OGH vom 29.05.2019, 7Ob158/18p
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Hon.-Prof. Dr. Höllwerth, Dr. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Karl Schelling, Rechtsanwalt in Dornbirn, gegen die beklagte Partei W***** AG, *****, vertreten durch Sutterlüty Klagian Brändle Lercher Gisinger Rechtsanwälte GmbH in Dornbirn, wegen Feststellung über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 173/17y-23, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Gegenstand des Revisionsverfahrens ist das (Eventual-)Begehren, es werde die Haftung der Beklagten für alle Schäden bis zur Versicherungssumme von 1.500.000 EUR festgestellt, die daraus resultieren, dass den Versicherungsverträgen vom und keiner oder ein geringerer Deckungsumfang als im ursprünglichen (gekündigten) Vertrag vereinbart zu Grunde liegt. Das Erstgericht gab (von der Beklagten unbekämpft) dem Begehren mit 100.000 EUR, aber ansonsten (abgesehen von einer Verdeutlichung zum Umfang des Ausfallsrisikos) unverändert statt. Zu Grunde liegt, dass die Klägerin mit der Beklagten einen für sie nicht tauglichen Versicherungsvertrag (für Immobilienverwaltung und -vermittler und nicht wie gewünscht für Bauträger) abschloss, weil sie ein Mitarbeiter der Beklagten falsch beraten hat.
1. Die Revision der Klägerin will die Verpflichtungen der Versicherungsvermittler nach § 137 f und g GewO auf den beklagten Versicherer anwenden und meint ohne nähere Begründung, in diesem Fall sei von einer Haftung im begehrten Umfang auszugehen. Sie legt nicht dar, welche Pflicht mit welchen entscheidungsrelevanten Rechtsfolgen daraus angesichts der ohnehin grundsätzlich bejahten Haftung der Beklagten sowie auch der den Versicherer nach § 252 ff VAG (bzw früher § 9a, 18b und 75 VAG) treffenden Informationspflichten und der dazu bestehenden Judikatur (vgl 7 Ob 33/15a; 7 Ob 157/12g; 7 Ob 2224/96a; RS0106981; RS0080386; RS0106980; RS0080141) abzuleiten wäre, sodass auf den Einwand nicht näher einzugehen ist.
2. Abgesehen davon übergeht die Revision, dass nach den Feststellungen die Klägerin erklärtermaßen eine Reduktion der Versicherungsprämie im Verhältnis zum ursprünglichen Versicherungsvertrag anstrebte und den Mitarbeiter der Beklagten aufforderte, ihr jene (Pflicht-)Haftpflichtversicherung anzubieten, die im Verhältnis zum ursprünglichen Vertrag bloß den gesetzlichen Vorgaben für Bauträger entspräche. Dass die gewünschte Prämienreduktion jedenfalls auch mit einer Reduktion der Versicherungssumme einhergeht, liegt auf der Hand, war offenkundig und nicht aufklärungsbedürftig, lag doch keine Fehlvorstellung vor (vgl RS0080130; RS0080898).
Die Beweiswürdigung kann im Revisionsverfahren nicht bekämpft werden (RS0043371). Für die Annahme, die Klägerin hätte eine „Versicherungssumme von 1,500.000 EUR“ gewünscht, bieten die Feststellungen keine Grundlage.
3. Soweit die Klägerin meint, es hätte zumindest die Haftung im Sinn einer „Versicherungssumme von 100.000 EUR pro geschädigtem Vertragspartner“ wie im Gesetz vorgeschrieben ausgesprochen werden müssen, ist sie darauf hinzuweisen, dass sie ein derartiges Eventualbegehren nicht gestellt hat.
Zwar ist das Gericht berechtigt, dem Urteilsspruch zur Klarstellung und Verdeutlichung eine vom Begehren abweichende Fassung zu geben, dies aber nur, wenn der Kläger sachlich nicht mehr oder etwas anderes erhält als er begehrt hat (RS0039357; RS0038852; RS0041254). Ob in diesem Sinn ein aliud oder ein zulässiges minus (vgl zur Feststellungsklage RS0037485) anzunehmen ist, ergibt sich aus dem Vergleich zwischen dem gestellten Begehren und dem unter Berücksichtigung der rechtserzeugenden Tatsachen für berechtigt erachteten Anspruch (RS0041023).
Das Begehren der Klägerin lautet auf einen bestimmten Betrag, nämlich 1.500.000 EUR, ohne dass ein Bezug auf eine damit gedeckte Anzahl von Versicherungsfällen/Vertragspartnern genommen wird. Abgesehen davon, dass sich die Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren nur auf einen möglichen Versicherungsfall (Insolvenzrisiko eines Subunternehmers) zu einem konkreten Bauvorhaben im Jahr 2010 bezog, ginge der Zuspruch der Haftung für eine bestimmte Versicherungssumme „pro geschädigtem Vertragspartner“ bei offener Anzahl möglicher Geschädigter und Bauvorhaben qualitativ aber auch (rein rechnerisch) quantitativ über das gestellte Begehren hinaus.
Die Revision macht damit insgesamt keine erheblichen Rechtsfragen geltend und ist zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2019:0070OB00158.18P.0529.000 |
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