OGH vom 16.07.2009, 2Ob266/08v
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Elgün N*****, vertreten durch Dr. Gerhard Huber und Dr. Michael Sych, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. Wolfgang R*****, vertreten durch Dr. Johannes Patzak, Rechtsanwalt in Wien, wegen 15.528,21 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 16 R 135/08p-14, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom , GZ 22 Cg 234/07d-10, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt wird.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 3.501,58 EUR (darin 388,93 EUR USt und 1.168 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe :
Der am verstorbene Prof. Erich F***** hatte für eine im Jahr 1996 vom M***** (in der Folge nur: Verein) durchgeführte Ausstellung diverse Kunstgegenstände aus seinem Besitz zur Verfügung gestellt. Darunter befand sich ein tibetischer Thangka aus dem 18. Jahrhundert, ein Rollbild, das im liturgischen Gebrauch je nach Feiertag oder der bestimmten Meditation entrollt wird.
Mit der am beim Landesgericht Korneuburg zu AZ 5 Cg 9/98s eingebrachten Klage begehrte Prof. F*****, vertreten durch den nunmehrigen Beklagten, vom Verein 370.000 S 26.888,95 EUR) an Schadenersatz. Er brachte vor, die Rückstellung des Thangka, der in gutem Zustand zum Ausstellungsort geliefert worden sei, sei in unsachgerechter und unprofessioneller Weise erfolgt. Dadurch sei der Thangka beschädigt worden. Im Verlauf des Prozesses stützte er sich auch darauf, dass es der Verein unterlassen habe, den Thangka ausreichend zu versichern.
Dem (nunmehrigen) Beklagten war vor Klagseinbringung bekannt, dass Prof. F***** vier Tage nach Rückstellung des Thangka mit Schreiben vom einer Angestellten des Vereins mitgeteilt hatte, den Thangka noch nicht inspiziert zu haben. Ebenso war ihm bekannt, dass sein Mandant den Thangka nach der Rückstellung etwa vier Monate, nämlich bis zu einem von ihm eingeleiteten Beweissicherungsverfahren, in aufgerolltem Zustand gelagert hatte. Schon in dem im März 1997 eingebrachten Beweissicherungsantrag hatte Prof. F*****, vertreten durch den damaligen Kanzleipartner des Beklagten, vorgebracht, den Thangka nach Rückgabe nicht aufgerollt zu haben, um seine Ersatzansprüche zu wahren und erst in Gegenwart eines Sachverständigen objektiv feststellen zu lassen, in welchem Zustand und mit welchen Schäden die Leihgabe zurückgestellt worden sei. Trotz dieser Tatumstände wurde Prof. F***** vor Einbringung der Klage weder vom Beklagten noch von dessen Mitarbeitern darüber aufgeklärt, dass er als Verleiher innerhalb von 30 Tagen nach Rücknahme des Lehnstücks Schäden zu rügen gehabt hätte.
Das Landesgericht Korneuburg gab dem Klagebegehren mit einem Teilbetrag von 160.000 S 11.627,65 EUR) sA statt und wies das Mehrbegehren von 210.000 S 15.261,30 EUR) sA ab. Es begründete dies im Wesentlichen damit, dass zwar ein auf § 982 ABGB gestützter Anspruch nicht in Frage komme, weil Prof. F***** der in dieser Bestimmung normierten Rügeobliegenheit nicht innerhalb der 30-tägigen Ausschlussfrist nachgekommen sei. Die deliktische Haftung des Vereins sei jedoch zu bejahen, weshalb der gesamte, mit 160.000 S ermittelte Schaden zu ersetzen sei.
Der abweisende Teil der Entscheidung erwuchs unbekämpft in Rechtskraft. Das hinsichtlich des stattgebenden Teils vom Verein angerufene Oberlandesgericht Wien als Berufungsgericht änderte diese Entscheidung mit Urteil vom dahin ab, dass es das Klagebegehren zur Gänze abwies. Die Präklusionswirkung des § 982 ABGB erstrecke sich auch auf Schadenersatzforderungen aus der Verletzung des Eigentums. Das Oberlandesgericht Wien ließ die ordentliche Revision mit der Begründung zu, dass zur Frage, ob § 982 ABGB jeden Schadenersatzanspruch ausschließe, Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fehle.
