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OGH vom 20.12.2018, 1Ob169/18m

OGH vom 20.12.2018, 1Ob169/18m

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Familienrechtssache der Antragstellerin H***** G*****, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. Amhof & Dr. Damian GmbH, Wien, gegen den Antragsgegner Ing. G***** G*****, vertreten durch Dr. Brigitte Birnbaum, Rechtsanwältin in Wien, und Dr. Birgit Lajtai-Nagl, Rechtsanwältin in Villach, über die Revisionsrekurse beider Parteien gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom , GZ 2 R 164/17w-151, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Villach vom , GZ 40 Fam 231/12s-137, teilweise bestätigt und teilweise aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

1. Der Revisionsrekurs der Antragstellerin wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin ist schuldig, dem Antragsgegner die mit 2.369,70 EUR (darin enthalten 394,95 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

2. Dem Revisionsrekurs des Antragsgegners wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind insofern weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die 49 Jahre dauernde Ehe der Parteien wurde im Juni 2011 (rechtskräftig) mit dem Ausspruch geschieden, dass den Mann das alleinige Verschulden an der Zerrüttung der Ehe trifft. Der Ehe entstammen drei volljährige Kinder.

Der Mann erwarb während aufrechter ehelicher Lebensgemeinschaft unter anderem das Eigentum an einem über 4.000 m² großen Grundstück an einem See sowie Miteigentumsanteile an einer als Zufahrtsweg dienenden Liegenschaft.

Die Frau begehrt im Aufteilungsverfahren zusammengefasst bestimmte Bilder, Teppiche, das („gegenständliche“) Liegenschaftsvermögen samt Inventar und die Zuerkennung der vorhandenen geldwerten Mittel sowie, soweit damit ihr Ausgleichsanspruch nicht abgedeckt werden könnte, dem Mann auch eine angemessene Ausgleichszahlung aufzuerlegen. Weiters strebt sie – in Ausübung ihres behaupteten Optionsrechts als schuldlos Geschiedene – an, ihr auf Lebenszeit auch das alleinige Recht, die Stiftungserklärung von zwei Stiftungen zu ändern, zuzuerkennen, hilfsweise dem Mann auch diesbezüglich eine angemessene Ausgleichszahlung aufzuerlegen. Darüber hinaus begehrt sie, ihr eine Yacht und zwei Motorboote samt Privatlizenzen zuzuweisen, in eventu eine entsprechende Ausgleichszahlung zuzuerkennen. Die eheliche Lebensgemeinschaft sei erst im Oktober 2008 aufgelöst worden. Bei der Seeliegenschaft handle es sich um die eheliche Wohnung.

Der Mann beantragt die Abweisung des Aufteilungsbegehrens der Frau. Die eheliche Lebensgemeinschaft habe spätestens 1996 geendet. Er habe ihr während aufrechter Ehe umfangreiches Vermögen geschenkt, sodass ein allfälliger Anspruch auf Aufteilung oder Ausgleichszahlung bereits abgegolten sei. Die Seeliegenschaft sei an ein Unternehmen vermietet und zu dessen Zwecken gewidmet.

