Suchen Hilfe
OGH vom 09.09.2019, 1Präs2690-2983/19s

OGH vom 09.09.2019, 1Präs2690-2983/19s

Kopf

Die Präsidentin des Obersten Gerichtshofs hat in der Disziplinarsache gegen Dr. *****, Rechtsanwalt in *****, AZ D 11/19 (5 DV 23/19) des Disziplinarrats der ***** Rechtsanwaltskammer, über den Antrag auf Ausschließung des amtierenden Vorsitzenden des Disziplinarrats der ***** Rechtsanwaltskammer, ***** der ***** Rechtsanwaltskammer *****, wegen Befangenheit den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Antrag wird abgewiesen.

Text

Begründung:

Vorauszuschicken ist, dass Gegenstand dieser Entscheidung der Ausschließungsantrag des Disziplinarbeschuldigten im Verfahren AZ D/19 ist. Über den das Disziplinarverfahren AZ D 26/18 betreffenden Ausschließungsantrag des Disziplinarbeschuldigten, ebenfalls gerichtet gegen den amtierenden Vorsitzenden des Disziplinarrats der zuständigen Rechtsanwaltskammer, der nach Beginn der mündlichen Disziplinarverhandlung gestellt wurde, entschied der gem § 26 Abs 5 letzter Satz DSt zuständige Senat des Disziplinarrats mit Beschluss vom , mit welchem der Antrag auf Ausschließung abgewiesen wurde.

Rechtliche Beurteilung

Über den nun im (weiteren) Disziplinarverfahren AZ D 11/19 gestellten Antrag auf Ausschließung wegen Befangenheit des Vorsitzenden des zuständigen Disziplinarsenats, der – wegen Emeritierung des Präsidenten der zuständigen Rechtsanwaltskammer – zugleich amtierender Vorsitzender des Disziplinarrats dieser Rechtsanwaltskammer ist, hat in sinngemäßer Anwendung des § 26 Abs 5 Satz 2 DSt die Präsidentin des Obersten Gerichtshofs zu entscheiden.

Im Wesentlichen mit dem im Verfahren AZ D 26/18 gestellten Antrag gleichlautend wirft der Disziplinarbeschuldigte dem Vorsitzenden eine unrichtige Protokollierung in der mündlichen Disziplinarverhandlung im Verfahren AZ D 26/18 vor: In der Niederschrift über die mündliche Verhandlung sei der vom Verteidiger des Beschuldigten und vom Beschuldigten selbst gestellte Antrag auf Ausforschung und auf Einvernahme einer näher genannten Zeugin nicht enthalten gewesen. Die zwingend vorgesehene Beiziehung eines Schriftführers sei bei dieser Verhandlung unterblieben. Der abgelehnte Vorsitzende habe den Beschuldigten in der Disziplinarverhandlung auch mehrfach mit den Worten: „Das interessiert mich nicht.“ unterbrochen. In der Folge habe der abgelehnte Vorsitzende über den ausführlich begründeten Protokollberichtigungsantrag des Disziplinarbeschuldigten abschlägig entschieden und in Abrede gestellt, dass der Beschuldigte die Anträge gestellt habe. Ferner habe der Beschluss eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung enthalten.

Der abgelehnte Vorsitzende erklärte sich in seiner Stellungnahme für nicht befangen. Der Umstand, dass dem Protokollberichtigungsantrag des Beschuldigten nicht entsprochen worden sei, sei nicht geeignet, seine Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit in Zweifel zu ziehen. Tatsächlich sei weder vom Verteidiger des Beschuldigten noch vom Beschuldigten selbst ein diesbezüglicher Beweisantrag gestellt worden, der im Übrigen auch ohne Relevanz sei, weil der Beschuldigte den Inhalt jener Äußerungen gegenüber seiner Schwester, die zu seiner Verurteilung im Verfahren AZ D 26/18 geführt hätten, ohnedies zugestanden habe.

Der Antrag ist unberechtigt.

Zwar scheitert der auf die Verhandlungsführung des Vorsitzenden im Verfahren AZ D 26/18 gestützte Antrag auf Ausschließung nicht am Erfordernis rechtzeitiger Rüge in der Verhandlung (vgl 17 Os 15/15g), weil sich der Antrag im Anlassfall nicht auf dieses Disziplinarverfahren bezieht. Allerdings ist weder die objektive noch die subjektive Unparteilichkeit (vgl Lässig, WK-StPO § 43 Rz 13 mwN) des Vorsitzenden dadurch beeinträchtigt, dass er seine Pflicht zur Prozessleitung dadurch ausübt, dass er ihm rechtlich nicht relevante Äußerungen des Beschuldigten unterbindet.

Das gilt auch für den Vorwurf der fehlerhaften Protokollierung und der nach den Behauptungen des Beschuldigten unberechtigten Abweisung des Protokollberichtigungsantrags: Anhaltspunkte dafür, dass sich der Vorsitzende bei der Protokollierung und/oder der Entscheidung über den Protokollberichtigungsantrag von anderen als sachlichen Gesichtspunkten leiten ließ, bestehen nicht: Der Vorsitzende betonte in seiner Stellungnahme, dass der Beweisantrag, um dessen Protokollierung es ging, deshalb unerheblich war, weil die Zeugin zum Nachweis dafür geführt worden sei, dass sie die dem Beschuldigten angelasteten Äußerungen nicht gehört habe. Tatsächlich habe der Beschuldigte diese Äußerungen, die zu seiner Verurteilung im Vorverfahren geführt hätten, zugestanden.

Selbst wenn daher dem Vorsitzenden bei der Protokollierung ein Fehler unterlaufen sein sollte, bestehen keine Anhaltspunkte für eine bewusste Falschprotokollierung, die allenfalls den Vorwurf der Unparteilichkeit begründen könnte. Auch die Entscheidung über den Protokollberichtigungsantrag ist unter diesem Gesichtspunkt nicht geeignet, Zweifel an der Unparteilichkeit des Vorsitzenden hervorzurufen. Dass sich die Rechtsansicht des Vorsitzenden nicht mit jener des Beschuldigten deckt, ist per se nicht geeignet, die Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit des Vorsitzenden zu bezweifeln (Lässig, WK-StPO § 43 Rz 12 mwN).

Der unbegründete Antrag ist daher, ohne dass es der Durchführung des beantragten Bescheinigungsverfahrens bedurfte, abzuweisen.

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2019:001PRA02983.19S.0909.000

Dieses Dokument entstammt dem Rechtsinformationssystem des Bundes.

Fundstelle(n):
TAAAD-40720