OGH vom 24.10.2000, 4Ob232/00x
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. DI Robert W*****, 2. DI Hermann E*****, beide vertreten durch Held Berdnik Astner Held Rechtsanwaltskanzlei OEG in Graz, gegen die beklagten Parteien 1. DI Winfried P*****, 2. P***** GmbH, *****, 3. Ing. Peter S 4. G*****, alle vertreten durch Dr. Walter Poschinger und Mag. Anita Taucher, Rechtsanwälte in Graz, wegen 50.000 S und Unterlassung (Streitwert im Provisorialverfahren 450.000 S), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgericht vom , GZ 6 R 132/00d-17, womit der Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom , GZ 10 Cg 31/00w-8, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagenden Parteien sind schuldig, den beklagten Parteien die mit 24.806,26 S (darin 4.134,38 S USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
Die Kläger haben sich als Bietergemeinschaft mit Schreiben vom an der im Verhandlungsverfahren abgewickelten Ausschreibung der Generalplanerleistungen "Städtische Betriebsküchen" der Stadt G***** als Bieter beteiligt. Auch die Beklagten haben sich als Bietergemeinschaft an diesem Vergabeverfahren beteiligt und den Zuschlag erhalten. Der Ausschreibung lagen folgende wesentliche Bedingungen zugrunde:
Das ausgeschriebene Projekt umfasste Generalplanerleistungen inklusive Erstellung aller Lieferantenausschreibungen für den Umbau der Städtischen Zentralküche (die städtische Krankenhäuser, Schulen, Seniorenzentren, Kindergärten und Horte mit warmer Verpflegung versorgt) in eine sogenannte "cook & chill-Produktion". Die Generalplanung bezog sich auf Architektenleistungen, Baukoordinationsleistungen, Leistungen der Statik, der Haus- und Küchentechnik, EDV-Schulung und Logistik mit einem Gesamtvolumen von 20 Mio S. Zum Personenkreis der Bieter zählten Architekten, Zivilingenieure, Küchenplaner mit entsprechender Planungsbefugnis sowie Unternehmensberater in Bietergemeinschaft mit Architekten, Zivilingenieuren und Küchenplanern. Der Zuschlag sollte aufgrund der abgegebenen Angebote nach dem Bestbieterprinzip erteilt werden, wobei Kriterien der Wirtschaftlichkeit unter Berücksichtigung von Preis, Qualität, Zuverlässigkeit, technischer und finanzieller Leistungsfähigkeit maßgeblich waren.
Die Ausschreibung unterlag aufgrund der Anbotssumme von rund 3 Mio S den Bestimmungen des Steiermärkischen Vergabegesetzes 1998 (stVergG), den dazu ergangenen Verordnungen sowie der Ö-Norm 2050. Gem § 14 Abs 3 stVergG sind Unternehmer, die an den Vorarbeiten für eine Ausschreibung unmittelbar oder mittelbar beteiligt sind, sowie mit diesen verbundene Unternehmer von der Teilnahme am Wettbewerb um die Leistung auszuschließen, es sei denn, dass auf deren Beteiligung in begründeten Sonderfällen nicht verzichtet werden kann.
Vor Verlautbarung der Ausschreibung hatte die Stadt G***** bei der Viertbeklagten entgeltlich eine Systemstudie mit dem Inhalt in Auftrag gegeben, Vorschläge dazu zu erstatten, welches Konzept dem geplanten Umbau der städtischen Betriebsküchen zugrundegelegt werden solle. Die Studie enthielt dazu verschiedene Vorschläge, darunter auch das später der Ausschreibung zugrundegelegte System "cook & chill-Produktion". Durch die Erstellung der Systemstudie waren der Viertbeklagten die baulichen Gegebenheiten und Rahmenbedingungen bekannt; diese Kenntnisse sind für die ausgeschriebenen Architektenleistungen, Leistungen der Baukoordination, der Statik und Tragwerksplanung sowie für die Leistungen der Haustechnik von Bedeutung. Diese Vorkenntnisse aus der von ihr erstellen Studie ersparten der Viertbeklagten insbesondere im Bereich der Leistung und der Küchentechnik (den Hauptthemen der Ausschreibung) Aufwendungen, Mühen und Kosten und verschafften ihr einen Vorteil gegenüber den Mitbewerbern. Auch im Zusammenhang mit der Erstellung des Pflichtenheftes bedeutete die Systemstudie einen Vorteil, weil dadurch das schon in der Studie ausgearbeitete System leichter angewendet werden konnte. In den Ausschreibungsbedingungen war festgehalten, dass der Ausschreibung die Systemstudie zugrundegelegt wird; alle Teilnehmer an der Ausschreibung konnten in die Studie Einblick nehmen.