Das Erstgericht stellte mit (Teil-Zwischen-)Beschluss „gemäß § 36 Abs 2 AußStrG“ fest, dass Aufteilungsstichtag der sei und das Seegrundstück sowie die Miteigentumsanteile am Zufahrtsweg der Aufteilung unterlägen. Der Gesetzgeber des Außerstreitgesetzes 2005 habe in Abweichung von der früheren Gesetzeslage die Möglichkeit eines Zwischenbeschlusses über den Grund eines Anspruchs eröffnet. Ein Zwischenbeschluss sei möglich, wenn zwischen den Parteien strittig sei, ob bestimmte Gegenstände in die Aufteilung einzubeziehen seien. Zwischen den Parteien sei der „Aufteilungszeitpunkt“ strittig und die (Nicht-)Einbeziehung der Seeliegenschaft in die Aufteilung „vorerst von diesem Zeitpunkt abhängig“. Alle Wesensmerkmale einer ehelichen Lebensgemeinschaft seien
– aus näher dargelegten Gründen – bis zum Oktober 2008 vorhanden gewesen. Das Seegrundstück sei an eine GmbH vermietet, die keinen Mietzins zu entrichten, sondern nur bestimmte Ausgaben zu tragen und für die Erhaltung bzw die schonende Behandlung des Mietobjekts zu sorgen habe. Die Parteien hätten trotz Vermietung der Liegenschaft im Haus gewohnt und dieses um- bzw geradezu neu gebaut, sodass die Unternehmenszugehörigkeit nur eingeschränkt vorliege und die Liegenschaft prinzipiell jedenfalls der Aufteilung unterliege.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Frau nicht Folge. Dem Rekurs des Mannes gab es hingegen teilweise Folge, bestätigte den erstinstanzlichen Beschluss hinsichtlich der Feststellung des Aufteilungsstichtags und hob ihn hinsichtlich der Feststellung, dass die Seeliegenschaft sowie die Miteigentumsanteile des Mannes am Zufahrtsweg der Aufteilung unterlägen, zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Eine Rekursergänzung des Mannes wies es zurück. Rechtlich führte es aus, jeder Partei stehe nur eine einzige Rechtsmittelschrift zu. Ein Zwischenbeschluss sei im Aufteilungsverfahren gemäß § 36 Abs 2 AußStrG jedenfalls dann möglich, wenn zwischen den Parteien strittig sei, ob bestimmte Gegenstände oder Ersparnisse aufgrund ihrer Herkunft oder Verwendung in die Aufteilung einzubeziehen seien. Gelange das Gericht jedoch zu dem Schluss, dass eine derartige Einbeziehung nicht stattzufinden habe, habe es nicht mit negativem Zwischenbeschluss, sondern in der Sache selbst mit Teilabweisung zu entscheiden. Mit Zwischenbeschluss könne festgestellt werden, ob Gegenstände, für die der Mann die Ausnahmeregelung des § 82 Abs 1 Z 3 EheG in Anspruch nehme, mangels dieser Eigenschaft grundsätzlich der Aufteilung unterlägen. Auch ein gesonderter Beschluss zur Festlegung des Aufteilungsstichtags sei rechtlich möglich. Dafür spreche einerseits die Zweckmäßigkeit und Verfahrensökonomie im Hinblick auf die enorm große und vielfältige Aufteilungsmasse und andererseits würden sich die Parteien nicht dagegen wenden. Das Verfahren zur Klärung der Frage, ob das Seegrundstück sowie die Miteigentumsanteile am Zufahrtsweg in die Aufteilung miteinzubeziehen seien, sei mangelhaft geblieben; überdies reichten die dazu getroffenen Feststellungen zur abschließenden rechtlichen Beurteilung nicht aus. Zu prüfen sei noch, welche Teile der Liegenschaft konkret als Ehewohnung und welche unternehmerisch gewidmet und genutzt worden seien und ob sich der vom Unternehmen genutzte Bereich eindeutig von der Ehewohnung abgrenzen lasse. Bis Oktober 2008 habe eine ausreichend intensive häusliche, geistig-seelische, körperliche, kulturelle und wirtschaftliche Gemeinsamkeit der Eheleute im Sinn des § 90 ABGB bestanden. Damit sei der vom Erstgericht festgesetzte Aufteilungsstichtag zu bestätigen.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt 30.000 EUR übersteige und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig. Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fehle zu den Fragen, ob im Rahmen des Verfahrens über die nacheheliche Vermögensaufteilung allein zur Festlegung des Aufteilungsstichtags ein gesonderter Beschluss im Sinn des § 36 Abs 2 AußStrG überhaupt zulässig sei, ob unter besonderen Umständen bei einer beharrlichen, dem anderen Ehegatten weitgehend verheimlichten Verletzung der ehelichen Treuepflicht nach § 90 Abs 1 ABGB noch von einer aufrechten ehelichen Lebensgemeinschaft ausgegangen werden könne und welche Auswirkungen es auf die Anwendbarkeit der Ausnahmebestimmung des § 82 Abs 1 Z 3 EheG im Hinblick auf das Trennungsprinzip nach § 61 GmbHG habe, wenn die gesamte Liegenschaft, auf der sich die Ehewohnung befinde, zu betrieblichen Zwecken an eine GmbH vermietet worden sei.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen von der Frau erhobene Revisionsrekurs ist mangels Darlegung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig. Der Revisionsrekurs des Mannes ist nicht berechtigt.

Zum Revisionsrekurs der Frau

1. Der Revisionsrekurs der Frau richtet sich gegen die aufhebende Entscheidung des Rekursgerichts betreffend die erstinstanzliche Feststellung, dass das Seegrundstück und die Miteigentumsanteile des Mannes am Zufahrtsweg der Aufteilung unterlägen. Die Frau strebt primär an, dass ihr diese Liegenschaft und die Miteigentumsanteile „zuerkannt“ werden. Sie begehrt damit die Erlassung eines entsprechenden Teilbeschlusses.

§ 36 Abs 2 AußStrG ermöglicht es dem Außerstreitrichter, über einen Teil der Sache durch Teilbeschluss zu entscheiden, verpflichtet ihn aber nicht dazu. Für einen solchen Teilbeschluss im Außerstreitverfahren gilt Analoges wie für die Erlassung eines Teilurteils im Zivilprozess, gegen dessen Verweigerung nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs kein Rechtsmittel zulässig ist; dies gilt unabhängig davon, ob die Erlassung des Teilurteils von der ersten oder zweiten Instanz verweigert wurde und aus welchen Gründen dies geschah (5 Ob 205/15f = RIS-Justiz RS0036929 [T6]). Die (implizite) Verneinung der Zulässigkeit eines Teilbeschlusses durch das Rekursgericht ist demnach nicht bekämpfbar.

2. Wenn sich die Frau dagegen wendet, dass das Rekursgericht einen Aufhebungsbeschluss hinsichtlich der erstgerichtlichen (feststellenden) Entscheidung über die Einbeziehung der Liegenschaften in das Aufteilungsverfahren fasste, vermag sie keine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen. Hält das Rechtsmittelgericht, ausgehend von einer richtigen Rechtsansicht, die erstgerichtlichen Feststellungen für unzureichend und weitere Feststellungen für erforderlich, so kann der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, dem nicht entgegentreten (RIS-Justiz RS0043414 [T8, T 15]). Eine unrichtige Rechtsansicht des Rekursgerichts zur Frage der Einbeziehung der Liegenschaften zeigt die Frau nicht auf. Im Übrigen ist sie auf die Behandlung des Rechtsmittels des Mannes (Punkt 7.) zu verweisen.

3. Mangels einer erheblichen Rechtsfrage ist ihr Revisionsrekurs daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung dazu beruht auf § 78 Abs 1 AußStrG. Der Mann hat auf die mangelnde Zulässigkeit des Rechtsmittels der Frau hingewiesen. Ihm stehen aber anstatt der verzeichneten 100 % Einheitssatz nur die gesetzlich vorgesehenen 50 % (§ 23 Abs 3 RATG) zu.

Zum Revisionsrekurs des Mannes

4. Zwar hat der Mann darauf hingewiesen, dass er mit seinem Revisionsrekurs einen „Parteiantrag an den VfGH verbunden“ habe, jedoch besteht kein Anlass, mit der Entscheidung über das Rechtsmittel im Sinn des § 62a Abs 6 VfGG iVm § 80a Abs 1 AußStrG und § 528b ZPO inne zu halten. Aus Anlass der Entscheidung des Rekursgerichts kann auch nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs ein Normenkontrollantrag nach Art 140 Abs 1 lit b B-VG nicht gestellt werden (VfGH G 378/2015 ua; vgl 1 Ob 111/16d; 1 Ob 173/16x).

5.1. Auch im Außerstreitverfahren gilt der Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels, weshalb Nachträge prinzipiell unzulässig sind (RIS-Justiz RS0007007 [T10, T 12]). Daher müssen auch allenfalls zulässige Neuerungen, die weder im Rekurs noch in dessen Beantwortung vorgetragen wurden, unbeachtlich bleiben (6 Ob 78/07z; 3 Ob 168/13x; 2 Ob 172/15f ua; Fucik/Kloiber, AußStrG § 49 Rz 2; G. Kodek in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG § 49 Rz 12; Klicka in Rechberger2§ 49 AußStrG Rz 1). Die Zurückweisung der als „Äußerung samt Antrag auf Zulassung der nunmehr vorgelegten Beweismittel und Urkundenvorlage“ bezeichneten Rekursergänzung des Mannes durch das Rekursgericht entspricht damit der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs.

