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OGH vom 05.10.1999, 2Ob270/99s

OGH vom 05.10.1999, 2Ob270/99s

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei ***** Leasing ***** GmbH KG, *****, vertreten durch Dr. Siegfried Dillersberger und Dr. Helmut Atzl, Rechtsanwälte in Kufstein, wider die beklagte Partei Erwin S*****, vertreten durch Dr. Martin Leys, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 5,134.388,45 sA und Räumung infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom , GZ 3 R 299/98m-26, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Kufstein vom , GZ 2 C 415/97b-19, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 34.585,20 (darin enthalten USt von S 5.764,20, keine Barauslagen) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Zwischen den Streitteilen wurde am / ein Immobilien-Leasingvertrag auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, der Leasingnehmer verzichtete darauf, das Mietverhältnis innerhalb einer Frist von 180 Monaten, gerechnet ab Fälligkeit der ersten Monatsmiete aufzukündigen. Der Punkt II dieser Vereinbarung sieht unter anderem vor, dass das Vertragsverhältnis durch die Leasinggeberin sofort aufgelöst erklärt werden kann, wenn der Leasingnehmer mit der Zahlung von zwei oder mehreren Leasingraten und nach Fristsetzung von zehn Tagen mittels eingeschriebenen Briefes in Verzug gerät.

Im Falle einer vorzeitigen Auflösung werden die vertraglich vereinbarten Zahlungen zuzüglich aller sonstigen vertraglich vereinbarten Leistungen bis zum Ende der Kündigungsverzichtsfrist sofort fällig. Der Leasingnehmer erhält jedoch in diesem Falle eine Zinsgutschrift in Höhe der jeweiligen Bankrate (Punkt II Abs 4 der Leasingvereinbarung).

Die Leasinggeberin wird nach Übergabe des Leasingobjektes dieses auf Rechnung des Leasingnehmers nach kaufmännischen Grundsätzen verwerten und verpflichtet sich, dem Leasingnehmer eine Frist von einem Monat zur Namhaftmachung eines besser bietenden Käufers zu setzen (Punkt II Abs 5).

Die Leasinggeberin wird nach Übergabe und Verwertung des Leasingobjektes dem Leasingnehmer 80 % des Verwertungserlöses abzüglich des kalkulierten Restbuchwertes in der Höhe von S 2.279.790 nach tatsächlichem Erhalt vergüten (Punkt II Abs 6).

Der kalkulatorische Restbuchwert bezieht sich auf eine Mietbasis von S 3.600.000 und auf eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von 25 Jahren (Punkt II Abs 7).

20 % des Verwertungserlöses werden von der Leasinggeberin als pauschale Verwertungskosten einbehalten (Punkt II Abs 8).

Mit der vorliegenden Klage begehrt die Leasinggeberin die Zahlung von S 5,138.085,30 sA für künftige monatliche Raten (abzüglich der Zinsenrückvergütung, der in Anspruch genommenen Kaution und der bezahlten Ansparraten) sowie für rückständige Leasingraten, diverse Gebühren und Steuern, schließlich wird auch Räumung verlangt. Die Klägerin brachte dazu vor, der Beklagte sei trotz qualifizierter Mahnung mit der Zahlung der Leasingraten in Rückstand geraten, weshalb der Rücktritt vom Vertrag erklärt worden sei.

Der Beklagte wendete unter anderem ein, der Leasingvertrag sei sittenwidrig und wucherisch.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, die ordentliche Revision sei zulässig.

