OGH vom 18.04.2013, 5Ob142/12m
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch die Hofrätin Dr. Lovrek als Vorsitzende sowie die Hofräte und Hofrätinnen Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Mag. Wurzer und Mag. Malesich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P***** K***** W*****, vertreten durch Graff Nestl Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei A***** GmbH, *****, vertreten durch Saxinger Chalupsky Partner Rechtsanwälte GmbH in Linz, wegen 7.968.576,27 EUR sA, über den „Revisionsrekurs“ (richtig: Rekurs) der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 219/11w 21, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts Wels vom , GZ 4 Cg 206/10a 16, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom , GZ 4 Cg 206/10a 17, aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung und Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs der klagenden Partei wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben. Dem Berufungsgericht wird die neuerliche Entscheidung über die Berufung der beklagten Partei aufgetragen.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Kosten des Rechtsmittelverfahrens.
Text
Begründung:
Am wurde zwischen dem Kläger und der H***** Gesellschaft m.b.H., der Rechtsvorgängerin der nunmehr beklagten Gesellschaft (in der Folge aus Vereinfachungsgründen immer als Beklagte bezeichnet), ein Abtretungsvertrag geschlossen, gemäß dessen Punkt XII. österreichisches Recht anzuwenden ist. Die abtretende Gesellschaft (Beklagte) war Alleingesellschafterin der R*****gesellschaft m.b.H. (in der Folge immer: Gesellschaft), die grundbücherliche Eigentümerin von im Vertrag näher bezeichneten Liegenschaften bzw Liegenschaftsanteilen war. Die Beklagte hielt einen Geschäftsanteil, der einer zur Gänze einbezahlten Stammeinlage von 2 Mio ATS entsprach. Die Beklagte trat in diesem Vertrag einen Teil ihres Geschäftsanteils, der einer zur Gänze bar eingezahlten Stammeinlage von 1.980.000 ATS entsprach, an den Kläger ab.
Neben der Übernahme von Verbindlichkeiten, Schad und Klagloshaltungen und der Übergabe von Wechseln ist im Abtretungsvertrag auszugsweise Folgendes vereinbart:
„III. Abtretungspreis
Der Abtretungspreis über insgesamt ATS 109.650.000 (in Worten: ...) ist bereits vor Unterzeichnung dieses Abtretungsvertrages in Form von Waren im Werte von ATS 109.650.000 bezahlt worden (Punkt VI. B a, b, c) ...
VI. Verbindlichkeitsausgleich
...
B. Begleichung Geschäftsanteil über Nominale ATS 1.980.000
a) Lieferung von 1 Million Flaschen Vodka Type Stolicnaja, entsprechend der abtretenden Gesellschafterin übergebenen Muster und übergebenen Spezifikationen frei Lagerhaus des Erwerbers ... CSR, an Zahlung statt (bewertet mit ATS 30.000.000). (Bereits fakturiert und übernommen)
b) Lieferung von 4.000 t Titanium Dioxyd, entsprechend der abtretenden Gesellschafterin übergebenen Muster und Spezifikationen frei Lagerhaus des Erwerbers ... CSR (bewertet mit ATS 49.650.000). (Bereits fakturiert und übernommen)
c) Lieferung von zwei Stück Fischkutter entsprechend den dem abtretenden Gesellschafter übergebenen Schiffspapieren frei Hamburg Hafen.
Der Erwerber, Herr P***** W***** [Kläger], haftet dafür, dass die Positionen b) bis c) sein unbeschränktes Eigentum darstellen und mit allen Lasten, welcher Art immer, nicht belastet sind bzw das Recht Dritter hinsichtlich der Positionen zu b) bis d) nicht bestehen (bewertet mit ATS 30.000.000). (Bereits fakturiert.)“
Es ist unstrittig, dass die Beklagte die in Punkt VI. B a) und b) beschriebenen Waren übernommen und in der Folge auch verwertet hat. Deren Wert bzw der erzielte Erlös steht nicht fest.
Unstrittig ist ferner, dass die Beklagte vom Abtretungsvertrag zurücktrat und dieser Rücktritt vom Kläger angenommen wurde.