Der Beklagte übermittelte seinem Mandanten die Berufungsentscheidung mit dem Hinweis, dass er durch Anrufung des Obersten Gerichtshofs versuchen wolle, die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils zu erwirken. Der Inhalt der darauf folgenden Besprechung zwischen Prof. F***** und dem Beklagten ist nicht mehr feststellbar. Prof. F***** beauftragte den Beklagten in der Folge jedenfalls mit der Einbringung der Revision. Bis zu diesem Zeitpunkt betrugen die Prozesskosten des Vereins 12.025,81 EUR.
Der Oberste Gerichtshof gab mit Beschluss vom , 6 Ob 137/02v, der Revision Prof. F*****s Folge und hob die Entscheidungen der Vorinstanzen im angefochtenen Umfang zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung auf. Er teilte allerdings die Auffassung der Vorinstanzen, wonach der aus dem Leihvertrag abgeleitete Schadenersatzanspruch wegen Beschädigung der geliehenen Sache zufolge ungenützten Verstreichens der 30-tägigen Frist des § 982 ABGB bereits erloschen sei. Er verneinte ferner eine deliktische Haftung des Vereins und verwarf auch die erstmals in der Revision vorgetragene Argumentation, der Verein hafte als Mitgesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Ungeklärt sei aber noch die behauptete Verletzung der vertraglich übernommenen Pflicht des Vereins, die Leihgabe zu versichern. Bestehe der Vorwurf zu Recht, sei jener Betrag zu ersetzen, der durch eine Versicherung gedeckt gewesen wäre. Dieser Haftungsgrund werde durch § 982 ABGB nicht berührt.
Der Beklagte übermittelte diese Entscheidung seinem Mandanten spätestens am . Im darauf folgenden September unterbreitete der Verein Prof. F***** ein Vergleichsanbot über 70.000 S 5.087,10 EUR). Ein Kostenbeitrag wurde nicht gefordert.
Der Beklagte, von seinem Mandanten um seine Meinung zu diesem Vorschlag befragt, verwies darauf, dass vom angebotenen Vergleichsbetrag nach Abzug seines Honorars wenig verbleiben würde und er das Verfahren trotz des Beweislastrisikos betreffend die hypothetische Versicherung des beschädigten Thangkas eigentlich fortsetzen wolle. Daraufhin lehnte Prof. F***** das Vergleichsanbot ab und beauftragte den Beklagten mit der Fortsetzung des Prozesses.
Im zweiten Rechtsgang gab Prof. F***** dem Gericht am die Kündigung der Vollmacht des Beklagten und mit Schriftsatz vom die Bestellung anderer Rechtsanwälte zu seiner Vertretung bekannt.
Mit Urteil vom wies das Landesgericht Korneuburg das Klagebegehren nun zur Gänze ab. Das Oberlandesgericht Wien bestätigte diese Entscheidung. Die (nachträglich zugelassene) Revision des damaligen Klägers wurde mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom , 6 Ob 193/04g, mangels Vorliegens erheblicher Rechtsfragen zurückgewiesen. Prof. F***** habe nicht bewiesen, dass sein Schaden bei Abschluss einer Versicherung gedeckt gewesen wäre. Dies hätte nach § 4 Satz 2 der Besonderen Bedingungen für die Versicherung von Kunstausstellungen (1990) vorausgesetzt, dass das Ein- und Auspacken des Thangkas von Leuten durchgeführt worden wäre, die über die entsprechende Eignung und Qualifikation verfügten. Diesen Beweis habe Prof. F***** nicht angetreten. Es stehe fest, dass die Schäden durch die unsachgemäße Abnahme und den unsachgemäßen Rücktransport durch Mitarbeiter des Vereins entstanden seien. Die Entscheidung wurde dem Rechtsvertreter Prof. F*****s am zugestellt.
Ab Einbringung der Revision im ersten Rechtsgang liefen weitere gegnerische Prozesskosten von insgesamt 3.269,86 EUR auf. Mit Zahlungsaufforderung des Landesgerichts Korneuburg vom wurden dem in der Zwischenzeit Verstorbenen weitere Sachverständigengebühren von 232,55 EUR vorgeschrieben.
