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OGH vom 04.04.2017, 5Ob138/16d

OGH vom 04.04.2017, 5Ob138/16d

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragstellerin M***** F*****, wegen Berichtigung gemäß § 136 GBG in den EZ 1327 und EZ 1181, je GB *****, über den Revisionsrekurs der Einschreiter 1. I***** B*****, 2. G***** B*****, beide *****, beide vertreten durch Dr. Erich Holzinger, Rechtsanwalt in Liezen, gegen den Beschluss des Landesgerichts Leoben vom , AZ 1 R 94/16i, mit dem über Rekurs der Einschreiter der Beschluss des Bezirksgerichts Liezen vom , NGB 133/2016 (TZ 1418/2016), bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Einschreiter haben die Kosten ihres Revisionsrekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Antragstellerin ist grundbücherliche Eigentümerin der Liegenschaft EZ 1181 GB *****, bestehend aus dem Grundstück 503/1. Unter A2-LNr 2 ist für dieses Grundstück die Grunddienstbarkeit des Gehens und Fahrens am Grundstück 504/1 eingetragen. Das (dienende) Grundstück 504/1 bildet die Liegenschaft EZ 235 GB *****. Unter C-LNR 3 ist dort für das Grundstück 503/1 die Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens über das Grundstück 504/1 gemäß Abs Neuntens des Schenkungsvertrags vom eingetragen.

Die Einschreiter (und Revisionsrekurswerber) sind grundbücherliche Hälfteeigentümer der Liegenschaft EZ 1327 GB *****, bestehend aus dem Grundstück 507/1. Mit Beschluss des Bezirksgerichts Liezen vom , TZ 1077/94, war aufgrund eines Schenkungs- und Erbverzichtsvertrags vom und des Teilungsplans des DI R***** vom die Grenze zwischen den Grundstücken 504/1 und 507/1 geändert und das neue Grundstück 507/1 lastenfrei abgeschrieben worden. Für dieses wurde die neue EZ 1327 eröffnet und das Eigentumsrecht für die Einschreiter einverleibt.

Mit dem am zu Protokoll gegebenen Antrag brachte die Antragstellerin vor, dass diese lastenfreie Abschreibung einer Teilfläche des Grundstücks 504/1 nicht erfolgen hätte dürfen, da diese im nördlichen Bereich von der in der EZ 235 für ihr Grundstück 503/1 einverleibten Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens über das Grundstück 504/1 betroffen sei. Diese Dienstbarkeit hätte daher mitübertragen werden müssen. Deren genauer Verlauf ergebe sich dabei aus dem Schenkungsvertrag vom und dem Teilungsplan des DI R***** vom . Die Antragstellerin begehre daher eine entsprechende Grundbuchsberichtigung gemäß § 136 GBG.

Das Erstgericht ordnete die nachträgliche Mitübertragung der Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens über das Grundstück 507/1 gemäß Absatz 9. des Schenkungsvertrags vom für Grundstück 503/1, C-LNr 3a aus EZ 235 an, sowie in der EZ 1181 bei der Grunddienstbarkeit des Gehens und Fahrens für das Grundstück 503/1 am Grundstück 504/1 (A2-LNr 2a) die Ersichtlichmachung, dass sich diese Dienstbarkeit auch auf das Grundstück 507/1 beziehe.

Das Rekursgericht gab dem gegen diese Entscheidung erhobenen Rekurs der Einschreiter nicht Folge. Wenngleich die Rechtsprechung vielfach formuliere, § 136 GBG erfasse nur nachträgliche Änderungen, verwende sie die genannte Gesetzesbestimmung teilweise doch auch als Grundlage, um bei der ursprünglichen Eintragung begangene Fehler zu berichtigen. In diesem Sinn habe der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung 5 Ob 35/89 im Fall einer Teilung des herrschenden Gutes und Abschreibung betroffener Grundstücke die – zunächst nicht erfolgte – Mitübertragung der bezüglichen Eintragung im Weg des § 136 GBG berichtigt. Im vorliegenden Fall sei im Unterschied dazu nicht das herrschende, sondern das dienende Gut geteilt worden. Aber auch bei der unterbliebenen Mitübertragung von Lasten bei der Abschreibung sei insoweit mit Berichtigung nach § 136 GBG vorzugehen. Der Oberste Gerichtshof habe die Anwendung des § 136 GBG bei anfänglich unrichtigen Grundbuchseintragungen nur im Fall konstitutiver Eintragungen „jedenfalls“ abgelehnt, was den Schluss zulasse, dass diese bei der hier vorliegenden bloß deklarativen Eintragung zulässig sei.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil der Oberste Gerichtshof die hier allein entscheidende Frage, ob § 136 GBG bei einer ursprünglichen Unrichtigkeit der Grundbuchseintragung bei bloß deklarativer Wirkung zulässig sei, noch nicht beantwortet habe.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig; er ist aber nicht berechtigt.

