OGH vom 17.12.2010, 6Ob220/10m
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ. Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Johann Kahrer und Dr. Christian Haslinger, Rechtsanwälte in Ried im Innkreis, gegen die beklagte Partei H***** K*****, vertreten durch Pallauf Meissnitzer Staindl Partner, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen Widerrufs und Unterlassung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 81/10z 19, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Für die Ermittlung des Bedeutungsgehalts einer Äußerung kommt es auf den Gesamtzusammenhang und den dadurch vermittelten Gesamteindruck auf den unbefangenen Durchschnittsleser an (RIS Justiz RS0031883, RS0031815). Die Frage, wie eine Äußerung nach dem Eindruck der angesprochenen Kreise zu verstehen ist, richtet sich regelmäßig nach den Umständen des Einzelfalls (RIS Justiz RS0031883, RS0043000).
Tatbildlich iSd § 1330 Abs 2 ABGB ist jede Gefährdung wirtschaftlich bedeutender Beziehungen oder Verhältnisse. Dabei reicht eine Gefährdung, die mittelbar wirtschaftliche Nachteile zur Folge haben kann, aus (RIS Justiz RS0031697).
„Tatsachen“ iSd § 1330 Abs 2 ABGB sind Umstände, Ereignisse oder Eigenschaften mit einem greifbaren, für das Publikum erkennbaren und von ihm anhand bestimmter oder doch zu ermittelnder Umstände auf seine Richtigkeit überprüfbaren Inhalt. „Unwahr“ ist eine Äußerung nach ständiger Rechtsprechung dann, wenn ihr sachlicher Kern im Zeitpunkt der Äußerung nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmt (6 Ob 96/04d). Im Gegensatz zu Tatsachen werden Werturteile erst aufgrund einer Denktätigkeit aus einer Tatsachengrundlage gewonnen und geben die rein persönliche Meinung des Erklärenden wieder. Die Unterscheidung zwischen Tatsachenbehauptung und Werturteil ist im jeweiligen Einzelfall zu treffen (6 Ob 265/09b).
Im vorliegenden Fall haben die Vorinstanzen den ihnen zukommenden Beurteilungsspielraum nicht überschritten. Der Beklagte hat dem klagenden Energieversorgungsunternehmen vorgeworfen, „völlig überzogene und aufklärungsbedürftige Strompreise“ zu verrechnen, die im Vergleich zu anderen Bezirksstädten bis zu 20 % höher seien. Die Form der Rechnungslegung sei „unklar und irreführend und ganz offensichtlich rechtswidrig“. Dahinter stecke die „Absicht, Preisvergleiche mit anderen Anbietern für die Bürgerinnen zu erschweren“. In der Folge zitierte er ein in Wahrheit nicht die klagende Partei betreffendes „Rechtsgutachten der Wettbewerbsbehörde“. Demnach verschicke der Großteil der Energieversorger „rechtswidrige Stromrechnungen“.
Wenn die Vorinstanzen bei dieser Sachlage die Äußerungen des Beklagten als Tatsachenbehauptungen qualifiziert haben, haben sie den ihnen zukommenden Beurteilungsspielraum nicht überschritten. Der Beklagte vermag keine vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung der Vorinstanzen aufzuzeigen, sodass die außerordentliche Revision spruchgemäß zurückzuweisen war.