OGH vom 20.11.2001, 3Ob146/01v
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Rupert S*****, vertreten durch Dr. Werner Fuchs, Rechtsanwalt in Landeck, gegen die beklagte Partei Werner R*****, vertreten durch Dr. Herbert Kofler, Rechtsanwalt in Landeck, wegen Einräumung einer Dienstbarkeit, über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom , GZ 1 R 102/00k-20, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom , GZ 18 Cg 40/99b-16, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind wie weitere Kosten des Verfahrens erster Instanz zu behandeln.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger ist der Bruder der Mutter des Beklagten. Mit Übergabs- und Erbverzichtsvertrag vom hatte der Kläger von seiner Mutter die Grundstücke Bp .30 (mit dem darauf errichteten Haus Nr 54), 34/1 Acker und 65 Gemüsegarten (alle in EZ 269 GB S*****) erworben. Gleichzeitig räumte er der Mutter des Beklagten und einer weiteren Schwester das lebenslängliche und unentgeltliche Wohnungsrecht in zwei nordseitig gelegenen Zimmern im
1. Stock des erwähnten Hauses sowie der Übergeberin das lebenslängliche und unentgeltliche Wohnungsrecht im gesamten restlichen Wohnhaus ein.
Mit Kaufvertrag vom erwarb die Mutter des Beklagten vom Kläger die Grundstücke Bp .30, 34/1 und 65 (die nunmehr im Eigentum des Beklagten als deren Rechtsnachfolger stehen). Pkt IV dieses Kaufvertrages lautet:
"Für den Fall, dass ... [der Beklagte] den angrenzenden Obstgarten
von Johanna K***** erwerben kann, verpflichtet sich die Erwerberin
... für sich und ihre Rechtsnachfolger, an ... [Kläger] ein Teilstück
von 50 m2 kostenlos abzutreten, um eine gerade Grenze zu erhalten. In
diesem Fall erhält ... [Kläger] für die allenfalls zu erwerbende Gp
61 das unentgeltliche und unbeschränkte Durchfahrts- und Durchgangsrecht unterhalb des Hauses."
Der Kläger erwarb mit Übergabsvertrag vom von Johanna K***** die Grundstücke 60 und 61 der EZ 30 GB S*****. Der Zufahrtsweg, über den derzeit der Zugang und eine eingeschränkte Zufahrt zu den Grundstücken Nr 60 und 61 möglich ist, ist in der Natur so situiert, dass er auch über das Grundstück Nr 28 der Mathilde G***** und der Rosemarie A***** führt. Er kann mit PKWs und Traktoren, nicht aber etwa mit einem LKW befahren werden, weil er nicht die notwendige Breite aufweist. Die jeweiligen Eigentümer des Grundstückes Nr 28 haben zumindest in den letzten Jahrzehnten dem jeweiligen Eigentümer des Grundstückes Nr 61 den Zugang und die Zufahrt zu diesem gestattet, um dieses landwirtschaftlich (in Form des Obstanbaues) zu nutzen.
Die Mutter des Beklagten hatte sich im Jahre 1977 scheiden lassen. Einige Jahre später benötigte sie eine Wohnmöglichkeit. Der Vater des Klägers und die Mutter des Beklagten ersuchte den Kläger, die diesem von dessen Mutter am übergebenen Liegenschaften zu einem günstigen Preis seiner Schwester zu verkaufen. Dies führte im November 1983 zur Errichtung eines "Kauf-Vorvertrages", der schriftlich niedergelegt und vom Kläger und der Mutter des Beklagten unterfertigt wurde. Diese beauftragte in der Folge einen Notar mit der Erstellung eines entsprechenden Kaufvertrages, der zunächst einen Kaufvertragsentwurf und schließlich die Kaufvertragsurkunde vom verfasste.
