OGH vom 20.09.2011, 4Ob136/11w

OGH vom 20.09.2011, 4Ob136/11w

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. H***** H*****, 2. Mag. A***** H*****, beide vertreten durch Mag. Ulrich Salburg, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei M***** AG, *****, vertreten durch Kunz Schima Wallentin Rechtsanwälte OEG in Wien, wegen 60.626,11 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 1 R 242/10f 21, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1.1. Steht die Kausalität eines positiven Tuns in Frage, so wird geprüft, ob der Schaden entfällt, wenn man sich eben dieses Tun wegdenkt. Kommt dagegen eine Schädigung durch Unterlassung in Betracht, so ist zu fragen, ob der Schaden auch bei pflichtgemäßem Verhalten eingetreten wäre. Wäre bei pflichtgemäßem Verhalten der Schaden nicht eingetreten, so ist die Unterlassung ursächlich.

Dies gilt auch bei Prüfung der Verantwortlichkeit für mangelhafte Prospekte einer Kapitalanlage. Dazu sind Feststellungen über die Kausalität zwischen den mangelhaften Prospektangaben und dem Anlageentschluss sowie bei deren Feststellung über den Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen den mangelhaften Prospektangaben und dem oft erst viel später eingetretenen Schaden erforderlich.

Hätte der geschädigte Anleger ohne die mangelhaften, weil vorwerfbar unrichtigen, unvollständigen oder irreführenden Angaben im Prospekt genauso disponiert, sodass derselbe Schaden eingetreten wäre, fehlt die erforderliche Kausalität. Es muss ein Kausalzusammenhang zwischen den Prospektangaben und dem Erwerb der Beteiligung bestehen; ist dieser Zusammenhang nicht gegeben, ist eine Haftung abzulehnen. Die Ursächlichkeit ist gegeben, wenn sich der Anleger im Vertrauen auf den ihm bekannten Prospekt zum Kauf entschlossen hat, wenn er also die unrichtigen, unvollständigen oder irreführenden Prospektangaben tatsächlich zur Grundlage seiner schadensauslösenden Disposition gemacht hat. Maßgeblicher Zeitpunkt für diesen Ursachenzusammenhang ist der des Vertragsabschlusses in Ansehung der konkreten Anlageentscheidung (6 Ob 2100/96h mwN).

1.2. Der natürliche Kausalzusammenhang ist zu bejahen, wenn aus einer Tatsache (dem Verhalten des Beklagten) die andere Tatsache (der eingetretene Schadenserfolg) zu erschließen ist. Ob dieser natürliche Kausalzusammenhang gegeben ist, ist eine Tatsachenfeststellung (RIS-Justiz RS0022582). Die Verneinung der natürlichen Kausalität ist als Tatsachenfeststellung einer Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof entzogen (RIS-Justiz RS0022582 [T12]).

1.3. Die Feststellungen der Tatsacheninstanzen lassen sich dahin zusammenfassen, dass für die Anlageentscheidungen der Kläger allein die Beratungsgespräche mit ihrem langjährigen Betreuer bei der Hausbank, nicht hingegen der Werbeprospekt (in dem auch die Beklagte genannt ist) kausal waren. Wenn die Vorinstanzen unter diesen Umständen das Bestehen außervertraglicher Schadenersatzansprüche wegen irreführender und unrichtiger Werbung verneint haben, liegt darin keine Verkennung der Rechtslage. Dass bestimmte konkret bezeichnete Prospektaussagen deshalb für die Kaufentscheidung der Kläger kausal gewesen seien, weil ihnen diese Aussagen im Rahmen der Beratung durch den Anlageberater bekannt geworden seien, haben die Kläger nicht behauptet.

1.4. Die im Rechtsmittel angeführten Entscheidungen 4 Ob 65/10b und 8 Ob 25/10z sind nicht einschlägig, weil in beiden Verfahren der Kaufentschluss der Kläger jeweils durch den Werbeprospekt veranlasst war.

2. Die geltend gemachten Rechtsmittelgründe der Aktenwidrigkeit und Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).