Zwischen der F***** A.G. mit dem Sitz T.G. M***** in Tschechien (in der Folge immer: AG), vertreten durch J***** M***** (Verkäuferin), und der „Firma“ H***** A***** (Geschäftsführer der Beklagten) als Käufer wurde ein Kaufvertrag mit folgendem, auszugsweise wiedergegebenem Inhalt abgeschlossen:
„1. Gegenstand des Vertrages:
1.1. Gegenstand dieses Vertrages ist die Lieferung folgender Ware:
1.2. Titanweisse (...) in Big Bag Verpackung und Papiersäcken je 25 Kilo, in der Gesamtmenge 4.000 Tonnen
1.3. Wodka Stolichnaya in 0,5 l Flaschen, verpackt in Kartons, je 12 oder 15 Flaschen, in der Gesamtmenge 1 Million Flaschen
1.4. kleine Fischfangtrawler (es folgt die Typen- und Herstellerbezeichnung).
Der Käufer erklärt, dass er die Ware, bezeichnet unter Punkt 1.2. und 1.3. ordentlich besichtigt hat, einverstanden ist mit der Qualität laut vorgelegten Mustern, mit der Verpackung und die Ware so, ohne Vorbehalt kauft. Die Ware unter Punkt 1.4. hat der Käufer besichtigt, eine Probefahrt durchgeführt und kauft auch vorbehaltlos diese Ware. Dem Käufer wurden sämtliche Dokumente für die Manipulation mit der Ware und die Bescheinigung übergeben. Diese Dokumente sind Beilage dieses Vertrages und bilden eine unteilbare Einheit.
2. Einkaufspreis:
2.1. Es versteht sich der Preis für die Ware in Auslandswährung (mit Verpackung) wie folgt:
2.2. Bei der Titanweisse ist der Preis USD 1.300 pro Tonne, insgesamt USD 5,200.000 für die ganze Lieferung franko Lager des Verkäufers
2.3. Bei Wodka ist der Preis USD 2 für eine 0,5 Liter Flasche, insgesamt USD 2,000.000 für die ganze Lieferung, franko Lager des Verkäufers.
2.4. Bei den Fischfangtrawlers ist der Preis USD 1.500.000 pro Stk. für zwei Stücke USD 3.000.000 3 franko Hafen Hamburg, BRD.
Für die Warenlieferung laut Punkt 1 des Vertrages gesamt USD 10.200.000.
3. Zahlungsbedingungen und Fakturation:
Der Käufer bezahlt den Kaufpreis USD 10.200.000 auf das Konto des Verkäufers wie folgt:
3.1. 100 % des Preises binnen 30 Tagen nach Realisierung der letzten Lieferung dem Käufer.
...
4. Eigentumsvorbehalt:
4.1. Das Eigentumsrecht für die gelieferte Ware geht vom Verkäufer auf den Käufer im Augenblick der Warenübernahme über.“
Dieser Kaufvertrag ist nicht datiert.
Mit der am eingebrachten Klage begehrt der Kläger von der Beklagten Zahlung von dem Abtretungspreis von 109.650.000 ATS entsprechenden 7.968.576,27 EUR sA aus dem Titel der Bereicherung. Der Kläger habe der Beklagten den Abtretungspreis bezahlt. Das habe die Beklagte im Abtretungsvertrag auch ausdrücklich zugestanden. Durch die Warenlieferungen habe die Beklagte den entsprechenden Teil des Abtretungspreises erhalten. Der Kläger habe den von der Beklagten geschuldeten Kaufpreis bezahlt: Die Beklagte habe niemals Zahlung für die Waren geleistet. Zwischen dem Kläger und der A.G. hingegen sei wirksam ein Abtretungsvertrag abgeschlossen worden; im Verrechnungsweg habe der Kläger den (von der Beklagten der A.G. geschuldeten) Warenkaufpreis bezahlt. Tatsächlich seien die Waren über Anweisung des Klägers von der A.G. direkt an die Beklagte geliefert und damit ein Teil des Abtretungspreises geleistet worden. Der Beklagten stehe kein Gewährleistungs bzw Preisminderungsanspruch hinsichtlich der übernommenen Waren zu, weil sie darauf im Abtretungsvertrag ausdrücklich verzichtet habe. Dass nicht die Beklagte den Kaufpreis (an die A.G.) bezahlen sollte, sondern die Warenlieferung an Zahlungs Statt für einen Teil des Abtretungspreises gegeben werden sollte, sei von Beginn an vereinbart worden. Der Kläger habe sich in einem Abtretungsvertrag von der A.G. mit Kenntnis der Beklagten das Eigentumsrecht an den Waren übertragen lassen. Eine Kondiktion sei daher nur zwischen den Parteien des Abtretungsvertrags vom vorzunehmen.
