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OGH vom 15.11.1983, 5Ob668/81

OGH vom 15.11.1983, 5Ob668/81

Norm

GenG § 55 Abs 3;

GenG § 79;

VereinsG § 1;

Kopf

SZ 56/161

Spruch

Beim Austritt aus einem nach dem Vereinsgesetz konstituierten Verein, der eine auf Gewinn gerichtete wirtschaftliche Tätigkeit entfaltet, steht dem Mitglied wie einem ausgeschiedenen Genossenschaftsmitglied im Zweifel nur sein Geschäftsguthaben, nicht aber ein Anteil an den stillen Reserven zu

(OLG Wien 18 R 48/81; KG Krems an der Donau 5 Cg 115/79)

Text

Der Kläger war Mitglied der beklagten Trocknungsgemeinschaft Z, die sich am als Verein konstituiert hatte und deren Bildung von der Sicherheitsdirektion für das Bundesland NÖ als Vereinsbehörde mit Bescheid vom , Z Vr 272/1-1969, gemäß § 7 Abs. 1 VereinsG nicht untersagt worden war.

Die Beklagte hat ihren Sitz in Z (§ 1 der Satzung). Ihr Zweck ist es, im Zuge der Technisierung der Landwirtschaft in Z eine Trocknungsanlage zur künstlichen Trocknung von Luzerne, Gras usw. zu betreiben (§ 2 der Satzung). Die Mittel dazu sollten durch Ausgaben von Anteilen, Einhebung von Baukostenzuschüssen und Aufnahme von Krediten aufgebracht werden (§ 3 der Satzung). Das Gründungskapital wurde dadurch aufgebracht, daß die Mitglieder 5000 S je Anteil als Stammkapital und 20 000 S je Anteil als Nachschuß einzahlten. Außerdem wurde ein Agrarinvestitionskredit von 2.1 Mio. S aufgenommen und ein nicht rückzahlbarer Zuschuß der Landwirtschaftskammer von 400 000 S vereinnahmt. Die Mitgliedschaft ist abhängig vom Betrieb einer Landwirtschaft im Einzugsgebiet der Vereinigung, das ist der Umkreis von 20 km von Z (§ 4 der Satzung). Unter der Überschrift "Austritt aus dem Verein, Einlagen und Rückzahlungen" wurde im § 6 der Satzung festgelegt, daß die Mitgliedschaft für zehn Jahre (1978) bis zur Deckung der namhaften Kosten gebunden ist, die mit der Errichtung der Trocknungsanlage verbunden sind. Ausgenommen sind die Betriebsübergabe im Erbschaftsfall und die vollständige Betriebsveräußerung. In diesen Fällen können die Mitgliedschaft und die Anteile vor Ablauf von zehn Jahren der Trocknungsgemeinschaft zur Einlösung angeboten werden; diese ist dann verpflichtet, die tatsächlich geleisteten Anteils- und Baukostenzuschußzahlungen unverzinst zurückzuerstatten. Die dem Verein überlassenen Anteile können an alte oder neu aufzunehmende Mitglieder im Meistbietungsverfahren bei der Generalversammlung abgegeben werden, wobei Altmitgliedern das Vorkaufsrecht zusteht. Ebenso können Mitglieder vor Ablauf von zehn Jahren ihre Anteile ganz oder teilweise unter sich abgeben bzw. übernehmen. In der Geschäftsordnung des Vereins ist festgehalten, daß Mitglieder, die gegen die Geschäftsordnung, besonders in bezug auf Lieferpflicht, Erntetermin und dessen Zeiteinteilung oder sonst gegen die Interessen der Trocknungsgemeinschaft wiederholt verstoßen, von der Vollversammlung mit anteilsmäßiger Dreiviertelmehrheit ausgeschlossen werden können. Die eingezahlten Geschäftsanteile, Baukostenzuschüsse und die geleisteten anteilsmäßigen Kreditrückzahlungen sind in diesem Fall unverzinst von der Gemeinschaft zurückzuerstatten. Weder die Satzung noch die Geschäftsordnung enthält eine Regelungsbestimmung über die vermögensrechtliche Auseinandersetzung zwischen dem Verein und einem Mitglied, das nach Ablauf von zehn Jahren seit der Gründung freiwillig aus dem Verein scheidet. Die Anteile aller Mitglieder des Vereins sind in der Schlußbilanz zum mit einem Wert von insgesamt 3 565 845 S eingesetzt. Es ist dort allerdings auch eine Wertminderung der Anteile im Betrag von 2 747 171.19 S veranschlagt, die dadurch eintrat, daß die Beklagte jährlich mit einem Verlust abschloß, weil der für das angelieferte Grüngut erzielte Verkaufspreis geringer war als die den Mitgliedern für das Grüngut bezahlten Preise und die gesamten Trocknungskosten; für das Trockengut konnten infolge billigerer Konkurrenzanbote - vor allem aus den Ostblockstaaten - keine günstigeren Preise erzielt werden. Der Preis für das anzuliefernde Grüngut wurde nämlich jeweils zu einem Zeitpunkt beschlossen, in dem der zu erzielende Verkaufspreis und die Trocknungskosten noch gar nicht endgültig feststanden. Die Mitglieder waren jedoch hernach nicht bereit, Rückzahlungen oder Nachschüsse auf ihre Anteile zu leisten. Sie waren dann aber einverstanden, daß die jährlichen Verluste in Form einer Wertberichtigung ihrer Anteile zu Buch schlugen und genehmigten die so erstellten Jahresabschlüsse. Nach einer derartigen Wertberichtigung errechnet sich zum Stichtag ein reiner Kapitalwert aller Anteile von 818 673.81 S. In der Bilanz des Vereins zum Stichtag wurde das unbewegliche Sachanlagevermögen (darunter die im Eigentum der Beklagten stehende Liegenschaft EZ 210 GK Z) mit 1 546 476 S und das bewegliche Sachanlagevermögen mit 86 157 S bewertet. Zu diesem Stichtag betrug der Verkehrswert des unbeweglichen Sachanlagevermögens 2 705 500 S und jener des beweglichen Sachanlagevermögens 480 350 S. Aus der Gegenüberstellung des Verkehrswertes des gesamten Sachanlagevermögens von 3 185 850 S mit dem Bilanzwert dieses Vermögens ergibt sich eine stille Reserve von 1 553 217 S.

