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OGH vom 25.02.2022, 6Ob211/21d

OGH vom 25.02.2022, 6Ob211/21d

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Gitschthaler als Vorsitzenden, die Hofrätinnen und Hofräte Univ.-Prof. Dr. Kodek, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer, Dr. Faber und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Rechtssache der gefährdeten Partei C* S.a.r.l., *, Luxemburg, vertreten durch Dorda Rechtsanwälte GmbH in Wien, wider die Gegnerin der gefährdeten Partei B* GmbH, *, vertreten durch Hopmeier Wagner Kirnbauer Rechtsanwälte OG in Wien, wegen einstweiliger Verfügung gemäß § 381 EO, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 47 R 200/21s-11, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom , GZ 22 C 816/21x-5, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird .

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass die einstweilige Verfügung des Erstgerichts, mit Ausnahme des Spruchpunkts 1. c), wiederhergestellt wird.

Die gefährdete Partei hat zwei Drittel der Kosten des Sicherungsverfahrens erster und zweiter Instanz vorläufig und ein Drittel davon endgültig selbst zu tragen.

Die gefährdete Partei ist schuldig, der Gegnerin der gefährdeten Partei die mit 1.949,35 EUR (darin enthalten  197,67 EUR an Umsatzsteuer und 763,33 EUR an Barauslagen) bestimmten anteiligen Kosten des Sicherungsverfahrens erster und zweiter Instanz binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die gefährdete Partei hat die Kosten ihres Revisionsrekurses vorläufig selbst zu tragen.

Die Gegnerin der gefährdeten Partei hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung:

[1] Die gefährdete Partei (Antragstellerin) und die Gegnerin der gefährdeten Partei (Antragsgegnerin) sind die einzigen Gesellschafterinnen der am errichteten B* I* GmbH (Gesellschaft). Der Anteil der Antragsgegnerin am Stammkapital der Gesellschaft beträgt 90,01 %, jener der Antragstellerin 9,99 %.

[2] Der Gesellschaftsvertrag der Gesellschaft in seiner aktuellen Fassung vom sieht in § 6 Punkt 2) vor, dass die gänzliche oder teilweise Übertragung von Geschäftsanteilen an Personen, die der Gesellschaft nicht als Gesellschafter angehören („Dritte“), sowie die Verpfändung von Geschäftsanteilen der vorherigen einstimmigen Zustimmung der Generalversammlung und jedenfalls für die Dauer ihrer Beteiligung als Gesellschafterin auch der Zustimmung der Antragstellerin bedürfen. Er lautet in seinem § 6 Punkt 4): Beschlüsse über Änderungen der Satzung, Umgründungen (Verschmelzung, Spaltung, die Veräußerung wesentlicher Teile des Unternehmens, Umwandlung nach dem UmwG) sowie die Umwandlung in eine AG, bedürfen der Zustimmung der [Antragstellerin]. Dies gilt auch für Maßnahmen zur Erhöhung oder Herabsetzung des Stammkapitals, die unmittelbar oder mittelbar zu einer Verwässerung des Anteils der [Antragstellerin] führen können.

[3] Am schlossen die Antragstellerin, die Antragsgegnerin und die Gesellschaft einen Syndikatsvertrag (Shareholders‘ Agreement; kurz SHA). Darin vereinbarten sie unter anderem in Punkt 4.6, dass Geschäftsanteile durch die Antragsgegnerin nur nach Zustimmung durch die Antragstellerin übertragen werden sowie Strukturänderungen bzw Umstrukturierungen nur unter der Voraussetzung erfolgen dürfen, dass die Antragstellerin zustimmt. Unter Umstrukturierung wurden demonstrativ angeführt: Verschmelzung, Spaltung, Veräußerung oder Verpfändung von wesentlichen Vermögenswerten, Umwandlung in eine Aktiengesellschaft.

[4] Die Parteien beabsichtigten bereits zu diesem Zeitpunkt, dass die Antragstellerin durch Erwerb von Geschäftsanteilen der Antragsgegnerin in Zukunft Mehrheitsgesellschafterin der Gesellschaft mit einem Anteil von 50,01 % werden sollte.

