Suchen Hilfe
OGH 01.10.1996, 4Ob2283/96f

OGH 01.10.1996, 4Ob2283/96f

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek und Dr.Niederreiter sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr.Griß und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** GmbH, *****, vertreten durch Dr.Christian Kuhn und Dr. Wolfgang Vanis, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei *****-D***** GmbH, *****, vertreten durch Dr.Norman Dick und Dr.Michael Dyck, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 450.000,--), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den stattgebenden Teil des Beschlusses des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom , GZ 1 R 171/96i-8, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs der beklagten Partei wird gemäß §§ 78, 402 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Vergleichende Preiswerbung ist nur zulässig, sofern sie nicht gegen § 1 und § 2 UWG verstößt. Ein Preisvergleich, der unrichtige Angaben über die Preise des konkret genannten Konkurrenten enthält, verstößt zwar nicht gegen § 2 UWG, weil es sich dabei nicht um unrichtige Angaben über eigene geschäftliche Verhältnisse handelt. Er verstößt jedoch gegen § 7 UWG, weil in der wahrheitswidrigen Angabe eines höheren Vergleichspreises eine Kreditschädigung des Konkurrenten liegt. Daß dabei die Mehrzahl der Vergleichspreise richtig angegeben wurde, fällt dagegen nicht ins Gewicht.

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek und Dr.Niederreiter sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr.Griß und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** GmbH, *****, vertreten durch Dr.Christian Kuhn und Dr.Wolfgang Vanis, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklage Partei *****-D***** GmbH, *****, vertreten durch Dr.Norman Dick und Dr.Michael Dyck, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen Unterlassung (Streitwert im Provisorialverfahren S 450.000,--), infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den abweisenden Teil des Beschlusses des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom , GZ 1 R 171/96i-8, womit der Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom , GZ 8 Cg 44/96f-3, teilweise bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs der klagenden Partei wird teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Beschluß wird in seinem den Sicherungsantrag abweisenden Umfang teilweise dahin abgeändert, daß die Entscheidung insoweit wie folgt zu lauten hat:

Zur Sicherung des Anspruchs der klagenden Partei gegen die beklagte Partei auf Unterlassung wettbewerbswidriger Handlungen wird der beklagten Partei verboten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für kosmetische Produkte unter Gegenüberstellung des eigenen Preises mit jenem von B***** zu werben, wenn eine derartige Werbung durch die Aussage "Die ungeschminkte Wahrheit. Andere tragen bei den Preisen dick auf" oder durch ähnliche Äußerungen, die den Vorwurf überhöhter Preise enthalten, herabsetzend gestaltet ist.

Das auf ein Verbot herabsetzender Preisvergleiche schlechthin gerichtete Mehrbegehren wird abgewiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten des Provisorialverfahrens aller drei Instanzen auf der Basis eines Streitwertes von S 112.500,-- vorläufig selbst zu tragen, die beklagte Partei hingegen endgültig.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei den mit S 19.015,20 bestimmten Anteil der Kosten des Provisorialverfahrens aller drei Instanzen (darin enthalten S 3.169,20 USt) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Streitteile betreiben in zahlreichen Filialen in ganz Österreich den Einzelhandel mit Parfümeriewaren.

Am ließ die Beklagte in der Farbbeilage der "Neuen Kronen-Zeitung" ein Inserat einschalten, in dem - neben der bildlichen Darstellung von 13 Kosmetikartikeln - die Preise der Streitteile verglichen wurden. Während bei 12 der abgebildeten Artikel richtige Vergleichspreise - nämlich wie angegeben die am 31.5. und in einer Filiale der Klägerin in Salzburg erhobenen Preise - angeführt wurden, wurde der Preis der Klägerin für einen Artikel, nämlich den Abdeckstift "L'Oreal Perfection Correcteur Magique" statt mit S 84,90 überhöht, nämlich mit S 89,90 dem Preis der Beklagten für diesen Artikel von S 76,90 gegenübergestellt. Das auf zwei Zeitungsseiten gestaltete Inserat trug die Überschriften "Die ungeschminkte Wahrheit" und "Andere tragen bei den Preisen dick auf".

Zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs beantragt die Klägerin, der Beklagten im geschäftlichen Verkehr zu verbieten, zu Zwecken des Wettbewerbs für kosmetische Produkte, insbesondere den Abdeckstift "Perfection Correcteur Magique", durch Gegenüberstellung der eigenen Preise mit jenen von B***** zu werben,

wenn als B*****-Preis ein höherer als der von B***** tatsächlich verlangte Preis angegeben wird (lit a) oder

eine derartige Werbung herabsetzend gestaltet ist, insbesondere durch die Aussage "Die ungeschminkte Wahrheit. Andere tragen bei den Preisen dick auf" (lit b).

Hilfsweise erhob die Klägerin jeden einzelnen dieser Ansprüche (a und b) noch gesondert noch als Eventualbegehren. Die Angabe unrichtiger Vergleichspreise sei irreführend; durch die in der Überschrift des Inserats enthaltenen Aussagen werde das Sachlichkeitsgebot verletzt.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsantrages. Die nur bei einem Produkt unrichtige Angabe des Preises der Klägerin trage zu keiner rechtlich relevanten Irreführung bei. Die übrigen Preise für 12 weitere Produkte seien richtig wiedergegeben worden. Mit den in der Überschrift des Inserats enthaltenen Angaben werde aber auch nicht das Sachlichkeitsgebot verletzt. Diese Aussagen stünden in einem direkten Zusammenhang mit den darin angeführten Produkten und lehnten sich mit Sprachwitz an die im üblichen Sprachgebrauch in bezug auf kosmetische Produkte verwendeten Begriffe, wie Abschminken oder Auftragen, bildlich an. Damit sei keine Herabsetzung des Mitbewerbers verbunden. Auch die Klägerin verwende im direkten Wettbewerb mit der Beklagten derart markige Sprüche. An die Werbeaussagen der Klägerin dürfe daher kein allzustrenger Maßstab angelegt werden.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag zur Gänze ab. Das Inserat erwecke bei flüchtiger Wahrnehmung durch den Durchschnittsinteressenten insgesamt keinen irreführenden Eindruck. Auch das Sachlichkeitsgebot werde nicht verletzt. Die Angaben über den Preisvergleich enthielten schon im Hinblick auf die Bezugnahme auf kosmetische Produkte weder Pauschalabwertungen, noch unnötige Bloßstellungen oder aggressive Tendenzen. Ob das beanstandete Verhalten der Klägerin wegen vorangegangenen sittenwidrigen Verhaltens der Klägerin geboten gewesen sei, müsse daher nicht geprüft werden.

Das Rekursgericht erließ eine einstweilige Verfügung im Sinne des Sicherungshauptantrages lit a, wies jedoch das gesamte Mehrbegehren ab. Weiters sprach es aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Vergleichende Preiswerbung sei zwar grundsätzlich zulässig, sofern sie nicht irreführend oder sittenwidrig sei. Der vergleichende Hinweis auf den höheren Preis des Mitbewerbers sei daher nicht schon für sich allein unlauter. Die unrichtige Gegenüberstellung der Preise des Abdeckstiftes "Perfection Correcteur Magique" vermittle jedoch unrichtige Vorstellungen über die tatsächliche Preisdifferenz. Es sei daher belanglos, daß die Preise bei den übrigen 12 Produkten korrekt wiedergegeben worden seien.

Vergleichende Preiswerbung müsse zwar dem Sachlichkeitsgebot entsprechen und dürfe keine unnötigen Bloßstellungen oder aggressive Tendenzen enthalten. Die Überschrift "Die ungeschminkte Wahrheit" werde vom Rekurswerber selbst nicht mehr als anstößig gewertet. Aber auch die Angabe "Andere tragen bei den Preisen dick auf" sei nicht als sittenwidrig zu beanstanden; es gehöre zum Wesen der Werbung, daß mit originellen Ideen oder witzigen Slogans gearbeitet werde. Die Ausdrücke "dick auftragen" und "ungeschminkte Wahrheit" stünden mit der Verwendung von Kosmetikprodukten in Zusammenhang und brächten daher nur das unterschiedliche Preisniveau zum Ausdruck.