Der Kläger gehörte der Beklagten seit der Vereinsgrundung an und schied auf Grund seiner Austrittserklärung vom zum aus. Gemäß § 6 der Vereinssatzung war nämlich die Mitgliedschaft wegen der bis dahin erwarteten Deckung der namhaften Kosten, die mit der Errichtung der Trockenanlage verbunden waren, für die Dauer von zehn Jahren - ausgenommen bei Betriebsübergabe im Erbschaftsfalle oder bei vollständiger Betriebsveräußerung - gebunden. Die Beklagte zahlte dem Kläger am ein "Auseinandersetzungsguthaben" von 118 648.40 S aus. Die Parteien hatten sich darauf geeinigt, daß das Ausscheidungsguthaben des Klägers zum Stichtag zu berechnen ist. Er besaß zehn von insgesamt 66 Anteilen.

Mit der vorliegenden Klage begehrte der Kläger, die Beklagte zur Zahlung eines weiteren Betrages von 724 661.40 S samt 5% Zinsen seit zu verurteilen. Er behauptete, daß er auch Anteil an den stillen Reserven habe, die bei der Errechnung des wahren Wertes seiner Geschäftsanteile zu berücksichtigen seien. Hilfsweise begrundete er sein Begehren damit, daß ihm nach der Geschäftsordnung des Vereins im Falle seines Ausschlusses ein Anspruch auf Rückersatz der eingezahlten Geschäftsanteile, Baukostenzuschüsse und Kreditzurückzahlungen zustunde, also ein Mindestbetrag, der mit 700 000 S zu errechnen sei.

