumen pro Jahr sein darf. Soll dieses Volumen überschritten werden, muss der Aufsichtsrat der Ö***** konsultiert werden. Die beklagte Partei tritt als Arrangeur der Emissionen auf, die hauptsächlich von der Ö***** platziert werden. Von der bei der Ö***** eingerichteten Kostenstelle erhält die beklagte Partei eine Entschädigung für ihre Tätigkeit als Arrangeur, die den Großteil ihres Ertrages ausmacht. Der Kläger war neben seiner Funktion als Vorstandsmitglied der beklagten Partei auch Prokurist der Ö***** hinsichtlich der erwähnten Kostenstelle. Manfred K***** ist Vorsitzender des Aufsichtsrates der beklagten Partei und Vorstandsmitglied der Ö*****. Er hält mit den „Spezialisten" der beklagten Partei fast täglichen, zumindest telefonischen Kontakt. Das Zusammenspiel der Tochtergesellschaften im V*****-Konzern wird jeweils in Konzernsitzungen besprochen. Der Kläger ressortierte - was seine Berichte an den Vorstand der Ö***** betraf - zu K***** in dessen Eigenschaft als Vorstandsmitglied der Ö*****. Die Gestaltung der Geschäftspolitik der beklagten Partei orientiert sich grundsätzlich an den Vorschlägen ihres Vorstandes. Allerdings sind im Aufsichtsrat der beklagten Partei neben K***** noch drei weitere Mitarbeiter der Ö***** vertreten. Wesentliche geschäftspolitische Entscheidungen bedürfen eines Vorstandsbeschlusses des Konzerns.

Im Zuge der Entstehung des V*****-Konzerns Anfang der 90-er Jahre waren bestimmte Geschäftsbereiche an Tochtergesellschaften übertragen worden. Diese Tochtergesellschaften wurden in der Folge im Innenverhältnis nahezu wie Abteilungen eines Unternehmens geführt. So werden beispielsweise Reisekostenabrechnungen von der zuständigen Fachabteilung, bei entsprechender Relevanz auch mittels Vorstandsbeschlusses der Ö***** genehmigt.

Im Dezember 2002 lud Manfred K***** unter anderen den Kläger zu einer Sitzung ein, die sich mit Auffassungsunterschieden zwischen der beklagten Partei und der Ö***** im Hinblick auf eine im Umgang beabsichtigte Emission befassen sollte. Hintergrund der Differenzen waren Auseinandersetzungen über die Zuständigkeiten innerhalb des Konzerns. Der Kläger nahm an der Sitzung nicht teil, sondern ließ sich durch einen Mitarbeiter vertreten. Daraufhin stellte K***** den Kläger noch am selben Tag in einem Telefonat zur Rede. Zwei oder drei Wochen später äußerte der Kläger den Wunsch, er wolle nicht mehr dem Ressort K*****s in dessen Eigenschaft als Vorstandsmitglied der Ö***** zugeteilt sein und nicht mehr mit diesem zusammenarbeiten. Diesem Wunsch wurde durch den Vorstand der Ö***** nicht entsprochen. In einem Brief an K***** warf der Kläger diesem im Jänner oder Februar 2003 fachliche und menschliche Inkompetenz vor. Daraufhin fanden persönliche Gespräche zwischen K***** und dem Kläger statt, der sich schließlich in einem Brief für den Fall entschuldigte, dass seine Äußerung K***** verletzt haben sollte.

Der Kläger verweigerte in der Folge die Teilnahme an für den Konzern wichtigen Sitzungen, insbesondere an Sitzungen, die der notwendigen Information des Konzerns dienten, sodass im Frühjahr 2003 die auf Grund der Verflechtung der Aufgaben notwendige Kommunikation zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft beeinträchtigt war. Das Fernbleiben des Klägers von diesen Sitzungen und den wöchentlichen Jour fixe-Besprechungen bei K***** war Thema eines Gespräches zwischen dem Leiter der Personalabteilung der Ö***** Mag. Harald P***** und dem Kläger, das in Anwesenheit eines Vertreters der Rechtsabteilung Ende März oder Anfang April 2003 stattfand. Bei einer Besprechung am wurde zwischen dem Kläger, Manfred K***** und Mag. Harald P***** intensiv über die Frage der Bonifizierung der Mitarbeiter der beklagten Partei diskutiert, wobei es um die Ermittlung der Bemessungsgrundlage für derartige Prämien ging. Am Ende dieser fachlichen Diskussion, in der sich K***** und der Kläger nicht einigen konnten, äußerte K***** sinngemäß, dass er und der Kläger doch zusammenarbeiten müssten. Darauf antwortete der Kläger, eine tiefergehende Zusammenarbeit sei wegen der mangelnden fachlichen und menschlichen Kompetenz K*****s nicht möglich. K***** habe noch viel im Aktienrecht zu lernen und sei für die Führung einer Investmentbank nicht geeignet. In jener kontroversiellen Sitzung erteilte der Kläger dem Personalchef der Ö*****, Mag. P*****, die Weisung, die Bonifizierungen in der durch den Kläger ermittelten Höhe auszubezahlen.

Am sprach Manfred K***** als Vorsitzender des Aufsichtsrates der beklagten Partei gegenüber dem Kläger dessen Suspendierung aus. Diese Suspendierung wurde durch die Aufsichtsräte der beklagten Partei im Umlaufverfahren am 6. 5. und genehmigt. Hievon wurde der Kläger mit Brief vom verständigt, in welchem Manfred K***** - da der Kläger „offenbar die Rechtswirksamkeit dieser Schritte" bezweifle - nochmals die Suspendierung des Klägers als Vorstandsmitglied der beklagten Partei aussprach. Der Aufforderung, seine weiteren Funktionen als Vorstandsmitglied, Geschäftsführer oder Aufsichtsratsmitglied innerhalb des V*****-Konzerns zurückzulegen, leistete der Kläger keine Folge.