Schadenersatzforderungen der Beklagten aus der Warenlieferung seien jedenfalls verjährt.
Die Beklagte bestritt die Aktivlegitimation des Klägers. Eigentümerin der Waren sei die A.G. gewesen. Die Vereinbarungen zwischen den Parteien seien dahin zu verstehen, dass die Kaufpreisforderung der A.G. an Zahlungs Statt für die Abtretung der Geschäftsanteile hingegeben worden sei, wobei zwischen dem Kläger und der A.G. eine aufrechnungsähnliche Situation bestanden habe. Die zwischen den Parteien vereinbarte Hingabe an Zahlungs Statt sei aber durch die Auflösung des Abtretungsvertrags weggefallen. Damit sei die Forderung aus dem Grundgeschäft (Warenkauf) wieder aufgelebt und daher nur die A.G. forderungsberechtigt. Deren Kaufpreisforderung sei verjährt. Die Geltendmachung von Bereicherungsrecht, um den Verjährungseinwand auszuschließen, sei unzulässig. Zum anderen bestehe kein Bereicherungsanspruch, weil die Leistung der Waren an die Beklagte aus einem wirksamen Grundgeschäft zwischen ihr und der A.G. erfolgt sei.
Im Übrigen erstattete die Beklagte ein umfangreiches Vorbringen zu der von ihr behaupteten Unwirksamkeit des Vertrags zwischen der A.G. und dem Kläger.
Der Wert der gelieferten teilweise mangelhaften Waren sei jedenfalls wesentlich niedriger als im Vertrag zwischen den Streitteilen zugrunde gelegt. Lediglich hinsichtlich des Titans sei es der Beklagten gelungen, beim Weiterverkauf einen Erlös von 2.906.913,37 EUR zu erzielen.
Die Beklagte wendete ferner Gegenforderungen bis zur Höhe der Klageforderung ein, die sie wie folgt begründete:
der Vertrag sei aus dem Alleinverschulden des Klägers nicht realisiert worden; ein „Deckungsgeschäft“ (späterer Verkauf des Geschäftsanteils) sei gescheitert. Der Wert der Gesellschaft betrage infolge einer erforderlich gewordenen Teilwertabschreibung nur noch 10.414.567,80 EUR. Im Abtretungsvertrag hätten die Parteien einen Wert von 33.437.479,73 EUR zugrunde gelegt. Unter Berücksichtigung des von der Beklagten aus dem Titanverkauf erzielten Erlöses sei ihr „Differenzschaden“ mit 17.449.474,21 EUR zu beziffern.
der Kläger sei seiner vertraglich begründeten Verpflichtung, die Beklagte von für die Gesellschaft übernommenen Haftungen gegenüber bestimmten Geldinstituten zu befreien, auch nach Abschluss näher dargestellter ergänzender Vereinbarungen, die die Haftungsfreistellung bis vorgesehen hätten, nicht nachgekommen. Die Beklagte ihrerseits habe alle ihre vertraglichen Verpflichtungen erfüllt. Sie sei mit Schreiben vom vom Vertrag zurückgetreten. Insgesamt habe die Beklagte 380.767.238,37 ATS (27.672.434,39 EUR) aufgewendet, um die Verbindlichkeiten der Gesellschaft teilweise zu tilgen.
Das Erstgericht erkannte die Klageforderung (mit Ausnahme eines den Zeitraum vor dem betreffenden Zinsenmehrbegehrens) für zu Recht bestehend, die von der Beklagten eingewendete Gegenforderung hingegen für nicht zu Recht bestehend und gab dem Klagebegehren unter rechtskräftiger Abweisung eines Zinsenmehrbegehrens statt.
