OGH vom 26.05.1998, 4Ob136/98y

OGH vom 26.05.1998, 4Ob136/98y

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek als Vorsitzenden und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr.Griß, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Pimmer, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr.Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Thomas W*****, 2. Patrick W*****, beide vertreten durch Dr.Peter Wallnöfer und Dr.Roman Bacher, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagte Partei Egon V*****, vertreten durch Dr.Klaus Gürtler, Rechtsanwalt in Hall in Tirol, wegen S 132.892,-- sA, infolge Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom , GZ 1 R 668/97k-17, mit dem das Zwischenurteil des Bezirksgerichtes Innsbruck vom , GZ 31 C 325/97a-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Beklagte ist schuldig, den Klägern die mit S 8.923,20 (darin S 1.487,20 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Kläger sind die Enkel des Egon V***** sen., der Beklagte ist sein Sohn. Egon V***** sen. war in erster Ehe mit Hilde V***** verheiratet; dieser (am geschiedenen) Ehe entstammten der ohne Kinder verstorbene Klaus V***** sowie die am verstorbene Ingrid W*****, die Mutter der Kläger. Egon V***** sen. lebte zumindest seit Februar 1973 mit Amanda A***** - der Mutter des Beklagten - in Lebensgemeinschaft; am schloß er mit ihr seine zweite Ehe. Der Beklagte war am geboren worden. Egon V***** sen. hat seine Vaterschaft anerkannt; der Beklagte wurde durch die nachfolgende Eheschließung seiner Eltern legitimiert.

Mit Schenkungsvertrag vom schenkte Egon V***** sen. dem Beklagten seine 128/17815 ideellen Miteigentumsanteile an der Liegenschaft EZ***** II KG P***** "Sonnpark", mit welcher untrennbar Wohnungseigentum an der Wohnung top Nr. ***** und am Autoabstellplatz Nr. ***** verbunden ist.

Egon V***** sen. starb am ; das Verlassenschaftsverfahren wurde gemäß § 72 AußStrG armutshalber abgetan.

Die Kläger begehren je S 66.446,-- als Schenkungspflichtteil. Die dem Beklagten von seinem Vater geschenkte Eigentumswohnung sei mindestens S 2,500.000,-- wert. Werde davon der Kapitalwert des der Mutter des Beklagten eingeräumten Fruchtgenußrechts abgezogen, so verblieben S 797.646,40. Die Mutter der Kläger hätte als gesetzliche Erbin ein Drittel erhalten; den Klägern stehe als Pflichtteil ein Sechstel zu.

Der Beklagte beantragt, das Klagebegehren abzuweisen. Er sei zum Schenkungszeitpunkt nicht pflichtteilsberechtigt gewesen. Der Schenkungszeitpunkt liege mehr als zwei Jahre vor dem Tod des Erblassers; die Schenkung sei, da an eine zum damaligen Zeitpunkt nicht pflichtteilsberechtigte Person erfolgt, nicht zu berücksichtigen. Rechtsmißbrauch liege nicht vor. Der Anspruch sei auch überhöht.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit Zwischenurteil statt. Die Kläger seien nach ihrer vorverstorbenen Mutter pflichtteilsberechtigt und somit im Sinne des § 785 ABGB aktiv legitimiert. Der Beklagte sei im Zeitpunkt der Schenkung als uneheliches Kind des Erblassers nicht pflichtteilsberechtigt gewesen. Er habe jedoch bereits 8 Monate später durch die Eheschließung seiner Eltern ein gesetzliches Erbrecht wie ein eheliches Kind erlangt. Im Zeitpunkt des Erbfalles sei der Beklagte demnach pflichtteilsberechtigt gewesen. Abgesehen von der Frage, welchen Zweck die Schenkung einer Eigentumswohnung an einen 13-Jährigen acht Monate vor der Eheschließung und der daraus folgenden rechtlichen Gleichstellung mit der ehelichen Tochter hatte, sei aufgrund der vom Gesetzgeber beabsichtigten Gleichstellung aller Noterben von einer unbefristeten Anrechnung der Schenkung auszugehen.

Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Nach der Lehre sei die abstrakte Pflichtteilsberechtigung im Schenkungszeitpunkt und die konkrete beim Tod des Erblassers zu fordern. Abstrakte Pflichtteilsberechtigung sei eine Stellung des Beschenkten, aufgrund der er Noterbe werden konnte. Diese Stellung habe der Beklagte im Schenkungszeitpunkt in zweifacher Hinsicht innegehabt: Er habe durch die nachfolgende Eheschließung seiner Eltern legitimiert werden können, andererseits habe er als außereheliches Kind durch eine Gesetzesänderung ein Noterbrecht erlangen können. Lehre und Rechtsprechung hätten eine zeitlich unbefristete Anrechnung von Schenkungen zugunsten von Personen bejaht, die erst nach der Schenkung pflichtteilsberechtigt wurden. Begründet werde dies sowohl mit dem Ausgleichsgedanken und der Gegenseitigkeit der Anrechnung als auch damit, daß § 785 ABGB eine Umgehung des Pflichtteilsrechts durch die "familia suspecta" verhindern wolle. Im konkreten Fall träfen beide Erwägungen zu: Beide Seiten seien im Todeszeitpunkt des Erblassers konkret pflichtteilsberechtigt gewesen; der Beklagte gehöre zur "familia suspecta". Der Beklagte müsse daher die unbefristete Anrechnung gegen sich gelten lassen.

Die gegen diese Entscheidung gerichtete Revision des Beklagten ist zulässig, weil Rechtsprechung zu einem gleichartigen Sachverhalt fehlt; die Revision ist aber nicht berechtigt.

Der Beklagte verweist darauf, daß er im Schenkungszeitpunkt kein gesetzliches Erbrecht besaß und daher auch nicht pflichtteilsberechtigt war. Unbefristete Anrechnung sei nur dann gerechtfertigt, wenn das die Stellung als Noterbe begründende Verhältnis schon im Schenkungszeitpunkt gegeben war. Der Beklagte sei im Schenkungszeitpunkt auch nicht abstrakt pflichtteilsberechtigt gewesen, weil er dem Personenkreis des § 762 ABGB nicht angehört habe. Das Erbrechtsänderungsgesetz (ErbRÄG) 1989 wirke nicht zurück. Der Beklagte habe im Schenkungszeitpunkt davon ausgehen können, nicht pflichtteilsberechtigt und daher in Zukunft auch nicht anrechnungspflichtig zu sein. Es sei nicht sachgerecht, ihn nunmehr zur Herausgabe des Erhaltenen zu verpflichten. Der Gesetzgeber habe den Pflichtteil nicht umfassend sichern und auch nicht einen völligen Ausgleich zwischen den Pflichtteilsberechtigten schaffen wollen.

Rechtliche Beurteilung

Dazu hat der erkennende Senat erwogen:

Nach § 785 Abs 1 ABGB sind auf Verlangen eines pflichtteilsberechtigten Kindes oder des pflichtteilsberechtigten Ehegatten bei der Berechnung des Nachlasses Schenkungen des Erblassers in Anschlag zu bringen. § 785 Abs 3 ABGB nimmt (ua) jene Schenkungen aus, die früher als zwei Jahre vor dem Tod des Erblassers an nicht pflichtteilsberechtigte Personen gemacht worden sind.

Diese Bestimmung wurde durch die III. Teilnovelle RGBl 1916/69 in das ABGB aufgenommen. Die neuen Vorschriften über die Berücksichtigung von Schenkungen bei der Berechnung des Pflichtteiles sollten die bisher ungenügenden Bestimmungen des ABGB ausbauen, um gegen die Umgehung durch Schenkungen unter Lebenden zu schützen (Mat. zur III. TN 39). Im Interesse der Verfügungsfreiheit unter Lebenden und des eventuell rückerstattungspflichtigen Geschenknehmers wurde eine zeitliche Schranke für notwendig erachtet, die damit gerechtfertigt wurde, daß die kritische Zeit für Umgehungen des Noterbrechts hauptsächlich nur die letzte Zeit vor dem Tode des Erblassers sei. Handle es sich aber um eine Schenkung an einen selbst Pflichtteilsberechtigten, so empfehle sich eine Ausnahme. Wo sich mehrere Noterben gegenüberstehen, würde sich sonst eine kaum zu rechtfertigende Ungleichheit ergeben (Mat. zur III. TN 238).