[5] In einem am abgeschlossenen Nachtrag zum SHA hielten die Vertragsparteien in den einleitenden Erwägungsgründen diese Absicht fest und vereinbarten auf dieser Grundlage, dass die Gewinnverteilung zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin – losgelöst von den Bestimmungen des SHA – im Verhältnis 50 : 50 zu erfolgen habe.

[6] Die Vertragsparteien vereinbarten sowohl im SHA als auch im Nachtrag, dass diese Verträge dem österreichischen Recht unter Ausschluss des UN-Kaufrechts unterliegen.

[7] Für den war eine außerordentliche Generalversammlung der Gesellschaft anberaumt, in der die Antragsgegnerin den Gesellschafterausschluss der Antragstellerin auf Grundlage des § 1 GesAusG anstrebte und für den diesbezüglichen Beschlussantrag stimmen wollte.

[8] Die Antragstellerin begehrte,

1. zur Sicherung ihres Anspruchs auf Unterlassung von Handlungen, die zu ihrem Ausschluss als Gesellschafterin aus der Gesellschaft führen würden, der Antragsgegnerin zu gebieten, es zu unterlassen,

a) Beschlüsse der Gesellschafter der Gesellschaft zu veranlassen oder zu fassen, mit denen die Antragstellerin als Gesellschafterin ausgeschlossen werden soll,

b) in der für anberaumten Generalversammlung der Gesellschaft für den Gesellschafterausschluss der Antragstellerin aus der Gesellschaft zu stimmen,

c) sonst etwas zu unternehmen, was dazu führen würde, dass die Antragstellerin aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden kann.

[9] Sie brachte vor, der geplante Gesellschafterausschluss verstoße sowohl gegen den Syndikatsvertrag als auch gegen § 6 des Gesellschaftsvertrags, weil die dafür notwendige Zustimmung der Antragstellerin nicht vorliege. Diese Beschlussfassung wäre treuwidrig und rechtsmissbräuchlich. Es liege eine Gefährdung nach § 381 Z 1 EO vor, weil die Erfüllung eines Unterlassungsanspruchs objektiv gefährdet sei, wenn ein einmaliges Zuwiderhandeln diesen Anspruch vernichten würde. Zugleich würde durch Verlust der Gesellschafterstellung und der damit verbundenen Rechte ein unwiederbringlicher Schaden der Antragstellerin im Sinn des § 381 Z 2 EO entstehen.

[10] Die Antragsgegnerin hielt dem entgegen, weder die Satzung noch das SHA mit Nachtrag sähen einen an sich möglichen Ausschluss der Anwendung des GesAusG vor; der geplante Gesellschafterausschluss sei daher zulässig. Im Übrigen fehle es an einer Gefährdung. Durch die intendierte Beschlussfassung werde der bestehende Zustand nicht verändert, vereitelt oder erheblich erschwert. Überdies trete kein (unwiederbringlicher) Schaden ein. Erst die Firmenbucheintragung bewirke die Anteilsübertragung. Gemäß § 5 Abs 2 GesAusG habe das Firmenbuchgericht mangels Vorlage einer Negativerklärung ohnedies gemäß § 19 FBG vorzugehen.

[11] Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung in Spruchpunkt 1. a) bis c) antragsgemäß, sprach aus, dass die einstweilige Verfügung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die zu sichernden Unterlassungsansprüche der Antragstellerin wirksam sei (Spruchpunkt 2.), und setzte die Rechtfertigungsfrist mit drei Monaten fest (Spruchpunkt 3.; mittlerweile rechtskräftig verlängert bis zum [ON 15]).

[12] Es führte aus, der geplante Gesellschafterausschluss sei eine Strukturmaßnahme, die vom Zustimmungsvorbehalt der Antragstellerin umfasst sei. Ausgehend davon, dass von Anfang an geplant gewesen sei, dass die Antragstellerin Mehrheitsgesellschafterin und die Antragsgegnerin Minderheitsgesellschafterin werden solle, sei der Begriff des Hauptgesellschafters in § 1 GesAusG im vorliegenden Fall nicht anwendbar. Hinzuweisen sei auch auf § 6 Z 4 der Satzung, wonach Satzungsänderungen und Umgründungen der Zustimmung der Antragstellerin bedürften; dies deute ebenfalls darauf hin, dass die Antragstellerin von Anfang an auch als Hauptgesellschafterin anzusehen sei. Demgemäß sei die beabsichtigte Beschlussfassung über den Gesellschafterausschluss treuwidrig und rechtsmissbräuchlich. Eine Gefährdung nach § 381 Z 1 EO liege vor.