Das Erstgericht traf folgende, zum Teil in der rechtlichen Beurteilung enthaltene weitere Feststellungen:
Die Beklagte beabsichtigte, im Schloss M***** Geschäfte und Eigentumswohnungen zu errichten und ließ deshalb die Liegenschaft parifizieren. Als der Rohzustand hergestellt war, lernte der Geschäftsführer der Beklagten den Kläger kennen, der ihm als Unternehmer aus Tschechien vorgestellt wurde. Der Kläger bekundete sein Interesse am Erwerb der Liegenschaft, auf welcher er ein Hotel errichten wollte. Der Geschäftsführer der Beklagten und der Kläger einigten sich schließlich auf einen Kaufpreis von 479 Millionen ATS, der zum Teil durch Übergabe von Wechseln, durch Übernahme von Schulden in Höhe von 250 Millionen ATS durch den Kläger und durch den „Verkauf“ von Waren an die Beklagte bezahlt werden sollte. Die Übergabe der Waren war an Zahlungs Statt für den vereinbarten Teil des Kaufpreises vorgesehen. Da der Kläger zum damaligen Zeitpunkt tschechischer Staatsbürger war, wurde für den Erwerb der Schlossliegenschaft durch ihn die Konstruktion des Abtretungsvertrags gewählt. Die im Kaufvertrag angeführten Waren wurden tatsächlich an die Beklagte übergeben und von dieser verwertet. Eine Mängelrüge wurde gegenüber dem Kläger nie erhoben.
Zwischen dem Kläger und der Beklagten bzw deren Vertreter war vereinbart, dass durch Warenlieferungen der A.G. ein Teil der Kaufpreisforderung „abgedeckt werden sollte“. Dabei wusste die Beklagte, dass die A.G. den Warenverkauf und die Lieferung der Waren für den Kläger erbrachte.
Die Abwicklung des Abtretungsvertrags erfolgte jedoch nicht, wie von den Vertragsparteien erwartet, weshalb die Rechtsvorgängerin der Beklagten von diesem Vertrag zurücktrat, was der Kläger schließlich auch akzeptierte.
Der Kläger hatte Anfang der 1990er Jahre in Tschechien mit anderen Personen ein Unternehmen gegründet, an welches er Edelsteine verkaufte, sodass ihm gegen dieses Unternehmen Forderungen zustanden. Diese wurden im Verrechnungsweg verringert. Dieses Unternehmen ging später in die A.G. über, deren Hauptgesellschafter der Kläger war. Weil zwischen dem Kläger und der Beklagten vereinbart war, dass durch Warenlieferungen der A.G. ein Teil der Kaufpreisforderung der Beklagten abgedeckt werden sollte, wurde aufgrund einer Weisung des Klägers an die A.G. der Kaufvertrag abgeschlossen.
Zwischen der A.G., vertreten durch das Vorstandsmitglied A***** V. P*****, und dem Kläger wurde folgender Vertrag geschlossen:
„Vertrag über die Abtretung des Guthabens
wie folgt
Diese Abtretung wurde laut des § 524 [und] Bürgerlichen Gesetzbuches abgeschlossen
zwischen
A.G. ... vertreten durch ... und
Herrn … (Kläger) ...
I.
1. Der Abtreter hat laut Kaufvertrag und herausgegebenen Rechnungen bei der Firma H***** GmbH, ***** [= Rechtsvorgängerin der Beklagten] ein Guthaben in gesamter Höhe von USD 4.465.170 für bisher gelieferte und nicht bezahlte Ware.
2. Herr P***** W***** (Kläger) hat laut des Kaufvertrages vom und Kaufvertrages vom dem Abtreter Ware verkauft mit einem Gesamtwert von 249 Million Kc (in Worten: ...) und weiter hat er ihm laut des Darlehensvertrages Ware überlassen mit einem Gesamtwert von 341 Millionen Kc (in Worten: ...)
Für diese Ware ist der Abtreter Herrn P***** W***** (Kläger) noch schuldig.
II.
1. Die Teilnehmer haben vereinbart, daß der Abtreter Herr P***** W***** (Kläger) sein ganzes Guthaben abtretet, wie angeführt unter Abschnitt I. Herr P***** W***** (Kläger) nimmt die Abtretung des Guthabens an, als teilweise Abzahlung des schuldigen Betrages angeführt unter Abschnitt I.
2. Für die gegenseitige Abrechnung wurde der Mitteldevisenkurs, gültig am Tag der Unterzeichnung des Vertrages, vereinbart.
III.