Der gegen den stattgebenden Teil des Beschlusses des Rekursgerichts erhobene außerordentliche Revisionsrekurs der Beklagten wurde bereits mit Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückgewiesen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs der klagenden Partei gegen den abweisenden Teil des Beschlusses des Rekursgerichts ist zulässig, weil die Auffassung des Rekursgerichts der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu abwertenden Preisvergleichen widerspricht; er ist auch teilweise berechtigt.

Gemäß § 2 Abs 1 Satz 2 UWG idF der UWG-Novelle 1988 BGBl 1988/422 ist

vergleichende Preiswerbung, die nicht gegen § 2 oder § 1 UWG

verstößt, jedenfalls zulässig. Damit wurde die grundsätzliche

Zulässigkeit vergleichender Preiswerbung festgehalten (HA 693 BlgNR

17. GP). Die mit der Nennung des höheren Preises eines Konkurrenten

verbundene Herabsetzung ist seither hinzunehmen (MR 1989, 143 = ÖBl

1989, 149 - Figurella; SZ 63/108 = ÖBl 1990, 154 - Media-Analyse

1988; SZ 68/89 = ÖBl 1996, 28 - Teure S 185). Durch die UWG-Novelle

1988 ist aber insofern keine Änderung der Rechtslage eingetreten, als die vergleichende Preiswerbung auch weiterhin keine Elemente der Irreführung enthalten darf (SZ 63/108 = ÖBl 1990, 154 - Media-Analyse 1988; ÖBl 1991, 71 - tele-Wien; SZ 68/89 = ÖBl 1996, 28 - Teure S 185). Ein Preisvergleich, der durch Pauschalabwertungen, unnötiges Bloßstellen oder aggressive Tendenzen das Gebot der Sachlichkeit verletzt, verstößt auch weiterhin gegen § 1 UWG (SZ 63/108 = ÖBl 1990, 154 - Media-Analyse 1988; ÖBl 1991, 160 - Druckauftritt; SZ 68/89 = ÖBl 1996, 28 - Teure S 185). Eine mit einem Werbevergleich verbundene Aussage, daß der Preis des Konkurrenten überhöht ist, wurde vom erkennenden Senat bereits als sittenwidrig erkannt (SZ 68/89 = ÖBl 1996, 28 - Teure S 185), weil damit - mangels weiterer Ausführungen - der Eindruck vermittelt wird, daß der höhere Preis des Mitbewerbers sachlich nicht gerechtfertigt ist.

Auch im vorliegenden Fall hat die Beklagte mit dem im beanstandeten Preisvergleich enthaltenen Text "Die ungeschminkte Wahrheit. Andere tragen bei den Preisen dick auf" zum Ausdruck gebracht, daß die Preise der Klägerin überhöht seien. Wenngleich die Ausdrücke "dick auftragen" und "ungeschminkte Wahrheit" auch eine Assoziation zu den kosmetischen Produkten der Streitteile hervorrufen, wird der Werbeslogan in seiner Gesamtheit doch als Hinweis auf überhöhte Preise aufgefaßt. Daß damit nur in pointierter Form ein Bezug zu den kosmetischen Produkten der Streitteile hergestellt worden sei, trifft daher nicht zu.