Im März 2000 erhielten die Beklagten den Zuschlag um 3,510.000 S. Das Anbot der Kläger war bei 3,2 Mio S gelegen, womit sie an die fünfte Stelle gereiht worden waren. Die Kläger haben beim Vergabekontrollsenat des Landes Steiermark einen Antrag auf Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens eingebracht, über den noch nicht entschieden worden ist.
Zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsbegehrens beantragen die Kläger, den Beklagten mit einstweiliger Verfügung aufzutragen, es im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu unterlassen,
1. sich an Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge selbständig oder in Gemeinschaft mit anderen Bietern im Rahmen einer Bietergemeinschaft zu beteiligen, wenn (gemeint offenbar: sie selbst oder) ein oder mehrere Mitglieder der Bietergemeinschaft rechts-, insbesondere vergaberechtswidrig mittelbar oder unmittelbar an den Vorarbeiten für die Ausschreibung beteiligt waren oder sind;
2. Aufträge, welche ihnen allein oder gemeinsam mit anderen Auftraggebern, mit denen sie eine Bietergemeinschaft bilden, erteilt wurden, obwohl ihr Angebot wegen Beteiligung eines Mitglieds der Bietergemeinschaft wegen unmittelbarer oder mittelbarer Beteiligung an den Vorarbeiten für die Ausschreibung auszuscheiden gewesen wäre, auszuführen.
Die Beklagten hätten ein Angebot im Vergabeverfahren abgegeben, obwohl die Viertbeklagte an Vorarbeiten beteiligt gewesen sei; ihr Verhalten sei wettbewerbswidrig iSd § 1 UWG.
Die Beklagten beantragen die Abweisung des Sicherungsantrags. Die von der Viertbeklagten verfasste Systemstudie sei keine Vorarbeit für die Ausschreibung iS der Vergabebestimmungen; die Beklagten hätten keinen Wettbewerbsvorteil erlangt, weil kein Mitbieter von Kenntnissen ausgeschlossen worden sei. Das Unterlassungsbegehren zu Punkt 1. sei zu weit gefasst, weil es die Zulassung in begründeten Sonderfällen nicht berücksichtige. Das Sicherungsbegehren zu Punkt 2. schaffe einen unumkehrbaren Zustand.
Das Erstgericht gab dem Sicherungsantrag in seinem Begehren zu Punkt 1. statt und wies ihn im übrigen ab. Die Beklagten hätten durch die Abgabe ihres Angebots gegen § 14 Abs 3 stVergG verstoßen, weil die Viertbeklagte infolge Erstellung der Projektstudie an Vorarbeiten für die Ausschreibung beteiligt gewesen sei. Die Bietergemeinschaft der Beklagten wäre daher als Bieterin auszuscheiden gewesen. Da den Beklagten dieser Verstoß gegen Rechtsvorschriften hätte bewusst sein müssen, liege darin auch ein wettbewerbswidriges Handeln iSd § 1 UWG. Unzulässig sei jedoch das Begehren zu Punkt 2. des Sicherungsantrags, das darauf abziele zu verhindern, dass die Beklagten den bereits erteilten Auftrag ausführten. Durch ein solches Verbot würde die Auftraggeberin gezwungen, die Arbeiten von Dritten durchführen zu lassen. Rechtfertige sodann das Urteil im Hauptverfahren die Provisorialmaßnahme nicht, sei es den Beklagten nicht mehr möglich, das Vertragsverhältnis wieder herzustellen und die Arbeiten durchzuführen.
