OGH vom 15.02.2011, 4Ob226/10d
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. J***** R*****, 2. Mag. Dr. H***** K*****, beide vertreten durch Schöpf Maurer Bitschnau Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagten Parteien 1. K***** R*****, vertreten durch Kopp Wittek Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, 2. Z***** KEG, *****, vertreten durch den Kurator Dr. Robert Bukovc, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Räumung, infolge Revision der erstbeklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom , GZ 22 R 225/10g 54, womit infolge Berufung der erstbeklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Salzburg vom , GZ 10 C 66/08d 48, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die erstbeklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit 2.188,08 EUR (darin 364,68 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
Der Erstbeklagte hat im Mai 2004 vom Rechtsvorgänger der Kläger einen Gastgewerbebetrieb gepachtet; diesen hat mit Billigung des ursprünglichen Verpächters von Anfang an die zweitbeklagte KEG betrieben, die mittlerweile zufolge Ablehnung der Eröffnung eines Konkursverfahrens mangels Masse aufgelöst ist.
Nach dem schriftlichen Pachtvertrag ist der Verpächter zur vorzeitigen Vertragsauflösung berechtigt, wenn der Bestandnehmer mit zumindest einem Teil der Entgeltzahlung mehr als 14 Tage im Verzug ist und den fällig gewordenen Pachtzins trotz schriftlicher Mahnung mittels eingeschriebenen Briefs unter Androhung der Vertragsauflösung und Setzung einer 14 tägigen Nachfrist nicht zahlt.
2009 hat der Erstbeklagte den Pachtzins kein einziges Mal bei Fälligkeit gezahlt. Die Kläger haben elf Mal Klage eingebracht, nachdem sie den ausständigen Pachtzins entsprechend der Vereinbarung im Pachtvertrag zusätzlich schriftlich unter Setzung einer 14 tägigen Nachfrist und unter Androhung der Vertragsauflösung eingemahnt hatten; der Erstbeklagte hat dann jeweils innerhalb der Nachfrist gezahlt.
Betreffend den Pachtzins für Oktober 2009 nahmen die Kläger erstmals die Mahnung und Nachfristsetzung bei sonstiger Vertragsauflösung in die Mahnklage auf. Die im Zahlungsbefehl unter der Rubrik „weiteres Vorbringen“ enthaltene Formulierung lautete: „Wir mahnen den Klagsbetrag zur Zahlung binnen 14 Tagen bei sonstiger Vertragsauflösung ein.“ Auch den Pachtzins für November 2009 mahnten die Kläger in dieser Form ein (Beil./AA). Der Zahlungsbefehl wurde dem Erstbeklagten am zugestellt; mit Schreiben vom erklärten die Kläger gegenüber dem Erstbeklagten die Auflösung des Pachtvertrags wegen Ausständigkeit der Novemberpacht. Der Erstbeklagte gesteht in seiner Revision zu, den rückständigen Pachtzins für November 2009 nicht innerhalb von 14 Tagen ab Zustellung des Zahlungsbefehls gezahlt zu haben.
Die Kläger stützen ihre Räumungsklage auf erheblich nachteiligen Gebrauch und Zahlungsrückstand.
Das Erstgericht gab der Klage gegen den Erstbeklagten statt und wies die Klage gegen die Zweitbeklagte ab, weil sie nicht Mitpächterin geworden und im Räumungsstreit nicht passiv legitimiert sei.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, dass die ordentliche Revision mangels Rechtsprechung zur Aufnahme der Auflösungserklärung in eine Mahnklage zulässig sei. Der Erstbeklagte habe durch die verspätete Zahlung des Pachtzinses für November 2009 den vereinbarten Kündigungsgrund (qualifizierter Zahlungsrückstand) erfüllt. Die Erklärung in der Mahnklage erfülle das vertragliche Erfordernis einer Mahnung samt angekündigter Vertragsauflösung mittels eingeschriebenen Briefs. Auch der Auflösungsgrund des erheblich nachteiligen Gebrauchs sei erfüllt.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist unzulässig; entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) Ausspruch des Berufungsgerichts hängt die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO ab.
1. Im Bestandrecht muss eine Mahnung, die die Verzugsfolgen des § 1118 ABGB auslösen soll, grundsätzlich geeignet sein, dem Mieter den Ernst der Lage vor Augen zu führen (3 Ob 219/08i). Nach einhelliger Rechtsprechung kann die Mahnung im Sinne der genannten Bestimmung auch durch Einbringung einer Mietzinsklage erfolgen, sofern die Mietzins oder Betriebskostenschuld hinreichend konkret angeführt ist (RIS Justiz RS0021216; 3 Ob 219/08i).
2. Das Berufungsgericht ist von diesen Grundsätzen nicht abgewichen, wenn es die in einem Zahlungsbefehl enthaltene Erklärung, es werde eine konkret bezeichnete Pachtschuld bei sonstiger Vertragsauflösung eingemahnt, als grundsätzlich geeignet beurteilt hat, als Mahnung die vertraglich vereinbarten Rechtsfolgen eines qualifizierten Zahlungsrückstands auszulösen.
3. Ein Zahlungsbefehl ist dem Beklagten gemäß § 251 Z 2 ZPO wie die Klage, sohin mit Zustellnachweis (§ 106 Abs 1 ZPO) zuzustellen. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, eine Zustellung nach § 106 Abs 1 ZPO erfülle das vertraglich vereinbarte Erfordernis eines eingeschriebenen Briefs, legt den Pachtvertrag im Einzelfall vertretbar aus und bedarf keiner Korrektur durch gegenteilige Sachentscheidung. Damit liegt keine erhebliche Rechtsfrage vor (vgl RIS Justiz RS0042936; RS0044358; RS0044348).
4. Bei dieser Sachlage muss der im Rechtsmittel weiters angesprochenen Frage, ob neben dem Zahlungsrückstand auch ein erheblich nachteiliger Gebrauch des Bestandgegenstands vorliegt, nicht nachgegangen werden.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 Abs 1, § 50 Abs 1 ZPO. Da die Kläger in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen haben, diente ihr Schriftsatz der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung.