OGH vom 29.05.2017, 6Nc14/17m
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr.
Kuras als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E***** P*****, vertreten durch Dr. Maria Windhager, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei V*****, vertreten durch Dr. Peter Zöchbauer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung, über das Ersuchen des Bezirksgerichts Thalgau um eine Entscheidung nach § 47 JN in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Akten werden dem Bezirksgericht Thalgau zurückgestellt.
Text
Begründung:
Mit der beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien eingebrachten Klage vom begehrt die Klägerin von der Beklagten die Unterlassung der Verbreitung näher genannter Umstände. Gleichzeitig stellt sie ein inhaltsgleiches Sicherungsbegehren. Die Beklagte wendete in der ihr vom Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien aufgetragenen Äußerung die örtliche Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts ein.
Daraufhin wies das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien mit Beschluss vom , den Parteienvertretern am zugestellt, die Klage wegen örtlicher Unzuständigkeit zurück, erklärte sich mit Beschluss vom für das Sicherungsbegehren für unzuständig und überwies das Sicherungsverfahren gemäß § 44 JN an das Bezirksgericht Thalgau. Dieser Beschluss wurde den Parteienvertretern am zugestellt.
Das Bezirksgericht Thalgau erklärte sich mit Beschluss vom zur Entscheidung über die beantragte einstweilige Verfügung für sachlich und örtlich unzuständig und überwies das Sicherungsverfahren gemäß § 44 JN an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien zurück. Eine Zustellung dieses Beschlusses an die Parteienvertreter erfolgte nicht.
Mit Verfügung vom retournierte das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien den Akt dem Bezirksgericht Thalgau „hinsichtlich der EV“ mit dem Hinweis auf „Klauser/Kodek, § 44 JN E 14, E 18“.
Mit Verfügung vom legte das Bezirksgericht Thalgau den Akt dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung über den negativen Kompetenzkonflikt gemäß § 47 Abs 1 JN vor.
Rechtliche Beurteilung
Die Aktenvorlage ist verfehlt.
Die Anrufung des gemeinsam übergeordneten Gerichtshofs in einem negativen Kompetenzkonflikt nach § 47 JN setzt voraus, dass beide konkurrierende Gerichte rechtskräftig über ihre (Un-)Zuständigkeit zur Entscheidung über die Rechtssache abgesprochen haben (RIS-Justiz RS0118692).
Diese Voraussetzungen sind hier schon deshalb nicht erfüllt, weil der erwähnte Beschluss des Bezirksgerichts Thalgau den Parteien noch nicht zugestellt wurde und daher nicht rechtskräftig werden kann.
Das Bezirksgericht Thalgau wird daher zunächst die Zustellung seines Unzuständigkeits- und Überweisungs-beschlusses zu veranlassen und sodann die Rechtskraft der Beschlüsse beider beteiligten Gerichte abzuwarten haben. Sollten beide Beschlüsse angefochten werden, wird das Bezirksgericht Thalgau dem Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien zur Vorlage des Akts an das übergeordnete Rekursgericht (OLG Wien) Abschriften der notwendigen Aktenbestandteile zu übermitteln haben (vgl § 469 Abs 2 ZPO). Verwiesen wird darauf, dass die Klägerin gegen beide Beschlüsse des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien rechtzeitig Rekurs erhoben hat.
Im Übrigen wird – zur Vermeidung von Verfahrensverzögerungen – darauf verwiesen, dass der Überweisungsbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien gemäß § 44 Abs 1 JN für das Adressatgericht solange maßgebend bleibt, als er nicht in höherer Instanz rechtskräftig abgeändert wird (RIS-Justiz RS0081664); daher durfte das Adressatgericht seine Unzuständigkeit nicht mit der Begründung aussprechen, dass das überweisende Gericht zuständig sei (RIS-Justiz RS0046315 [T3], RS0002439; 5 Nc 33/15w; 3 Nc 4/17v).
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2017:0060NC00014.17M.0529.000 |
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