1. Die Abtretung des Guthabens wurde kostenlos vereinbart.
2. Der Abtreter ist verpflichtet dem Schuldner die Abtretung des Guthabens ohne Aufschub mitzuteilen.
IV.
1. Die Teilnehmer erklären, dass dieser Vertrag ihren freien Willen ausdrückt, daß sie mit diesem Vertrag einverstanden sind, was sie mit ihren eigenhändigen Unterschriften bestätigten.
2. Dieser Vertrag wurde in zwei Exemplaren ausgefertigt ...
In F*****, den “
Rechtlich erachtete das Erstgericht, dass unstrittig sei, dass der Vertrag zwischen den Streitteilen „aufgelöst“ worden sei. Der Kläger habe sich mit dem von der Beklagten erklärten Rücktritt abgefunden.
Der Kläger sei zur Rückforderung des von ihm geleisteten Abtretungspreises berechtigt. Es liege eine Dreieckskonstellation vor, weil zwischen den Parteien im Abtretungsvertrag vereinbart worden sei, dass die Gegenleistung für den Geschäftsanteil im Nominale von 1.980.000 ATS in der bereits erfolgten Lieferung von Waren bestehe, welche von der A.G. an die Beklagte verkauft worden seien. Die als einvernehmlich zu beurteilende Aufhebung des Abtretungsvertrags habe dessen Rückabwicklung zur Folge. Es sei daher im Dreiecksverhältnis maßgeblich, aus welchem Rechtsgrund die Leistungen erfolgt seien, weil sich daraus die Person des Leistungsempfängers ergebe. Die Beklagte habe gewusst, dass die A.G. den Warenverkauf und die Lieferung der Waren für den Kläger erbracht habe, wobei im Abtretungsvertrag festgehalten sei, dass die Waren bereits geliefert worden seien. Die faktische Leistung der A.G. an die Beklagte sei rechtlich gesehen als Leistung des Klägers an die Beklagte aufgrund des Abtretungsvertrags zu werten. Das habe die Beklagte auch gewusst. Genau diese Vorgangsweise sei zwischen ihr und dem Kläger vereinbart worden. Welches Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und der A.G. bestanden habe, sei nicht maßgeblich. Nach Rücktritt der Beklagten vom Abtretungsvertrag habe die Rückabwicklung zwischen den Vertragspartnern des Abtretungsvertrags zu erfolgen. Dem Kläger stehe daher ein Anspruch auf Ersatz des Werts der Waren zum Leistungszeitpunkt zu. Dieser Wert sei im Abtretungsvertrag festgelegt worden, Behauptungen und Beweisanbote für einen tatsächlich niedrigeren Wert habe die Beklagte nicht erstattet. Das beantragte Sachverständigengutachten wäre nur einzuholen gewesen, wenn konkrete Tatsachen behauptet worden wären, die für den Wert der Kaufgegenstände maßgeblich gewesen wären. Außerdem sei im Abtretungsvertrag jegliche Irrtumsanfechtung und Anfechtung wegen Verkürzung über die Hälfte ausgeschlossen worden. Eine Mängelrüge habe die Beklagte niemals erstattet.
Ob der Kläger oder die A.G. Eigentümerin der übergebenen Waren gewesen sei, sei nicht erheblich, weil die Waren auf Weisung des Klägers an die Beklagte geliefert worden seien. Dass die Beklagte nicht Eigentümerin der von ihr auch verwerteten Waren geworden sei, habe sie nicht einmal behauptet.
Die Beklagte habe trotz erhobener Einwände des Klägers und Erörterung durch das Gericht kein nachvollziehbares Vorbringen zur Höhe der Gegenforderung erstattet. Für einen Schadenersatzanspruch fehle es an jeglichem substantiiertem Vorbringen. Das treffe auch auf die Behauptung von Schadenersatzforderungen infolge Verschuldens des Klägers an der Nichterfüllung der im Abtretungsvertrag übernommenen Verpflichtungen zu.
Weil sich der Bereicherungsanspruch auf die Aufhebung des Abtretungsvertrags betreffend Geschäftsanteile gründe, sei der Verjährungseinwand der Beklagten, der den Bereicherungsansprüchen entgegengehalten worden sei, nicht berechtigt.