Die Beklagte wendete ein, es bestunden keine stillen Reserven; der Buchwert entspreche dem Verkehrswert des Anlagevermögens, sodaß dem Kläger sogar zu viel ausbezahlt worden sei. Bei der Wertermittlung der Anteile des Klägers sei auch die in der Bilanz zum ausgewiesene Wertminderung zu berücksichtigen, die sich daraus ergebe, daß infolge überhöhter Auszahlungen an die Mitglieder alljährlich mit Verlust abgeschlossen worden sei. Die Mitglieder seien auch mit der Berichtigung dieser Verluste zu Lasten ihrer Anteile einverstanden gewesen.

Das Erstgericht verurteilte die Beklagte zur Zahlung von 240 729 S samt 4% Zinsen p. a. seit und wies das Klagemehrbegehren ab.

Der wahre Wert der Anteile der Vereinsmitglieder zum habe unter Bedachtnahme auf die Verluste und die stillen Reserven insgesamt 2 371 890.81 S und der Wert eines Anteiles 35 937.74 S betragen; für die zehn Anteile des Klägers errechne sich der Betrag von 359 377.40 S. Unter Bedachtnahme auf die dem Kläger bereits ausbezahlten 118 648.40 S sei die Klageforderung mit 240 729 S berechtigt. Damit erhalte der Kläger zwar nicht den vollen Nominalbetrag seiner Anteile, wohl aber einen höheren Betrag als den, der sich unter Berücksichtigung der Wertminderung aus der Bilanz zum errechne.

Der beklagte Verein sei auf Gewinn berechnet und deshalb dem Vereinspatent von 1852 und nicht dem Vereinsgesetz 1951 unterworfen. Da Satzung und Geschäftsordnung des Vereins keine Regelung enthielten, wie der Auseinandersetzungsanspruch eines nach Ablauf von zehn Jahren freiwillig ausgeschiedenen Mitgliedes zu errechnen sei, müsse in Ermangelung einer Regelung im Vereinspatent von 1852 auf analoge Vorschriften anderer auf Gewinn berechneter Vereine zurückgegriffen werden. In diesem Fall biete sich das Genossenschaftsrecht an, weil die Beklagte nach dem Inhalt ihrer Statuten der rechtlichen Konstruktion dieser Organisationsform nahekomme. Nach der in Betracht kommenden Bestimmung des § 55 Abs. 3 GenG habe der ausgeschiedene Genossenschafter nur Anspruch auf Auszahlung des Nominalbetrages des Geschäftsanteiles auf Grund der für seinen Austritt maßgebenden Bilanz. Weise die Genossenschaft zum Stichtag jedoch einen Verlust aus, so dürfe dennoch der Nennbetrag des Anteiles nicht vermindert werden, wenn der Verlust den offenen Reserven entnommen werden könne. Seien keine offenen Reserven vorhanden, dürfe der anteilige Verlust oder Verlustvortrag vom Nennbetrag des Geschäftsanteiles nur dann abgezogen werden, wenn feststehe, daß die vorhandenen stillen Reserven unter Bedachtnahme auf allenfalls davon zu entrichtende Steuern im Fall der Auflösung den Verlust nicht auszugleichen in der Lage wären. Daraus folge, daß bei der Wertminderung der Anteile durch Verluste offene und stille Reserven zu berücksichtigen seien. Es seien zwar keine offenen, wohl aber stille Reserven vorhanden. Um diesen Betrag seien die Verluste, wie sie unter dem Titel Wertminderung der Anteile in der Bilanz aufschienen, tatsächlich geringer. Die stillen Reserven seien also bei der Wertverminderung der Anteile durch Verluste zu berücksichtigen.

