OGH vom 05.09.1989, 5Ob606/89

OGH vom 05.09.1989, 5Ob606/89

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik, Dr.Zehetner, Dr.Klinger und Dr.Schwarz als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verlassenschaft nach dem am verstorbenen, zuletzt in Göteborg, Schweden, wohnhaft gewesenen Gottfried Maximilian K***, vertreten durch den Verlassenschaftskurator Dr.Wolfgang Wiedner, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Georg W***, Angestellter, Wien 19., Pyrkergasse 10, vertreten durch Dr.Gerhard Munk, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufhebung eines Kaufvertrages (Streitwert 447.600 S) infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom , GZ 12 R 248/88-10, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom , GZ 28 Cg 135/87-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben. Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur ergänzenden Verhandlung und neuen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen, das auf die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gleich Kosten des Verfahrens erster Instanz Bedacht zu nehmen haben wird.

Text

Begründung:

Der schwedische Staatsbürger Gottfried Maximilian K*** ist am in Göteborg (Schweden) verstorben. Er hinterließ in Österreich unbewegliches Vermögen, und zwar unter anderem die Liegenschaft EZ 1014 KG Donaufeld.

Am beschloß des Stadtgericht Göteborg auf Antrag des Kammerkollegiums in seiner Eigenschaft als Stellvertreter des allgemeinen Erbfonds, daß der Nachlaß des Verstorbenen zwecks Verwaltung an einen Nachlaßpfleger übergeben und Rechtsanwalt Claes K***, Göteborg, zum Nachlaßpfleger bestellt wird.

Am beantragte Rechtsanwalt Dr.Friedrich W*** als Vertreter des Nachlaßpflegers beim Bezirksgericht Favoriten die Einleitung der Verlassenschaftsabhandlung gemäß § 22 AußStrG in Verbindung mit § 28 IPRG. Er brachte vor, der Verstorbene habe keine wie immer gearteten Erben, sodaß sein gesamtes Vermögen dem schwedischen Staat anheimfallen werde, gab namens des allgemeinen Erbfonds beim Stadtgericht Göteborg aufgrund des Gesetzes zum gesamten Nachlaß die unbedingte Erbserklärung ab und begehrte schließlich die Einantwortung des Nachlasses an diesen Fonds. Am bestellte das Bezirksgericht Favoriten Rechtsanwalt Dr.Friedrich W*** gemäß § 78 AußStrG zum Kurator der Verlassenschaft und erließ das Edikt zur Einberufung unbekannter Erben gemäß § 128 AußStrG.

Mit Beschluß des Bezirksgerichtes Favoriten vom wurde unter anderem das vom Gerichtskommissär errichtete Inventar, in dem unter den Nachlaßaktiven die Liegenschaft EZ 1014 KG Donaufeld mit einem Einheitswert zum von 102.000 S und einem Schätzwert laut Gutachten des Sachverständigen Dr.Wolfgang R*** von 100.000 S aufschien, mit einem reinen Nachlaß von 1,377.320 S zu Gericht angenommen und der zwischen der Verlassenschaft, vertreten durch den Verlassenschaftskurator Dr.Friedrich W***, und dem Beklagten am 27.4./ über die vorgenannte Liegenschaft um den Kaufpreis von 96.800 S geschlossene Kaufvertrag abhandlungsbehördlich genehmigt. Dieser Kaufvertrag wurde zu TZ 6257/83 verbüchert.

Am faßte das Bezirksgericht Favoriten folgenden Beschluß (ON 35 des Verlassenschaftsaktes):

1.) Die vom allgemeinen öffentlichen Erbfonds im Königreich Schweden aufgrund des Gesetzes ohne Rechtswohltat des Inventars abgegebene Erbserklärung wird zu Gericht angenommen und das Erbrecht des genannten Fonds aufgrund der Angaben in der Todfallsaufnahme und der vorgelegten Urkunden für ausgewiesen erkannt.

2.) Dem allgemeinen öffentlichen Erbfonds im Königreich Schweden wird die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses gemäß § 810 ABGB und § 145 AußStrG eingeräumt.