Der gegen das erstinstanzliche Urteil erhobenen Berufung der Beklagten gab das Berufungsgericht Folge, hob das Ersturteil auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf.
Das Berufungsgericht verneinte das Vorliegen der in der Berufung behaupteten Nichtigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens und des bekämpften Urteils, ließ jedoch die umfangreiche Mängel und Beweisrüge der Beklagten unerledigt.
Zu Unrecht gehe das Erstgericht von einer Anweisung des Klägers an die A.G. und einer Rückabwicklung im Dreiecksverhältnis aus. Bei Beurteilung des vorliegenden Sachverhalts sei wesentlich, dass über jene Waren, die der Kläger gemäß dem Abtretungsvertrag an die Beklagte zu liefern gehabt habe, auch ein Kaufvertrag zwischen der A.G. und der Beklagten vorliege. Nach dem Vorbringen der Beklagten sei dieser Kaufvertrag jedenfalls ursprünglich in keinem kausalen Zusammenhang mit dem später abgeschlossenen Abtretungsvertrag gestanden. Er habe einen eigenen wirksamen Grund für die Lieferung der A.G. an die Beklagte gebildet. Nach Auflösung des Abtretungsvertrags habe für die Beklagte aus dem Abtretungsvertrag kein Rechtsgrund mehr bestanden, die an sie gelieferten Waren zu behalten. Damit stelle sich allerdings die Frage nach dem rechtlichen Schicksal des Kaufvertrags zwischen der A.G. und der Beklagten. Als Rechtsfolge der Aufhebung einer Vereinbarung über die Hingabe von Waren an Zahlungs Statt lebe die durch die Hingabe an Zahlungs Statt berichtigte Forderung wieder auf (3 Ob 48/78 SZ 51/68). Das bedeute, dass nach Rücktritt vom Abtretungsvertrag die Kaufpreisforderung der A.G. aus dem Kaufvertrag wieder aufgelebt wäre, was bereicherungsrechtliche Rückabwicklungsansprüche des Klägers aus dem Unternehmenskaufvertrag ausschließe. Dann könne er nur die an ihn abgetretene Kaufpreisforderung geltend machen. Dasselbe gelte, wenn man zugrunde legte, dass der Kläger die Kaufpreisforderung der A.G. vereinbarungsgemäß für die Beklagte erfüllt hätte. Im Falle einer Schuldübernahme nach §§ 1405 f ABGB bleibe zufolge § 1407 ABGB das Schuldverhältnis inhaltlich unverändert. Auch damit wäre nur eine Kaufpreisforderung auf den Kläger übergegangen, welche er allerdings innerhalb der Verjährungsfrist hätte geltend machen müssen.
Es sei daher entscheidungswesentlich, die zeitlichen Abläufe der Vertragsabschlüsse und den dahinter stehenden Parteiwillen zu klären, was das Erstgericht bisher unterlassen habe. Dabei sei auch noch klärungsbedürftig, ob der Kaufvertrag zwischen der A.G. und der Beklagten oder aber mit deren Geschäftsführer persönlich zustande gekommen sei.
Unter diesen rechtlichen Gesichtspunkten sei die Sache noch erörterungsbedürftig.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, weil zur Lösung der Rechtsfrage im Wesentlichen nur die bereits länger zurückliegende höchstgerichtliche Entscheidung 3 Ob 48/78 herangezogen werden könne.
Gegen diesen Beschluss des Berufungsgerichts richtet sich der irrtümlich als „Revisionsrekurs“ bezeichnete Rekurs der klagenden Partei mit dem Antrag auf Abänderung der angefochtenen Entscheidung im Sinn einer Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Die Beklagte beantragt, den Rekurs zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben; hilfsweise wird beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und dem Berufungsgericht eine neuerliche Entscheidung über die Berufung aufzutragen.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs des Klägers ist zulässig. Er ist auch im Sinn einer Aufhebung der Berufungsentscheidung berechtigt.
Grundsätzlich kann der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, der Ansicht des Berufungsgerichts, der Sachverhalt sei noch nicht genügend geklärt, nicht entgegentreten. Das gilt allerdings nur bei einer richtigen rechtlichen Beurteilung des Berufungsgerichts (RIS Justiz RS0042179 [T3, T 14, T 20, T 21]). Aus den im Folgenden darzustellenden Gründen ist der rechtlichen Beurteilung des Berufungsgerichts nicht zu folgen:
1. Die Parteien haben im Abtretungsvertrag ausdrücklich die Anwendung von österreichischem Recht vereinbart.
2. Die Beklagte gründete ihren Vertragsrücktritt auf § 918 ABGB. Unstrittig ist, dass der Kläger diesen Rücktritt akzeptierte.