Nachdem sich herausgestellt hatte, dass eine gütliche Einigung zwischen der beklagten Partei und dem Kläger nicht möglich sein werde, wurde dem Kläger bei der außerordentlichen Hauptversammlung der beklagten Partei vom das Vertrauen entzogen. Ebenfalls am beschloss der Aufsichtsrat der beklagten Partei einstimmig die Abberufung des Klägers als Vorstand.

Mit der am eingebrachten Klage begehrte der Kläger zunächst, die ihm gegenüber vom Aufsichtsratsvorsitzenden der beklagten Partei am ausgesprochene und mit Schreiben vom erklärte Suspendierung von seinen Leistungspflichten und -rechten als Mitglied des Vorstandes der beklagten Partei für rechtsunwirksam zu erklären; hilfsweise stellte er ein Feststellungsbegehren. Nach seiner Abberufung als Vorstandsmitglied schränkte der Kläger das Rechtsgestaltungsbegehren auf den Kostenersatzanspruch ein und begehrte (nunmehr als Hauptbegehren) die zwischen ihm und der beklagten Partei wirkende Feststellung, dass die ihm gegenüber vom Aufsichtsrat der beklagten Partei am ausgesprochene und mit Schreiben vom erklärte Suspendierung von seinen Leistungspflichten und -rechten als Mitglied des Vorstandes der beklagten Partei nicht rechtswirksam gewesen sei. Dazu brachte er im Wesentlichen vor, die Suspendierung eines Vorstandsmitgliedes sei im Aktiengesetz nicht vorgesehen und daher rechtsunwirksam. Sollte sie dennoch als wirksam anzusehen sein, wie dies ein Teil der Lehre vertrete, könne sie in analoger Anwendung des § 75 Abs 4 AktG mit Rechtsgestaltungsklage bzw - nach erfolgtem Widerruf der Bestellung zum Vorstandsmitglied - mit Feststellungsklage angefochten werden. Nach den die Zulässigkeit der Suspendierung eines Vorstandsmitgliedes bejahenden Lehrmeinungen handle es sich bei dieser Maßnahme um einen vorbereitenden Schritt zur Klärung des Sachverhaltes vor einer im Raume stehenden Abberufung aus der Vorstandsfunktion und um ein „Minus" gegenüber der Abberufung im Sinne des § 75 Abs 4 AktG. Ein Feststellungsinteresse des Klägers bestehe nicht nur im Hinblick auf seine Rehabilitierung, sondern auch hinsichtlich der von ihm geltend gemachten Ansprüche auf Zahlung einer Kündigungsentschädigung samt Abfertigung wegen der von der beklagten Partei nach seiner Abberufung ausgesprochenen Entlassung. Wichtige Gründe, die den Aufsichtsrat zur Suspendierung des Klägers berechtigt hätten, seien weder in den Auffassungsunterschieden über die Führung der Gesellschaft, noch in den persönlichen Befindlichkeiten des Aufsichtsratsvorsitzenden zu erblicken. Die beklagte Partei habe über einen Zeitraum von fünf Wochen die Nichterfüllung der im Bankwesengesetz normierten Konzessionsvoraussetzung, über zwei Geschäftsleiter zu verfügen, bewusst in Kauf genommen. Dies werde bei der Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Suspendierung gegenüber den Animositäten des Aufsichtsratsvorsitzenden abzuwägen sein. Außerdem fehle es am erforderlichen zeitlichen Naheverhältnis zwischen der Suspendierung und dem behaupteten Grund.