In dem vom (nunmehrigen) Beklagten gegen Prof. F***** vor dem Bezirksgericht Innere Stadt Wien zu AZ 22 C 131/03k geführten Honorarprozess - die Klage wurde rechtskräftig abgewiesen - hatte letzterer mit Schriftsatz vom vorgebracht, dass er den noch anhängigen Rechtsstreit gegen den Verein zur Gänze verlieren werde und er mit einer Kostenersatzpflicht in ungefährer Höhe des begehrten Honorars zu rechnen habe.
Mit der am beim Erstgericht eingebrachten Klage begehrte zuletzt der Kläger als mittlerweile rechtskräftig eingeantworteter Erbe Prof. F*****s vom Beklagten die Zahlung von 15.528,21 EUR sA. Er brachte vor, hiebei handle es sich um die Prof. F***** im Vorprozess auferlegten Prozesskosten des obsiegenden Vereins, die während der Vertretungstätigkeit des Beklagten entstanden und mit 15.295,66 EUR gerichtlich bestimmt worden seien. Hiezu kämen noch die nachträglich vorgeschriebenen Sachverständigengebühren von 232,55 EUR. Prof. F***** sei im Vorprozess aufgrund der schuldhaft mangelhaften Beratung und Vertretung durch den Beklagten, der ihn insbesondere auf die bei Klagseinbringung bereits abgelaufene 30-tägige Präklusivfrist des § 982 ABGB nicht hingewiesen habe, zur Gänze unterlegen. Der Beklagte habe aber auch die gebotene Erörterung der Versicherungsfrage mit Prof. F***** unterlassen und sich über die einschlägigen Versicherungsbedingungen keine Kenntnis verschafft. Es sei ihm ferner vorzuwerfen, dass er seinem Mandanten in Verkennung der Rechtslage von der Annahme des Vergleichsanbots des Vereins abgeraten habe. Bei Abschluss des Vergleichs hätte eine Verpflichtung zum Kostenersatz nicht bestanden. Der Schaden sei im Vermögen des Verstorbenen erst mit der Zustellung der die Rechtssache abschließenden Entscheidung des Obersten Gerichtshofs am eingetreten.
Der Beklagte wandte ein, der Verstorbene habe den aufgrund der unterlassenen Belehrung zu § 982 ABGB eingetretenen Schaden und dessen Höhe seit dem im ersten Rechtsgang des Vorprozesses ergangenen Berufungsurteil, spätestens aber mit Zugang der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom gekannt. Des weiteren habe er in dem vor dem Bezirksgericht Innere Stadt Wien geführten Honorarprozess in seinem Schriftsatz vom selbst vorgebracht, dass er den beim Landesgericht Korneuburg noch anhängigen Rechtsstreit verlieren werde. Der Schadenersatzanspruch sei daher verjährt. Im Übrigen habe Prof. F***** den Beklagten trotz Kenntnis der Versäumung der Ausschlussfrist des § 982 ABGB mit der Einbringung einer ordentlichen Revision beauftragt. Ab diesem Zeitpunkt seien die geltend gemachten Kosten vom behaupteten Kunstfehler des Beklagten nicht mehr umfasst. Der entsprechende Teilbetrag werde auch aus diesem Grunde abzuweisen sein.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Hiebei stützte es sich im Wesentlichen auf den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt und erörterte rechtlich, der Beklagte hätte Prof. F***** vor Klagseinbringung auf die bereits abgelaufene Präklusivfrist des § 982 ABGB hinweisen müssen. Schon aus dem Beweissicherungsverfahren sei ihm bekannt gewesen, dass Prof. F***** eine konkrete Rüge nicht erstattet gehabt und den Thangka nach dessen Rückstellung vorerst nicht inspiziert, sondern erst in Gegenwart des Sachverständigen aufgerollt habe. Wie bereits in der Berufungsentscheidung des Honorarprozesses ausgeführt worden sei, wäre es angesichts des gelungenen Anscheinsbeweises, wonach