Im Zuge der davor geführten Verhandlungen war zwischen den Vertragsparteien klargestellt worden, dass der Kläger beabsichtigt, die Grundstücke Nr 60 und 61 zu erwerben. Er wollte diese in Zukunft als Bauland nutzen, ohne dass damals bereits konkrete Bauabsichten bestanden. Es ging ihm daher darum, eine entsprechende Zufahrtsmöglichkeit zu schaffen, um die Grundstücke dann auch tatsächlich bebauen zu können. Dies war seiner Schwester, der Mutter des Beklagten, auch bekannt. Die beiden einigten sich daher darauf, dass dem Kläger nach dem Erwerb dieses Grundstückes im Bereich des zuvor erwähnten Servitutsweges ein unentgeltliches und unbeschränktes Durchfahrts- und Durchgangsrecht eingeräumt werde.
Beiden Vertragsparteien war damals bewusst, dass der in der Natur bestehende Weg und damit auch jener, über den diese Rechte ausgeübt werden sollten, auch über das Grundstück .28 führte bzw führen müsste. Der Kläger ersuchte daher seine Schwester, mit dem Notar diesen Punkt zu besprechen und im Rahmen der zu errichtende Kaufvertragsurkunde zu berücksichtigen. Die in deren Pkt IV. erwähnte Formulierung sollte die Absicht der Vertragsteile zum Ausdruck bringen, dass die Käuferin die notwendigen Kosten für die Vertragserrichtung und Vergebührung etc zu tragen hat und dass der Kläger das Recht in dem Umfang ohne Zahlung eines Entgelts ausüben darf, wie es eine Nutzung der Grundstücke 60 und 61 als Baugrundstücke mit sich bringt.
Diese Möglichkeit war für den Kläger Bedingung für den Abschluss des Kaufvertrages vom . Hätte er nur die Möglichkeit erhalten, das Durchfahrtsrecht für eine landwirtschaftliche Nutzung der herrschenden Grundstücke auszuüben, hätte er den Kaufvertrag nicht abgeschlossen. Zwischen der Käuferin und dem Kläger wurde nicht besprochen, wie das erweiterte Durchfahrts- und Durchgangsrecht ermöglicht werden sollte, wenn die Eigentümer des Grundstückes Nr 28 dem nicht zustimmen würden. Tatsächlich verweigerten sie in der Folge dem Kläger auch die Einräumung eines auf die Bebauung der Grundstücke 60 und 61 abstellenden Fahr- und Gehrechtes. Damit ist es nicht möglich, über den in der Natur bestehenden Servitutsweg oder auf andere Weise in diesem Bereich im Zuge einer Nutzung der Grundstücke 60 und 61 als Baugründe zu diesen zuzufahren. Eine solche Möglichkeit wäre aber auf der Rückseite des auf dem Grundstück Nr 30 errichteten Gebäudes, und zwar über das Grundstück 34/1 möglich. Dadurch würde dieses in seiner Eignung als selbständiges Baugrundstück abgewertet. Der Kläger begehrte mit seiner Klage zuletzt im Wesentlichen, den Beklagten schuldig zu erkennen, ihm zu Gunsten der Grundstücke Nr 60 und 61 das uneingeschränkte Geh- und Fahrtrecht über einen 3 m breiten Streifen auf dem Grundstück Nr 34/01 einzuräumen.