[13] Das Rekursgericht wies den Sicherungsantrag ab, bewertete den Entscheidungsgegenstand mit 30.000 EUR übersteigend und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Eine Unterlassungspflicht müsse so deutlich gekennzeichnet sein, dass auch eine Überprüfung im Rahmen der exekutiven Durchsetzung möglich ist. Die allgemein gehaltenen Provisorialbegehren zu den Punkten 1a) und 1c) des Sicherungsantrags seien vor diesem Hintergrund jedenfalls zu unbestimmt. Hinsichtlich des Begehrens laut Punkt 1b) sei ein zu sichernder Anspruch nicht erkennbar: Aus den Verträgen und Satzungen, die als Grundlage der Gesellschaftsverhältnisse dienen, lasse er sich nicht ableiten. Diese träfen keine Regelungen über den Ausschluss der Gesellschafter. Ein solcher sei auch keine Strukturmaßnahme im Sinn des § 6 Z 4 der Satzung, die an die Zustimmung der Antragstellerin geknüpft sei. Dies folge auch nicht aus ergänzender Vertragsauslegung. Es liege ein grundsätzlich dichtes Regelungswerk über Rechte und Pflichten der Gesellschafter vor; Anhaltspunkte dafür, dass die Vertragsparteien eine spezifische Regelung über einen allfälligen Ausschluss eines der Gesellschafter nicht bedacht hätten, bestünden nicht.

Rechtliche Beurteilung

[14] Der gegen die Abweisung der Sicherungsbegehren zu Punkt 1. a) und b) gerichtete außerordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin ist zulässig, weil die Beurteilung der Bestimmtheit des Unterlassungsbegehrens und die Auslegung des Syndikatsvertrags durch das Rekursgericht einer Korrektur bedürfen; er ist auch berechtigt.

[15] Die Antragstellerin macht geltend, die Entscheidung des Rekursgerichts lasse sich aufgrund ihrer mangelhaften Begründung nicht überprüfen und sei daher nichtig, zumindest aber mangelhaft und auch aktenwidrig. Das Sicherungsbegehren sei (auch) in seinem Punkt 1a) ausreichend konkretisiert; eine engere Eingrenzung würde unweigerlich ungewollte Umgehungsmöglichkeiten eröffnen. Die korporativen Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags seien wie Gesetze ausschließlich objektiv auszulegen. Ein Gesellschafterausschluss nach dem GesAusG sei als Struktur- bzw Umgründungsmaßnahme zu qualifizieren, die schon nach dem Gesellschaftsvertrag, jedenfalls aber nach dem Syndikatsvertrag der Zustimmung der Antragstellerin bedürfe. Die Parteien hätten bereits 2018 beabsichtigt, dass die Antragstellerin Mehrheitsgesellschafterin werden solle; der nunmehrige Versuch, sie ohne deren Zustimmung aus der Gesellschaft auszuschließen, stelle eine Verletzung dieser Vereinbarung dar.

Hiezu wurde erwogen:

[16] 1. Nach den mit der Revisionsrekursbeantwortung vorgelegten Urkunden wurde in der Generalversammlung vom ein Beschluss über den Ausschluss der Antragstellerin nach § 1 GesAusG unter der aufschiebenden Bedingung der Aufhebung der gegenständlichen einstweiligen Verfügung gefasst. Weshalb dadurch oder durch das mittlerweile erfolgte, aber nicht rechtskräftige abweisende erstinstanzliche Urteil in dem von der Antragstellerin gegen diesen Gesellschafterbeschluss angestrengten Beschlussanfechtungsverfahren (§ 41 GmbHG) die Beschwer der Antragstellerin weggefallen sein sollte, ist nicht erkennbar.