3.) Der bisher bestellte Verlassenschaftskurator Dr.Friedrich W***, Rechtsanwalt in Wien, wird von seiner Funktion enthoben.

4.) Sämtliche Anträge der Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, vom werden zufolge mangelnder Antragslegitimation der Antragstellerin zurückgewiesen.

..........

7.) Der Nachlaß wird eingeantwortet und die Abhandlung hiemit beendet.

Am selben Tag wurde der Nachlaß nach dem am verstorbenen schwedischen Staatsbürger Gottfried Maximilian K***, zuletzt wohnhaft gewesen in der Domkirchengemeinde Göteborg in Schweden, aufgrund des Gesetzes und der zum Gesamtnachlaß abgegebenen unbedingten Erbserklärung dem allgemeinen öffentlichen Erbfonds in Schweden zur Gänze eingeantwortet (ON 36 des Verlassenschaftsaktes).

Punkt 3 des verlassenschaftsgerichtlichen Beschlusses ON 35 erwuchs mangels Anfechtung in Rechtskraft. Mit Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom , 5 Ob 511, 512/85 (inzwischen

veröffentlicht in ZfRV 1985, 214 mit Anmerkung von Hoyer = IPRax

1986, 43 mit Anmerkung von Firsching = EvBl.1986/12 = NZ 1987, 68),

wurden unter anderem die vom allgemeinen öffentlichen Erbfonds im Königreich Schweden aufgrund des Geestzes ohne Rechtswohltat des Inventars abgegebene Erbserklärung in Abänderung des Punktes 1 des abhandlungsgerichtlichen Beschlusses ON 35 zurückgewiesen, Punkt 2 des verlassenschaftsgerichtlichen Beschlusses ON 35 und die Einantwortungsurkunde ON 36 aufgehoben, die Zurückweisung der von der durch die Finanzprokuratur vertretenen Republik Österreich gestellten Anträge vom in Abänderung des Punktes 4 des verlassenschaftsgerichtlichen Beschlusses ON 35 aufgehoben und dem Bezirksgericht Favoriten eine meritorische Entscheidung über diese Anträge aufgetragen.

Das Bezirksgericht Favoriten übermittelte den Verlassenschaftsakt dem Gerichtskommissär zur Fortsetzung des Verlassenschaftsverfahrens (Beschluß vom ) und bestellte in der Folge Dr.Wolfgang W***, Rechtsanwalt in Wien, zum Verlassenschaftskurator (Beschluß vom ).

Mit der am beim Erstgericht eingelangten, abhandlungsgerichtlich genehmigten Klage begehrte die klagende Verlassenschaft, vertreten durch den Verlassenschaftskurator Dr.Wolfgang W***, den zwischen ihr und dem Beklagten über die Liegenschaft EZ 1014 KG Donaufeld abgeschlossenen Kaufvertrag aufzuheben und den Beklagten schuldig zu erkennen, in die Einverleibung des Eigentumsrechtes der klagenden Partei Zug um Zug gegen Rückstellung des Kaufpreises von 96.800 S einzuwilligen. Zur Begründung brachte sie vor, tatsächlich betrage der Verkerhswert der Liegenschaft 447.600 S. Es werde daher Verletzung über die Hälfte des wahren Wertes geltend gemacht. Im übrigen werde die Klage auf alle anderen in Betracht kommenden Rechtsgründe gestützt. Der Beklagte beantragte die Abweisung der Klage und wendete ein, daß die KLage erst nach Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist eingebracht worden sei. Im übrigen liege auch eine Verletzung über die Hälfte des wahren Wertes nicht vor.

Die klagende Partei replizierte, daß infolge Ablaufhemmung wegen des unvertretenen Nachlasses Verjährung nicht eingetreten sei.

