OGH vom 11.12.2007, 4Ob226/07z
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner als Vorsitzenden und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Musger als weitere Richter in der Pflegschaftssache des minderjährigen Marvin P*****, vertreten durch den Magistrat der Stadt Wien, wegen Unterhaltsvorschuss, über den ordentlichen Revisionsrekurs der Republik Österreich, vertreten durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom , GZ 42 R 306/07x-U-23, mit welchem der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom , GZ 7 P 253/01k-U-15, teilweise abgeändert wurde, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Mit Beschluss vom verpflichtete das Erstgericht den Vater, seinem Sohn Marvin gemäß § 382a EO ab einen vorläufigen Unterhalt von monatlich 105,40 EUR zu bezahlen. Der Beschluss wurde dem Vater am zugestellt. Am beantragte der Minderjährige Unterhaltsvorschuss nach § 4 Z 5 UVG. Das Erstgericht entschied zunächst nicht über diesen Antrag. Vielmehr setzte es mit dem Beschluss vom die endgültige laufende Unterhaltsverpflichtung des Vaters mit monatlich 149 EUR ab fest. Weiters wies es mit diesem Beschluss einen Antrag des Vaters auf Aufhebung der einstweiligen Verfügung ab, sprach jedoch aus, dass die Verfügung mit Rechtskraft dieses Beschlusses außer Kraft trete. Der Beschluss ist seit dem rechtskräftig.
Mit Beschluss vom gewährte das Erstgericht dem Minderjährigen für die Zeit von März bis Juni 2007 aufgrund der einstweiligen Verfügung einen monatlichen Unterhaltsvorschuss nach § 4 Z 5 UVG.
Das vom Bund angerufene Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung für den Zeitraum von März bis Mai 2007. Entgegen der im Rekurs vertretenen Auffassung sei die einstweiligen Verfügung nur für die Zeit ab Rechtskraft der endgültigen Unterhaltsfestsetzung aufgehoben worden. Für den Zeitraum davor sei sie nach wie vor aufrecht. Zwar habe der Oberste Gerichtshof in 10 Ob 82/05i anders entschieden. Danach wären gemäß § 4 Z 5 UVG gewährte Vorschüsse nach der endgültigen Unterhaltsfestsetzung immer gemäß § 20 Abs 1 Z 4 lit a UVG rückwirkend einzustellen und daher auch allenfalls gemäß §§ 22 f UVG zurückzuzahlen wären. Dies führte jedoch zu einem mit Sinn und Zweck des Unterhaltsvorschussgesetzes unvereinbaren Ergebnis. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, da die vom Rekursgericht vertretene Rechtsansicht im Widerspruch zur Entscheidung 10 Ob 82/05i stehe.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs des Bundes ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig, er ist aber nicht berechtigt. Eine einstweilige Verfügung nach § 382a EO ist zufolge § 399a Abs 2 Z 2 EO aufzuheben, wenn das Unterhaltsverfahren beendet ist. Die Aufhebung wirkt nach § 399a Abs 3 EO ab der Verwirklichung des Aufhebungsgrundes, wobei dieser Zeitpunkt im Aufhebungsbeschluss festzustellen ist. Diese Regelung durchbricht zwar den allgemeinen Grundsatz, dass die Aufhebung einer einstweiligen Verfügung nach § 399 Abs 1 Z 2 EO im Regelfall nicht zurückwirkt (RIS-Justiz RS0017928; teilweise anders für einstweiligen Unterhalt nach § 382 Abs 1 Z 8 lit a EO,9 Ob 113/01k). Auch § 399a Abs 3 EO ordnet aber nicht eine unbeschränkte Rückwirkung an, sondern stellt auf den Zeitpunkt der Verwirklichung des Aufhebungsgrundes ab. Das ist hier die rechtskräftige Beendigung des Unterhaltsverfahrens mit .
Das Rekursgericht hat daher zutreffend erkannt, dass die einstweilige Verfügung für die Zeit davor wirksam blieb. Sie wurde also durch die Aufhebung gerade nicht zur Gänze „beseitigt" (so aber 10 Ob 82/05i). Damit kann sie für den Zeitraum vor dem Wirksamwerden der Aufhebung weiterhin als Grundlage für eine Vorschussgewährung nach § 4 Z 5 UVG herangezogen werden (so nun auch 1 Ob 187/07t).
Auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung kann es unter diesen Umständen nicht ankommen. Ebenso wie aufgrund einer bereits aufgehobenen einstweiligen Verfügung Unterlassungsexekution wegen vor der Aufhebung begangener Verstöße geführt werden kann (4 Ob 96/07g = wbl 2007, 502 mwN; König, Einstweilige Verfügungen im Zivilverfahren3 [2007] Rz 8/26), muss es auch möglich sein, aufgrund einer für einen bestimmten Zeitraum noch aufrechten Unterhaltsverfügung die für diesen Zeitraum beantragten Vorschüsse zu bewilligen.
Diese Erwägungen sind wie folgt zusammenzufassen:
Wurde eine einstweilige Verfügung nach § 382a EO gemäß § 399a Abs 2 Z 2 EO mit Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses über die Unterhaltsfestsetzung im Hauptverfahren aufgehoben, so können auf Grund jenes Titels dennoch Unterhaltsvorschüsse gemäß § 4 Z 5 UVG für den Zeitraum bis zu seiner Aufhebung gewährt werden. Nicht maßgebend ist insofern der Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Vorschussgewährung.
Auf dem Boden dieser Rechtslage bleibt der Revisionsrekurs des Bundes erfolglos.