Das Rekursgericht wies den Sicherungsantrag zur Gänze ab. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 260.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil keine Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO zu lösen gewesen sei. Das stVergG treffe keine abschließende Regelung des Rechtsschutzes. Die vergaberechtlichen Bestimmungen regelten den Rechtsschutz lediglich im Verhältnis zwischen Bieter und Auftraggeber in Bezug auf eine bestimmte Ausschreibung. Rechtsschutzziel des Vergaberechts sei es, dem Grundsatz des gleichen und fairen Wettbewerbs aller Bieter zum Durchbruch zu verhelfen und den Bieter vor unlauterer Vorgangsweise zu schützen. Die Vergabegesetze enthielten jedoch keine Bestimmungen, die dem einzelnen Bieter gegen einen Mitbewerber gerichtete Ansprüche wegen Verletzung von Vergabebestimmungen einräumten. Auf diese Frage anwendbare Bestimmungen des Wettbewerbsrechts blieben somit durch die Vergabegesetze unberührt. Sittenwidrig iSd § 1 UWG handle, wer der ausgesprochenen Absicht des Gesetzgebers zuwiderhandle. Habe der Gesetzgeber durch ein Verbot die Grenzen des lauteren Wettbewerbs abgesteckt, so sei eine Überprüfung dieser Vorschrift dahin, ob ihre Übertretung tatsächlich dem Anstandsgefühl der Mitbewerber oder der sittlichen Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise zuwiderlaufe, ausgeschlossen, weil es nicht Sache der Rechtsprechung sei, unbefriedigende Regelungen des Gesetzgebers zu korrigieren, wenn dessen Wille klar und unzweifelhaft feststehe. Bewusst handle, wessen Auffassung über den Umfang seiner Befugnisse durch das Gesetz nicht so weit gedeckt sei, dass sie mit gutem Grund vertreten werden könne. Ob ein Verstoß gegen § 1 UWG vorliege, hänge daher davon ab, ob die Rechtsauffassung der Beklagten im Gegensatz zu einem klaren Wortlaut, zur offenkundigen Absicht des Gesetzgebers oder allenfalls zu einer höchstgerichtlichen Rechtsprechung steht. § 14 stVergG richte sich primär nicht an den Bieter, sondern an den Auftraggeber. Die Beurteilung des Vorliegens begründeter Sonderfälle iSd § 14 Abs 3 stVergG könne nach dem klaren Wortlaut dieses Gesetzes nicht dem Bieter, sondern müsse dem Auftraggeber überlassen bleiben, sodass in der Beteiligung der Beklagten am Vergabeverfahren, obwohl der Viertbeklagte Vorarbeiten geleistet habe, keine sittenwidrige Vorgangsweise erblickt werden könne. Mit der Zuschlagserteilung sei das Vergabeverfahren abgeschlossen. Art 2 der Rechtsmittelrichtlinie (89/665/EWG) sei dahin auszulegen, dass die Mitgliedstaaten verpflichtet seien, die dem Vertragsschluss vorangehende Entscheidung des Auftraggebers darüber, mit welchem Bieter eines Vergabeverfahrens er den Vertrag schließe, in jedem Fall einem Nachprüfungsverfahren zugänglich zu machen, in dem der Antragsteller unabhängig von der Möglichkeit, nach dem Vertragsschluss Schadenersatz zu erlangen, die Aufhebung der Entscheidung erwirken könne, wenn die Voraussetzungen hiefür erfüllt seien. Was die Rechtsfolgen einer Zuschlagserteilung ohne vorherige Mitteilung der Zuschlagsentscheidung betreffe, sei der Meinung von Holoubek zuzustimmen, wonach eine Nichtigkeitsfolge für eine entgegen der angenommenen Verpflichtung ohne vorherige Mitteilung der Zuschlagsentscheidung erfolgte Zuschlagserteilung über den Weg einer richtlinienkonformen Interpretation vergabegesetzlicher Bestimmungen de lege lata nicht begründet werden könne; es sprächen gute Gründe dafür, dass es nach Zuschlagserteilung bei der Rechtslage verbleibe, wonach der übergangene Bewerber oder Bieter auf Sekundärrechtsschutz durch Schadenersatz verwiesen sei. Die genannte Richtlinie erlaube den Mitgliedstaaten, die Ansprüche des Übergangenen nach Vertragsabschluss auf Schadenersatz zu beschränken, was in § 115 stVergG auch seinen Niederschlag gefunden habe. Ein Primärrechtsschutz hätte überdies zur Voraussetzung, dass der einen bestehenden Vertrag Bekämpfende selbst Bestbieter sei und nur über den Umweg eines Auftragsentzuges selbst in die Lage versetzt werden könnte, die Erfüllung der ausgeschriebenen Leistungen zu vollziehen. Diese Voraussetzungen lägen hier nicht vor. Auch hätten die Kläger nicht einmal behauptet, dass der in § 14 Abs 3 letzter Halbsatz stVergG normierte begründete Sonderfall nicht vorläge.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil sich der Oberste Gerichtshof erst ein einziges Mal - noch dazu bei einem nicht vergleichbaren Sachverhalt - mit der Wettbewerbswidrigkeit eines Verstoßes gegen Vergabevorschriften beschäftigt hat; das Rechtsmittel ist aber nicht berechtigt.