Das Erstgericht wies die Klage aus nachstehenden Erwägungen ab:

Mit Rücksicht darauf, daß der Kaufpreis aufgrund des Gutachtens eines gerichtlich beeideten Sachverständigen ermittelt worden sei, könne von einer listigen Vorgangsweise oder Irreführung nicht die Rede sein. Die dreijährige Verjährungsfrist des § 1487 ABGB, die sowohl bei einer Vertragsanfechtung wegen Verletzung über die Hälfte als auch bei einer solchen wegen Irrtums ab Vertragsabschluß zu laufen beginne, habe spätestens im Juni 1986 geendet. Da es keinen unvertretenen Nachlaß gegeben habe, komme auch eine Ablaufhemmung nicht im Betracht.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei nicht Folge, sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, 60.000 S, nicht aber 300.000 S übersteigt, und erklärte die Revision für nicht zulässig. Es führte aus:

Die Annahme des Erstgerichtes, daß die klagende Verlassenschaft immer vertreten gewesen sei und es keinen Enthebungsbeschluß gegeben habe, sei zwar tatsächlich aktenwidrig, weil Punkt 3 des Beschlusses des Bezirksgerichtes Favoriten vom , ON 35, mit welchem der bisher bestellte Verlassenschaftskurator Dr.Friedrich W*** von seiner Funktion enthoben wurde, mangels Anfechtung in Rechtskraft erwuchs, jedoch sei diese Aktenwidrigkeit von keiner entscheidenden Bedeutung. Die Tatsache, daß die klagende Verlassenschaft eine Zeit lang nicht vertreten war, habe nämlich auf den Lauf und auf den Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist des § 1487 ABGB keinen Einfluß gehabt. Die Vorschrift des § 1494 ABGB, welche in gewissen Fällen eine Hemmung der Verjährung anordne, sei auf den Fall, daß eine Verlassenschaft unvertreten ist, nicht anzuwenden (8 Ob 35/74;

Schubert in Rummel, ABGB, Rz 1 zu § 1494; Klang in Klang2 VI 645;

MGA ABGB32 E 5 zu § 1494). Da somit der geltend gemachte Anspruch der klagenden Partei zur Zeit der Klageeinbringung tatsächlich bereits verjährt gewesen sei, habe das Erstgericht das Klagebegehren zutreffend abgewiesen.

Der Ausspruch über den Wert des Streitgegenstandes beruhe auf § 500 Abs 2 Z 2 und 3 ZPO in Verbindung mit § 60 JN (vgl das im Verlassenschaftsverfahren errichtete Inventar vom ), der Ausspruch über die Unzulässigkeit der Revision auf § 500 Abs 3 ZPO in Verbindung mit § 502 Abs 4 Z 1 ZPO. Die dort normierten Voraussetzungen lägen nicht vor.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die auf den Revisionsgrund des § 503 Z 4 ZPO gestützte außerordentliche Revision der klagenden Partei mit dem Antrag, das angefochtene Urteil sowie das Ersturteil aufzuheben und die Rechtssache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen. Der Beklagte beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, die außerordentliche Revision zurückzuweisen, in eventu, ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision ist gemäß § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zulässig (der Ausspruch des Berufungsgerichtes nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO ist, wie die Revisionswerberin selbst erkennt, für den Obersten Gerichtshof bindend: § 500 Abs 4 Satz 1 ZPO; eine Verletzung der für die Berechnung des Wertes des Streitgegenstandes maßgebenden Vorschriften liegt nicht vor) und auch berechtigt.

Die Entscheidung der Frage, ob die gegenständliche Klage von den Vorinstanzen zu Recht wegen Ablaufes der dreijährigen Verjährungsfrist des § 1487 ABGB abgewiesen wurde, hängt davon ab, ob die Bestimmung des § 1494 ABGB auf den vorliegenden Fall anwendbar ist. Der Ansicht des Beklagten, die klagende Verlassenschaft sei nie unvertreten gewesen, weil das Bezirksgericht Favoriten zugleich mit der Enthebung des Verlassenschaftskurators Dr.Friedrich W*** die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses gemäß § 810 ABGB und § 145 AußStrG dem allgemeinen öffentlichen Erbfonds im Königreich Schweden eingeräumt habe und Verfügungen über nicht streitige Rechtsangelegenheiten gemäß § 12 AußStrG sofort mit ihrer Zustellung Rechtswirksamkeit erlangen, kann nicht gefolgt werden. Die klagende Verlassenschaft war zumindest zwischen der Aufhebung des Punktes 2 des abhandlungsgerichtlichen Beschlusses ON 35 durch den Obersten Gerichtshof und der Bestellung des nunmehrigen Verlassenschaftskurators durch das Bezirksgericht Favoriten am nicht vertreten.