Die beklagte Partei wendete mangelndes rechtliches Interesse des Klägers an der begehrten Feststellung ein. Infolge der mittlerweiligen Abberufung aus seiner Funktion sei der Kläger nicht mehr Mitglied des Vorstandes der beklagten Partei. Das rechtliche Interesse dürfe nicht ein bloß historisches, publizistisches, aus gesellschaftlicher Stellung, Takt, Höflichkeit, Moral, Weltanschauung, Sitte, Neugier usw abgeleitetes sein. Ein mögliches persönliches Interesse des Klägers sei demnach nicht von rechtlicher Relevanz. Da der Aufsichtsrat nach § 75 AktG zur Abberufung sowie auch zur Kündigung oder Entlassung des Vorstandes berufen sei, stehe ihm argumento a maiori ad minus auch die Suspendierung eines Vorstandsmitgliedes zu. Diese sei im Falle des Klägers auch zu Recht erfolgt: Die beklagte Partei habe als Konzerngesellschaft ihre Geschäftspolitik an jener des V*****-Konzerns auszurichten. Ihr Auftrag bestehe darin, alle Konzernvertriebspotentiale zu nützen. Dies impliziere einen intensiven Kontakt zu den einzelnen Profitcentern der Ö***** und zu den einzelnen Tochtergesellschaften, der die Entwicklung gemeinsamer Vorgehensmodelle und konzerninterne Abstimmungen ermöglichen sollen. Im Rahmen dieser Aufgaben sei daher die Fähigkeit des Geschäftsführers der beklagten Partei zur sozialen Kommunikation gefordert. Die Vorgangsweise des Klägers widerspreche dieser ihm bekannten Konzernzielsetzung, da er die alleinige Zuständigkeit für alle Konzernkunden beanspruche und sich zur konstruktiven Kooperation unfähig erwiesen habe. Diese Auffassungsunterschiede hätten zum Verlust des Vertrauens seitens des Hauptaktionärs Ö***** und schließlich zu inadäquaten, beleidigenden und disziplinlosen Verhaltensweisen des Klägers gegenüber dem von der Ö***** entsandten Aufsichtsratsvorsitzenden geführt. Die unterschiedlichen Auffassungen über die Geschäftspolitik stellten einen so genannten Dauertatbestand dar.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, wobei es sich auf den im Wesentlichen eingangs wiedergegebenen Sachverhalt stützte. Es bejahte zwar das rechtliche Interesse des Klägers an der begehrten Feststellung, gelangte jedoch zu dem Ergebnis, die beklagte Partei sei zur Suspendierung des Klägers berechtigt gewesen. Nach § 75 Abs 4 AktG könne der Aufsichtsrat bei Vorliegen eines wichtigen Grundes die Bestellung zum Vorstandsmitglied und die Ernennung zum Vorsitzenden des Vorstandes widerrufen. In der Lehre sei auch das Institut der Suspendierung eines Vorstandsmitgliedes bekannt. Diese Möglichkeit werde von „weiten Teilen der Lehre" auch hinsichtlich des Geschäftsführers einer GmbH bejaht. Allerdings müsse die Suspendierung auf gewichtigen Verdachtsmomenten für das Vorliegen eines wichtigen Grundes im Sinne des § 75 Abs 4 AktG beruhen und in einem zeitlichen Naheverhältnis zu der darauf folgenden Abberufung des Vorstandsmitgliedes stehen. Diese Voraussetzungen seien hier erfüllt. Die Weigerung des Klägers über einen längeren Zeitraum hindurch, mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden der beklagten Partei, der zugleich das ihm zugeordnete Vorstandsmitglied der Muttergesellschaft sei, die für eine Zusammenarbeit notwendige regelmäßige und bei der beklagten Partei sonst übliche Kommunikation aufrecht zu erhalten, begründe zumindest einen Verdachtsmoment für das Vorliegen eines wichtigen Grundes im Sinne des § 75 Abs 4 AktG, nämlich des Unterfalles der groben Pflichtverletzung. Die Kommunikationsverweigerung durch Nichtteilnahme an solchen Informations- und Koordinationssitzungen, an denen der Aufsichtsratsvorsitzende teilgenommen habe, rechtfertige als so genannter Dauertatbestand die Suspendierung des Klägers durch den Aufsichtsrat. Hingegen stelle das Verhalten des Klägers in der Sitzung am einen einmaligen Vorfall dar, der den Aufsichtsrat ebenfalls zur Suspendierung des Klägers berechtigt habe. Es entspreche der Judikatur des Obersten Gerichtshofes (1 Ob 191/02y = GesRZ 2003, 38), dass Rechtshandlungen des Aufsichtsratsvorsitzenden innerhalb des Kompetenzbereiches des Aufsichtsrates als Kollegialorgan durch den Aufsichtsrat nachträglich genehmigt werden könnten. Dies sei durch den Beschluss des Aufsichtsrates im Umlaufverfahren vom 6. und auch im vorliegenden Fall geschehen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 20.000,-- übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei. Es erachtete schon das rechtliche Interesse des Klägers an der begehrten Feststellung als nicht gegeben. Nach der Rechtsprechung müsse das Feststellungsinteresse für den Kläger von „rechtlich-praktischer Bedeutung" sein. Das Bedürfnis nach Klärung der Rechtslage müsse in der Gegenwart oder, unter Bedachtnahme auf die Prozessdauer, für die nahe Zukunft bestehen. Auch wenn das Rechtsverhältnis schon beendet sei, könne