Die Beklagte bekämpfte nur den sie verurteilenden Ausspruch, nicht aber den Ausspruch über die Gegenforderung.

Das Berufungsgericht änderte die Entscheidung des Erstgerichtes dahin ab, daß es die Beklagte zur Zahlung von 5393.08 S samt 4% Zinsen p. a. seit verurteilte und das Klagemehrbegehren abwies. Richtig sei, daß der bilanzmäßige Buchwert des Anlagevermögens der Beklagten zufolge der Bilanz für das Kalenderjahr 1978 1 915 314 S betrage, doch sei dies unerheblich, weil auf die stillen Reserven nicht Bedacht genommen werden dürfe. Tatsächlich handle es sich bei der Beklagten um einen wirtschaftlichen Verein, der auf Gewinn berechnet sei, welcher - nach Art gesellschaftsrechtlicher Gewinnausschüttung - auf Grund eines Generalversammlungsbeschlusses der Mitglieder auf diese verteilt werden könne. Es sei zwar auch einem ideellen Verein gestattet, unter Beachtung der allgemeinen Rechtsvorschriften ein auf Gewinn gerichtetes Unternehmen zu betreiben, doch dürften seine Einnahmen nicht die Ausgaben übersteigen. Der Gewinn sei dem ideellen Vereinszweck zuzuführen und dürfe nicht den Mitgliedern zukommen. Die Beklagte erfülle diese Voraussetzungen aber nicht und müsse deshalb als Verein nach dem Vereinspatent 1852 beurteilt werden. Dieses Gesetz enthalte jedoch keine Vorschriften über die vermögensrechtlichen Auswirkungen des freiwilligen Austritts von Mitgliedern. Die Satzung der Beklagten sage dazu auch nichts, denn die Bestimmung des § 6 ("Austritt aus dem Verein, Einlagen und Rückzahlungen") beziehe sich nur auf die beiden Fälle Betriebsübergabe und Betriebsveräußerung vor Ablauf der Bindungsfrist von zehn Jahren sowie auf den Ausschlußfall (Geschäftsordnung) wegen wiederholter Verstöße gegen Vereinsinteressen; in diesen Fällen sei im Ergebnis das Geschäftsguthaben unverzinst zurückzuerstatten. Es erscheine angemessen, die Privatrechtsordnung auf den Austritt des Klägers anzuwenden und dabei die Bestimmungen des Genossenschaftsrechtes analog anzuwenden, weil der beklagte Verein typische genossenschaftsrechtliche Züge trage: Es haften ihr die Wesensmerkmale der Genossenschaft, nämlich der Förderungszweck, die nicht geschlossene Mitgliederzahl und der gemeinschaftliche Geschäftsbetrieb (§ 1 GenG), fraglos an. Die Beklagte sei von genossenschaftlichen Strukturen geradezu geprägt, sodaß der Schluß naheliege, daß die Gründungsmitglieder nur zu dem Zweck die Vereinsform wählten, um sich gewissen genossenschaftlichen Zwängen (vor allem dem Verbandszwang) zu entziehen. Sie stelle sich als Verwertungsgenossenschaft dar (§ 1 GenG idF der Novelle 1974), sodaß auf die vermögensrechtlichen Auswirkungen des freiwilligen Austrittes von Mitgliedern die Bestimmungen des GenG anzuwenden seien. Nach den in diesem Belange im wesentlichen gleichartigen Bestimmungen der §§ 55 Abs. 3 und 79 GenG habe der ausgeschiedene Genossenschafter lediglich Anspruch auf Auszahlung seines Geschäftsguthabens, wie es sich nach dem Rechnungsabschluß für das Jahr, in dem er ausgeschieden ist, darstellt, nicht jedoch auf Anteile des Reservefonds und des sonst vorhandenen Vermögens der Genossenschaft. Für den Anspruch des Ausgeschiedenen auf Auszahlung seines Geschäftsguthabens sei der Jahresabschluß des Ausscheidungsjahres maßgeblich; das bedeute, daß der Betrag des Geschäftsguthabens durch Verluste geschmälert werde, die sich aus der Auseinandersetzungsbilanz ergeben. Die angeführten gesetzlichen Bestimmungen drückten aus, daß bei Genossenschaften kein Quotenanspruch bestehe. Der ausgeschiedene Genossenschafter nehme im Zweifel - wie hier - an etwaigen offenen und stillen Reserven nicht teil. Er habe auch keinen Anspruch auf Verwendung des Reservefonds - umsoweniger der stillen Reserven - zur Verlustdeckung vor Abschreibung seines Geschäftsguthabens. Diesbezüglich könne die Ansicht des Erstgerichtes nicht geteilt werden, denn sie habe den Wortlaut des Gesetzes und - abgesehen von Feil - Mayr - Igerz, Die Genossenschaft 162 - das gesamte übrige Schrifttum gegen sich. Im übrigen liefe die Verwirklichung dieser Auffassung auf eine Schwächung des Eigenkapitals der Genossenschaft hinaus, der das GenG gerade entgegenwirken wolle. Daraus folge, daß der Kläger lediglich einen Anspruch auf sein in der Jahresbilanz zum ausgewiesenes Geschäftsguthaben abzüglich des vorhandenen Verlustanteiles (in der Bilanz als "Wertverminderung" ausgewiesen), nicht aber auf Beteiligung am Reservefonds einschließlich der stillen Reserven habe. Bestimmend sei allein die Bilanz, deren Richtigkeit von den Parteien nicht angezweifelt werde und von der Generalversammlung der Mitglieder festgestellt worden sei. Daraus ergebe sich noch ein Anspruch des Klägers von 5393.08 S.