Das Gesetz regelt nicht, in welchem Zeitpunkt der Geschenknehmer pflichtteilsberechtigt sein muß. Auch die Materialien äußern sich dazu nicht. Zwei Zeitpunkte kommen in Frage: der Zeitpunkt der Schenkung und/oder der Zeitpunkt des Erbfalles. In der Lehre ist diese Frage umstritten:

Welser (Neue Rechenaufgaben vom Gesetzgeber, NZ 1978, 161; ders., Zur Berücksichtigung von Schenkungen im Pflichtteilsrecht, FS-Kralik 583; ders. in Rummel, ABGB**2 § 785 Rz 17) vertritt die Auffassung, daß es am ehesten richtig erscheine, die "abstrakte" Pflichtteilsberechtigung im Schenkungszeitpunkt (also eine Stellung des Beschenkten, auf Grund der er Noterbe werden konnte) und die "konkrete" beim Tod des Erblassers zu fordern. Das Erfordernis des Grundverhältnisses bestehe für die Kinder wie für den anrechnungspflichtigen Ehegatten. Davon könne jedoch abgesehen werden, wenn das Geschenk im Hinblick auf eine bevorstehende Ehe oder Adoption gegeben wird. Der gleichen Ansicht sind Koziol/Welser (Grundriß10 II 390 f), die zur Begründung auf den Zweck des § 785 Abs 3 ABGB verweisen, einen vermögensmäßigen Ausgleich unter den Noterben zu schaffen. Anrechnungspflichtig sei nur, wer selbst anrechnungsberechtigt ist.

Weiß (in Klang**2 III 916) läßt die abstrakte Pflichtteilsberechtigung im Zeitpunkt der Schenkung genügen; die beschenkten Eltern des Erblassers können sich dem pflichtteilsberechtigten Kind gegenüber nicht auf den Ablauf der Zwei-Jahres-Frist berufen. Auch nach Ehrenzweig/Kralik (Erbrecht3, 303 f) reicht es aus, daß der Geschenknehmer im Zeitpunkt der Schenkung abstrakt pflichtteilsberechtigt ist. Die Pflichtteilsberechtigten seien als familia suspecta aufzufassen, die der Erblasser in der Regel eher zum Nachteil anderer Noterben begünstigen wolle als fernerstehende Personen. Für diese Überlegung des Erblassers könne nur der Zeitpunkt der Schenkung maßgebend sein. Auch Eccher (Anm zu JBl 1991, 312) fordert, den Gedanken der familia suspecta stärker zu berücksichtigen als den Ausgleichsgedanken (s auch Eccher/Schwimann, ABGB**2 § 785 Rz 16).

Migsch (Persönliche Ehewirkungen, gesetzlicher Güterstand und Ehegattenerbrecht, in Floretta [Hrsg.], Das neue Ehe- und Kindschaftsrecht 51 [59 f]) verlangt für die fristenlose Schenkungsanrechnung die konkrete Pflichtteilsberechtigung im Schenkungszeitpunkt. Ausführlich mit dieser Frage hat sich Umlauft (Unbefristete Schenkungsanrechnung im Pflichtteilsrecht, NZ 1988, 89; ders., Nochmals zur Schenkungsanrechnung im Pflichtteilsrecht, NZ 1989, 257; ders., Gedanken zur Änderung der gesetzlichen Bestimmungen über die Anrechnung im Erbrecht, NZ 1998, 48) auseinandergesetzt. Er verlangt die konkrete Pflichtteilsberechtigung im Schenkungszeitpunkt, wobei jedoch das Nichtbestehen des konkreten Pflichtteilsrechts im Schenkungszeitpunkt infolge vorherigen (Erb-)Pflichtteilsverzichts ohne Bedeutung sein soll (NZ 1988, 95 f). Ist der Geschenknehmer im Todeszeitpunkt konkret pflichtteilsberechtigt, so soll die abstrakte Pflichtteilsberechtigung im Schenkungszeitpunkt genügen. Auch von diesem Formerfordernis könne abgesehen werden, wenn die Schenkung im Hinblick auf die bevorstehende Heirat oder Adoption gemacht wurde (NZ 1989, 260). Nach Ostheim (Zur erbrechtlichen Stellung des Ehegatten nach dem BG BGBl 280 in: Schwerpunkte der Familienrechtsreform 1977/1978, 57 [68 f]) kann die Frage nach der Pflichtteilsberechtigung im Zeitpunkt der Schenkung als Voraussetzung für das Anrechnungsbegehren nicht einheitlich beantwortet werden. Der Ehegatte müsse sich nur solche Schenkungen anrechnen lassen, die er während seiner Ehe mit dem Erblasser erhielt. Bei adoptierten oder legitimierten Kindern genüge hingegen die Pflichtteilsberechtigung im Zeitpunkt des Erbfalles.