das Feststellungsinteresse weiter bestehen, wenn das Urteil für die gegenwärtige Rechtslage noch von Bedeutung sei. Das rechtliche Interesse fehle vor allem dann, wenn der Kläger bereits eine Leistungsklage erheben könne, deren Erfolg die Feststellung des Rechtsverhältnisses gänzlich erübrige. Fasching (Lehrbuch2 Rz 1097-1100) lehre, das Feststellungsinteresse des Klägers müsse sich unmittelbar aus der Rechtsordnung selbst ableiten lassen. Ein bloß wirtschaftliches Interesse genüge nicht, ebenso wenig bloße Interessen der Pietät, des Ansehens oder der Ehre, soweit diese nicht im Einzelfall gemäß § 1330 Abs 2 ABGB privatrechtlichen Schutz genieße. Aus der gesetzlichen Formulierung des rechtlichen Interesses an der alsbaldigen gerichtlichen Feststellung ergebe sich, dass ein unmittelbarer aktueller Anlass zur Klageführung gegeben sein müsse. Sei eine Gefährdung oder Beeinträchtigung der Rechtssphäre objektiv nicht möglich, dann fehle das Feststellungsinteresse. Das rechtliche Interesse müsse sich unmittelbar aus dem streitigen Rechtsverhältnis (also der Sache selbst) ergeben. Bloß prozessuale Vorteile genügten nicht, so zB die Umgehung künftiger Beweisschwierigkeiten. Das rechtliche Interesse dürfe nicht auf irgendeine Rechtsfolge gerichtet sein, sondern müsse konkret an der gerichtlichen Feststellung bestehen und tatsächlich geeignet sein, die Beeinträchtigung der Rechtssphäre durch den Gegner zu beenden oder zu verhindern. Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall habe die Frage, ob die vor der wirksamen Abberufung des Klägers als Vorstandsmitglied, gegen die er keine Klage erhoben habe, ausgesprochene Suspendierung berechtigt gewesen sei oder nicht, keine Bedeutung mehr. Zu der vom Kläger relevierten Rehabilitierung sei auf die vorstehenden Ausführungen zu verweisen, wonach bloße Interessen der Ehre kein rechtliches Interesse begründen würden. Es gebe keinen privatrechtlichen Anspruch auf Rehabilitierung. Die Ehre sei gemäß § 1330 ABGB geschützt, der Schadenersatz-, Widerrufs- und Veröffentlichungsansprüche bei Ehrenbeleidigung oder kreditschädigenden unrichtigen Tatsachenbehauptungen zur Verfügung stelle. Nur in diesem Rahmen bestehe ein Recht auf Rehabilitierung. Im vorliegenden Fall mache der Kläger aber weder ausdrücklich noch schlüssig einen unter die erwähnte Gesetzesbestimmung subsumierbaren Anspruch geltend. Das Interesse an der Rehabilitierung des Klägers begründe daher kein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung. Auch die behauptete Geltendmachung von Ansprüchen aus der Beendigung des Dienstverhältnisses gewähre dieses rechtliche Interesse nicht. Die Berechtigung dieser Ansprüche sei nach den entsprechenden arbeitsrechtlichen Vorschriften zu klären. Im gegenständlichen Prozess sei aber lediglich die nach dem Aktienrecht zu prüfende Frage relevant, ob Gründe für die vom Kläger bekämpfte Suspendierung seiner Person als Vorstandsmitglied vorgelegen seien. Selbst ein klagsstattgebendes Urteil in diesem Prozess wäre dem Kläger im arbeitsgerichtlichen Verfahren nicht dienlich. Insbesondere könnte eine klagsstattgebende Entscheidung im vorliegenden Fall keine Bindung für das arbeitsgerichtliche Verfahren entfalten. Dass die Verneinung wichtiger Gründe für die Suspendierung dem Kläger im Beweisverfahren des arbeitsgerichtlichen Prozesses Vorteile verschaffen könnte, reiche für ein rechtliches Interesse nicht aus. Soweit der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung SZ 72/90 eine Feststellungsklage mit der Begründung als zulässig erachtet habe, es bedürfe ihrer schon zur Rehabilitierung des ohne ausreichende Gründe abberufenen Funktionärs, seien dieser Argumentation die vorstehenden Erwägungen entgegenzuhalten. Die Suspendierung des Vorstandes sei im Aktiengesetz nicht geregelt. Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes existiere dazu, soweit ersichtlich, nicht. Lediglich zum Privatstiftungsgesetz habe der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass die Suspendierung von Vorstandsmitgliedern einer Privatstiftung gesetzlich nicht vorgesehen sei, obwohl daran offenkundig ein praktisches Bedürfnis bestünde. Als Alternativen kämen daher nur die Abberufung der im Verdacht strafbarer Handlungen stehenden Vorstandsmitglieder oder ihre Beibehaltung in der Vorstandsfunktion unter Abwägung der sich daraus für die Stiftung ergebenden Gefahren in Betracht (6 Ob 85/01b). In der (vom Berufungsgericht anhand zahlreicher Beispiele erläuterten) österreichischen und deutschen Lehre sei die Zulässigkeit einer Suspendierung des Vorstandes im Aktienrecht strittig. Letztlich könne diese Frage aber auf sich beruhen, da dem Kläger schon das rechtliche Interesse an der begehrten Feststellung fehle. Auf die weiteren Gesichtspunkte der Berufung komme es daher nicht an.