Er brachte dazu im Wesentlichen vor:
Sinn und Zweck und wirklicher Hintergrund des zwischen ihm und der Mutter des Beklagten abgeschlossenen Kaufvertrages sei gewesen, dass er selbst "hinter dem Haus" einen großen Garten besessen und in Aussicht gehabt habe, dort noch eine zusätzliche Bauparzelle zu erwerben, wodurch eine stattliche Liegenschaft zur Errichtung eines neuen Wohnhauses gegeben gewesen wäre. Damit tatsächlich zu irgendeinem späteren Zeitpunkt "hinter dem Haus" gebaut werden konnte, habe er sich die uneingeschränkte, unentgeltliche Zufahrt sichern müssen. Dies sei in Pkt VI. (richtig: IV.) des Kaufvertrages geschehen. Die dort erwähnte Bedingung des käuflichen Erwerbes des Grundstückes 61 sei mittlerweile eingetreten. Es gebe noch ein weiteres vom Beklagten zu beseitigendes rechtliches Hindernis. Die beiden Grundeigentümer einer weiteren Liegenschaft willigten nicht ein, dem Kläger ein uneingeschränktes Zufahrtsrecht über einen für die Zufahrt benötigten Grundstücksteil (in der Natur eine schmale Zufahrt zwischen zwei Häusern) zu gewähren. Die Mutter des Beklagten habe auch die ihr schriftlich eingeräumte alternative Möglichkeit, ihm einen Zufahrtswegstreifen "oberhalb", also nördlich des Hauses des Beklagten in der erforderlichen Breite als Zufahrtsweg zur Verfügung zu stellen, abgelehnt. Er sei unter zwei Bedingungen zum Verkauf der Liegenschaft an seine Schwester bereit gewesen. Sie habe sich verpflichten müssen, kostenlos eine etwa 50 m2 große Fläche im Ostbereich des Grundstückes 65 an ihn abzutreten, sobald er die Grundstücke 60 und 61 erhalte. Grund dafür sei gewesen, dass für eine Bauführung eine nahezu rechteckige Liegenschaftsform notwendig sei, weiters die Einräumung eines uneingeschränkten unentgeltlichen Durchfahrts- und Durchgangsrechtes. Die Mutter des Beklagten habe gewusst, dass sie dafür Sorge zu tragen habe, ihm ein uneingeschränktes Durchfahrtsrecht "unterhalb des Hauses" einzuräumen. Über diese Zufahrtsvariante habe man sich geeinigt, damit nicht das oberhalb des Hauses gelegene Grundstück 34/1 für eine Zufahrt in Anspruch genommen werden müsste. Es wäre ihm als Veräußerer ein Leichtes geweses, sich nördlich (oberhalb) des Hauses eines Alternativzufahrt zu verschaffen. Sollte der Beklagte nicht in der Lage sein, die Nachbarn dazu zu bewegen, ihm ein Durchfahrtsrecht zu Gunsten der von ihm erworbenen Grundstücke einzuräumen, müsse er eben eine alternative Zufahrt über das Grundstück 34/1 zur Verfügung stellen.
Es bestehe zwar im südöstlichen Bereich des Grundstückes Nr 61 die Möglichkeit, auf einem 1,20 m breiten Weg eine landwirtschaftliche Zufahrt zu schaffen. Eine uneingeschränkte Zufahrtsmöglichkeit gebe es dort aber nicht. Hiezu wäre das Einverständnis des Eigentümers eines anderen Grundstückes einzuholen. Dies wäre aber Sache des Beklagten.
Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Seine Rechtsvorgängerin habe das unbeschränkte Durchfahrtsrecht des Klägers südlich des Hauses gemäß dem Vertrag ohnehin anerkannt. Auch er selbst habe den Bestand dieses Rechtes nie bestritten. Der Kläger sei lediglich schriftlich darauf hingewiesen worden, dass er einverleibungsfähige Urkunden zur Verfügung stellen müsse, wenn er das Recht im Grundbuch eintragen lassen wolle. Zu einem Tun sei er (Beklagter) auch heute nicht verpflichtet. In einem zweiten Schreiben sei der Kläger darauf hingewiesen worden, dass nach dem Vertragspunkt IV. das Recht vertragsgemäß lediglich für das Grundstück Nr 61 zustünde. In Wahrheit wolle der Kläger erreichen, dass die zwischen den Häusern befindliche Wegfläche, die zum größeren Teil im Eigentum nicht Verfahrensbeteiligter stehe, zum Grundstück Nr 30 bzw 65 zugeschrieben werde. Nach Auffassung des Klägers solle er (Beklagter) zumindest verpflichtet sein, ein Wegerecht auf dem fremden Grundstück zu erstreiten und an den Kläger weiterzugeben. Selbst wenn aber eine Servitut zu Gunsten der Grundstücke .30, 65 und 34/1 ersessen worden sei, würde eine Weitergabe zu Gunsten des Klägers den Vorwurf der unzulässigen und eigenmächtigen Servitutsausdehnung begründen. Es sei daher allein Sache des Klägers, ein angeblich für die Grundstücke Nr 60 und 61 ersessenes Recht gegen die Eigentümer des Grundstückes .28 direkt durchzusetzen. Der Kläger wolle ihn zudem zwingen, den Stiegeneingang zum Wohnhaus auf der Parzelle .30 von der derzeitigen Ausrichtung "Nordosten" in die Richtung "Südwesten" zu verlegen, damit auch Baufahrzeuge durchfahren könnten. Zu all diesen Zusatzhandlungen sei er als Eigentümer des belasteten Grundstückes nicht verpflichtet. Es sei nicht Sinn und Zweck des Vertrages aus 1984 gewesen, dem Kläger die Erschließung von Bauplätzen zu ermöglichen. Ein allfälliges Motiv des Klägers wäre in keiner Form Bestandteil des Kaufvertrages geworden.
1985 sei keinesfalls sicher gewesen, dass der Kläger die Grundstücke 60 und 61 erhalten würde. Er sei nur einer von mehreren Interessenten gewesen. Da er als Verkäufer die Bedingungen diktiert habe, wäre es ihm auch ein Leichtes gewesen, im Kaufvertrag mit seiner Schwester eine entsprechend deutliche Vertragsklausel aufnehmen zu lassen. Zur damaligen Zeit hätten alle Vertragsparteien gewusst, dass die Nachbarn nichts von einer Ausdehnung des Zufahrtsrechtes für andere als die bisher erfolgten Zwecknutzungen wissen wollten. Die Einräumung eines Geh- und Fahrrechtes über das Grundstück 34/1 sei nicht nur nie vereinbart worden, sondern wäre auch eine massive Beeinträchtigung für die Befahrbarkeit und für den Wertmaßstab dieses Grundstücks. Eine solche Wegtrasse würde bewirken, dass es nicht mehr als selbständiger Bauplatz zur Verfügung stünde.
Der Kläger habe auch die Möglichkeit, von Osten über den Ortsraum auf sein Grundstück Nr 61 einzufahren und dort eine Zufahrt zu schaffen. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es traf die eingangs im Wesentlichen wiedergegebenen Feststellungen und dazu noch die weitere, dass es sich bei den Parzellen 60 und 61 um als Bauland gewidmete Grundstücke gehandelt habe.
