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OGH vom 07.09.1994, 3Ob150/94

OGH vom 07.09.1994, 3Ob150/94

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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst, Dr.Graf, Dr.Gerstenecker und Dr.Pimmer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei A***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Mag.Dr.Erhard Buder und Dr.Gabriele Buder-Steinhoff, Rechtsanwälte in Wien, wider die verpflichtete Partei Maria S*****, vertreten durch Dr.Theo Petter, Rechtsanwalt in Wien, wegen Versteigerung einer gemeinschaftlichen Liegenschaft (§ 352 EO), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 28.Feber 1994, GZ 46 R 1456/93-56, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Hernals vom , GZ 7 E 177/91-47, in seinem Punkt 2 abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß des Rekursgerichtes wird dahin abgeändert, daß der Rekurs der betreibenden Partei zurückgewiesen wird.

Text

Begründung:

Gegenstand des Verfahrens ist die Versteigerung einer gemeinschaftlichen Liegenschaft (§ 352 EO).

Gemäß Punkt 7 zweiter Absatz der mit Beschluß vom genehmigten Versteigerungsbedingungen ist das vor Beginn der Versteigerung erlegte Vadium des Erstehers zur Deckung der Grunderwerbssteuer des Erstehers, der Versteigerungsabgabe und aller sonstigen, gemäß diesen Versteigerungsbedingungen zu Lasten des Erstehers gehenden Gebühren, Kosten und Abgaben, für welche auf Grund der diesbezüglichen Vorschriften die Antragsteller allein oder gemeinsam mit dem Ersteher zahlungspflichtig sind, zu verwenden. Reicht das Vadium zur Deckung aller vorgenannten Steuern, Abgaben, Kosten und Gebühren nicht aus, so ist der Ersteher verpflichtet, gleichzeitig mit dem Meistbot den allfälligen Fehlbetrag beim Bezirksgericht Hernals zu erlegen.

Gemäß Punkt 8 der Versteigerungsbedingungen gehen die Grunderwerbssteuer, sämtliche Gerichtsgebühren und sonstigen Kosten, Honorare, Gebühren und Abgaben aller Art, die im Zusammenhang mit diesem Versteigerungsverfahren, der Zuschlagserteilung und der grundbücherlichen Durchführung der vom Gericht auszustellenden Amtsurkunde anfallen, sowie die Versteigerungsabgabe zur Gänze zu Lasten des Erstehers.

Die Verpflichtete erlegte als Bietinteressentin bei der Versteigerungstagsatzung am als Vadium ein Sparbuch mit einem Einlagestand von S 410.000,-. Die Liegenschaft wurde der Verpflichteten mit rechtskräftigem Beschluß vom als Meistbietender um das Meistbot von S 3,000.000,- zugeschlagen. Das erlegte halbe Meistbot wurde - ohne Inanspruchnahme des Vadiums - bereits der betreibenden Partei ausgefolgt.

Der Betreibendenvertreter legte in der Versteigerungstagsatzung am Kostennote über insgesamt S 22.652,40 für Exekutionsantrag sowie Teilnahme an der Schätzung, an der Verhandlung zur Feststellung der Versteigerungsbedingungen und an der Versteigerungstagsatzung.

Mit Beschluß vom (ON 25) wies das Erstgericht den Antrag der betreibenden Partei auf Bestimmung dieser Kosten ab, weil im Verfahren nach § 352 EO keine Kostenersatzpflicht nach § 74 EO bestehe. Auch aus den Versteigerungsbedingungen sei nicht abzuleiten, daß der Ersteher für die Rechtsanwaltskosten der betreibenden Partei aufzukommen hätte.

Das Rekursgericht gab dem dagegen gerichteten Rekurs der betreibenden Partei mit Beschluß vom (ON 31) nicht Folge. Nach § 352a EO komme eine Kostenbestimmung dem Ersteher gegenüber nicht in Betracht; für den Exekutionsantrag habe die betreibende Partei bisher keine Gebühren entrichtet.

Die betreibende Partei beantragte mit dem am eingebrachten Schriftsatz ON 42, die mit Bescheid der Magistratsabteilung 4 mit S 60.000,- festgesetzte Versteigerungsabgabe aus dem Vadium zu entrichten.

Die Verpflichtete und Ersteherin wies am die Zahlung von Grunderwerbssteuer und Versteigerungsabgabe nach und beantragte, ihr auf Grund der Erfüllung der Versteigerungsbedingungen das Vadium auszufolgen.

Die betreibende Partei brachte mit Schriftsatz ON 45 vor, die Verpflichtete schulde ihr Schätzkosten von S 13.828,-, die Kosten des Versteigerungsediktes von S 3.204,- sowie die Kosten des Antragstellervertreters von S 22.652,40. Daß diese Kosten nicht im Exekutionsverfahren bestimmt werden könnten, ändere nichts an der Zahlungsverpflichtung der Verpflichteten als Ersteherin gemäß Punkt 8 der Versteigerungsbedingungen. Zur Besicherung dieser Zahlungsverpflichtung diene insbesondere das bei Gericht erlegte Vadium. Da die Verpflichtete keine Zahlung geleistet habe, habe die betreibende Partei Mahnklage auf Zahlung von S 39.684,40 sA eingebracht. Die betreibende Partei erklärte sich daher nur damit einverstanden, daß das Vadium bis auf einen Restbetrag von S 45.000,-

(Klagsbetrag zuzüglich Kosten und Zinsen gerundet) an die Verpflichtete ausgefolgt werde.

