OGH vom 26.01.2015, 2Nc3/15m
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Veith und Dr. Musger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** P*****, Italien, vertreten durch PHH Prochaska Havranek Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei A*****-Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch MUSEY rechtsanwalt GmbH in Salzburg, wegen 1.265.410,20 EUR sA und Feststellung (Gesamtstreitwert 3.088.250,20 EUR), über den Delegierungsantrag der beklagten Partei gemäß § 31 Abs 2 JN in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache wird anstelle des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien das Landesgericht Salzburg bestimmt.
Text
Begründung:
Der nahe Venedig wohnhafte Kläger nimmt die beklagte Haftpflichtversicherung aufgrund eines Verkehrsunfalls im Bundesland Salzburg in Anspruch. Er erhob die Klage am allgemeinen Gerichtsstand der Beklagten in Wien.
Die Beklagte wendet unter anderem ein Mitverschulden der in Mittersill wohnhaften Unfallgegnerin ein. Sie beantragt deren Einvernahme als Zeugin und die Einholung eines kraftfahrtechnischen Gutachtens. Unter Hinweis auf einen allenfalls erforderlichen Ortsaugenschein beantragt sie die Delegierung an das Landesgericht Salzburg.
Der Kläger tritt dem Delegierungsantrag mit der Begründung entgegen, dass die Anreise nach Salzburg für ihn mangels Direktflugs schwieriger sei als nach Wien. Weiters sei der Grund des Anspruchs wegen Außerstreitstellung der Beklagten nicht mehr strittig, sodass ohnehin keine Beweisaufnahme in Salzburg erforderlich sei.
Rechtliche Beurteilung
Der Delegierungsantrag ist berechtigt .
Nach § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Nach ständiger Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0046324; RS0046441; RS0046589) soll eine Delegierung zwar den Ausnahmefall bilden. Allerdings sprechen im Allgemeinen Gründe der Zweckmäßigkeit dafür, Schadenersatzprozesse aus einem Verkehrsunfall bei jenem Gericht durchzuführen, in dessen Sprengel sich der Unfall ereignete (RIS-Justiz RS0046149). Diesem Umstand hat der Gesetzgeber auch dadurch Rechnung getragen, dass er für solche Prozesse einen Gerichtsstand bei dem für den Unfallort zuständigen Gericht geschaffen hat (§ 20 EKHG).
Im vorliegenden Fall ist aufgrund des Vorbringens der Beklagten nicht ausgeschlossen, dass ein Lokalaugenschein erforderlich sein wird, und auch die als Zeugin geführte Unfallgegnerin ist im Sprengel des Landesgerichts Salzburg wohnhaft. Der Kläger muss, wenn er nicht im Rechtshilfeweg oder über Videokonferenz vernommen wird, jedenfalls aus Venedig anreisen. Dass es von dort unter Umständen keinen Direktflug nach Salzburg gibt und er bei einer Anreise mit dem Zug (mehrfach) umsteigen muss, fällt angesichts der für die Delegierung sprechenden Umstände nicht entscheidend ins Gewicht. Deshalb konnte auch von der Einholung einer Äußerung des an sich zuständigen und von der klagenden Partei auch angerufenen Gerichts nach § 31 Abs 3 letzter Satz JN abgesehen werden (RIS Justiz RS0113776).
European Case Law Identifier
ECLI:AT:OGH0002:2015:0020NC00003.15M.0126.000