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OGH vom 29.10.1996, 4Ob2316/96h

OGH vom 29.10.1996, 4Ob2316/96h

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden, durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek und Dr.Niederreiter sowie durch die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr.Griß und Dr.Schenk als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache der am verstorbenen Johanna B*****, geboren am *****, zuletzt wohnhaft in *****, infolge Revisionsrekurses der Helga P*****, vertreten durch Dr.Otto Holter und anderen Rechtsanwälte in Grieskirchen, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Wels vom , GZ 21 R 463/96d-120, mit dem der Beschluß des Bezirksgerichtes Peuerbach vom , GZ SW 10/92-118, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

Spruch

gefaßt:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß der Antragstellerin gestattet wird, in die vom Sachwalter Mag.Alfons S***** für die Zeiträume 1.1. bis und 1.1. bis gelegten Rechnungen Einsicht zu nehmen.

Text

Begründung:

Mit Beschluß vom bestellte das Erstgericht für Johanna B***** einen Sachwalter zur Besorgung aller Angelegenheitem, Sachwalter war Mag.Alfons Steiner vom Verein für Sachwalterschaft in Wels. Der Sachwalter legte am für den Zeitrau, bis und am für den Zeitraum bis Rechnung. Die genehmigte Schlußrechnung wurde dem Verlassenschaftsverfahren nach der am verstorbenen Johanna B***** zugrunde gelegt. Mit Beschluß vom wurde der gesamte Nachlaß Helga P*****, einer Tochter der Verstorbenen eingeantwortet.

Am beantragte Helga P*****, ihr als Universalerbin ihrer Mutter in die beiden Abrechnungen Akteneinsicht zu gewähren.

Das Erstgericht wies den Antrag ab.

Die genehmigte Schlußrechnung sei ohnedies dem Verlassenschaftsverfahren zugrunde gelegt worden. Rechnungslegungen aus früherer Zeit beträfen ausschließlich das Sachwalterschaftsverfahren. Helga P***** sei an diesem Verfahren nicht beteiligt gewesen: Unbeteiligte hätten kein Recht auf Akteneinsicht. Helga P***** habe kein rechtliches Interesse behauptet.

Das Rekursgericht bestätigte den Beschluß des Erstgerichtes. Es sprach aus, daß der Revisionsrekurs zulässig sei.

Dritte könnten nur dann Akteneinsicht nehmen, wenn sie ein rechtliches Interesse glaubhaft machten. Helga P***** sei weder Partei noch Beteiligte des Sachwalterschaftsverfahrens. Als Dritte hätte sie ein rechtliches Interesse glaubhaft machen müssen. Auf die im Rekurs vorgebrachten Gründe sei wegen des Neuerungsverbotes nicht einzugehen. Als Alleinerbin habe sie nur ein wirtschaftliches Interesse an der Akteneinsicht.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung gerichtete Revisionsrekurs der Antragstellerin ist berechtigt.

Die Antragstellerin ist der Auffassung, schon allein deshalb zur Akteneinsicht berechtigt zu sein, weil sie Alleinerbin sei. Nur durch Einsicht in die Abrechnungen könne sie klären, ob ihr der Nachlaß ihrer Mutter zur Gänze zugekommen sei, ob bei der Ermittlung des Pflichtteils anderer Erbberechtigter sämtliche Vorempfänge und Vorschüsse entsprechend berücksichtigt worden seien und ob der Nachlaß mit Schulden belastet sei. Sie habe erfahren, daß der Sachwalter auch an Dritte, so etwa an ihren Bruder, Leistungen aus dem Vermögen ihrer Mutter erbracht habe.

Die Antragstellerin ist Alleinerbin ihrer Mutter; der Nachlaß wurde ihr eingeantwortet. Gemäß § 547 ABGB stellt der Erbe in Rücksicht auf die Erbschaft den Erblasser vor. Beide werden in Beziehung auf einen Dritten für eine Person gehalten. Mit der Rechtskraft der Einantwortung tritt die Universalsukzession des Erben nach dem Erblasser ein. Der Erbe erlangt die volle Herrschaft über den Nachlaß; Besitz, Eigentum, Forderungen und sonstige Rechte gehen auf ihn über (Welser in Rummel, ABGB**2 §§ 797, 798 Rz 5;

Gschnitzer/Faistenberger, Österreichisches Erbrecht**2, 4;

Schwimann/Eccher, ABGB III § 819 Rz 8). Selbst in höchstpersönlichen Angelegenheiten des Erblassers kann der Erbe, und zwar schon vor der Einantwortung, im eigenen Namen einschreiten (Welser aaO § 547 Rz 9;

EvBl 1961/312).

Die Verlassenschaft ist bis zur Einantwortung parteifähig; nach der Einantwortung ist die Bezeichnung auf den Erben umzustellen (Welser aaO § 547 Rz 6 mwN). Ein gegen die Verlassenschaft geführter Rechtsstreit ist nach der Einantwortung mit dem Erben fortzusetzen (Eccher aaO § 819 Rz 11).

Das für Johanna B***** geführte Sachwalterschaftsverfahren endete mit deren Ableben. Die Antragstellerin ist daher nicht in das Verfahren eingetreten; als Alleinerbin ihrer Mutter sind aber deren Rechte auf sie übergegangen. Schon allein daraus folgt ihr rechtliches Interesse, in die Rechnung des Sachwalters Einsicht zu nehmen. Es schadet daher nicht, daß sie nicht schon in ihrem Antrag behauptet hat, in die Rechnung Einsicht nehmen zu wollen, um zu prüfen, ob allenfalls gegen Dritte Ansprüche bestehen. Wie wahrscheinlich solche Ansprüche sind, kann in diesem Verfahren nicht berücksichtigt werden.

Dem Revisionsrekurs war Folge zu geben.