Die Revision sei zulässig, weil noch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zum rechtlichen Interesse eines bereits abberufenen Vorstandsmitgliedes einer Aktiengesellschaft an der Feststellung der Unwirksamkeit seiner vor der Abberufung erfolgten Suspendierung vorliege. Des weiteren sei das Berufungsgericht von der oberstgerichtlichen Rechtsprechung zum rechtlichen Interesse des seine Abberufung bekämpfenden Klägers an der Feststellung der Unwirksamkeit seiner Abberufung nach Ablauf der Funktionsperiode abgewichen. Schließlich existiere keine oberstgerichtliche Rechtsprechung zu der Frage, ob im Aktienrecht die Suspendierung eines Vorstandsmitgliedes durch den Aufsichtsrat möglich sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers mit dem Antrag, die bekämpfte Entscheidung im Sinne der Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragte, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil zur Frage des rechtlichen Interesses eines bereits abberufenen Vorstandsmitgliedes einer Aktiengesellschaft an der Feststellung der Rechtsunwirksamkeit seiner vor der Abberufung ausgesprochenen Suspendierung von seiner Organfunktion keine Rechtsprechung besteht; sie ist aber nicht berechtigt.

Nach ständiger Rechtsprechung ist Erfolgsvoraussetzung eines Feststellungsbegehrens das rechtliche Interesse an der alsbaldigen Feststellung, bei dessen Mangel das Begehren mit Urteil abzuweisen ist (SZ 54/126 uva; RIS-Justiz RS0039201). Prozessökonomischer Zweck der Feststellungsklage ist es, die Rechtslage dort zu klären, wo ein von der Rechtsordnung anerkanntes Bedürfnis zur Klärung streitiger Rechtsbeziehungen besteht, sei es um weitere Streitigkeiten zu vermeiden, sei es um eine brauchbare Grundlage für weitere Entscheidungen zu schaffen (RIS-Justiz RS0037422). Dabei kann ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung dort als vorhanden angenommen werden, wo das Feststellungsurteil für den Kläger von rechtlich-praktischer Bedeutung ist (RIS-Justiz RS0039625). Bei Dauerrechtsverhältnissen bejaht die Rechtsprechung die Zulässigkeit des Begehrens auf Feststellung in Beziehung auf den Bestand und den Inhalt dieser Rechte, ohne Rücksicht darauf, ob eine Leistungsklage auf aus dem Rechtsverhältnis fällig gewordene Leistungen möglich ist oder nicht (RIS-Justiz RS0039110). Bei bereits beendeten Dauerschuldverhältnissen wird allerdings das rechtliche Interesse nur anerkannt, wenn das begehrte Urteil auch noch für die gegenwärtige Rechtslage der Parteien von Bedeutung ist (2 Ob 2286/96g; RIS-Justiz RS0039186; RS0038969). Das Feststellungsinteresse, das in jeder Lage des Verfahrens auch von Amts wegen zu prüfen und zu beachten ist (Fasching in Fasching/Konecny2 III § 228 Rz 123 und 125 f), muss schon bei Einlangen der Klage vorliegen, jedenfalls aber in dem Zeitpunkt, in dem die mündliche Verhandlung über die Klage geschlossen wird. Der nachträgliche Fortfall des Feststellungsinteresses nach Klagseinbringung ist zu beachten (7 Ob 68/00a, 1 Ob 58/01p mwN). Es liegt am Kläger, das rechtliche Interesse an der alsbaldigen gerichtlichen Feststellung des Bestehens des Rechtsverhältnisses oder Rechtes durch Geltendmachung konkreter Umstände zu behaupten und (erforderlichenfalls) auch zu beweisen (9 ObA 172/01m; RIS-Justiz RS0039239; Fasching aaO Rz 124). Gerade im Falle eines beendeten Vertragsverhältnisses ist das Feststellungsinteresse nicht mehr offenkundig und durch konkrete Behauptungen zu begründen (6 Ob 651/83; 2 Ob 2286/96g).

Im vorliegenden Fall hat der Kläger das Feststellungsinteresse im Verfahren erster Instanz einerseits mit dem Bedürfnis nach Rehabilitierung, andererseits mit der Geltendmachung der aus der Beendigung des Dienstverhältnisses resultierenden arbeitsrechtlichen Ansprüche begründet. Er vertritt in der Revision weiterhin die Auffassung, die zur Frage des rechtlichen Interesses eines gegen die Abberufung durch den Aufsichtsrat ankämpfenden Vorstandsmitgliedes einer Aktiengesellschaft entwickelte Rechtsprechung sei analog auf den hier vorliegenden Fall einer Suspendierung anzuwenden. Es stellte einen Wertungswiderspruch dar, wollte man zwar dem abberufenen Vorstandsmitglied nach Ende seiner Funktionsperiode das rechtliche Interesse an der Feststellung der Rechtsunwirksamkeit seiner Abberufung zugestehen, dem suspendierten Vorstandsmitglied nach Ablauf seiner Funktionsperiode das rechtliche Interesse an der Feststellung der Rechtsunwirksamkeit seiner Suspendierung jedoch absprechen. In beiden Fällen werde dem Vorstandsmitglied durch einen unzulässigen Eingriff in seine Befugnisse die Leitung der Aktiengesellschaft entzogen, wenn auch im Falle der Suspendierung unter Umständen nur zeitlich beschränkt.

Gemäß § 75 Abs 1 erster Satz AktG bestellt der Aufsichtsrat Vorstandsmitglieder auf höchstens fünf Jahre. Nach Abs 4 - für den deutschen Rechtsbereich inhaltlich gleichlautend § 84 Abs 3 dAktG - kann der Aufsichtsrat die Bestellung zum Vorstandsmitglied widerrufen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ein solcher Grund ist namentlich grobe Pflichtverletzung, Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsleitung oder Entziehung des Vertrauens durch die Hauptversammlung, es sei denn, dass das Vertrauen aus offenbar unsachlichen Gründen entzogen worden ist. Diese Aufzählung ist demonstrativ (SZ 68/98; SZ 71/77; SZ 72/90; Strasser in Jabornegg/Strasser AktG4, §§ 75, 76 Rz 40 ff).

Der Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung muss nicht mit konkreten Umständen begründet sein; für die Wirksamkeit des Widerrufes aus dem Grunde des Vertrauensentzuges reicht es aus, dass die Hauptversammlung dies beschließt und damit dokumentiert, das Vertrauen zu dem Vorstandsmitglied verloren zu haben (SZ 71/77 mwN; Strasser aaO Rz 42). Erst in einem allfälligen Rechtsstreit muss die beklagte Gesellschaft die konkreten Gründe für den Vertrauensverlust offen legen, damit nachprüfbar bleibt, ob der Entscheidung der Hauptversammlung über das Misstrauensvotum vertretbare, jedenfalls nicht offenbar unsachliche Gesichtspunkte zugrundelagen (SZ 71/77 mwN; Strasser aaO). Der Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung bewirkt aber nicht schon eo ipso die Abberufung des Vorstandsmitgliedes durch den Aufsichtsrat; es steht vielmehr im verantwortlichen Ermessen des Aufsichtsrates, darauf die Abberufung auszusprechen (SZ 68/98; SZ 71/77 je mwN). Widerruft der Aufsichtsrat auf Grund des Beschlusses der Hauptversammlung die Ernennung, so liegt die rechtliche Begründung des Widerrufes im Hauptversammlungsbeschluss; der Aufsichtsrat selbst muss außer dem Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung keine besonderen Gründe, namentlich keine zusätzliche Begründung für den Widerruf besitzen oder angeben (SZ 71/77 mwN).