In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Auffassung, dass nunmehr die Bedingung für die Einräumung des Zugangs- und Zufahrtsrechtes eingetreten sei. Eine vertragsgemäße Einräumung "unterhalb des Hauses" sei aber mangels Zustimmung der Eigentümer des Grundstückes .28 nicht möglich. Mit der Verweigerung der Zustimmung durch diese hätten die Vertragsparteien rechnen müssen. Die Käuferin habe den Vertrag abgeschlossen, ohne dass für die Dienstbarkeitsfrage eine Regelung für den Fall vorgesehen gewesen sei, dass die notwendige Zustimmung nicht erteilt werde. Im Hinblick darauf, dass eine Dienstbarkeit im Allgemeinen die gesamte Liegenschaft belaste, wäre es Sache des Beklagten als Rechtsnachfolger der Käuferin gewesen, zu behaupten und zu beweisen, dass diese den Kaufvertrag mit dem Kläger dann nicht abgeschlossen hätte, wenn das ihm eingeräumte Dienstbarkeitsrecht an einer anderen Stelle als "unterhalb des Hauses" ausgeübt werden müsste (vgl §§ 878, 1447 ABGB). Der Beklagte habe als unmittelbarer Rechtsnachfolger der Käuferin das Geh- und Fahrrecht ausdrücklich anerkannt. Er müsse daher die seinerzeit geschlossene Vereinbarung in der Weise gegen sich gelten lassen, wie sie zwischen den Vertragsteilen zustandegekommen ist. Daher bestehe auch die seinerzeit seiner Mutter überbundene Verpflichtung, die Zugangs- und Zufahrtsmöglichkeit auf einem anderen Grundstück desselben Grundbuchskörpers einzuräumen, wenn dies im den ursprünglich vorgesehenen Bereich nicht durchsetzbar sei. Aus dem Vertrag ergebe sich nicht, dass der Eigentümer der belasteten Grundstücke auch verpflichtet wäre, eine entsprechende Weganlage herzustellen. Da über das Grundstück 34/1 jedenfalls die Möglichkeit der Schaffung einer Durchgangs- und Durchfahrtsmöglichkeit bestehe, sei der Kläger nicht verpflichtet, sich über Grundstücke Dritter eine anderweitige Zufahrtsmöglichkeit zu schaffen. Daran vermöge es auch nichts zu ändern, dass das Grundstück 34/1 durch die Einräumung des Servitutsrechts eine gewisse Wertminderung erfahre. Der gegen dieses Urteil gerichteten Berufung des Beklagten gab das Berufungsgericht mit dem angefochtenen Beschluss dahin Folge, dass es das Urteil des Erstgerichtes aufhob und diesem die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auftrug. Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei; weiters über Aufforderung des Obersten Gerichtshofes, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 52.000,-- übersteigt. Das Berufungsgericht übernahm die vom Beklagten als unrichtig bekämpften Feststellungen des Erstgerichtes mit der Ausnahme jener über die Einstufung der vom Kläger erworbenen Grundstücke als Bauland, die es als für die rechtliche Beurteilung unerheblich ansah. In rechtlicher Hinsicht billigte das Berufungsgericht die Auslegung des Erstgerichtes, wonach das dem Kläger eingeräumte Durchfahrts- und Durchgangsrecht unbeschränkt sei und sich dieser nicht mit einem für landwirtschaftliche Zwecke eingeschränkten Durchfahrtsrecht begnügen habe sollen und wollen.
Das vereinbarte Durchfahrtsrecht unterhalb des Hauses sei rechtlich unmöglich geworden, weil der in der Natur vorhandene Weg teilweise über ein Grundstück dritter Personen führe und diese die Einräumung eines auf die Bebauung der Grundstücke 60 und 61 abstellenden Fahr- und Gehrechtes verweigerten. Was aber geradezu unmöglich sei, könne nach § 878 ABGB nicht Gegenstand eines gültigen Vertrages werden, wobei im Zweifel nicht Gesamtnichtigkeit, sondern Restgültigkeit anzunehmen sei (SZ 44/166 ua).