Das Erstgericht wies mit Beschluß vom den Antrag der betreibenden Partei auf Überweisung der Versteigerungsabgabe von S 60.000,- an die Stadt Wien ab, weil die Ersteherin bereits Zahlung geleistet habe (in Rechtskraft erwachsener Punkt 1). Dem Antrag der Ersteherin auf Ausfolgung des Vadiums gab das Erstgericht Folge (Punkt 2). Das Vadium hafte nach den Versteigerungsbedingungen nicht für Kosten der Parteien, die während des Verfahrens entstanden seien.

Die betreibende Partei stellte am (ON 48) den Antrag auf Berichtigung der Schätzkosten von S 13.828,- und der Ediktskosten von S 3.204,- aus dem Vadium und Überweisung des Gesamtbetrags von S 17.032,- an die betreibende Partei, die diese Kosten bezahlt habe.

Das Erstgericht bestimmte mit Beschluß vom (ON 50) die Kosten der betreibenden Partei für die Veröffentlichung des Versteigerungsedikts mit S 3.204,- und für das Schätzgutachten mit S 13.828,- insgesamt S 17.023,- und trug der Verpflichteten und Ersteherin auf, der betreibenden Partei diese Kosten zu ersetzen. Diese Kosten würden aus dem bei Gericht erliegenden Vadium berichtigt. Hiezu erteilte das Erstgericht dem Rechnungsführer den Auftrag, das als Vadium erliegende Sparbuch aufzulösen und an die betreibende Partei S 17.032,- und an den Verpflichtetenvertreter den Restbetrag von S 392.968,- zu überweisen.

Sodann legte das Erstgericht den Akt mit dem am eingebrachten Rekurs der betreibenden Partei, in dem Kosten nicht verzeichnet waren, gegen Punkt 2. des Beschlusses ON 47 dem Rekursgericht vor.

Der Beschluß ON 50 wurde den Parteienvertretern am zugestellt und erwuchs unangefochten in Rechtskraft.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der betreibenden Partei gegen Punkt 2. des Beschlusses ON 47 Folge und wies die Anträge der Ersteherin auf Ausfolgung des Vadiums ab. Nach Punkt 7 und 8 der Versteigerungsbedingungen sei das bei Gericht erliegende Vadium zunächst zur Deckung der von der betreibenden Partei geltend gemachten Kosten zu verwenden; das Vadium dürfe daher derzeit nicht an die Ersteherin ausgefolgt werden. Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Verpflichteten ist zulässig und berechtigt.

Zum Zeitpunkt der Beschlußfassung durch das Rekursgericht am war davon auszugehen, daß das Erstgericht bereits mit Beschluß vom - entsprechend dem am eingebrachten Antrag der betreibenden Partei - die Kosten der betreibenden Partei für die Veröffentlichung des Versteigerungsediktes mit S 3.204,- und die Kosten für das Schätzungsgutachten mit S 13.828,- bestimmt und der Ersteherin aufgetragen hatte, der betreibenden Partei diese Kosten zu ersetzen. In diesem Beschluß hatte das Erstgericht die Überweisung des Gesamtbetrages von S 17.032,- aus dem Vadium an die betreibende Partei angeordnet; weiters hat das Erstgericht in diesem Beschluß die Überweisung des Restbetrages S 392.968,- an den Verpflichtetenvertreter verfügt.

Diesen - auch ihm aktenkundigen und bei Fassung des nun angefochtenen Beschlusses bereits in Rechtskraft erwachsenen - Beschluß hat das Rekursgericht bei seiner Beschlußfassung nicht berücksichtigt. Da bereits eine rechtskräftige Entscheidung über die Ausfolgung des Vadiums vorlag, war eine neuerliche Entscheidung über die Ausfolgung des Vadiums nicht zulässig. Eine Entscheidung über den Rekurs der betreibenden Partei gegen den bereits früher ergangenen Beschluß des Erstgerichtes könnte somit nur mehr theoretische Bedeutung haben, weil der spätere Beschluß, mit dem das Erstgericht die Ausfolgung des Vadiums verfügte, in Rechtskraft erwachsen war.

Richtigerweise hätte das Rekursgericht das Fehlen der für die Zulässigkeit des Rechtsmittels vorausgesetzten Beschwer beachten müssen, die nach nunmehr herrschender Auffassung zur Zeit der Einlegung des Rechtsmittels gegeben sein und zur Zeit der Entscheidung über das Rechtsmittel noch fortbestehen muß (EFSlg 57.941; EFSlg 55.186; MietSlg 34.826; MietSlg 25.592 ff; EvBl 1969/327; EvBl 1963/364). Ein im Zeitpunkt seiner Erhebung zulässiges Rechtsmittel wird durch den Wegfall der Beschwer bis zur Entscheidung des Rechtsmittelgerichts unzulässig (JBl 1977, 650). Das Rechtsmittel wäre daher mangels Beschwer als unzulässig zurückzuweisen gewesen (MietSlg 29.685; MietSlg 28.655; JBl 1968, 574; EvBl 1967/332 ua).

Im Revisionsrekursverfahren wurden keine Kosten verzeichnet.