Prof. F***** bei richtiger Aufklärung über die Frist des § 982 ABGB den Prozess nicht geführt hätte, Aufgabe des Beklagten gewesen, zu beweisen, dass ersterer gegen jede Vernunft auch bei Aussichtslosigkeit des Prozesses diesen begonnen hätte. Auch die ab der Erhebung der ordentlichen Revision im ersten Rechtsgang entstandenen Kosten seien durch die unterbliebene Aufklärung adäquat verursacht worden und dem Beklagten zuzurechnen. Ein Mitverschulden des Klägers oder ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht liege nicht vor. Der Verjährungseinwand sei nicht berechtigt, weil der geltend gemachte Schaden erst mit der Rechtskraft der Kostenentscheidung entstanden sei. Selbst wenn von einem durch den Prozesserfolg bedingten Entstehen des Kostenersatzanspruchs und daher einem Schadenseintritt schon mit der Vornahme der (jeweiligen) Prozesshandlung auszugehen sei, seien die vorliegenden Ansprüche nicht verjährt. Die dreijährige Verjährungsfrist des § 1489 ABGB beginne erst zu laufen, wenn eine Klage mit Aussicht auf Erfolg erhoben werden könne. Bestehe Ungewissheit darüber, ob überhaupt ein Schaden entstanden sei und sei über diese Frage ein Rechtsstreit anhängig, komme es auf die Rechtskraft der Gerichtsentscheidung an. Erst dann verfüge der Geschädigte über ausreichend sichere Informationen für seine Schadenersatzklage. Dabei sei darauf abzustellen, ob für den Geschädigten der Verfahrensausgang mit entsprechend hoher Wahrscheinlichkeit vorhersehbar gewesen sei. Dem Kläger sei zuzubilligen gewesen, mit der Einbringung der Schadenersatzklage bis zur Zustellung des prozessbeendenden Zurückweisungsbeschlusses des Obersten Gerichtshofs am zuzuwarten.
Das vom Beklagten angerufene Berufungsgericht änderte diese Entscheidung dahin ab, dass es das Klagebegehren abwies. Es sprach ferner aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei.
Das Berufungsgericht vertrat die Ansicht, nach ständiger Rechtsprechung beginne die Verjährung eines Schadenersatzanspruchs nicht bereits mit dem Zeitpunkt der Schadensentstehung, sondern vielmehr erst, wenn der Geschädigte vom Schadenseintritt Kenntnis erlangt habe. Von einer solchen Kenntnis sei im Regelfall erst nach Abschluss eines behördlichen Verfahrens auszugehen, sofern erst mit dessen Ergebnis feststehe, ob dem Geschädigten überhaupt ein Schaden entstanden sei. Dies gelte jedoch nur, wenn bis zum Vorliegen des endgültigen Verfahrensergebnisses Ungewissheit über die Entstehung eines Schadens bestehe. Eine ausreichende Kenntnis vom Schaden könne allerdings im Einzelfall auch gegeben sein, wenn bereits vorher gesicherte Verfahrensergebnisse vorlägen oder der Geschädigte erdrückende Beweise ignoriere. Sei nach den gegebenen Umständen nicht offensichtlich, dass ausreichende Kenntnis vom Schaden erst nach Beendigung eines anhängigen behördlichen Verfahrens vorliegen könne, habe der Geschädigte im Fall eines Verjährungseinwands darzulegen, aus welchen Gründen er vorher über einen bereits erfolgten Schadenseintritt noch im Unklaren habe sein können. Ab dem Zeitpunkt, zu welchem dem Geschädigten bewusst sei, dass der Schaden unabwendbar sei, beginne die Verjährungsfrist zu laufen. Es könne keine Rede davon sein, dass der Geschädigte im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht gehalten wäre, eine „schadensstiftende" Entscheidung jedenfalls zu bekämpfen, wenn die Aussichtslosigkeit einer solchen Maßnahme nicht erkennbar sei.