Der Rücktritt vom Vertrag nach § 918 ABGB führt zur obligatorisch wirkenden Vertragsauflösung ex tunc (stRsp; RIS Justiz RS0018414; 8 Ob 82/09f).
3. Gemäß § 921 Satz 2 ABGB ist das bereits empfangene Entgelt auf solche Art zurückzustellen oder zu vergüten, dass kein Teil aus dem Schaden des anderen Gewinn zieht.
Diese Bestimmung, die im Grundsatz bloß die in §§ 1431 ff ABGB niedergelegte, verschuldensunabhängige bereicherungsrechtliche Rückstellungs bzw Vergütungs-pflicht ( P. Bydlinski in KBB³ § 921 Rz 4; RIS Justiz RS0018688; 8 Ob 82/09f mwN) enthält, ist auch anzuwenden, wenn ein Teil unberechtigt und daher rechtsunwirksam zurücktritt und der andere es dabei bewenden lässt (RIS Justiz RS0018519). Für die Beurteilung der Berechtigung des vom Kläger geltend gemachten Kondiktionsanspruchs ist daher die Prüfung, ob die Beklagte berechtigt vom Vertrag zurücktrat, nicht erforderlich.
4. Die Frage, ob der Kläger zur Erhebung des bereicherungsrechtlichen Rückforderungsanspruchs legitimiert ist, hat das Erstgericht in seinen wenn auch zum Teil in der rechtlichen Beurteilung enthaltenen , in der Berufung der Beklagten allerdings bekämpften Feststellungen ausreichend dahin geklärt, dass zunächst der Kaufvertrag zwischen der A.G. und der Beklagten (auf „Weisung“ des Klägers) geschlossen wurde und im Anteilskaufvertrag ausdrücklich auf die bereits erfolgte Warenlieferung „an Zahlungs Statt“ Bezug genommen wurde. Zwischen dem Kläger und der Beklagten bzw deren Vertreter war vereinbart, dass durch Warenlieferungen der A.G. ein Teil der Kaufpreisforderung „abgedeckt werden sollte“ (S 13 des Ersturteils). Dabei wusste die Beklagte, dass die A.G. den Warenverkauf und die Lieferung der Waren für den Kläger erbrachte (S 14 unten und S 15 oben des Ersturteils). Ferner ergibt sich aus der zwischen dem Kläger und der A.G. getroffenen Vereinbarung über die Abtretung des Guthabens eindeutig, dass Letztere ihre Kaufpreisforderung an den Kläger abtrat. Der Kläger hatte seinerseits gegenüber der Beklagten auf die Kaufpreisforderung verzichtet und die Waren „an Zahlungs Statt“ zur Begleichung eines Teils der Anteilskaufpreisforderung überlassen.
Entgegen der Darstellung des Berufungsgerichts ergibt sich aus diesen Feststellungen des Erstgerichts, dass sowohl der Kläger als auch die Beklagte und die im Einfluss des Klägers stehende A.G. über die wirtschaftlichen Hintergründe voll informiert waren und eine (Dreiparteien )Einigung zwischen den Genannten dahin zugrunde zu legen ist, dass die Warenlieferung als solche des Klägers an die Beklagte unter gleichzeitigem Verzicht des Klägers auf die Geltendmachung der von ihm erworbenen Kaufpreisforderung zu werten war.
5. Die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung zwischen dem Kläger als Leistendem und der Beklagten als Leistungsempfängerin ist entsprechend den Zweckbestimmungen dieser Leistung nämlich als Unternehmenskaufpreisteil zwischen dem Kläger und der Beklagten vorzunehmen ( Koziol in KBB³ Vor §§ 1431 bis 1437 ABGB Rz 5; RIS Justiz RS0033737). Ob und welche Ansprüche allenfalls die A.G. gegenüber dem Kläger hat, die im Übrigen nach dem Vorbringen des Klägers weder je die Unwirksamkeit des vor nahezu 20 Jahren mit dem Kläger geschlossenen Vertrags geltend machte noch Ansprüche gegenüber dem Kläger oder gegenüber der Beklagten erhob - ist für dieses Verfahren ohne rechtliche Relevanz.