Nach § 1494 ABGB kann gegen solche Personen, welche aus Mangel ihrer Geisteskräfte ihre Rechte selbst zu verwalten unfähig sind, wie gegen Pupillen, Wahn- oder Blödsinnige, die Ersitzungs- oder Verjährungszeit, sofern diesen Personen keine gesetzlichen Vertreter bestellt sind, nicht anfangen. Die einmal angefangene Ersitzungs- oder Verjährungszeit läuft zwar fort; sie kann aber nie früher als binnen 2 Jahren nach den gehobenen Hindernissen vollendet werden.

Es ist nun richtig, daß der Oberste Gerichtshof bisher, soweit ersichtlich, eine Anwendung dieser Vorschrift auf Abwesende ohne Kurator (GlU 2167; GlU 8432; 7 Ob 593/56; JBl.1960, 640; ebenso Stubenrauch, ABGB8 II 962; Klang in Klang2 VI 645; Ehrenzweig2 I/1, 316; Schubert in Rummel, ABGB, Rz 1 zu § 1494; Mader in Schwimann, ABGB, Rz 1 zu § 1494), auf erblose Verlassenschaften (GlU 8268, 2 Ob 323/64, 8 Ob 35/74; ebenso Stubenrauch aaO, Klang aaO, Schubert aaO, Mader aaO), auf juristische Personen (5 Ob 589/80; Ehrenzweig aaO; Schubert aaO; Mader aaO) und auf Gemeinschuldner vor Bestellung des Masseverwalters (SZ 42/54 mwN) abgelehnt hat. Dies geschah mit der Begründung, daß es sich bei § 1494 ABGB um eine Ausnahmevorschrift handle, die als solche streng auszulegen sei (siehe insbesondere GlU 2167). In Ansehung der juristischen Personen wurde darauf hingewiesen, daß für diese ohnehin durch die §§ 1472 und 1485 ABGB vorgesorgt sei (5 Ob 589/50; Ehrenzweig aaO). Das Gewicht dieser Argumente wird aber dadurch geschmälert, daß auch Ausnahmegesetze ausdehnend ausgelegt und analog angewendet werden dürfen (MGA ABGB32 E 75 und 76 zu § 6 sowie E 10 und 11 zu § 7; SZ 52/148; EvBl.1985/28 ua; Koziol-Welser8 I 26) und die Begünstigung von juristischen Personen nur in Ansehung der langen Verjährungsfristen, für den ruhenden Nachlaß und den Fiskus als Übernehmer eines kaduken Nachlasses aber überhaupt nicht gilt (MGA ABGB32 E 1, 4 und 6 zu § 1472; Mader in Schwimann, ABGB, Rz 2 zu § 1472 in Verbindung mit Rz 1 zu § 1485).

In neuerer Zeit befürwortet Huber in JBl.1985, 474 f, wenngleich auch er anerkennt, daß die Durchbrechungen der Regel eng begrenzt bleiben müssen, wenn das Verjährungsrecht seinen Zweck, Rechtssicherheit zu schaffen, erfüllen soll, eine vorsichtige Analogie zu § 1494 ABGB im Falle des Gemeinschuldners in der Zeit zwischen Konkurseröffnung und Bestellung eines Masseverwalters sowie im Falle des ruhenden Nachlasse in der Zeit zwischen dem Tod des Erblassers und der Bestellung eines Nachlaßkurators bzw der Betrauung des Erben mit der Verwaltung. Huber hält insbesondere im

zweitgenannten Fall wegen der gleichen Interessenlage wie beim

Handlungsunfähigen eine Analogie unbedingt für geboten.