Der vom Aufsichtsrat (gültig) beschlossene Widerruf der Bestellung zum Vorstandsmitglied wird mit der Verständigung des betroffenen Mitgliedes wirksam (RIS-Justiz RS0110174) und führt ohne Rücksicht auf seine Berechtigung zum Funktionsverlust (SZ 71/77 mwN; 9 Ob 19/04s; RIS-Justiz RS0049407). Dem abberufenen Vorstandsmitglied bleibt es dann überlassen, den Widerruf seiner Bestellung mit rechtsgestaltender Anfechtungsklage zu bekämpfen, deren Ziel es ist, die Abberufung und den damit verbundenen Funktionsverlust rückwirkend zu beseitigen. Das einem solchen Rechtsgestaltungsbegehren stattgebende Urteil wirkt ex tunc. Mit Eintritt der Rechtskraft eines solchen Urteils erlangt der Kläger mit als ununterbrochen geltender Amtszeit wieder die Position, die er im Zeitpunkt seiner Abberufung hatte (SZ 71/77, SZ 72/90 je mwN; RIS-Justiz RS0110175). Nach Ablauf der Amtsperiode ist Gegenstand der Klage nur noch das - vom Rechtsgestaltungsbegehren als Minus umfasste - Begehren auf Feststellung, die Abberufung sei nicht rechtmäßig gewesen (SZ 71/77, SZ 72/90 je mwN; RIS-Justiz RS0110176). In dem der Entscheidung SZ 72/90 zugrundegelegenen Anlassfall hatte der Oberste Gerichtshof das Interesse des abberufenen Vorstandsmitgliedes an der Feststellung, der Widerruf der Bestellung zum Vorstand sei bis zum Ablauf der Funktionsperiode oder bis zur neuerlichen (nicht bekämpften) Abberufung nicht rechtswirksam gewesen, mit der Begründung bejaht, schon zur Rehabilitierung des ohne zureichende Gründe abberufenen Funktionärs bedürfe es in jenen Fällen, in denen das mit der Rechtsgestaltungsklage verfolgte Ziel, wieder in seine Funktion zurückzukehren, nicht mehr erreichbar ist, der Feststellungsklage, um die „fiktive", nur „deklarativ wirkende rückwirkende" Wiedereinsetzung in die Funktion (SZ 68/98 in Anlehnung an Strasser, nunmehr aaO Rz 49) erlangen zu können. Diesbezüglich wandle sich das Rechtsschutzinteresse des abberufenen Vorstandsmitgliedes zu einem Interesse auf Feststellung, dass sein Mandat bis zum Mandatsende zu Recht bestanden habe (Strasser aaO).

Das in disziplinarrechtlichen Vorschriften verschiedener Gesetze (zB § 112 BDG, §§ 146 ff RDG) verankerte Institut der Suspendierung ist im Arbeitsrecht allgemein anerkannt (Martinek/Schwarz/Schwarz, AngG7, 414 f). In der arbeitsrechtlichen Lehre und Rechtsprechung wird dem Arbeitgeber die Befugnis zur (vorübergehenden) Dienstfreistellung zugebilligt, insbesondere unter solchen Umständen, die den Arbeitgeber zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses berechtigen könnten (SZ 67/107; C. Nowotny, Suspendierung und vorzeitige Abberufung eines in eine Tochtergesellschaft entsandten Vorstandes, DRdA 1989, 427 ff [431]). Nur in Fällen willkürlicher Missachtung des Arbeitnehmerinteresses bzw im Fall eines unzureichend begründeten diskriminierenden Eingriffes werden die Interessen des Arbeitnehmers verletzt, allenfalls wegen eines Verstoßes gegen die guten Sitten (SZ 67/107 mwN; Martinek/Schwarz/Schwarz aaO; C. Nowotny aaO). Bei (kollektiv)vertraglich begründetem Recht eines Arbeitnehmers, nur bei Vorliegen bestimmter Gründe von der Dienstleistung ausgeschlossen zu werden, wurde dem Arbeitnehmer in der Rechtsprechung die Berechtigung zugebilligt, vom Arbeitgeber Zuhaltung des Arbeitsvertrages durch Beseitigung der vertragswidrig ausgesprochenen Suspendierung zu verlangen (Arb 10.102; Martinek/Schwarz/Schwarz aaO). Das Rechtsschutzinteresse an der Aufhebung der Suspendierung wurde hiebei aber nur so lange bejaht, als das Arbeitsverhältnis aufrecht war (SZ 57/158; 4 Ob 168/85). Unter dieser Voraussetzung wurde auch ein auf Feststellung der Unwirksamkeit der - gegen die vertragliche Verpflichtung des Arbeitgebers verstoßenden - Suspendierung (die im Anlassfall mit einer Entgeltkürzung verbunden war) gerichtetes Klagebegehren als zulässig angesehen (Arb 10.848 = DRdA 1991/13 [Binder]). In diesem Vorstadium sei aber lediglich zu untersuchen, ob eindeutige Anhaltspunkte für das Gerechtfertigtsein der Dienstenthebung sprächen. Die angeführten Verdachtsmomente seien unter Zugrundelegung eines objektiven Maßstabes zu gewichten, die Schädlichkeit der Fortbeschäftigung des Arbeitnehmers für das Unternehmen sei zu prognostizieren. Stehe danach eine wesentliche Beeinträchtigung der Arbeitgeberinteressen zu befürchten, dürfe die ausgesprochene Dienstsuspendierung vom Gericht nicht aufgehoben werden (Binder aaO, 145). Abgesehen von den Fällen vertraglicher Bindung aber hat der Oberste Gerichtshof mehrfach ausgesprochen, eine Dienstfreistellung (Suspendierung) sei ein verfahrensrechtlicher Schritt ohne Strafcharakter und keine Disziplinarmaßnahme (SZ 59/215). Gegen die Einleitung eines Disziplinarverfahrens bestehe (daher) kein nachprüfender Rechtsschutz (Arb 10.848; SZ 67/107; RIS-Justiz RS0051390; Floretta/Spielbüchler/Strasser, Arbeitsrecht Band I4, 222 mwN).

