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OGH vom 24.10.2017, 4Ob135/17g

OGH vom 24.10.2017, 4Ob135/17g

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Schwarzenbacher, Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei O*****gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Eckhard Pitzl und Dr. Gerhard W. Huber, LL.M., Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei V***** I*****, vertreten durch Dr. Hans-Jörg Luhamer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert 40.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 5 R 179/16d-30, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Bei Beurteilung der lauterkeitsrechtlichen Vertretbarkeit einer Rechtsansicht durch den Obersten Gerichtshof sind zwei Prüfungsstufen zu unterscheiden: Schon auf der ersten – für die Beurteilung durch die Vorinstanzen nach § 1 UWG maßgebenden – Stufe geht es nur um die Frage nach einer vertretbaren Auslegung der Normen, um die Verwirklichung eines zurechenbaren Rechtsbruchs bejahen oder verneinen zu können. Auf der zweiten – für die zulässige Anfechtung eines Urteils beim Obersten Gerichtshof gemäß § 502 Abs 1 ZPO hinzutretenden – Stufe geht es sodann nicht um die Frage, ob das Berufungsgericht jene Vertretbarkeitsfrage richtig, sondern nur, ob es sie ohne eine krasse Fehlbeurteilung gelöst hat (RIS-Justiz RS0124004). Das Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof ist daher nicht schon bei divergenter Judikatur zweitinstanzlicher Gerichte (vgl RIS-Justiz RS0116241) oder bei Fehlen von höchstgerichtlicher Rechtsprechung zur „richtigen“ Auslegung der angeblich übertretenen Norm zulässig, sondern nur dann, wenn das Gericht zweiter Instanz seinen Ermessensspielraum bei der Beurteilung der Vertretbarkeitsfrage überschritten hat (RIS-Justiz RS0124004 [T2]; vgl 4 Ob 116/16m).

Das Berufungsgericht hat den wegen Verstoßes der Beklagten gegen § 111 Abs 2 Z 3 und Abs 4 GewO 1994 auf § 1 Abs 1 Z 1 UWG (Fallgruppe Rechtsbruch) gestützten (allein revisionsgegenständlichen Eventual-) Unterlassungs-anspruch abgewiesen, wobei es ihn nach einer von ihm als aufgrund des Wortlauts und des offenkundigen Zwecks der angeblich verletzten Normen des Verwaltungsrechts im Lichte der dazu ergangenen Entscheidungen der zuständigen Behörden und Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts als richtig angesehenen Rechtsansicht verneinte. Das Berufungsgericht hat daraus abgeleitet, dass jedenfalls seit BGBl I 2013/125 auch dem „kleinen“ Gastgewerbe nach § 111 Abs 2 Z 3 GewO 1994 die Nebenrechte des § 111 Abs 4 GewO 1994 eingeräumt sind.

Das Berufungsgericht hat damit im Ergebnis implizit auch die Vertretbarkeit dieser Auffassung bejaht: Hält ein Gericht eine Auslegung für richtig, impliziert dieses Urteil notwendig, dass es diese Auslegung jedenfalls für vertretbar hält (4 Ob 1/12v = RIS-Justiz RS0124004 [T12]).

Für die Beurteilung der Erheblichkeit des Rechtsmittels entscheidende Umstände, warum damit die lauterkeitsrechtliche Vertretbarkeit vom Berufungsgericht in unvertretbarer Weise angenommen worden sei, zeigt die Revision nicht auf.

Das Auslegungsergebnis des Berufungsgerichts zu den §§ 111 ff GewO 1994 wollte im Übrigen auch der Gesetzgeber – die am in Kraft getretenen Änderungen (§ 382 Abs 63 GewO 1994) waren in der RV nicht enthalten und wurden erst im Zuge des parlamentarischen Gesetzgebungsprozesses eingefügt – ausdrücklich so verstanden wissen (AB 2393 BlgNR 24. GP 12 und insb 13 f).

Auf die am in Kraft getretenen Änderungen des § 111 Abs 2 und 4 GewO 1994 durch BGBl I 2013/85 (§ 382 Abs 57 GewO 1994) hat sich das Berufungsgericht nicht berufen.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2017:0040OB00135.17G.1024.000
Schlagworte:
Gewerblicher Rechtsschutz

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