5.2.1. Entgegen der Ansicht des Mannes verstößt § 49 Abs 1 AußStrG nicht gegen das Bestimmtheitsgebot des Art 18 B-VG.

Gemäß Art 18 Abs 1 B-VG müssen Gesetze einen Inhalt haben, durch den das Verhalten der Vollziehung vorherbestimmt ist. Es ist jedoch verfassungsgesetzlich zulässig, wenn der einfache Gesetzgeber bei der Beschreibung und Formulierung dieser Kriterien unbestimmte Gesetzesbegriffe verwendet, dadurch zwangsläufig Unschärfen in Kauf nimmt und von einer exakten Determinierung des Vollziehungshandelns Abstand nimmt, falls dies im Hinblick auf den Regelungsgegenstand erforderlich ist. Bei der Ermittlung des Inhalts des Gesetzes sind alle zur Verfügung stehenden Auslegungsmöglichkeiten auszuschöpfen. Nur wenn sich nach Heranziehung aller Interpretationsmethoden immer noch nicht beurteilen lässt, was im konkreten Fall rechtens ist, verstößt das Gesetz gegen das Bestimmtheitsgebot des Art 18 B-VG (VfGH G 346/2016 = VfSlg 20.155 uva).

Die Auslegung, dass mit der Geltendmachung „im Rekursverfahren“ in § 49 Abs 1 AußStrG grundsätzlich das Vorbringen oder Anbieten der Neuerungen des Rechtsmittelwerbers im Rekurs und des Gegners in der Rekursbeantwortung zu verstehen ist, entspricht dem Willen des Gesetzgebers (ErläutRV 224 BlgNR 22. GP, 49) und auch der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs sowie der Literatur (siehe Zitate zu Punkt 5.1.). Dass diese Rechtsansicht nicht dem Wunsch des Mannes („während des gesamten Rekursverfahrens“) entspricht, nimmt der Bestimmung nicht die hinreichende Bestimmtheit.

5.2.2. Die vom Gesetzgeber in zeitlicher Hinsicht gezogene Grenze für die Zulässigkeit von Neuerungen ist
– entgegen der Ansicht des Mannes – nicht gleichheitswidrig oder willkürlich (im Sinn des Art 7 Abs 1 B-VG; Art 2 StGG), sondern entspricht dem Beschleunigungsgedanken und dem Gedanken der Mitwirkungspflicht, der Wahrheits- und der Vollständigkeitspflicht der Parteien (vgl ErläutRV aaO, 48). Durch die grundsätzliche Beschränkung der zulässigerweise vorgebrachten Neuerungen auf den Rekurs und die Rekursbeantwortung kann das rechtliche Gehör der anderen Partei so gewahrt werden, dass damit eine Verfahrensverzögerung oder -verschleppung nicht einhergeht.

5.2.3. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs rechtfertigt Art 6 EMRK keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit von Rechtsmittelbeschränkungen (RIS-Justiz RS0043962 [T9]; RS0044057 [T11]; RS0074833 [T1]). Unter der Voraussetzung, dass der Zugang zu den Gerichten gewahrt ist, bleibt die weitere Ausgestaltung der Gerichtsbarkeit dem Ermessen der Staaten überlassen. Art 6 EMRK enthält zur Frage der Anfechtbarkeit gerichtlicher Entscheidungen keinen Hinweis, geschweige denn zur Frage eines Neuerungsverbots im Rechtsmittelverfahren. Das Recht auf Zugang zu den Gerichten gewährt kein Recht auf einen Instanzenzug oder
– wo ein solcher besteht – auf Gerichtsbarkeit in allen Instanzen (RIS-Justiz RS0043962 [T3]); um so weniger kann aus dieser Bestimmung eine Unzulässigkeit des Neuerungsverbots im Rechtsmittelverfahren (nach der ZPO) abgeleitet werden (RIS-Justiz RS0043962 [T4]).

Der Auffassung des Mannes, durch die Beschränkung des Vorbringens von Neuerungen im Sinn des § 49 Abs 2 und 3 AußStrG auf die Rechtsmittelschriften werde gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens verstoßen, kann daher nicht beigetreten werden. Zur angeregten (amtswegigen) Befassung des VfGH besteht somit kein Anlass.

5.2.4. Auf seine Ausführungen zur behaupteten Verfassungswidrigkeit des § 73 AußStrG ist nicht einzugehen, weil diese Bestimmung nicht präjudiziell ist.