Dem Aktiengesetz ist eine Suspendierung der Organe einer Aktiengesellschaft fremd. Die Zulässigkeit und die Voraussetzungen der Suspendierung von Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft ist, wie schon das Berufungsgericht zutreffend hervorgehoben hat, in der Lehre umstritten, zumal auch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zu dieser Frage existiert.

Im österreichischem Schrifttum wird ganz überwiegend die Meinung vertreten, die Suspendierung sei als vorläufige Maßnahme bei Vorliegen eines wichtigen Grundes innerhalb zeitlicher Schranken zulässig (C. Nowotny aaO 430 f; ders in Doralt/Nowotny/Kalss, Komm z AktG Band I § 75 Rz 30; Kalss in Münchener Komm z AktG2 § 84 Rz 235; Krejci in FS Wagner, Zur „Entmachtung" des Vorstandsmitgliedes einer Aktiengesellschaft, 253; Runggaldier/Schima, Die Rechtsstellung von Führungskräften, 169 ff; vgl auch die Wiedergabe der herrschenden Meinung bei Pichler/Weninger, Der Vorstand der Aktiengesellschaft [2004] 67 ff). Dieser herrschenden Ansicht widersprechen nur Strasser (aaO §§ 71 bis 74 Rz 65; anders allerdings aaO §§ 75, 76 Rz 45, wonach bei vorauszusehender Langwierigkeit notwendiger Erhebungen von der Möglichkeit einer Suspendierung Gebrauch zu machen sei) und Pichler/Weninger (aaO 69), die bei Vorliegen eines wichtigen Grundes nur die Möglichkeit des Widerrufes der Bestellung (der Abberufung) des Vorstandsmitgliedes durch den Aufsichtsrat anerkennen.

In Deutschland besteht entgegen Kalss (aaO) kein gesicherter Meinungsstand, auf den sich die Praxis berufen könnte (Hüffer, AktG2, § 84 Rz 35; Happ, Aktienrecht2, 732 f; Wiesner in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechtes Band 42, § 20 Rz 60). Den sich vor allem an den Bedürfnissen der Praxis orientierenden Befürwortern der Zulässigkeit einer einseitigen Suspendierung (Meyer-Landrut in Großkomm, § 84 Anm 28; ders in FS Fischer, Zur Suspendierung eines Vorstandsmitgliedes einer Aktiengesellschaft, 477 ff; mit Einschränkungen auch Mertens in Kölner Komm2, § 84 Rz 152) stehen ablehnende Meinungen entgegen (Hefermehl in Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropf, Aktiengesetz Band II, § 84 Anm 62; Hefermehl/Spindler in Münchener Komm z AktG2, § 84 Rz 121 ff; krit auch Hüffer aaO).

Die Befürworter der Möglichkeit einer Suspendierung stimmen im Wesentlichen darin überein, dass diese Maßnahme nur das „Innenverhältnis", nicht aber auch die gemäß § 74 Abs 2 AktG gegenüber Dritten unbeschränkbare Vertretungsbefugnis des Vorstandes im „Außenverhältnis" betrifft (Krejci aaO 252; Runggaldier/Schima aaO 172; Pichler/Weninger aaO 68; Mertens aaO Rz 152 und 157; Wiesner aaO Rz 61). Der Anstellungsvertrag werde in seinem Bestand nicht berührt (für viele Kalss aaO Rz 235). Diese Autoren vertreten weiters überwiegend die Auffassung, dass auch eine rechtswidrige Suspendierung zunächst wirksam sei, jedoch unter analoger Anwendung der für die Anfechtung einer Abberufung geltenden Grundsätze mit Rechtsgestaltungsklage bekämpft werden könne (Pichler/Weninger aaO 69; Krejci aaO 254; Runggaldier/Schima aaO 171; C. Nowotny, DRdA 1989, 431; Meyer-Landrut in FS Fischer, 483, 485; aA Strasser aaO §§ 71 bis 74 Rz 65).

Die allgemein anerkannte Zulässigkeit der Suspendierung im Dienstvertragsrecht, die als dienstrechtliches Prinzip auch im Verhältnis des Vorstandsmitgliedes zur Gesellschaft anwendbar ist (Mertens aaO Rz 152), legt nahe, dieses Institut - entsprechend der in Österreich herrschenden Meinung - auch für das Aktienrecht fruchtbar zu machen.