Die herabsetzende Tendenz der im vorliegenden Preisvergleich verwendeten Wortfolgen war auch durch die von der Beklagten behaupteten Wettbewerbsverstöße der Klägerin, die auf das Unternehmen der Beklagten Bezug genommen haben, nicht gerechtfertigt. Daß die Klägerin in einer Werbeaussage in Anspielung auf das Kennzeichen der Beklagten ("lieber weniger öS als zuviel DM") die Beklagte erkennbar herabgesetzt hat oder auf eine Fotoaktion der Beklagten, die mit dem Bild eines Papageis operierte, mit einem Radiospot sinngemäß dahingehend antwortete, daß andere einen Vogel hätten, die Klägerin dagegen günstige Preise, steht mit dem hier vorgenommenen Preisvergleich in keinem Zusammenhang. Die Beklagte hat in ihren unsachlichen Äußerungen über die Preise der Klägerin mit keinem Wort auf eine vorausgegangene, herabsetzende Preiswerbung der Klägerin Bezug genommen und damit auch nicht wettbewerbswidrige Behauptungen der Klägerin abgewehrt. Ein zulässiger Abwehr- oder Aufklärungsvergleich setzt aber voraus, daß die angesprochenen Verkehrskreise aus dem Vergleich selbst erkennen können, daß damit ein vorausgegangener, im geschäftlichen Verkehr bekanntgewordener Wettbewerbsverstoß eines Mitbewerbes abgewehrt werden soll (ÖBl 1986, 42 - Media-Analyse-Zeitungswerbung).

Das von der Klägerin beantragte Verbot ist aber, soweit der Beklagten herabsetzende Werbung schlechthin, die tatsächlich gemachten Äußerungen aber nur beispielsweise verboten werden sollen, einerseits zu unbestimmt (ÖBl 1972, 154), andererseits aber auch zu weit. Der durch herabsetzende Äußerungen Betroffene hat Anspruch auf Unterlassung der konkreten Äußerung und ähnlicher Äußerungen (vgl ÖBl 1990, 18 - Mafiaprint; ÖBl 1991, 105 - Hundertwasser-Pickerln II uva). Auch bei einem Werbevergleich mit herabsetzender Tendenz ist eine solche Beschränkung des künftigen Verbots schon deshalb gerechtfertigt, weil eine in eine bestimmte Richtung zielende herabsetzende Behauptung regelmäßig nicht die Befürchtung rechtfertigt, der Beklagte werde, um das gegen ihn erlassene Verbot zu umgehen, eine herabsetzende Behauptung ganz anderen Inhalts aufstellen.

Demnach war dem Revisionsrekurs der Klägerin insoweit Folge zu geben, als der Beklagten Preisvergleiche zu verbieten waren, wenn eine derartige Werbung durch die Aussagen "Die ungeschminkte Wahrheit. Andere tragen bei den Preisen dick auf" oder durch ähnliche Aussagen, die sinngemäß zum Ausdruck bringen, daß der Preis der Klägerin überhöht sei, herabsetzend gestaltet ist. Der auf herabsetzende Äußerungen schlechthin zielende Verbotsantrag war hingegen abzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten des Provisorialverfahrens aller drei Instanzen betrifft hier nur den Anspruch lit b und damit die Hälfte des Streitwertes des gesamten Unterlassungsanspruchs. Die Klägerin hat davon mit einem Anspruchsteil, der wiederum der Hälfte dieses Streitwertes entspricht, obsiegt, ist aber mit einem Anspruch gleichen Werts unterlegen. Die Entscheidung über die Kosten des Provisiorialverfahrens beruht, soweit sie das Obsiegen betrifft, auf § 393 Abs 1 EO (Kosten der Klägerin) und auf §§ 78, 402 EO, §§ 40, 50 ZPO (Kosten der Beklagten). Im Umfang ihres Unterliegens aber hat die Klägerin der Beklagten den entsprechenden Teil der Kosten aller drei Instanzen zu ersetzen (§§ 78, 402 EO, §§ 41, 50 ZPO).

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Rechtsgebiet
Zivilrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:1996:0040OB02283.96F.1001.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
MAAAD-41006

Ihre Datenbank verwendet ausschließlich funktionale Cookies,

die technisch zwingend notwendig sind, um den vollen Funktionsumfang unseres Datenbank-Angebotes sicherzustellen. Weitere Cookies, insbesondere für Werbezwecke oder zur Profilerstellung, werden nicht eingesetzt.

Hinweis ausblenden