Die Rechtsprechung hatte sich bisher vor allem mit der Frage zu

befassen, ob Geschenknehmer auch dann anrechnungspflichtig sind, wenn

sie zwar im Zeitpunkt der Schenkung, nicht aber im Zeitpunkt des

Erbfalles pflichtteilsberechtigt waren. Diese Frage wurde mit der

Begründung verneint, daß unter den in § 785 Abs 3 ABGB genannten

pflichtteilsberechtigten Personen nur konkret Pflichtteilsberechtigte

zu verstehen seien, ohne daß zwischen dem Zeitpunkt der Schenkung und

dem des Erbfalles unterschieden wurde (SZ 47/76 = EvBl 1975/2 = NZ

1975, 191). In den Entscheidungen JBl 1988, 646 = NZ 1989, 42

[Fischer-Czermak] = RZ 1988/45 = EFSlg 56.881; JBl 1991, 312 [Eccher]

= EFSlg 63.105 = ZfRV 1991, 471 [Zemen] konnte die Frage, ob die

konkrete Pflichtteilsberechtigung auch für den Schenkungszeitpunkt zu fordern ist, offengelassen werden, weil die Anrechnungspflicht schon wegen fehlender konkreter Pflichtteilsberechtigung im Zeitpunkt des Erbfalles entfiel. Die Entscheidung SZ 68/47 = EvBl 1995/155 = JBl 1995, 584 = NZ 1996, 178 wertet die Berufung auf die Zwei-Jahres-Frist unter den im konkreten Fall gegebenen Umständen als rechtsmißbräuchlich und bejaht die Anrechnungspflicht trotz - infolge eines Pflichtteilsverzichts - fehlender Pflichtteilsberechtigung im Zeitpunkt des Erbfalles (zum Rechtsmißbrauchseinwand s Fischer-Czermak, Anm zu NZ 1989, 42; dies., Die erbrechtliche Anrechnung und ihre Unzulänglichkeiten, NZ 1998, 2 [7]; Umlauft aaO NZ 1998, 53).

Die Frage, ob der Geschenknehmer auch im Schenkungszeitpunkt konkret pflichtteilsberechtigt sein muß, stellte sich bisher nur in bezug auf den - damals nicht pflichtteilsberechtigten - Ehegatten, der vor dem Eherechtsänderungsgesetz BGBl 1978/280 beschenkt worden war, während der Erblasser nach dem Inkrafttreten des Gesetzes verstarb. Der Oberste Gerichtshof bejahte die Anrechnungspflicht unter Hinweis auf die Absicht des Gesetzgebers, die Anfechtung von Schenkungen an einen Ehegatten, dessen Ehe im Zeitpunkt des Todes des Erblassers noch aufrecht war, auch dann ohne Befristung zuzulassen, wenn die Schenkung vor dem Eherechtsänderungsgesetz erfolgte (SZ 56/85 = NZ 1984, 7).

Der Beklagte war zum Schenkungszeitpunkt ein uneheliches Kind des Erblassers, das acht Monate später durch die Eheschließung seiner Eltern legitimiert wurde. Als uneheliches Kind war der Beklagte nach der Rechtslage im Schenkungszeitpunkt unter den im konkreten Fall gegebenen Umständen nicht pflichtteilsberechtigt; die völlige erbrechtliche Gleichstellung von unehelicher Verwandtschaft mit der ehelichen Verwandtschaft brachte erst das ErbRÄndG 1989 BGBl 656.

Der Beklagte hat sein Erb- und Pflichtteilsrecht aber nicht erst durch die Gesetzesänderung erlangt; er wurde bereits durch die Eheschließung seiner Eltern einem ehelichen Kind gleichgestellt (§ 161 Abs 1 ABGB). Nach Ostheim (aaO) genügt in einem solchen Fall die Pflichtteilsberechtigung im Zeitpunkt des Erbfalles; selbst wenn man dieser Auffassung nicht folgt, so muß doch angenommen werden, daß die Schenkung im Hinblick auf die bevorstehende Legitimation gemacht wurde und daß das Fehlen der Pflichtteilsberechtigung im Schenkungszeitpunkt daher nicht schadet. Das muß umso mehr gelten, als bei der Legitimation durch nachfolgende Ehe, anders als bei einer Adoption, im Schenkungszeitpunkt im Verhältnis zwischen Geschenkgeber und Geschenknehmer bereits alle Voraussetzungen für die Pflichtteilsberechtigung erfüllt sind und es nur noch der Eheschließung der Eltern des Geschenknehmers bedarf.