Die Kläger vertreten den Standpunkt, die aus den Beklagten bestehende Bietergemeinschaft sei als Störer im wettbewerbsrechtlichen Sinn anzusehen; sie habe nämlich am Vergabeverfahren teilgenommen, obwohl eines ihrer Mitglieder eine Vorstudie dazu verfasst und auf diese Weise Kenntnisse (insbesondere über die baulichen Gegebenheiten und Rahmenbedingungen) erworben habe, die sämtlichen Beklagten gegenüber ihren Mitbietern einen uneinholbaren Vorteil verschafft habe. Dies sei als Verstoß gegen § 1 UWG zu werten.
Richtig ist, dass Lehre und Rechtsprechung den Begriff des "Störers" im Wettbewerbsrecht weit auslegen und darunter nicht nur den unmittelbaren Täter, sondern jeden verstehen, der durch eigenes Verhalten den (Wettbewerbs-)Verstoß eines anderen fördert oder überhaupt erst möglich macht. Der Unterlassungsanspruch richtet sich demnach auch gegen denjenigen, der einen andern zu einem wettbewerbswidrigen Verhalten veranlasst, dieses fördert oder für sich ausnützt (stRsp ua WBl 1996, 40 = ÖBl 1996, 122 - Gratisflugreisen II; ÖBl 1997, 69 - Mietschulden; ÖB 1998, 33 - Ungarischer Zahnarzt; ÖBl 1999, 229 - Erinasolum).
Der Störer muss also in der Absicht handeln, eigenen oder fremden Wettbewerb zu fördern. Das erfordert in bezug auf den wettbewerbsrechtlichen Charakter des Verhaltens, dass sich der Störer mindestens der Wirkung seiner Handlung auf die Beeinflussung der Marktverhältnisse bewusst ist, diese also, wenn schon nicht bezweckt, so jedenfalls in Kauf nimmt. Dazu muss der Handelnde mindestens jene Tatumstände kennen, die diese Beeinflussung der Marktverhältnisse hervorrufen, wenn auch nicht die darüber hinausgehenden verschuldensbegründenden Faktoren (Gamerith, Wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche gegen "Gehilfen", WBl 1991, 305 ff, 311; ÖBl 1999, 229 - Erinasolum).
Im Zusammenhang mit der Verletzung vergaberechtlicher Vorschriften
hat der erkennende Senat erst jüngst (WBl 2000, 43 = ecolex 2000, 297
[krit Casati] = ÖBl 2000, 59 - Wasserwelt Amade) ausgesprochen, dass
als Störer im wettbewerbsrechtlichen Sinn anzusehen sei, wer in Kenntnis der Vergabevorschriften - wonach vom Vergabeverfahren auszuschließen ist, wer an Vorarbeiten für die Ausschreibung beteiligt war - und in Anbetracht des Umstands, dass sein Prokurist an der Ausschreibung mitgewirkt hat, dennoch ein Anbot legt; dies könne nämlich nur als Aufforderung an die den Auftrag vergebende Stelle verstanden werden, sich über die vergaberechtlichen Vorschriften hinwegzusetzen und damit einen Gesetzesverstoß zu begehen. Die Beklagte habe damit nicht bloß einen Gesetzesverstoß des Auftraggebers ausgenützt, sondern aktiv dazu beigetragen, indem sie den Auftraggeber bewusst zu einem ihren Wettbewerb fördernden gesetzwidrigen Handeln veranlasst habe. Durch ihre willentliche Handlungsweise habe sie adäquat kausal am Gesetzesverstoß mitgewirkt.
Casati (ecolex 2000, 59) hat zu dieser Entscheidung die Meinung vertreten, die bloße Abgabe eines Angebots in Kenntnis der Mitwirkung an der Ausschreibung sei noch keine bewusste Aufforderung an den Auftraggeber (als Adressaten der Vergabevorschriften) zu Vergabeverstößen, geschweige denn ein aktiver Beitrag, den Auftraggeber zu einem seinen Wettbewerb fördernden, gesetzwidrigen Handeln zu veranlassen. Wegen bloßer Zweifel an der Zulässigkeit seines Angebots sei ein Bieter nicht zur Selbstbeschränkung verpflichtet. Er dürfe vielmehr davon ausgehen, dass sein Angebot ordnungsgemäß geprüft werde. Ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch eines Mitbewerbers stehe daher erst dann zu, wenn besondere Umstände zur Angebotsabgabe hinzuträten, die die Verleitung zu einem Vergabeverstoß begründeten.