6. Zum Beschluss über den Aufteilungsstichtag:

6.1. Die Frage der Zulässigkeit eines Zwischenbeschlusses nach § 36 Abs 2 AußStrG ist ebenso wie die eines Zwischenurteils grundsätzlich eine prozessuale Frage. Die unrichtige Lösung einer solchen bedeutet eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz (RIS-Justiz RS0040918 [T10]), die bei Verneinung durch das Gericht zweiter Instanz nicht neuerlich geltend gemacht werden kann (RIS-Justiz RS0042963; für das Außerstreitverfahren [T38, T 41, T 48, T 61]). Hat das Rekursgericht – wie im vorliegenden Fall – die Zulässigkeit des Zwischenbeschlusses bereits bejaht, wurde damit eine diesbezügliche Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz verneint. Damit kann die prozessuale Unzulässigkeit des Beschlusses über die Feststellung des Aufteilungsstichtags – die vorweggenommene Beantwortung einer Vorfrage wäre grundsätzlich unzulässig (RIS-Justiz RS0039484 [T4, T 6]) – nicht aufgegriffen werden.

6.2. Der Oberste Gerichtshof ist auch im Verfahren außer Streitsachen nicht Tatsacheninstanz (RIS-Justiz RS0007236 [T2]), weshalb die vom Mann in diesem Zusammenhang erörterten Fragen der Beweiswürdigung nicht mehr überprüfbar sind (RIS-Justiz RS0007236 [T4]).

6.3. Für die Beurteilung des Zeitpunkts der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft sind allein die Feststellungen im Aufteilungsverfahren maßgeblich; dort kann es auch zu einem anderen Ergebnis als im Scheidungsprozess kommen. Eine Bindung an ein solches Element des Scheidungsurteils nach § 55 Abs 1 EheG für das Aufteilungsverfahren besteht nicht (1 Ob 42/09x; Gitschthaler in Schwimann/Kodek, ABGB4§ 81 EheG Rz 5).

6.4. Voraussetzung für die Zugehörigkeit einer Sache zum Aufteilungsvermögen ist, dass sie zum Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft zum ehelichen Gebrauchsvermögen oder zu den ehelichen Ersparnissen gehört (§ 81 Abs 2 und 3 EheG; RIS-Justiz RS0057331). Beim Begriff der „ehelichen Lebensgemeinschaft“ handelt es sich um einen Rechtsbegriff, der nicht bloß die räumliche Gemeinschaft der Ehegatten, sondern – eben anders als die häusliche Gemeinschaft im Sinn des § 55 EheG – die in § 90 ABGB umschriebene Ehegemeinschaft als Inbegriff der häuslichen, geistigen, seelisch-körperlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Gemeinsamkeit der Ehegatten begreift (RIS-Justiz RS0057316; vgl 8 Ob 568/87 = RS0009432). Von deren Aufhebung kann bereits dann ausgegangen werden, wenn bei einem Partner der Wille zum ehelichen Zusammenleben endgültig erlischt (Gitschthaler in Schwimann/Kodek aaO mwN) oder die geistig seelische, körperliche und wirtschaftliche Gemeinschaft zwischen den Ehegatten aufgehoben ist (Deixler-Hübner in Gitschthaler/Höllwerth, EuPR § 91 EheG Rz 7 mwN); in einem solchen Fall gilt die eheliche Lebensgemeinschaft als aufgehoben, auch wenn eine bloße gemeinsame Wohnungsbenützung fortbesteht und keine darüber hinausgehende Gemeinschaft mehr zwischen den Ehegatten gegeben ist (Gitschthaler in Schwimann/Kodek aaO mwN).