Damit können die umfangreichen Ausführungen der Beklagten über die behauptete Unwirksamkeit des Vertrags zwischen der A.G. und dem Kläger als rechtlich unmaßgeblich außer Betracht bleiben. Aus diesem Grund ist auch eine Auseinandersetzung damit entbehrlich, ob sich die Beklagte überhaupt auf die Unwirksamkeit dieses Vertrags berufen kann. Ebenso unerheblich ist, ob der Kaufvertrag zwischen der A.G. und der Beklagten oder zwischen der A.G. und dem Geschäftsführer der Beklagten geschlossen wurde: Fest steht, dass die Waren im Einverständnis aller Beteiligten auf „Anweisung“ des Klägers an die Beklagte übergeben wurden.
Die Auffassung der Beklagten, die Kaufpreisforderung der A.G. gegen sie sei „wiederaufgelebt“; der Kläger mache in Wahrheit diese verjährte Forderung geltend, trifft somit weder nach dem Vorbringen des Klägers, der sein Begehren gerade nicht auf die Kaufpreisforderung stützte, noch auf Basis der erstgerichtlichen Tatsachenfeststellungen zu.
6. Richtig ist, dass der Hingebende nach allgemeinen Regeln jedenfalls bei Entgeltlichkeit für eine mangelhafte Leistung an Zahlungs Statt gewährleistungspflichtig ist ( Koziol in KBB³ § 1414 Rz 3). Die Aufhebung oder Wandlung der Leistung an Zahlungs Statt führt zum Wiederaufleben der ursprünglichen Forderung (3 Ob 48/78 SZ 51/68; RIS Justiz RS0018622). Gewährleistungsansprüche der Beklagten wegen angeblicher Mängel der an Zahlungs Statt gelieferten Waren wurden jedoch nicht geltend gemacht.
7. Im Anlassfall wurde somit gerade nicht die Vereinbarung über eine Hingabe der Waren an Zahlungs Statt (der „Hingabevertrag“; vgl Reischauer in Rummel ³ § 1414 ABGB Rz 6 mwN), aufgehoben. Vielmehr erklärte die Beklagte ihren Rücktritt vom Abtretungsvertrag über die Geschäftsanteile.
Der Kläger hat die Kaufpreisforderung der Beklagten aus dem Abtretungsvertrag über die Geschäftsanteile durch die Lieferung der Waren an Zahlungs Statt (teilweise) beglichen. Die Leistung an Zahlungs Statt ist die mit Willen beider Parteien anstelle der ursprünglichen Leistung tretende Erfüllungshandlung, die zugleich die Leistungspflicht ändert. Das Schuldverhältnis erlischt durch die Hingabe und Übernahme des Ersatzgegenstands (RIS Justiz RS0111140; 2 Ob 290/01p).
Ausgehend von den erstgerichtlichen Feststellungen stünde dem Kläger daher grundsätzlich ein Kondiktionsanspruch zu, der einer Verjährungsfrist von 30 Jahren unterliegt (vgl RIS Justiz RS0033819).
8. Im fortgesetzten Verfahren wird daher das Berufungsgericht die bisher unterlassene Auseinandersetzung mit der Tatsachen und Beweisrüge in der Berufung der Beklagten nachzutragen und diese zu erledigen haben.
Dann erst kann die Berechtigung der Klageforderung dem Grunde und der Höhe nach (zur Berechnung des Kondiktionsanspruchs, wenn Rückgabe der Sache unmöglich ist s Rummel in Rummel ³ § 1437 ABGB Rz 3 mwN; RIS Justiz RS0108262) beurteilt werden.
9. Damit erübrigt sich derzeit ein näheres Eingehen auf die von der Beklagten für den Fall der (teilweisen) Berechtigung der Klageforderung bis zu deren Höhe erhobenen Gegenforderungen, deren Schlüssigkeit das Erstgericht mit der Beklagten ausdrücklich (vgl S 5 in ON 9) erörterte.
Aus den dargestellten Gründen war eine Aufhebung unumgänglich.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.