Richtig an diesen Überlegungen ist, dass sich die vergaberechtlichen Vorschriften, die vor allem dem Schutz der Bieter vor unlauterer Vorgangsweise bei der Vergabe dienen, an den Auftraggeber richten und diesem Verhaltenspflichten auferlegen. Die Bieter dürfen daher regelmäßig darauf vertrauen, dass der Auftraggeber die Vergabebestimmungen beachtet (so auch 1 Ob 201/99m = JBl 2000, 519 = ÖJZ-LSK 2000/188 = ecolex 2000, 646 [Heid 640]). Casati ist deshalb darin zuzustimmen, dass bloße Zweifel an der Zulässigkeit seines Angebots einen Bieter noch nicht zur Selbstbeschränkung verpflichten. Nicht jede Beteiligung an einem Vergabeverfahren mit einem Angebot, das gegen vergaberechtliche Vorschriften verstößt und aus diesem Grund als unzulässig auszuscheiden wäre, erfüllt demnach per se den Tatbestand des § 1 UWG. Wenn jedoch die Vergaberechtswidrigkeit eines Angebots so offensichtlich ist, dass die Abgabe eines solchen Angebots nicht mit guten Gründen vertreten werden kann, muss sie als Aufforderung an den Auftraggeber verstanden werden, durch Berücksichtigung dieses Angebots einen Gesetzesverstoß zu begehen.
Ein Vorwurf in diesem Sinne kann den Beklagten allerdings nicht gemacht werden.
Im Fall der Entscheidung WBl 2000, 43 = ecolex 2000, 297 [krit
Casati] = ÖBl 2000, 59 - Wasserwelt Amade war ein Prokurist der
beklagten Bieterin durch Erörterung planerischer Details mit dem Architekten des Auftraggebers, Übergabe von Planungsunterlagen sowie Mitarbeit bei der Erstellung der unmittelbaren Ausschreibungsunterlagen direkt an Vorarbeiten für die Ausschreibung beteiligt; es konnte daher in diesem Fall nach den beschriebenen Umständen nicht zweifelhaft sein, dass die Beklagte nach den der Ausschreibung zugrundeliegenden Vorschriften vom Vergabeverfahren ausgeschlossen war.
Demgegenüber kann den Beklagten hier ein evidenter und berechtigte Zweifel ausschließender Verstoß gegen vergaberechtliche Vorschriften nicht vorgeworfen werden. Gegenstand der Tätigkeit der Viertbeklagten war nämlich nicht eine Mitarbeit an den Ausschreibungsunterlagen selbst, sondern die Erstellung einer Systemstudie, deren Zweck es war, Vorschläge dazu zu erarbeiten, in welcher Form die Speisenauslieferung der städtischen Zentralküche künftig erfolgen solle. Erarbeitet wurden zehn Varianten, von denen die Auftraggeberin eine (nämlich die "cook & chill-Produktion") ihrer Ausschreibung zugrundelegte. Auch wurde sämtlichen Bietern vor dem Ende der Abgabefrist Einsicht in diese Vorstudie gewährt. Schließlich ist noch zu berücksichtigen, dass das Vergabeverfahren als Verhandlungsverfahren abgewickelt worden ist, bei dem kein formalisiertes Ausschreibungsverfahren stattfindet, sondern direkt mit bestimmten Unternehmen, die zur Angebotsabgabe eingeladen werden (§ 19 Abs 1 iVm § 18 Abs 1 stVergG), über den Vertragsinhalt verhandelt wird.
Bei dieser Sachlage konnte die Bietergemeinschaft der Beklagten mit guten Gründen den Standpunkt vertreten, die Mitarbeit der Viertbeklagten an der Vorstudie stehe ihrer Teilnahme am Vergabeverfahren nicht entgegen, oder es liege zumindest ein wichtiger Sonderfall iSd § 14 Abs 3 stVergG vor, andernfalls sie von der Auftraggeberin ja nicht zur Teilnahme am Verhandlungsverfahren eingeladen worden wäre. Das Vorliegen eines offensichtlichen und berechtigte Zweifel ausschließenden Beteiligungshindernisses mussten die Beklagten jedenfalls nicht annehmen. Dem Rekursgericht ist daher darin zuzustimmen, dass den Beklagten ein wettbewerbswidriges Verhalten nicht vorgeworfen werden kann.
Dem Revisionsrekurs war schon aus diesem Grund ein Erfolg zu versagen; auf die von den Klägern aufgeworfene weitere Frage nach der Berechtigung des zu Punkt 2. geltend gemachten Unterlassungsbegehrens muss daher nicht eingegangen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.