OGH vom 30.01.2017, 6Ob216/16g
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei H*****-J***** S*****, vertreten durch Korn Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagte Partei und Gegnerin der gefährdeten Partei M***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Peter Zöchbauer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und 7.000 EUR (Streitwert im Provisorialverfahren 43.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom , GZ 15 R 146/16z-10, mit dem der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom , GZ 11 Cg 55/16z-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass der Beklagten verboten wird, Abbildungen des Klägers ohne seine Einwilligung zu veröffentlichen, wenn dieser gleichzeitig in der dazugehörigen Textberichterstattung als verurteilter Neonazi bezeichnet wird und/oder über ihn gleichsinnige Aussagen getroffen werden.
Der Kläger hat die Kosten des Provisorialverfahrens vorläufig, die Beklagte endgültig selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Die Vorinstanzen wiesen den auf einer entsprechenden Veröffentlichung beruhenden, aus dem Spruch ersichtlichen, auf § 78 UrhG gestützten Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Wesentlichen mit der Begründung ab, es sei ersichtlich, dass die Verurteilung schon lange zurückliege.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diese Entscheidung erhobene außerordentliche Revisionsrekurs ist zulässig und auch berechtigt.
Der Oberste Gerichtshof billigte in der Entscheidung 4 Ob 161/07s gegenüber einer anderen, ebenfalls zur Mediengruppe der Beklagten gehörigen Gesellschaft das Verbot der Veröffentlichung von Abbildungen des Klägers ohne seine Einwilligung, wenn der Kläger in der Textberichterstattung als Neonaziführer bezeichnet und nicht gleichzeitig darauf hingewiesen wird, dass er die über ihn verhängte Haftstrafe bereits lange verbüßt und sich seither wohl verhalten habe.
Im vorliegenden Fall veröffentlichte die Beklagte in ihrem periodischen Druckwerk „Ö*****“ am einen Artikel, in welchem der Kläger als „verurteilter Neonazi“ bezeichnet wird. Auf einem diesem Artikel zugeordneten Lichtbild ist der Kläger unter anderem neben dem Verurteilten G***** K***** zu sehen. Der Auffassung der Vorinstanzen, den Vorgaben der Entscheidung 4 Ob 161/07s sei dadurch Rechnung getragen worden, dass der Kläger zwar als „verurteilter Neonazi“ bezeichnet, gleichzeitig aber im Begleittext ausgeführt wurde, dass das auf dem Lichtbild dargestellte Treffen von Neonazis bereits 1987 stattgefunden habe, ist nicht zu folgen. Der Oberste Gerichtshof hat klargestellt, dass a
nlässlich der Interessenabwägung bei Beurteilung der Zulässigkeit einer Bildberichterstattung über eine strafgerichtlich verurteilte Person nach deren bedingter Haftentlassung unter anderem der Zusammenhang zwischen dem Inhalt des Berichts und dem gezeigten Bild und die Vollständigkeit und Korrektheit des begleitenden Texts zu berücksichtigen sind (4 Ob 169/07t). Der hier inkriminierte Artikel befasst sich inhaltlich jedoch nicht mit dem Kläger, sondern mit dessen Bruder und einem Kandidaten für die Bundespräsidentenwahl 2016, weshalb der Hinweis auf die erfolgte „Verurteilung des Klägers als Neonazi“ keinerlei sachliche Rechtfertigung hatte.
Die Entscheidung über die Kosten des Klägers beruht auf § 393 Abs 1 EO, jene über die Kosten der Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 40, 50 Abs 1 ZPO.
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2017:0060OB00216.16G.0130.000 |
Schlagworte: | Verurteilter Neonazi,Gewerblicher Rechtsschutz,Urheberrecht |
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Fundstelle(n):
NAAAD-41130