Der Beklagte müßte die Schenkungsanrechnung aber auch dann gegen sich gelten lassen, wenn er nicht durch die nachfolgende Eheschließung seiner Eltern legitimiert worden wäre. Der Beklagte war im Schenkungszeitpunkt ein uneheliches Kind des Geschenkgebers; ob unehelichen Kindern ein von den bisherigen Beschränkungen unabhängiges Erb- und Pflichtteilsrecht zusteht, hängt davon ab, ob der Erblasser nach dem Inkrafttreten des Erbrechtsänderungsgesetzes () gestorben ist. Ist dies der Fall, so ist die Rechtsstellung des unehelichen Kindes mangels gegenteiliger Übergangsbestimmungen allein nach diesem Gesetz zu beurteilen. In diesem Sinn hat der Oberste Gerichtshof - in einem Fall, in dem der Erblasser nach dem gestorben war - einem im Zeitpunkt der Schenkung an Noterben vorhandenen unehelichen Kind des Geschenkgebers einen Anspruch auf den Schenkungspflichtteil zuerkannt, obwohl die Schenkung vor dem erfolgt war (JBl 1994, 822).

Diese Auffassung muß auch für den umgekehrten Fall gelten, in dem sich die Gleichstellung der unehelichen Kinder durch das Erbrechtsänderungsgesetz 1989 zu deren Nachteil auswirkt. Auch insoweit ist die Rechtsstellung der unehelichen Kinder nur nach dem ErbRÄndG 1989 zu beurteilen, wenn, wie im vorliegenden Fall, der Erblasser nach dem gestorben ist. Der für die Anrechnung maßgebliche Gesamttatbestand hat sich erst mit dem Anrechnungsverlangen der pflichtteilsberechtigten Kläger vollständig verwirklicht; für seine Beurteilung ist demnach die Gesetzeslage in diesem Zeitpunkt maßgebend (s. zur Rechtslage nach dem Eherechtsänderungsgesetz Fischer- Czermak, Zur unbefristeten Anrechnung von Schenkungen an einen Ehegatten nach § 785 ABGB, NZ 1984, 5).

Wenn dem Erbrechtsänderungsgesetz damit auch keine echte Rückwirkung zugemessen wird, so ist doch nicht zu verkennen, daß es sich um eine Rechtsänderung bei einem Dauersachverhalt handelt, die den Erwartungen der Beteiligten widersprechen und daher ebenso bedenklich sein kann wie die echte Rückwirkung (s. F.Bydlinski in Rummel, ABGB**2 § 5 Rz 1). Das Rückwirkungsverbot ist aber nur eine Zweifelsregel, die durch jede Rückwirkungsanordnung als lex specialis durchbrochen werden kann. Da es kein verfassungsrechtliches Rückwirkungsverbot gibt, mißt der Verfassungsgerichtshof rückwirkende Gesetze (nur) am Gleichheitssatz (Bydlinski aaO § 5 Rz 2 mwN). Von einer gleichheitswidrigen Anordnung kann aber beim Erbrechtsänderungsgesetz als jener Regelung, die die Ungleichheiten zwischen ehelichen und unehelichen Kindern beseitigt hat, keine Rede sein (JBl 1994, 822 mwN).

Der Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, daß der Gesetzgeber keine umfassende Sicherung des Pflichtteiles und keinen völligen Ausgleich zwischen den Pflichtteilsberechtigten beabsichtigt habe (so JBl 1994, 822). Ihm stehen als - im Zeitpunkt des Erbfalles konkret pflichtteilsberechtigtem - Sohn des Erblassers, der dessen Vermögen geschenkt erhalten hat, mit den Kindern seiner vorverstorbenen (Halb-)Schwester zwei weitere Pflichtteilsberechtigte gegenüber, die leer ausgegangen sind; das ist genau jene Sachlage, für die der Gesetzgeber einen Ausgleich für notwendig erachtet hat.

Die Revision mußte erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.