Zwischen den Vertragsparteien sei allerdings unbestritten nicht besprochen worden, wie das erweiterte Durchfahrts- und Durchgangsrecht ermöglicht werden sollte, wenn die Eigentümer des Grundstückes Nr 28 dem nicht zustimmten. Ergänzende Vertragsauslegung habe immer dann Platz zu greifen, wenn nicht feststehe, was die Parteien in vertraglich nicht vorgesehenen Fällen gewollt hätten (SZ 60/42; SZ 36/89; SZ 26/194 uva) und führe im Ergebnis zu einer Ergänzung des Vertrages um dasjenige, was unter Berücksichtigung des von den Parteien verfolgten Vertragszwecks sowie unter Heranziehung der Verkehrssitte einer unter redlichen und vernünftigen Parteien geschlossenen Vereinbarung entsprechen würde (ecolex 1996, 374; SZ 49/86; JBl 1986, 197; JBl 1983, 593 uva). Im Zusammenhang mit der im vorliegenden Fall erforderlichen ergänzenden Vertragsauslegung und dem Grundsatz der schonenden Ausübung von Servituten (§ 484 ABGB) sei die Rechtssache derzeit noch nicht spruchreif. Das Erstgericht habe nicht festgestellt, was die Kaufvertragsparteien vereinbart hätten, wäre ihnen die Unmöglichkeit des Befahrens des in der Natur bestehenden Servitutsweges unterhalb des Hauses zur Nutzung der Grundstücke 60 und 61 als Baugrund bereits klar gewesen. Es dürfe aber auch nicht außer Acht gelassen werden, dass der vom Erstgericht dem Kläger zuerkannte Servitutsweg geradezu der Einräumung eines Notweges gleichkomme und die betroffene Parzelle in ihrer Eignung als selbständiges Baugrundstück massiv abwerte. Um dem Gebot des § 484 ABGB nachkommen und allenfalls eine Interessenabwägung vornehmen zu können, werde die Größe und der Wert dieser Grundparzelle und die Abwertung durch das begehrte Geh- und Fahrrecht festzustellen sein. Weiters wäre auch festzustellen, ob die Kaufvertragsparteien bei Kenntnis der rechtlichen Unmöglichkeit der Benützung des Servitutsweges unterhalb des Hauses allenfalls eine Zufahrtsmöglichkeit von Osten her zur Schonung der Grundparzelle 34/1 erwogen hätten. Es wäre auch festzustellen, ob es sich bei diesem Weg um öffentliches Gut handle, wie breit dieser sei und ob eine Zufahrtsmöglichkeit geschaffen werden könne.
Zur Zulässigkeit des Rekurses an den Obersten Gerichtshof führte das Berufungsgericht aus, dass ihm höchstgerichtliche Judikatur für eine Konstellation wie die gegenständliche nicht bekannt sei. Das Rechtsmittel sei zur Wahrung der Rechtssicherheit zulässig, weil es der Verfahrensergänzung nicht bedürfe, wenn das Höchstgericht bei der gegebenen rechtlichen Unmöglichkeit der Ausübung des Servitutsrechtes unterhalb des Hauses von einer Gesamtnichtigkeit des Kaufvertrages ausginge.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs des Beklagten, mit dem er die Abänderung der angefochtenen Entscheidung dahin begehrt, dass seiner Berufung Folge gegeben und das Klagebegehren abgewiesen wird.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
Während der Beklagte eine (Teil-)Unmöglichkeit der Ausübung der
eingeräumten Dienstbarkeit zugesteht, geht das Berufungsgericht von
einer teilweisen Unmöglichkeit der Leistung des Beklagten nach § 878
ABGB aus. Dem kann jedoch nicht gefolgt werden. Nach Ansicht des
Berufungsgerichtes wäre (worauf es ankommt) die vom Beklagten
geschuldete Leistung rechtlich unmöglich geworden. Nun regelt aber §
878 ABGB nach Lehre und Rechtsprechung nur die anfängliche, also
schon bei Vertragsschluss gegebene Unmöglichkeit (Rummel in Rummel,
ABGB2 § 878 Rz 2 mN). Selbst wenn man also vorerst einmal davon
ausginge, der Beklagte würde die Verschaffung einer rechtlich
gesicherten Zufahrt zu den vom Kläger erworbenen Grundstücken 60 und
61 schulden, könnte keinesfalls gesagt werden, schon bei
Vertragsschluss wäre dies rechtlich unmöglich gewesen, hätte es doch
dazu nur der Erlangung der Zustimmung der Eigentümer jenes
Grundstückes bedurft, über welches der von den Vertragsparteien
seinerzeit ins Auge gefasste Weg führt. Der Fall läge demnach nicht
anders, als wenn jemand eine fremde Sache verkauft, was einen
wirksamen Vertrag nicht entgegensteht (JBl 1974, 525; Rummel aaO Rz
3; Apathy in Schwimann, ABGB2 § 878 Rz 2 mwN aus der Rechtsprechung;