Das Berufungsgericht verneinte die Sittenwidrigkeit des Punktes II des zwischen den Streitteilen geschlossenen Leasingvertrages. Der Oberste Gerichtshof habe bereits ausgesprochen, dass die Vereinbarung des Terminverlusts in der Form des Rechtes zur Fälligstellung des Entgeltes für die restlich vereinbarte Vertragsdauer nicht nichtig sei (RdW 1986, 268). Nichtig sei nur die Vereinbarung einer den Leasingnehmer gröblich benachteiligenden Häufung der Rechtsfolgen. Nichtigkeit liege dann vor, wenn der Leasinggeber bei qualifiziertem Verzug des Leasingnehmers unter Aufrechterhaltung des Vertrages kumulativ zur sofortigen Fälligstellung der noch aushaftenden Leasingentgelte und zur Entziehung der Nutzung des Leasinggegenstandes berechtigt sei, ohne auch dazu verpflichtet zu sein, wenigstens nach Nachzahlung der laufenden Raten dem Leasinggeber den Leasinggegenstand wieder zum Gebrauch ausfolgen zu müssen (MietSlg 37.066). Die gegenständliche Leasingvereinbarung setzte aber die vorzeitige Auflösung des Leasingvertrages auf Grund eines qualifizierten Zahlungsverzuges des Leasingnehmers voraus, weshalb die Leasinggeberin nicht unter Aufrechterhaltung des Vertrages kumulativ berechtigt sei, die noch aushaftenden Leasingentgelte fällig zu stellen und dem Leasingnehmer die Nutzung zu entziehen. Überdies sei der Leasinggeber zu einer Abzinsung verpflichtet, welche auch berücksichtigt worden sei. Schließlich habe die Leasinggeberin im Falle der vorzeitigen Vertragsauflösung das Leasingobjekt nach kaufmännischen Grundsätzen zu verwerten, wobei der Leasingnehmer die Möglichkeit habe, einen besser bietenden Käufer namhaft zu machen. Die Leasinggeberin sei verpflichtet, nach Verwertung des Leasingobjektes dem Leasingnehmer 80 % des Verwertungserlöses abzüglich des kalkulierten Restbuchwertes zu vergüten, wobei die restlichen 20 % des Verwertungserlöses von der Leasinggeberin als pauschale Verwertungskosten einbehalten werden. Bei letzterer Vertragsbestimmung handle es sich um eine Vertragsstrafe im Sinne des § 1336 ABGB. Auch eine solche Vereinbarung sei nicht per se für den Leasingnehmer gröblich benachteiligend im Sinne des § 879 Abs 3 ABGB (WBl 1987, 93). Es sei nämlich bei einer aus Verschulden des Leasingnehmers erfolgten vorzeitigen Vertragsauflösung grundsätzlich mit einem Schaden des Leasinggebers zu rechnen. Enthalte die Vereinbarung einer Konventionalstrafe nicht eine sogenannte Verfallsklausel, sondern orientiere sie sich an der Höhe der Wertminderung des Vertragsgegenstandes und an dem zu erwartenden Erlös einer Wiederveräußerung, so könne nicht gesagt werden, dass die Vereinbarung einer derartigen Konventionalstrafe schon nichtig wäre.

Den Rekurs an den Obersten Gerichtshof erachtete das Berufungsgericht für zulässig, weil sich der Oberste Gerichtshof mit einem Vertragsinhalt wie dem vorliegenden noch nicht befasst habe.

Dagegen richtet sich die Revision der beklagten Partei mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass das Klagebegehren abgewiesen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die klagende Partei hat Revisionsbeantwortung erstattet und beantragt, dem Rechtsmittel der beklagten Partei keine Folge zu geben, wobei sie auch auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen hat.

Die Revision ist wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage - der gegenteilige Ausspruch des Berufungsgerichtes ist nicht bindend - nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof hat sich nämlich in der Entscheidung 4 Ob 2307/96k (= ZfRV 1997/35 = HS XXVII) mit Leasingbedingungen, wie den gegenständlichen, befasst und deren Zulässigkeit bejaht. Darin wurde unter Hinweis auf die Entscheidung ÖBA 1995, 996 (richtig: 720) ausgeführt, das Recht des Leasinggebers zur vorzeitigen Fälligstellung der Leasingraten sei auch für den Fall der fristlosen Kündigung des Leasingvertrages zu bejahen, wenn man die vereinbarte Zahlungspflicht nicht als Terminsverlust, sondern als Anspruch auf Ersatz des Erfüllungsinteresses verstehe. Auch der vorliegende Vertrag enthält keinen Hinweis, dass für des wegen der vorzeitigen Vertragsauflösung vorgesehenen Schadenersatzanspruch auch ohne Verschulden gehaftet werden solle. Den ihm gemäß § 1298 ABGB obliegenden Beweis, den Rückstand nicht zu vertreten zu haben, hat der Beklagte gar nicht angetreten. Zum Unterschied von den Leasingbedingungen die der Entscheidung 4 Ob 2307/96k zu Grunde liegen, sind im vorliegenden Fall die Verwertungskosten ebenfalls pauschaliert, was aber im Hinblick auf die Zulässigkeit der Pauschalierung des Schadenersatzes (vgl WBl 1987, 93) unbedenklich ist. Es liegt daher eine Rechtsprechung vor, aus der sich auch die Zulässigkeit der hier vorliegenden Leasingbedingungen ergibt.

Dass - wie in der Revision behauptet - auf Grund des Zustandes des Leasingobjektes davon auszugehen sei, dass der bei der Verwertung des Leasingobjektes zu erzielende Erlös den vertraglich angesprochenen Restbuchwert höchstwahrscheinlich nicht erreichen könne, ergibt sich nicht aus den Feststellungen.

Die Entscheidung des Berufungsgerichtes entspricht sohin der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, weshalb die Revision zurückzuweisen war.

Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

Fundstelle(n):
AAAAD-41143