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klagers nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Dem Berufungsgericht ist zunächst in der Ansicht beizustimmen, daß der beklagte Verein eine wirtschaftliche Tätigkeit entfaltet, die zwar seinem satzungsgemäßen Zweck entspricht, aber die Zulässigkeitsgrenze für den einem Idealverein iS des VereinsG erlaubten Betrieb wirtschaftlicher Unternehmen eindeutig überschreitet. Herrschender Meinung zufolge ist nämlich einem Idealverein jede auf Erlangung vermögensrechtlicher Vorteile für seine Mitglieder zielende wirtschaftliche Unternehmertätigkeit untersagt; eine solche ist ihm nur soweit gestattet, als sie seiner ideellen Zielsetzung untergeordnet ist und nicht zum Selbstzweck wird (vgl. Jud in ÖZW 1980, 33 mwN). Dem beklagten Verein fehlt jedoch schon seiner Zielsetzung nach der für Idealvereine geforderte ideelle Zweck, denn er ist ausschließlich auf die Förderung der Wirtschaft seiner Mitglieder durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb ausgerichtet und zeigt dadurch Merkmale auf, die wesentliche Abgrenzungskriterien der genossenschaftlichen Organisationsform gegenüber anderen Gesellschaftsformen sind. Mangels Registrierung im Genossenschaftsregister besteht keine Genossenschaft (§ 8 GenG). Der beklagte Verein ist aber auch keineswegs, wie die Vorinstanzen unrichtig angenommen haben, als Verein iS des Vereinspatents 1852 anzusehen, denn für die Existenz einer derartigen Körperschaft ist eine Konzession erforderlich, die niemals erteilt und auch gar nicht beantragt wurde. Die rechtliche Existenz der Beklagten in der Rechtsform eines Vereins iS des VereinsG muß aber ungeachtet der fehlenden gesetzlichen Voraussetzungen für die von den Gründern gewählte Rechtsform dennoch anerkannt werden, denn er wurde bei der Vereinsbehörde angemeldet, diese hat mit Bescheid vom , Z Vr 272/1-1969, die Vereinsbildung nicht untersagt; der Verein hat sich auch konstituiert und seine Tätigkeit begonnen, ja er ist sogar als Eigentümer einer Liegenschaft im Grundbuch eingetragen. Nach diesen Gesichtspunkten ist also der Verein entstanden (vgl. Kastner, Grundriß des österreichischen Gesellschaftsrechts[4], 24). Der gesetzwidrige Zweck des beklagten Idealvereins kann seine Existenz nicht beeinträchtigen. Nur bei dieser Deutung wird der Verkehrsschutz garantiert, der bei bereits ins Leben getretenen Vereinen unerläßlich erscheint. Das Fehlen aller vereinsrechtlichen Verkehrsschutzregeln muß so verstanden werden, daß der Gesetzgeber diese nicht als notwendig erachtete, weil der bloße Ablauf der Untersagungsfrist nach der Vereinsanmeldung (oder der bereits vorher erlassene Negativbescheid der Vereinsbehörde) den Verein trotz allfälliger rechtlicher Mängel schaffen sollte. Für den Verkehrsschutz sprechen aber auch sachliche Gründe: Mit dem ergebnislosen Ablauf der Untersagungsfrist und der Beteiligung des Vereins am Rechtsleben wachsen sowohl Notwendigkeit als auch Legitimität der Einschränkung der Nichtigkeit der Vereinigung, denn einmal konzentriert sich das Interesse des Rechtsverkehrs auf die arbeitende Zweckorganisation, und es treten die Trägerpersonen aus dem Blickfeld, zum anderen verstärkt sich die Schutzwürdigkeit des Vertrauens durch die berechtigte Überlegung, daß das Nichteinschreiten der Behörde bzw. ihre ausdrückliche Nichtuntersagung der Vereinsbildung eine Art Richtigkeitsgewähr darstellt. Der beklagte Verein ist deshalb trotz der ihm anhaftenden Rechtsmängel als rechtsbeständig anzusehen.