1. Gibt das Grundbuch die wirkliche Rechtslage nicht richtig wieder, so ist gemäß § 136 Abs 1 Satz 1 GBG auf Ansuchen die zur Berichtigung erforderliche Eintragung vorzunehmen, ohne dass die sonst für eine solche Eintragung von diesem Bundesgesetz geforderten Voraussetzungen erfüllt sein müssen, wenn die Unrichtigkeit offenkundig oder durch öffentliche Urkunden nachgewiesen ist.

2. Eine solche Berichtigung des Grundbuchs nach § 136 GBG erfolgt nach ständiger Rechtsprechung in der Regel dann, wenn nachträglich eine Rechtsänderung außerbücherlich eingetreten ist (RIS-Justiz RS0079847 [T1], RS0060992 [T1]) und mit der Grundbuchberichtigung die Nachführung des Grundbuchstands an die wahre außerbücherlich eingetretene Rechtslage vorgenommen wird (5 Ob 62/15a, 5 Ob 138/14a mwN; RIS-Justiz RS0060992 [T3]). Eine solche Berichtigung hat daher auch nur deklarative Bedeutung (vgl RIS-Justiz RS0079847 [T3], RS0061010 [T7]).

3. Voraussetzung für eine Grundbuchs-berichtigung nach § 136 GBG ist die mangelnde Übereinstimmung des Grundbuchs mit der wirklichen Rechtslage (5 Ob 1/10y). § 136 GBG enthält dabei insofern keine Einschränkung auf nachträgliche Änderungen, als dessen Wortlaut auch in gewissem Umfang die Berichtigung ursprünglicher Unrichtigkeiten zulässt (Kodek in Kodek, Grundbuchsrecht², § 136 GBG Rz 1, 71 f). Aus historischen und systematischen Erwägungen ergibt sich jedoch, dass der Gesetzgeber keine Durchbrechung der Rechtskraft von Grundbuchsbeschlüssen wollte (Kodek aaO Rz 72). Die Rechtsprechung und die überwiegende Lehre (vgl Kodek in Kodek, Grundbuchsrecht², § 136 GBG Rz 71 f; Rassi, Grundbuchsrecht, Rz 490 ff, aA Hoyer, NZ 2011, 332, wonach § 136 GBG nur die Unrichtigkeit des Bucheintrags voraussetze) lehnen daher die Berichtigung bereits ursprünglich unrichtiger Eintragungen im Fall konstitutiver Eintragungen ab (5 Ob 104/11x mwN).

4. In Bezug auf Eintragungen, die Rechtsänderungen nur deklarativ nachvollziehen, hat der Oberste Gerichtshof hingegen in einzelnen Fällen die Möglichkeit der Berichtigung auch ursprünglicher Unrichtigkeiten bejaht. So entspricht es der gefestigten Rechtsprechung des Senats, dass zum grundbücherlichen Nachvollzug der in § 844 Satz 4 und 5 ABGB geregelten Folgen der Teilung eines herrschenden Gutes für Grunddienstbarkeiten der Weg einer Grundbuchsberichtigung nach § 136 GBG grundsätzlich zur Verfügung steht (5 Ob 154/14d, 5 Ob 1/10y, 5 Ob 35/89). Wurde ein Teil des herrschenden Gutes einer Dienstbarkeit einer neuen Einlage zugeschrieben, ohne dass im Lastenblatt des dienenden Gutes darauf hingewiesen wurde, so war das Grundbuch also auf Antrag entsprechend zu berichtigen (Zur Rechtslage seit der Einführung des § 3a LiegTeilG mit der Grundbuchs-Novelle 2012, wonach bei einer Abschreibung von einem herrschenden Grundstück durch den Antragsteller anzugeben ist, ob sich die Grunddienstbarkeit auch auf das abzuschreibende Trennstück bezieht, vgl 5 Ob 184/14s; K. Binder in Kodek, Grundbuchsrecht² § 3a LiegTeilG Rz 10). Dieser Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Möglichkeit, bei einer Grundstücksteilung des herrschenden Gutes den unterbliebenen Hinweis auf das neue herrschende Grundstück (auch ohne nachträgliche Rechtsänderung) gemäß § 136 GBG zu berichtigen, liegt zugrunde, dass Grunddienstbarkeiten bei Teilung des herrschenden Gutes auch ohne Zustimmung des Verpflichteten vom herrschenden Gut auf einen aus Trennstücken gebildeten neuen Grundbuchskörper übertragen werden und die unterbliebene Mitübertragung der Berechtigung bei der Teilung also noch nicht eo ipso zum Rechtsverlust führt (vgl Kodek aaO § 136 GBG Rz 53, 56/2, 71 f).

