OGH vom 02.02.2018, 2Nc1/18x
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin Hon.-Prof. Dr. Lovrek als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Veith und Dr. Musger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Christian Margreiter, Rechtsanwalt in Hall in Tirol, gegen die beklagte Partei H***** Gesellschaft mbH & Co KG, *****, vertreten durch Rechtsanwälte Lang & Schulze-Bauer OG in Fürstenfeld, wegen 53.333,75 EUR sA, über den Delegierungsantrag der klagenden Partei in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Zur Verhandlung und Entscheidung in dieser Rechtssache wird anstelle des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz das Landesgericht Innsbruck bestimmt.
Text
Begründung:
Die im Sprengel des Landesgerichts Innsbruck ansässige klagende Partei begehrt mit ihrer beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz am allgemeinen Gerichtsstand der beklagten Partei eingebrachten Klage die Zahlung des Werklohns für Spenglerarbeiten und für die Montage eines Schneefängers an einem Gebäude in S*****. Sie habe die gerügten Mängel bereits behoben.
Nachdem die beklagte Partei gegen den Zahlungsbefehl Einspruch erhoben hatte, beantragte die klagende Partei die Delegierung der Rechtssache an das Landesgericht Innsbruck. Im Sprengel dieses Gerichts liege das Gebäude, an dem sie die Werkleistungen erbracht habe. Aus Kostengründen werde ein Sachverständiger aus dem Sprengel des Landesgerichts Innsbruck zu bestellen sein, allenfalls sei auch ein gerichtlicher Ortsaugenschein erforderlich. Dazu komme, dass sowohl die beiden für die Parteienvernehmung namhaft gemachten Geschäftsführer der klagenden Partei als auch die beiden von ihr beantragten Zeugen ihren Wohnsitz im Sprengel des Landesgerichts Innsbruck hätten.
Die beklagte Partei sprach sich gegen die Delegierung aus. Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz erachtete hingegen die Delegierung für zweckmäßig.
Rechtliche Beurteilung
Die Delegierung ist gerechtfertigt.
1. Nach § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Eine Delegierung ist zweckmäßig, wenn die Rechtssache von einem anderen als dem zuständigen Gericht aller Voraussicht nach rascher und mit geringerem Kostenaufwand zu Ende geführt werden kann (RIS-Justiz RS0053169).
2. Zweckmäßigkeitsgründe, die zu einer Delegierung führen können, sind neben dem Wohnort der Parteien und der zu vernehmenden Zeugen (RIS-Justiz RS0046540) die Lage eines Augenscheinsgegenstands und der Ort der Befundaufnahme durch den voraussichtlich zu bestellenden Sachverständigen (2 Nc 2/12k; RIS-Justiz RS0046333 [T8, T 18 und T 30]). Die Übertragung der Zuständigkeit muss im Interesse beider Parteien liegen (RIS-Justiz RS0046471); kann die Frage der Zweckmäßigkeit nicht eindeutig zugunsten beider Parteien beantwortet werden und widerspricht eine von ihnen, so ist von der Delegierung abzusehen (RIS-Justiz RS0046589).
3. Hier fällt zunächst ins Gewicht, dass sich das Gebäude, an dem die klagende Partei die strittigen Werkleistungen erbrachte, im Sprengel des Landesgerichts Innsbruck befindet und dort von dem voraussichtlich zu bestellenden Sachverständigen zum Zweck der Befundaufnahme zu besichtigen sein wird. Sämtliche von der klagenden Partei zur Vernehmung als Partei und als Zeuge namhaft gemachte Personen haben überdies ihren Wohnsitz im Sprengel dieses Gerichts. Demgegenüber hat die beklagte Partei weder in ihrem Einspruch noch in ihrer Äußerung zum Delegierungsantrag – abgesehen von noch vorzulegenden Urkunden und Lichtbildern – Beweise angeboten. Der per Adresse der beklagten Partei namhaft gemachte „informierte Vertreter“ wurde nicht als Zeuge geführt. Er ist daher auch nicht als solcher zu laden, sondern als „informierte Person“ iSd § 258 Abs 2 ZPO von der beklagten Partei zur vorbereitenden Tagsatzung stellig zu machen (5 Ob 218/09h; Kodek in Fasching/Konecny III/1³ § 258 Rz 31).
4. Das bedeutet zwar, dass der „informierte Vertreter“ zur vorbereitenden Tagsatzung nach Innsbruck anreisen muss. Unter Berücksichtigung aller genannten Umstände liegt die Delegierung aber dennoch im wohlverstandenen Interesse beider Parteien, weil der Rechtsstreit aller Voraussicht nach rascher und mit geringerem Kostenaufwand vor dem Landesgericht Innsbruck erledigt werden kann.
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2018:0020NC00001.18X.0202.000 |
Schlagworte: | none; |
Dieses Dokument entstammt dem Rechtsinformationssystem des Bundes.