Eine andere Frage ist jedoch die nach den für die Entscheidung des Streitfalles zwischen dem nach Ablauf der zehnjährigen Sperrfrist ab Vereinsgrundung freiwillig ausgetretenen klagendem Mitglied und dem beklagten Verein für die Bemessung des Auseinandersetzungsguthabens anzuwendenden Rechtsregeln. Die Vorinstanzen haben, da sie in der Satzung und in der Geschäftsordnung des beklagten Vereins keine Antwort auf die gestellte Frage fanden, ob der Kläger auch Anteil an den stillen Reserven und am sonstigen Vermögen des beklagten Vereins hat, auf die ihnen analogiefähig erschienenen Vorschriften des GenG (§§ 55 Abs. 3 und 79) gegriffen. Dagegen wendet sich der Kläger in der Revision mit der Ansicht, daß in Wahrheit die Bestimmungen des 27. Hauptstückes des ABGB (§§ 1175 ff. ABGB) über die Erwerbsgesellschaft bürgerlichen Rechts anzuwenden seien; danach gebühre ihm im Austrittsfall ein Auseinandersetzungsguthaben, das nach handelsrechtlichen Grundsätzen zu ermitteln sei und die stillen Reserven einschließen müsse. Die Gründer hätten nämlich nicht eine Genossenschaft gegrundet, wozu die Eintragung ins Genossenschaftsregister erforderlich wäre, die nicht erfolgt sei, sondern einen auf Gewinn gerichteten wirtschaftlichen Verein; es sei auch nicht richtig, daß ihm bei Anwendung des Genossenschaftsrechtes kein Anteil an den durch übermäßige - wenngleich steuerlich zulässige - Abschreibungen entstandenen stillen Reserven zustehe. Im übrigen müsse er bei richtiger Auslegung der Statuten im Fall seines freiwilligen Austritts aus dem Verein doch zumindest ebensoviel ausbezahlt bekommen wie ein Vereinsmitglied, das vor Ablauf der festgelegten Bindungsfrist von zehn Jahren austritt, dh. er habe zumindest 540 279.54 S zu bekommen, nämlich zehnmal den sechsundsechzigsten Teil der Bilanzposition "Anteile Mitglieder".