Koziol in Koziol/Welser I11, 152). Demnach stellt sich schon mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 878 ABGB die Fragen nach der Teilnichtigkeit bzw Restgültigkeit überhaupt nicht. Was nun die zuletzt allein begehrte Einräumung einer Dienstbarkeit in einem anderen Bereich der Liegenschaft des Beklagten als im Kaufvertrag vorgesehen angeht, kann eine Verpflichtung dazu aus dem Kaufvertrag im Wege der unmittelbaren Auslegung nicht abgeleitet werden. Derartiges war auch nicht mündlich vereinbart, wie sich aus der Feststellung ergibt, wonach die seinerzeitigen Vertragsparteien gar nicht darüber gesprochen haben, wie das Durchfahrts- und Durchgangsrecht ermöglicht werden sollte, wenn die Eigentümer des Grundstückes Nr 28 dem nicht zustimmen würden. Dementsprechend gelangte auch das Berufungsgericht zum Auslegungsergebnis, dass der Kläger ein unbeschränktes (und nicht bloß ein auf landwirtschaftliche Zwecke eingeschränktes) Durchfahrts- und Durchgangsrecht "unterhalb des Hauses" erhalten sollte. Entgegen seiner Ansicht ist das aber, wie bereits ausgeführt, durch die Weigerung jener Personen, über deren Grundstück der Zufahrtsweg ebenfalls führen müsste, keineswegs unmöglich geworden. Daraus folgt ja nicht, dass es nicht möglich wäre, dem Kläger auf dem "unterhalb [und südlich] des Hauses" gelegenen Grundstück des Beklagten die vereinbarte Servitut einzuräumen und zu Gunsten seiner Liegenschaft im Grundbuch einzuverleiben. Die Weigerung der Nachbarn verhindert lediglich eine sinnvolle Nutzung dieses Servitutsrechtes, weil eben (jedenfalls über landwirtschaftliche Zwecke hinaus) nicht zu den Grundstücken des Klägers zugefahren werden kann. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass auf die auch im Rekurs noch relevierte Frage, ob nicht ein unbeschränktes Fahrtrecht schon am mangelnden Raum zwischen den den Weg einengenden Häusern scheitern würde, nicht einzugehen ist, weil solches nicht festgestellt wurde.
Für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreites ist es nun unerheblich, ob die dargelegte Weigerung der Eigentümer des für die Zufahrt unterhalb des Hauses notwendigen Grundstückes zu einer nachträglichen gänzlichen oder teilweisen Unmöglichkeit der Leistung des Beklagten führt. Rechtsfolge einer solchen Unmöglichkeit wäre niemals die Verpflichtung, eine andere als die vereinbarte Servitut zu bestellen. Solches ergäbe sich weder aus § 920 ABGB noch aus § 1447 ABGB. Nach letzterer Bestimmung wäre der Beklagte ohnehin leistungsfrei. Die aus § 920 ABGB folgenden Rechtsfolgen (Rücktritt oder Erfüllungsinteresse) macht aber der Kläger gar nicht geltend. Ebenfalls nicht entscheidungswesentlich ist die Frage, ob, wovon offenbar das Erstgericht ausging, nach dem Vertrag der Beklagte als Rechtsnachfolger der Käuferin nach dem Kaufvertrag verpflichtet gewesen wäre, dem Kläger die Dienstbarkeit in der vertraglich vereinbarten Form auch über die Liegenschaft der Dritten zu verschaffen. In jedem Fall hängt nämlich die Lösung des gegenständlichen Falles davon ab, ob es zu einer ergänzenden Vertragsauslegung mit dem vom Kläger gewünschten Ergebnis zu kommen hat. Eine solche Auslegung käme in gleicher Weise in Betracht, wenn die Erfüllung der Verpflichtung des Beklagten nachträglich unmöglich geworden oder der Zweck der Einräumung der Dienstbarkeit im Kaufvertrag durch die spätere Weigerung der Nachbarn, deren Grundstück für die Zufahrt unterhalb des Hauses in Anspruch genommen werden müsste, nämlich eine für Zwecke der Bebauung erforderliche Zufahrt zu den Grundstücken des Klägers zu schaffen, vereitelt worden wäre.