Eine Überprüfung der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage der analogen Anwendung des § 1494 ABGB auf den erblosen Nachlaß ergibt - insbesondere im Lichte der Ausführungen Hubers aaO -, daß diese nicht mehr aufrecht erhalten werden kann. Mit der Verjährung verfolgt die Rechtsordnung mehrere Zwecke. Erstens soll die allgemeine Rechtssicherheit dadurch gefördert werden, daß ein Zustand, der lange Zeit unangefochten bestanden hat, auch von der Rechtsordnung anerkannt wird. Zweitens beugt die Verjährung allzu großen Beweisschwierigkeiten und damit auch umständlichen Prozessen vor. Schließlich kann man in der Verjährung ein erzieherisches Druckmittel zur Vermeidung von Nachlässigkeiten in der Rechtsausübung sehen (Koziol-Welser8 I 176; siehe auch Mader in Schwimann, ABGB, Rz 2 zu § 1451). Die Verjährung beginnt grundsätzlich mit dem Zeitpunkt, in dem das Recht zuerst hätte ausgeübt werden können. Bei Ansprüchen ist dies der Moment, in dem der Geltendmachung des Anspruches kein rechtliches Hindernis mehr entgegensteht und damit die objektive Möglichkeit zu klagen gegeben ist (Mader aaO Rz 3 zu § 1478). Subjektive, in der Person des Berechtigten liegende Hindernisse haben in der Regel auf den Beginn der Verjährung keinen Einfluß (Mader aaO Rz 6 zu § 1478). Der Schuldner soll in der Regel nur während des Verjährungszeitraumes mit einer Inanspruchnahme rechnen müssen. Diese Grundregel erfährt unter anderem durch die §§ 1494 ff ABGB Ausnahmen (Huber in JBl.1985, 473). Die ratio der Ausnahmeregel des § 1494 ABGB, daß der Lauf der Verjährungszeit gegen handlungsunfähige Gläubiger, denen keine gesetzlichen Vertreter bestellt sind, nicht anfangen kann und die einmal angefangene Verjährungszeit zwar fortläuft, aber nie früher als binnen 2 Jahren nach den behobenen Hindernissen (Erlangung der Handlungsfähigkeit oder Bestellung eines gesetzlichen Vertreters) vollendet werden kann, nämlich, den handlungsunfähigen Gläubiger von der Gefahr eines Rechtsverlustes durch Verjährung zu schützen, trifft auch auf den unvertretenen Nachlaß zu. Nach der im Gesetz zum Ausdruck kommenden Wertung muß angenommen werden, daß der geregelte (handlungsunfähiger Gläubiger) und der ungeregelte Fall (unvertretener Nachlaß) in den maßgeblichen Voraussetzungen des Tatbestandes übereinstimmen, sodaß die vom Gesetzgeber an den geregelten Tatbestand geknüpfte Rechtsfolge auch bei ungeregelten Tatbestand eintreten soll. Der Oberste Gerichshof hält daher in Übereinstimmung mit Huber in JBl.1985, 474 f und in Abweichung von seiner bisherigen Rechtsprechung (der im übrigen überwiegend Fälle zugrunde lagen, in denen handlungsfähige Erben vorhanden waren, die sich nicht zeitgerecht um die Geltendmachung der Rechte des Nachlasses gekümmert hatten) die analoge Anwendung des § 1494 ABGB auf den unvertretenen Nachlaß für geboten (siehe auch die zur ausdehnenden Auslegung und analogen Anwendung von Ausnahmebestimmungen bereits zitierten Vorentscheidungen; vgl für den deutschen Rechtsbereich § 207 BGB).

Die analoge Anwendung des § 1494 ABGB auf den vorliegenden Fall führt, da die Erhebung der Klage am noch innerhalb von 2 Jahren nach der Bestellung des derzeitigen Verlassenschaftskurators am erfolgte, zu dem Ergebnis, daß die gegenständliche Klage nicht wegen Verjährung der Ansprüche auf Anfechtung des Kaufvertrages wegen Verletzung über die Hälfte oder Irrtums abgewiesen werden kann. Es muß daher der außerordentlichen Revision Folge gegeben und die Rechtssache unter Aufhebung der Urteil der Vorinstanzen zur ergänzenden Verhandlung und neuen Entscheidung an das Erstgericht zurückverweisen werden. Der Vorbehalt der Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht auf § 52 ZPO.