Es ist richtig, daß die individuelle Ergänzung der Satzungslücken im Wege objektiver Auslegung ihres Inhalts nach Wortlaut und Sinnzusammenhang mit Ausrichtung an dem Zweck der Vereinigung und den schutzwürdigen Interessen seiner Mitglieder der Heranziehung dispositiven standardisierten Organisationsrechtes vorzuziehen ist (vgl. Reich - Rohrwig, Das österr. GmbH-Recht, 19 mwN; Ulmer im Großkommentar GmbHG[7], Rdz. 122 zu § 2). Die Überlegung, daß ein Vereinsmitglied, das nach Ablauf der in der Satzung festgelegten Bindungsfrist für die Mitgliedsdauer freiwillig von seinem Austrittsrecht Gebrauch macht, vermögensrechtlich nicht schlechter gestellt sein dürfe als ein während der Bindungsdauer ausgetretenes - nicht von den normierten Ausnahmefällen begünstigtes - oder wegen Verstoßes gegen die Gemeinschaftsinteressen durch Beschluß der Generalversammlung der Mitglieder ausgeschlossenes Mitglied, bringt indessen für den Kläger keinen Vorteil. Er übersieht, daß er bei Gleichstellung mit diesen festgelegten Abschichtungsfällen wegen der unbestritten feststehenden Zustimmung der Vereinsmitglieder, daß sie mit den infolge überhöhter Äuszahlungen für angeliefertes Grüngut entstandenen jährlichen Verlusten des Vereins in Form von Wertberichtigungen ihrer Geschäftsanteile belastet wurden, keineswegs mehr bekommen kann, als ihm das Berufungsgericht in analoger Anwendung der Vorschriften des Genossenschaftsrechts (§§ 55 Abs. 3 und 79 GenG) zugemessen hat. Seine in der Revisionsanschrift angestellte Berechnung wäre nur richtig, wenn dabei der ihn treffende Verlustanteil Berücksichtigung gefunden hätte. In diesem Fall wäre nämlich das Ergebnis gleich dem das vom Erstgericht auf anderer Rechtsgrundlage, nämlich in analoger Anwendung der bereits angeführten genossenschaftsrechtlichen Bestimmungen, errechnet wurde. Die vom Berufungsgericht mit zutreffenden Gründen gebilligte Anknüpfung an das Genossenschaftsrecht ist auch sachgerecht. Das Vereinsrecht, das keine Auseinandersetzungsregeln enthält, die hier eingreifen könnten, kann in diesem Fall nur zur Beantwortung der Frage dienen, ob es sich bei der beklagten Gemeinschaft überhaupt um ein rechtsfähiges Gebilde handelt. Auch das Vereinspatent 1852 gibt keine Auskunft zu dem gestellten Problem. Die bereits dargelegte Dominanz genossenschaftsrechtlicher Charaktermerkmale des beklagten Vereins, vor allem der Förderungsauftrag und die nicht geschlossene Mitgliederzahl (vgl. dazu Kastner aaO 335 f.), zwingen in der Tat zur analogen Anwendung der entsprechenden Bestimmungen des GenG (§§ 55 Abs. 3 und 79). Danach steht aber dem ausgeschiedenen Genossenschaftsmitglied im Zweifel kein Anteil an den stillen Reserven der Genossenschaft zu (vgl. Kastner aaO 375). Er erhält nur sein Geschäftsguthaben, also die von ihm geleisteten Einlagen (ders aaO 356), die seinem Konto gutgebracht worden sind. Auf diesem Konto sind aber auch die ihn treffenden Verluste abzurechnen, wie es dem festgestellten Willen der Genossenschaftsmitglieder entspricht. Aus diesen Erwägungen steht dem Kläger nicht mehr zu, als vom Berufungsgericht errechnet wurde.