Notwendige Voraussetzung einer ergänzenden Auslegung ist stets das Vorliegen einer sogenannten "Vertragslücke", dass also im Vertrag für bestimmte Problemfälle keine Regelung getroffen wurde. Dass es nach dem Vertragszweck - in erster Linie sollte ja der Mutter des Beklagten eine Wohnmöglichkeit beschafft werden - jedenfalls einer solchen Regelung bedurft hätte, kann noch nicht gesagt werden. Selbst wenn man aber von der Notwendigkeit einer Regelung ausgeht, greift in einem solchen Fall primär das dispositive Recht ein, dessen Zweck es gerade ist, für im Vertrag nicht geregelte Fragen Regeln zur Verfügung zu stellen (Rummel in Rummel, ABGB2 § 914 Rz 9). Im vorliegenden Fall wäre nach dem dispositiven Recht die Rechtsfolge nachträglicher (Teil-)Unmöglichkeit, wie dargelegt, jedenfalls nicht die "Verlegung" des Dienstbarkeitsweges. Auch die bloße Zweckverfehlung auf Seiten einer Partei würde lediglich dazu führen, dass diese deren Folgen selbst zu tragen hätte (vgl § 901 ABGB). Die Möglichkeit der Durchfahrt (auch über die fremden Grundstücke) unterhalb des Hauses wurde ja gerade nicht zur Bedingung im Sinne dieser Gesetzesstelle gemacht, steht doch nur fest, dass dies "Bedingung" für den Kläger allein war. Wie Rummel (aaO) dargelegt hat, könnte man bei Vorhandensein ergänzenden Rechtes nur dann eine Vertragslücke annehmen, wenn die Parteien die Anwendung vorhandenen Dispositivrechtes jedenfalls nicht gewollt hätten oder dieses unangemessen, nicht sachgerecht oder sonst unbillig wäre. Dass eine dieser Varianten im vorliegenden Fall zutreffen würde, ergibt sich aus den Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen aber bisher nicht. Schon deshalb bedarf es jedenfalls einer Verfahrensergänzung. Es wäre festzustellen, ob die Vertragsparteien überhaupt mit der Versagung der Zustimmung zur Einräumung des vom Kläger gewünschten Fahrrechts durch die Nachbarn in Betracht gezogen haben. Wäre dies der Fall gewesen, könnte von einer Vertragslücke nicht die Rede sein, weil eben dann das Eingreifen des dispositiven Rechts (zu Lasten des Klägers) in Kauf genommen worden wäre. Stünde positiv fest, dass beide Vertragsparteien die Zustimmung als sicher annahmen, wäre wiederum festzustellen, ob diese die Anwendung des dispositiven Rechts nicht gewollt hätten bzw übereinstimmend den Zweck verfolgten, dem Beklagten auch bei Weigerung der Nachbarn in jedem Fall eine Zufahrt zu den Grundstücken 60 und 61 zum Zweck der Nutzung als Bauland zu verschaffen. In diesem Zusammenhang sprechen auch die vom Berufungsgericht vermissten Feststellungen über die zu erwartende Wertverminderung des Grundstückes 34/1 und die Möglichkeit einer anderen Zufahrt von Osten her eine Rolle.
Im Gegensatz zur Ansicht des Berufungsgerichtes ist es aber nicht erforderlich, Tatsachenfeststellungen darüber zu treffen, was die Vertragsparteien vereinbart hätten, hätten sie die Weigerung der Nachbarn bedacht. Zu Recht weist Rummel (in Rummel, ABGB3 § 914 Rz 9) darauf hin, dass eine solche Frage bereits die nach einem hypothetischen (also bloß zu vermutenden) Willen ist. Da es aber in anderen Punkten einer Ergänzung des Verfahrens bedarf, war dem Rekurs des Beklagten nicht Folge zu geben.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.