Im vorliegenden Fall sei Prof. F***** die Unabwendbarkeit des Schadens jedenfalls am bewusst gewesen. Er habe in dem gegen ihn geführten Honorarprozess vorgebracht, dass er den Prozess vor dem Landesgericht Korneuburg zur Gänze verlieren werde und dies darauf gestützt, dass nach § 4 der Besonderen Bedingungen für die Versicherung von Kunstausstellungen (1990) die Tätigkeiten des Ein- und Auspackens nur dann in den Versicherungsschutz eingeschlossen seien, wenn sie von Personen durchgeführt werden würden, die über eine entsprechende Eignung und Qualifikation verfügten. Da dem Gerichtsakt eindeutig zu entnehmen sei, dass Schäden am Thangka durch unsachgemäße Abnahme und den unsachgemäßen Rücktransport durch Mitarbeiter des dort beklagten Vereins entstanden seien, hätte der Versicherer unter Hinweis auf § 4 der Bedingungen keine Leistungen erbringen müssen. Auf diese Begründung habe sich im Wesentlichen auch der Oberste Gerichtshof in seinem Beschluss vom gestützt.
Nach der überwiegenden Auffassung von Lehre und Rechtsprechung entstehe ein prozessualer Kostenersatzanspruch, bedingt durch den Prozesserfolg, bereits mit Vornahme der einzelnen Prozesshandlungen. Der Nachteil im Vermögen trete schon mit dem Entstehen der Verbindlichkeit ein, auch wenn diese noch nicht fällig sein sollte. Sei jedoch der jeweilige Kostenersatzanspruch des obsiegenden Prozessgegners im Vorprozess bereits mit Vornahme der jeweiligen Prozesshandlung entstanden, so sei auch der Schaden des Unterlegenen jeweils zu diesen Zeitpunkten eingetreten. Habe es Prof. F***** unterlassen, seinen Primärschaden innerhalb der Verjährungsfrist - gegebenenfalls mit Feststellungsklage - gegen den Beklagten geltend zu machen, so erfasse die Verjährung auch erst später entstandene Teilschäden. Die Schadenersatzansprüche des Verstorbenen seien demnach bei Einbringung der gegenständlichen Klage am bereits verjährt gewesen.
Die ordentliche Revision sei zulässig, weil die Rechtsprechung zur Frage des Entstehens eines Kostenersatzanspruchs uneinheitlich sei. Folge man - wie das Berufungsgericht - der überwiegenden Auffassung, sei die Klagsforderung verjährt. Folge man aber der entgegengesetzten Auffassung, wäre die Klagsforderung nicht verjährt, weil dann der Schaden erst mit Zustellung der den Vorprozess beendenden Entscheidung des Obersten Gerichtshofs am eingetreten wäre. In diesem Fall käme es auch auf die Vorhersehbarkeit des Prozessverlusts für den Verstorbenen nicht an.
Gegen dieses Berufungsurteil richtet sich die Revision des Klägers mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne der Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Revisionsbeantwortung des Beklagten wurde mit Beschluss des Erstgerichts vom als verspätet zurückgewiesen. Dieser Beschluss ist rechtskräftig.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht die Verjährungsfrage unrichtig gelöst hat. Sie ist auch berechtigt.
Der Kläger macht zusammengefasst geltend, vor Eintritt der Rechtskraft der Kostenentscheidung des Vorprozesses sei bei dem Verstorbenen kein Vermögensschaden eingetreten, der ihn zur Einbringung einer Schadenersatzklage berechtigt hätte. Auch nach der von einem Teil der Rechtsprechung vertretenen Ansicht entstehe der Kostenersatzanspruch mit der Vornahme der Prozesshandlungen nur bedingt, sodass der Zeitpunkt des tatsächlichen Schadenseintritts beim Unterlegenen mit der Rechtskraft der Kostenentscheidung anzusetzen sei.
Hiezu wurde erwogen:
I. Zur Verjährung:
1. Seit der Entscheidung des verstärkten Senats 1 Ob 621/95 = SZ 68/238 entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass die dreijährige Verjährungsfrist des § 1489 ABGB nicht vor dem tatsächlichen Eintritt des Schadens zu laufen beginnt (RIS-Justiz RS0083144; Dehn in KBB2 § 1489 Rz 4). Der Schaden kann auch darin bestehen, dass das Vermögen des Geschädigten durch Entstehen einer Verbindlichkeit vermindert wurde, auch wenn diese noch nicht fällig sein sollte. Der Vermögensschaden tritt bereits mit der Begründung der Verbindlichkeit ein; Vermögensminderung ist nämlich nicht bloß die Einbuße an Aktiven, sondern jedes Anwachsen der Passiven (1 Ob 516/89; 1 Ob 3/92; 5 Ob 38/05g; 4 Ob 7/08w; RIS-Justiz RS0022518, RS0022568; Reischauer in Rummel, ABGB3 II/2a § 1293 Rz 5a).