[17] Auf die in der Revisionsrekursbeantwortung vertretene Ansicht, die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, wonach erst die endgültige Ab- oder Zurückweisung des Sicherungsantrags den gewährten einstweiligen Rechtsschutz beseitigt (6 Ob 214/19t [zust Frauenberger, Einstweiliger Rechtsschutz mit Biss, MR 2020, 376; zust König, JBl 2020, 399 – Glosse zu 6 Ob 239/19v; Kodek in Deixler-Hübner, EO[31. Lfg Dez 2020] § 390 Rz 78a und § 402 Rz 36c]), sei nur auf Aufhebungs- und Zurückverweisungsbeschlüsse des Rekursgerichts anzuwenden, muss daher nicht eingegangen werden.

[18] Im Übrigen geht – wie die Antragsgegnerin selbst erkennt – die in dritter Instanz noch strittige Reichweite der einstweiligen Verfügung über ein Stimmverbot in der Generalversammlung vom hinaus.

[19] 2. Eine Nichtigkeit nach § 477 Abs 1 Z 9 ZPO ist nur dann gegeben, wenn die Entscheidung gar nicht oder so mangelhaft begründet ist, dass sie sich nicht überprüfen lässt (RS0042133 [T6, T10, T11]). Das ist hier – wie schon die Ausführungen in der Rechtsrüge des Revisionsrekurses zeigen – nicht der Fall. Auch die geltend gemachte Mangelhaftigkeit und die Aktenwidrigkeit liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

3. Das Unterlassungsbegehren in Punkt 1. a) ist ausreichend bestimmt:

[20] 3.1 Das Rekursgericht gibt zunächst die Rechtsprechungsgrundsätze zur Bestimmtheit eines Unterlassungsbegehrens zutreffend wieder. Danach (vgl etwa 6 Ob 149/19h [ErwGr 1.2.]) bildet eine generelle Verpflichtung zur Unterlassung keinen ausreichend bestimmten Exekutionstitel; es muss vielmehr die Verpflichtung zur Unterlassung bestimmter Handlungen festgelegt sein (RS0000771). Der Begriff der Bestimmtheit eines Unterlassungsbegehrens darf allerdings nicht allzu eng ausgelegt werden, da es praktisch unmöglich ist, alle nur denkbaren Eingriffshandlungen zu beschreiben (RS0000845). Eine gewisse allgemeine Fassung des Unterlassungsgebots ist – allerdings im Verein mit konkreten Einzelverboten – meist schon deshalb notwendig, um Umgehungen nicht allzu leicht zu machen (RS0000845 [T12]). Bei einer Unterlassungsklage muss die Unterlassungspflicht so deutlich gekennzeichnet sein, dass ihre Verletzung gemäß § 355 EO exekutiv getroffen werden kann; eine Anführung aller Möglichkeiten des Zuwiderhandelns ist aber nicht nur unmöglich, sondern auch überflüssig, weil es allenfalls dem Exekutionsbewilligungsrichter obliegen wird zu beurteilen, ob bei einer Exekutionsführung die von der betreibenden Partei behauptete Zuwiderhandlung als Verstoß gegen den Exekutionstitel gewertet werden kann (RS0000878).

[21] 3.2 Das hier in Rede stehende Unterlassungsgebot laut Spruchpunkt 1. a) betrifft eine spezifische Beschlussfassung, nämlich ein solche über den Ausschluss der Antragstellerin als Gesellschafterin nach dem GesAusG. Dieses weiter gefasste Unterlassungsgebot ist überdies „flankierend“ zu dem nur auf die Generalversammlung am bezogenen Einzelverbot laut Spruchpunkt 1. b) zu sehen und schon deshalb nötig, um der Antragsgegnerin nicht die Umgehung des dort ausgesprochenen Verbots, etwa durch Anberaumung und Beschlussfassung in einer weiteren Generalversammlung, allzu leicht zu machen (vgl RS0000845 [T12, T14]). Auch das begehrte Unterlassungsgebot laut Spruchpunkt 1. a) ist daher im vorliegenden Fall ausreichend bestimmt (vgl etwa 6 Ob 44/19z; 6 Ob 90/19g: Unterlassungsgebot, im Rahmen einer Generalversammlung einer Kapitalmaßnahme zuzustimmen).

[22] 3.3 Das Sicherungsbegehren laut Spruchpunkt 1. c) ist nicht mehr Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens.