Letztlich muss aber im hier zu beurteilenden Fall nicht abschließend beantwortet werden, ob § 75 Abs 4 AktG auch eine Suspendierung als „Minus" gegenüber einer Abberufung deckt bzw ob - bejahendenfalls - die Suspendierung des Klägers nach objektiven Maßstäben unberechtigt war. In beiden Fällen könnte der Kläger durch die mit Urteil auszusprechende Feststellung der Rechtsunwirksamkeit der Suspendierung die angestrebte Rehabilitierung nicht mehr erreichen, steht diesem Ziel doch jedenfalls der in einem zeitlichen und inhaltlichen Zusammenhang zur Suspendierung stehende Widerruf seiner Bestellung aus dem wichtigen Grund der Entziehung des Vertrauens durch die Hauptversammlung entgegen, die seit dem rechtswirksam ist. Der in der Revision behauptete Wertungswiderspruch liegt nicht vor, weil das Vorstandsmandat des Klägers - anders als in den zu SZ 68/98 und SZ 72/90 entschiedenen Fällen - nicht durch Ablauf der Funktionsperiode, sondern durch den Widerruf seiner Bestellung gemäß § 75 Abs 4 AktG geendet hat. Mündet aber eine die Beendigung des Rechtsverhältnisses nur vorbereitende vorläufige Maßnahme in eine das Rechtsverhältnis endgültig beendende Maßnahme (vorzeitige Abberufung) des Aufsichtsrates, so ist dem wirksam Abberufenen das rechtliche Interesse an der Feststellung der Unwirksamkeit bloß des Provisoriums abzusprechen. Der maßgebliche Eingriff in die Rechtsstellung des Klägers liegt dann nur noch in der Abberufung, ob dieser nun (wie hier) eine Suspendierung vorangegangen ist oder nicht. Das angestrebte Feststellungsurteil wäre für den Kläger daher nur noch von theoretisch-abstrakter, nicht aber rechtlich-praktischer Bedeutung. Dies trifft insbesondere auf die in der Revision relevierte Frage zu, ob der Aufsichtsrat berechtigt war, in das „Leitungsmonopol" des Vorstandes durch Suspendierung einzugreifen, an deren Klärung kein praktisches Interesse mehr besteht. Ebenso ist die Beurteilung der Frage obsolet, ob der beklagten Gesellschaft trotz der zur Suspendierung Anlass gebenden Gründe die weitere Ausübung der Vorstandsfunktion durch den Kläger ohne Gefährdung ihrer Interessen zumutbar gewesen wäre. Es erübrigt sich daher auch, auf die sich unter dem Gesichtspunkt des Feststellungsinteresses mit der „Rehabilitierung" befassenden Erwägungen des Berufungsgerichtes einzugehen.

Der vom Revisionswerber herangezogene Vergleich mit jener Rechtsprechung, die die Feststellungsfähigkeit von Disziplinarmaßnahmen bejaht (RIS-Justiz RS0039104), ist nicht zielführend. Disziplinarmaßnahmen (im Sinne des Arbeitsverfassungsgesetzes) sind nur solche Verfügungen, denen der Charakter einer endgültigen Sanktion wegen eines bestimmten Verhaltens als Dienstnehmer zukommt (RIS-Justiz RS0051333; auch RS0021469), während es der Suspendierung als vorläufiger Maßnahme, die unter Umständen erst der Klärung erhobener Vorwürfe dienen soll, an einem Strafcharakter fehlt. Aus den in der Revision zitierten Entscheidungen 9 ObA 1002/93 und Arb 9895 (= SZ 53/121 = JBl 1981, 494) sind daher keine dem Standpunkt des Klägers stützende Erkenntnisse zu gewinnen.

Schließlich vermag - unter dem Gesichtspunkt der Rehabilitierung - das Feststellungsinteresse des Klägers auch der Umstand nicht zu begründen, dass die Anfechtung der Abberufung wegen geringer Erfolgsaussichten unterblieben ist. Es trifft wohl zu, dass der Kläger in einem solchen Prozess mit dem Beweis belastet gewesen wäre, dass ihm die Hauptversammlung das Vertrauen aus offenbar (im Sinne von offenkundig) unsachlichen Gründen entzogen hat. Es hätte daher schon ein Vertrauensentzug nicht erfolgreich angefochten werden können, der seiner sachlichen Berechtigung nach nur zweifelhaft war (SZ 71/77 mwN). Diese Sachlage ändert aber nichts daran, dass der Kläger selbst bei erfolgreicher Anfechtung der Suspendierung nicht mehr durch eine „fiktive Wiedereinsetzung" in seine Funktion rehabilitiert werden kann.

Auf die im arbeitsgerichtlichen Verfahren geltend gemachten Ansprüche greift der Kläger in seinem Rechtsmittel zur Begründung seines Feststellungsinteresses nicht mehr zurück. Insoweit genügt es daher, auf die zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes zu verweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Soweit der Kläger sein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung erstmals in der Revision „auch aus Gründen seiner Haftung gegenüber der Gesellschaft im Sinne des § 84 AktG" bejaht wissen will, liegt eine unzulässige Neuerung vor. Abgesehen davon führt der Kläger gar keine konkreten Umstände an, aus der sich sein rechtliches Interesse ableiten ließe.

Da das Berufungsgericht das Feststellungsinteresse des Klägers somit im Ergebnis zutreffend verneint hat, ist es auch entbehrlich, auf die von der Bejahung des Feststellungsinteresses ausgehenden weiteren Revisionsausführungen einzugehen. Den in diesem Zusammenhang behaupteten Mängeln des Verfahrens erster Instanz, mit denen sich das Berufungsgericht infolge seiner rechtlichen Beurteilung nicht auseinandergesetzt hat, fehlt es an der rechtlichen Relevanz.

Der Revision konnte demnach kein Erfolg beschieden sein.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.