2. Mit dem Zeitpunkt des Entstehens eines Kostenersatzanspruchs hat sich der Oberste Gerichtshof erstmals in der Entscheidung Jud 48 neu (= SZ 16/16) grundlegend befasst. Nach eingehender Auseinandersetzung mit den schon damals uneinheitlichen Lehrmeinungen prägte er den Rechtssatz, dass der Anspruch auf Kostenersatz „im Sinne der §§ 54 Abs 1 KO und 24 Abs 1 AO" nicht erst mit dem Kostenzuspruch, „sondern bedingt durch den Prozesserfolg mit der Vornahme der einzelnen Prozesshandlungen als entstanden anzusehen" sei. Dabei wurde betont, dass die Untersuchung der Auslegung des Worts „entstanden" in den erwähnten insolvenzrechtlichen Bestimmungen galt. Die Entscheidung ließ auch keinen Zweifel daran, dass die - „im weitesten Sinne" aufzufassende - Bedingung des späteren Prozesserfolgs als aufschiebende Bedingung zu verstehen ist (so ausdrücklich auch 8 Ob 2239/96i; krit dazu M. Bydlinski, Der Kostenersatz im Zivilprozess [1992] 85 f). In der Folge wurde diese Rechtsprechung - in Fällen mit insolvenzrechtlichem Bezug - fortgeschrieben und betont, dass die in einem durch die Konkurseröffnung unterbrochenen Zivilprozess bis zur Konkurseröffnung entstandenen Kosten der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung im Konkurs über das Vermögen des Prozessgegners als bedingte Konkursforderungen anzumelden sind (vgl 1 Ob 710/87 = SZ 61/31; 8 ObA 320/94; 8 Ob 2239/96i; 3 Ob 2434/96d; 8 Ob 235/99p = SZ 73/39; 1 Ob 170/00g; 8 ObA 104/01d; vgl zuletzt auch 2 Ob 287/08s mwN; RIS-Justiz RS0051738, RS0064270; M. Bydlinski in Fasching/Konecny2 II § 41 ZPO Rz 3).
3. In zahlreichen Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs (durchwegs ohne insolvenzrechtlichen Einschlag) wurde aber auch die Ansicht vertreten, dass der Kostenersatzanspruch erst durch die rechtskräftige Kostenentscheidung entsteht (RIS-Justiz RS0035914). Der Anspruch des Prozessgegners auf Kostenersatz entstehe nicht schon durch die Prozesshandlung, sondern erst durch deren Erfolg (SZ 38/52). In der soeben zitierten Entscheidung wurde unter Bezugnahme auf das Jud 48 neu festgehalten, dass aus der „Ausnahmebestimmung" der §§ 24 Abs 1 AO und 54 Abs 1 KO für den gegenteiligen Rechtsstandpunkt nichts zu gewinnen sei, zumal auch dort die Berechtigung der Anmeldung einer Kostenforderung vom späteren Erfolg der Prozesshandlung abhängig sei. Auch in der Entscheidung 1 Ob 2190/96g wurden die Kosten „im Sinne des § 54 Abs 1 KO" als „Ausnahme" von der Regel angesehen, dass ein Kostenersatzanspruch im Allgemeinen erst mit Rechtskraft der gerichtlichen Kostenentscheidung entsteht.