6.5. Der Oberste Gerichtshof teilt die Rechtsansicht des Rekursgerichts, dass die eheliche Lebensgemeinschaft der Parteien erst im Oktober 2008 beendet wurde (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Nach den getroffenen Feststellungen standen von Anfang an Aufbau, Erhalt und Erweiterung einer Unternehmensgruppe im Zentrum des Tagesablaufs; das gesamte Familienleben wurde diesem Zweck untergeordnet. Die Arbeit im Unternehmen wurde auch immer im privaten Ambiente thematisiert. Schon etwa ab Mitte der 80er-Jahre musste der Mann zur Führung eines weiteren Betriebsstandorts oft die halbe Woche dort verbringen, während sich die Frau vom Stammsitz aus um die Belange des Unternehmens kümmerte. Dadurch lebten die Parteien immer mehr getrennt und das eheliche Zusammenleben fand im Wesentlichen an Wochenenden im gemeinsam geplanten und umgebauten Haus auf dem Seegrundstück statt. Zuletzt hielt sich der Mann nur noch einen Tag der Woche am Stammsitz auf. Diese Trennungen waren beruflich bedingt und erfolgten im Einvernehmen der Parteien. Die Frau führte – zum Teil mit Unterstützung einer Bedienerin – bei ihren Aufenthalten im Haus auf dem Seegrundstück den gemeinsamen Haushalt und kochte für den Mann und gegebenenfalls auch für die Kinder. Die Parteien gingen auch mit ihren Kindern oder Bekannten zum Essen, machten im Sommer zumindest einige Tage zusammen Urlaub und verbrachten auch die Weihnachtsfeiertage meist gemeinsam im Familienkreis. Sie nahmen auch bis zum Jahr 2008 zahlreiche Termine – teils rein privater, teils gesellschaftlicher oder beruflicher Natur – gemeinsam wahr. Bis zum telefonierten sie täglich miteinander, ihr Umgang war liebe- und respektvoll. Bis zum Jahr 2008 gab es auch immer wieder sexuelle Kontakte zwischen ihnen. Der Mann äußerte auch immer wieder, dass die Familie im Mittelpunkt stehe und „das Allerwichtigste“ für ihn sei. Daraus lässt sich aber – wie das Rekursgericht zutreffend erkannte – bis Oktober 2008 eine ausreichend intensive häusliche, geistig-seelische, körperliche, kulturelle und wirtschaftliche Gemeinsamkeit der Eheleute im Sinne des § 90 ABGB ableiten.

Zwar widersprechen die jahrelangen Affären des Mannes mit anderen Frauen dem Wesen der Ehe. Daraus erschließt sich auch sein ständiger Verstoß gegen die eheliche Treuepflicht. Dennoch führt dieser Umstand nicht zur Annahme, dass die eheliche Lebensgemeinschaft schon viel früher aufgelöst worden wäre. Der Mann versuchte grundsätzlich immer, seine Liebschaften vor der Frau geheim zu halten, tat sie als unwichtig ab und bagatellisierte sie. Er betrachtete seine Ehe immer noch als „Schutzschild“, damit seine Freundinnen keine festere Bindung zu ihm verlangen konnten. Diese mussten auch immer weichen, wenn die Frau zur Seeliegenschaft kam. Die Beurteilung des Rekursgerichts, dass sich insoweit ein aufrecht gebliebener Ehewillen des Mannes nach außen hin manifestiert hat, ist nicht zu beanstanden. Eine Mentalreservation bzw sein Doppelspiel waren für die Frau nicht hinreichend erkennbar. Ihr eigener Ehewille war ungebrochen und sie konnte aufgrund des ihr gegenüber zutage tretenden Verhaltens des Mannes auch auf den Bestand seines Ehewillens schließen. Bis Oktober 2008 haben die Parteien ihr Vermögen auch im gemeinsamen Zusammenwirken angehäuft und verwaltet.

Wenn der Mann im Revisionsrekurs von einer „Zweckgemeinschaft“ sowie davon spricht, sie hätten „gemeinsam lediglich ein betriebliches Leben“ geführt, und behauptet, seine „alleinige Wohnsitznahme“ im Haus auf dem Seegrundstück habe zur Auflösung der ehelichen Gemeinschaft geführt, legt er nicht den festgestellten Sachverhalt zugrunde. Zwar sind seine wiederholten Kontakte zu anderen Frauen und damit seine beharrliche Verletzung der Treuepflicht zu berücksichtigen, jedoch steht fest, dass er diese vor seiner Frau zu verheimlichen versuchte und seine Freundinnen fernbleiben mussten, wenn sie anwesend war. Die eheliche Lebensgemeinschaft blieb infolge der verheimlichten Verletzung der ehelichen Treuepflicht weiterhin bis Oktober 2008 bestehen. Die Festlegung des Aufteilungsstichtags mit ist daher bei einer Gesamtbetrachtung des Sachverhalts zutreffend.

6.6. Die vom Mann in diesem Zusammenhang monierten vermeintlichen sekundären Feststellungsmängel sind für die rechtliche Beurteilung nicht von Relevanz. Überdies stehen ihnen die dazu getroffenen Tatsachenfeststellungen entgegen (siehe RIS-Justiz RS0043320 [T16, T 18]; RS0043480 [T15]; RS0053317 [T1]).