5. Auch im Falle der Teilung des dienenden Grundstücks führt die unterbliebene Mitübertragung der Belastung nicht zum Rechtsverlust. (Auch) die Naturalteilung gemeinschaftlicher Liegenschaften lässt die dinglichen und sonstigen bücherlichen (§ 9 GBG) Rechte Dritter vielmehr unberührt. Sie bestehen an den Teilen fort, weshalb es zur Abschreibung von Liegenschaftsteilen von einem Grundbuchskörper der Zustimmung der Buchberechtigten nicht bedarf, sofern diese Rechte bei Schaffung der neuen Einlage dort eingetragen werden (§ 3 Abs 1 LiegTeilG). Die Teilung darf gemäß § 847 ABGB einem Dritten nämlich nicht zum Nachteil gereichen. Alle ihm zustehenden Pfand-, Servituts- und anderen dinglichen Rechte werden nach wie vor der Teilung ausgeübt. Lediglich wenn die Ausübung einer Grunddienstbarkeit nur ein Teilstück betrifft, erlischt das Recht hinsichtlich der übrigen Teile. Voraussetzung dafür ist bei Grunddienstbarkeiten, dass sich deren räumliche Beschränkung schon aus dem Grundbuch ergibt (§ 12 Abs 2 GBG) und durch Urkunden iSd § 74 Abs 1 GBG nachgewiesen wird, dass die Servitut das abzuschreibende Teilstück nicht betrifft. Ansonsten erfordert eine lastenfreie Abschreibung die Zustimmung des Berechtigten (5 Ob 39/13s, 5 Ob 156/07p;Sailer in KBB4§ 847 Rz 3).

6. In einzelnen älteren Entscheidungen hat der Oberste Gerichtshof in Fällen der unterbliebenen Mitübertragung von Lasten bei der Teilung des dienenden Grundstücks die Anwendung des § 136 GBGB ohne nähere Auseinandersetzung mit dem deklarativen Charakter des Nachvollzugs der in § 847 ABGB geregelten Folgen der Teilung eines dienenden Gutes abgelehnt (5 Ob 75/72 = RpflSlg 1390, 5 Ob 252/73 = RpflSlg 1511). Kodek (aaO § 136 GBG Rz 71 f) vertritt zu diesen von ihm zitierten Entscheidungen die gegenteilige Auffassung. Die Voraussetzung des § 136 Abs 1 GBG, dass das Grundbuch die „wirkliche Rechtslage“ nicht wiedergibt, könne auch bei ursprünglich unrichtigen Eintragungen erfüllt sein, wenn diese nicht konstitutiv sind. Die unrichtige Nichtübertragung von Lasten bei der Abschreibung führe per se nicht zum Rechtsverlust, sodass auch insoweit mit Berichtigung nach § 136 GBG vorzugehen wäre.

7. Der erkennende Senat teilt diese auch schon vom Rekursgericht übernommene Rechtsansicht. Soweit aus den genannten Vorentscheidungen anderes zu entnehmen ist, wird dies nicht mehr aufrecht erhalten.

8. Ergebnis

Zum grundbücherlichen Nachvollzug der in § 847 ABGB geregelten Folgen der Teilung eines dienenden Gutes für Grunddienstbarkeiten steht vom hier nicht vorliegenden Fall eines gutgläubigen Erwerbs abgesehen der Weg einer Grundbuchsberichtigung nach § 136 GBG grundsätzlich zur Verfügung. Wurde ein Teil des dienenden Gutes einer Dienstbarkeit einer neuen Einlage zugeschrieben, ohne dass im Lastenblatt des dienenden Gutes darauf hingewiesen wurde, so ist das Grundbuch auf Antrag entsprechend zu berichtigen. Da auch die weitere Voraussetzung für eine Grundbuchsberichtigung, dass offenkundig oder durch öffentliche Urkunden nachgewiesen ist, dass die begehrte Berichtigung nur dazu dient, den Grundbuchstand mit der tatsächlichen Rechtslage in Einklang zu bringen (5 Ob 154/14d), hier nicht zweifelhaft ist, kommt dem Revisionsrekurs somit keine Berechtigung zu.

9. Für den Revisionsrekurs gebühren – abgesehen von seiner Erfolglosigkeit – schon deshalb keine Kosten, weil nach ständiger Rechtsprechung des Senats im Grundbuchsverfahren kein Kostenersatz stattfindet (RIS-Justiz RS0035961).

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2017:0050OB00138.16D.0404.000
Schlagworte:
Grundbuchsrecht

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