4. Während in der Entscheidung 1 Ob 2117/96x noch jene Rechtsprechung, die das Entstehen eines Kostenersatzanspruchs erst mit der Rechtskraft der Kostenentscheidung bejahte, als „überwiegend" bezeichnet wurde, schloss sich zuletzt der 4. Senat in der Entscheidung 4 Ob 213/06m - ohne insolvenzrechtlichen Bezug (zu klären war die Frage, ob eine im Firmenbuch gelöschte GmbH über ein die Annahme ihrer Vollbeendigung ausschließendes Vermögen verfügte) - der „überwiegenden Auffassung" an, dass ein prozessualer Kostenersatzanspruch bedingt durch den Prozesserfolg bereits mit Vornahme der einzelnen Prozesshandlungen entstehe. In den kurz davor ergangenen Entscheidungen 3 Ob 290/05a und 3 Ob 58/06k war es nicht erforderlich, auf die - auch dort dargestellte - Judikaturdivergenz näher einzugehen.
5. Letzteres gilt auch für den vorliegenden Fall: Selbst wenn man von einem bedingten Entstehen des Kostenersatzanspruchs schon mit der Vornahme der Prozesshandlung als allgemeiner Regel auszugehen hätte und nicht erst die Rechtskraft der Kostenentscheidung fordern würde, so trat die den Schaden verursachende Vermögensminderung des Unterlegenen jedenfalls erst mit der endgültigen Begründung der Verbindlichkeit, dem Prozessverlust ein. Erst zu diesem Zeitpunkt war die aufschiebende Bedingung des Prozesserfolgs auf der Seite des obsiegenden Vereins erfüllt. Davor wären auch im Falle eines Konkurses des damaligen Klägers die als bedingte Konkursforderungen anzumeldenden Kostenersatzansprüche gemäß § 16 KO vorerst nur sicherzustellen gewesen (8 Ob 2239/96i).
Das bedeutet, dass die dreijährige Verjährungsfrist des § 1489 Satz 1 ABGB für den geltend gemachten, auf den Ersatz der Kosten des Prozessgegners gerichteten Anspruch nicht vor der Zustellung der den Vorprozess beendenden Entscheidung des Revisionsgerichts am zu laufen beginnen konnte. Da die Klage am eingebracht wurde, sind diese Ansprüche entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichts nicht verjährt.
II. Zur Haftung des Beklagten:
1. Die Verneinung der Verjährung macht es erforderlich, auf das weitere Sachvorbringen des Beklagten einzugehen. Dabei beschränkt sich die allseitige Überprüfung der rechtlichen Beurteilung des Berufungsurteils durch den Obersten Gerichtshof allerdings auf jene Umstände, die Gegenstand des Berufungsverfahrens gewesen sind (2 Ob 137/05v; 2 Ob 231/08x; RIS-Justiz RS0043573 [T31, T 36, T 41 und T 43]). Der Beklagte hat die Rechtsansicht des Erstgerichts in der Rechtsrüge seiner Berufung - von der Verjährungsfrage abgesehen - nur insoweit bekämpft, als ihm (auch) die nach Zugang der im ersten Rechtsgang des Vorprozesses ergangenen Berufungsentscheidung entstandenen Kosten angelastet worden sind, „sohin der über 12.025,81 EUR hinausgehende Betrag". Wie auch den weiteren Berufungsausführungen entnommen werden kann, wendet sich der Beklagte somit weder gegen den Vorwurf der schuldhaften Unterlassung einer Belehrung seines Mandanten über die Ausschlussfrist des § 982 ABGB, noch gegen die erstinstanzliche Annahme, dass der Verstorbene im Falle einer solchen Belehrung den Prozess gar nicht geführt hätte. Er meint jedoch, mit der Einbringung der Revisionsschrift habe „gewissermaßen ein völlig neuer Prozess begonnen", bei dessen Führung ihm kein schuldhaftes Verhalten vorzuwerfen sei. Diese Ansicht vermag der erkennende Senat nicht zu teilen:
2. Wer einen Rechtsanwalt betraut, darf davon ausgehen, dass dieser im besonderen Maß geeignet sei, ihn vor Nachteilen zu schützen und alle nach der Rechtsordnung erforderlichen Schritte zur Verwirklichung des ihm bekannten Geschäftszwecks zu unternehmen (RIS-Justiz RS0038724). Die Belehrung des meist rechtsunkundigen Mandanten gehört zu den wichtigsten Aufgaben des Rechtsanwalts (RIS-Justiz RS0038682). Ein - rückblickend betrachtet - ungünstiger Rat kann nur dann zu einer Haftung für die dadurch entstandenen Vermögensnachteile führen, wenn er schuldhaft unrichtig oder unvollständig erteilt worden ist (6 Ob 740/87). Wenn ein Rechtsanwalt eine pflichtwidrige Unterlassung zu verantworten hat, hängt seine Schadenersatzpflicht gegenüber dem Mandanten von der Kausalität dieses Fehlverhaltens für den Eintritt des behaupteten Schadens ab. Den Geschädigten trifft die Behauptungs- und Beweislast dafür, dass der Schaden bei pflichtgemäßem Handeln des Rechtsanwalts mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht eingetreten wäre (2 Ob 170/06y mwN; 9 Ob 22/08p; RIS-Justiz RS0022700 [T5 und T 7]; RS0022900 [T8]).
3. In dritter Instanz ist, wie erörtert, nicht strittig, dass sich der Verstorbene bei richtiger Belehrung über die Rechtsfolgen einer Verletzung der Ausschlussfrist des § 982 ABGB auf den Prozess nicht eingelassen hätte. Dass die Schadenersatzansprüche nicht weiterhin auf die Beschädigung der geliehenen Sache gestützt werden könnten, war jedenfalls nach dem Aufhebungsbeschluss des Obersten Gerichtshofs vom , 6 Ob 137/02v klar. Danach war ein (teilweiser) Prozesserfolg nur noch dann möglich, wenn Prof. F***** im fortgesetzten Verfahren der Beweis für eine allfällige Versicherungsdeckung seines Schadens gelungen wäre. Entgegen der Ansicht des Beklagten begann der Prozess aber auch in dieser Phase nicht „völlig neu", hatte sich sein Mandant auf die verbliebene Anspruchsgrundlage doch auch schon in erster Instanz gestützt. Ob dem damals ergänzend erstatteten Prozessvorbringen eine ausführliche Erörterung zwischen dem Beklagten und seinem Mandanten vorangegangen war, steht nicht fest. Jedenfalls aber traf den Beklagten nach Vorliegen des Aufhebungsbeschlusses des Obersten Gerichtshofs, dem kurz darauf ein Vergleichsanbot des Prozessgegners folgte, die Pflicht, die weiteren Prozessaussichten mit seinem Mandanten abzuklären. Mit dem bloßen Hinweis, dass er das Verfahren trotz des Beweislastrisikos „eigentlich fortsetzen wolle", hat der Beklagte auch in dieser Situation seiner umfassenden Belehrungspflicht nicht genügt. Der Prozessausgang indiziert, dass der Beklagte das Beweislastrisiko unrichtig eingeschätzt hat. Diese Fehleinschätzung ist ihm deshalb vorwerfbar, weil schon im ersten Rechtsgang ausreichende Anhaltspunkte dafür bestanden hatten, dass es den mit dem Ein- und Auspacken des Thangka befassten Personen an der - die Versicherungsdeckung voraussetzenden - Eignung und Qualifikation mangelte. Wurde doch schon die Klage auf unsachgerechtes und unprofessionelles Verhalten dieser Personen gestützt. In Anbetracht des absehbaren (endgültigen) Prozessverlusts hätte der Beklagte seinem Mandanten daher zum Abschluss des angebotenen Vergleichs raten müssen. Im Hinblick darauf, dass Prof. F***** vom Beklagten einen diesbezüglichen Rat ausdrücklich erbeten hatte, kann bei lebensnaher Betrachtung nicht zweifelhaft sein, dass er im Falle der gebotenen Belehrung über die vermutliche Aussichtslosigkeit der Beweisführung das Vergleichsanbot angenommen hätte. In diesem Fall wären an den Prozessgegner keine Kosten zu bezahlen gewesen. Damit hat der Kläger den Beweis dafür erbracht, dass auch der vom Beklagten noch in Zweifel gezogene Kostenschaden bei pflichtgemäßer anwaltlicher Belehrung nicht eingetreten wäre.
III. Ergebnis:
In Abänderung der angefochtenen Entscheidung war das stattgebende Urteil des Erstgerichts wiederherzustellen.