7. Zum Aufhebungsbeschluss über die Einbeziehung der Seeliegenschaft und von Miteigentumsanteilen am Zufahrtsweg in das Aufteilungsverfahren:

7.1. Der Mann wendet sich im Revisionsrekurs nicht gegen die prozessuale Zulässigkeit eines Zwischenbeschlusses nach § 36 Abs 2 AußStrG darüber, dass bestimmte Vermögensgegenstände in die Aufteilung fallen. Von Amts wegen ist darauf nicht Bedacht zu nehmen (RIS-Justiz RS0040918).

7.2. Die Ehewohnung zählt zum ehelichen Gebrauchsvermögen. Dessen Legaldefinition in § 81 Abs 2 EheG stellt auf die Tatsache des Gebrauchs durch beide Ehegatten während aufrechter ehelicher Lebensgemeinschaft ab. Dabei kommt es grundsätzlich auf das Ausmaß des Gebrauchs durch die beiden Ehegatten nicht an; es muss aber doch regelmäßiger, nicht ganz ausnahmsweiser Gebrauch durch beide Ehegatten – das ist nicht notwendig gemeinsamer, sondern auch abwechselnder Gebrauch – vorliegen. Als Ehewohnung im Sinn des § 81 Abs 2 EheG ist jene Wohnung bzw jenes Haus anzusehen, in denen die Ehegatten bei Wirksamwerden der Scheidung im gemeinsamen Haushalt leben bzw zuletzt gelebt haben, in der sich der Schwerpunkt der gemeinsamen Lebensführung befunden hat (RIS-Justiz RS0057678). Auch mehrere Wohnungen können Ehewohnungen sein (RIS-Justiz RS0057678 [T2]).

Zutreffend argumentierte das Rekursgericht, dass das während aufrechter ehelicher Lebensgemeinschaft auf dem Seegrundstück errichtete Haus zumindest in dem Ausmaß, in dem es von den Parteien gemeinsam zu privaten Zwecken genutzt wurde, als Ehewohnung anzusehen und damit als grundsätzlich der Aufteilung unterliegendes eheliches Gebrauchsvermögen zu werten ist. Der Mann wohnte im Haus mit Ausnahme des Mittwochs. Die Frau hielt sich dort von Donnerstag/Freitag bis Sonntag Abend sowie (sofern es ihre Arbeit zuließ) auch im Sommer auf, wobei die Parteien gemeinsam frühstückten, tagsüber meistens Zeit im Wohnbereich verbrachten und dem Mann ein gemeinsames Familienleben sehr wichtig war. Die Frau machte den Haushalt, kochte oder die Parteien gingen essen. Dass die Frau nur zu (sportlichen) „Freizeitzwecken“ angereist wäre, steht nicht fest.

7.3. Der Mann teilt die Rechtsansicht des Rekursgerichts, dass die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen noch nicht ausreichen, um beurteilen zu können, ob und inwieweit die Ehewohnung bzw seine Seeliegenschaft „im Hinblick auf die Ausnahmebestimmung des § 82 Abs 1 Z 3 EheG“ der Aufteilung unterliegen. Allein der Umstand, dass das Seegrundstück vom Mann an die G***** GmbH „vermietet“ wurde, die zwar bestimmte Ausgaben zu tragen, aber keinen Mietzins zu zahlen hat, belegt – entgegen seiner Ansicht – aber nicht, dass die Liegenschaft Unternehmenszwecken gewidmet sein soll, diente doch das Hauptgebäude nach den getroffenen Feststellungen nahezu ausschließlich privaten Zwecken. Ob eine Sache zu einem Unternehmen gehört, hängt davon ab, ob sie dafür gewidmet ist. Der Zweck muss nach außen objektiv in Erscheinung treten, wofür die Verkehrsauffassung und nicht die Bezeichnung maßgeblich ist. Es ist dabei von einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise auszugehen (RIS-Justiz RS0057521 [T1]). Von der Aufteilung ausgenommen sind nur Sachen, die eindeutig einem Unternehmen gewidmet sind (1 Ob 135/17k mwN). Von dieser Rechtsansicht ging auch das Rekursgericht aus.

Wenn das Rekursgericht – wie im vorliegenden Fall – der Ansicht ist, dass der Sachverhalt in der von ihm dargestellten Richtung noch nicht genügend geklärt ist, dann kann der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, dem nicht entgegentreten (RIS-Justiz RS0007236 [T5]; RS0042179 [T11]).

8. Dem Revisionsrekurs der Mannes ist daher nicht Folge zu geben.

Der Kostenvorbehalt beruht insofern auf § 78 Abs 1 AußStrG.

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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2018:0010OB00169.18M.1220.000

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