4. Der Unterlassungsanspruch ist schon aufgrund der drohenden Verletzung des Syndikatsvertrags ausreichend bescheinigt:

[23] 4.1 Einer drohenden Verletzung eines Syndikatsvertrags kann mit vorbeugender Unterlassungsklage begegnet werden. Dieser Unterlassungsanspruch ist durch einstweilige Verfügung sicherbar (6 Ob 44/19t; RS0117682).

[24] 4.2 Laut dem Syndikatsvertrag dürfen Umstrukturierungen bzw Strukturänderungen nur mit Zustimmung der Antragstellerin erfolgen. Beschlüsse über den Ausschluss eines Gesellschafters nach dem GesAusG werden in der Rechtspraxis gemeinhin – nicht anders als jene betreffend eine Verschmelzung, Spaltung oder Umwandlung – zu den „strukturändernden“ Beschlüssen gezählt (vgl 6 Ob 197/18s; Eckert/Schopper in Artmann/Karollus, AktG III6 § 196 Rz 12; Kalss, Verschmelzung – Spaltung – Umwandlung3 Vor §§ 1–11 GesAusG Rz 10). Anhaltspunkte, dass dies nicht auch im gegenständlichen Syndikatsvertrag der Fall sein sollte, liegen nicht vor, zumal dort die Aufzählung einzelner Umstrukturierungsmaßnahmen auch lediglich demonstrativ erfolgte. Im Gegenteil beabsichtigten hier die Streitteile nach dem als bescheinigt angenommenen Sachverhalt bereits bei Abschluss des Syndikatsvertrags, dass die Antragstellerin künftig durch Anteilserwerb Mehrheitsgesellschafterin (50,01 %) der Gesellschaft werden sollte, und vereinbarten im Nachtrag zum Syndikatsvertrag daher auch vorweg eine gleichteilige Gewinnverteilung. Vor diesem Hintergrund kommt den der Antragstellerin im Syndikatsvertrag eingeräumten umfangreichen Zustimmungsrechten zu Geschäftsanteilsübertragungen und zu Strukturänderungen bzw Umstrukturierungen erkennbar auch der Zweck zu, die Rechtsposition der Antragstellerin als künftige Mehrheitsgesellschafterin abzusichern. Dieser Zweck kann aber nur erreicht werden, wenn davon auch ein Gesellschafterausschluss nach dem GesAusG, der dem diametral entgegenstünde, umfasst ist. Daher kann diese Regelung redlicherweise nur so verstanden werden, dass die Antragstellerin auch nicht ohne ihre Zustimmung (gegen ihren Willen) aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden darf.

[25] 4.3 Damit hat die Antragstellerin ihren behaupteten Unterlassunganspruch gegenüber der Antragsgegnerin ausreichend bescheinigt. Damit ist auf die Frage, ob der Gesellschaftsvertrag selbst eine ausreichende Grundlage für den Unterlassungsanspruch bilden könnte (vgl 6 Ob 213/21y), nicht mehr einzugehen.

5. Die Voraussetzungen des § 381 Z 2 EO liegen vor:

[26] 5.1 Zutreffend hat die Antragstellerin darauf hingewiesen, dass ihr aufgrund des drohenden Gesellschafterausschlusses ein unwiederbringlicher Schaden iSd § 381 Z 2 EO droht, der sie dazu berechtigt, einen auf das Verbot der Stimmrechtsausübung gestützten Sicherungsantrag zu stellen (vgl 6 Ob 90/19g [ErwGr 5]: bloß drohende Ermöglichung eines Gesellschafterausschlusses nach dem GesAusG bei Durchführung eines Beschlusses über die Erhöhung des Stammkapitals; vgl auch 6 Ob 200/14a [ErwGr 6.3.], und 2 Ob 138/08w zur zumindest vorübergehenden Hinderung an der Ausübung der Gesellschafterrechte).

[27] 5.2 Zwar wird die Anteilsübertragung nach § 5 Abs 4 GesAusG erst durch Eintragung des Beschlusses über den Gesellschafterausschluss in das Firmenbuch bewirkt und hat das Firmenbuchgericht nach § 19 FBG vorzugehen, falls bei der Anmeldung des Ausschlusses bzw der neuen Beteiligungsverhältnisse keine Erklärung vorgelegt wird, dass eine Klage auf Anfechtung, Feststellung der Nichtigkeit oder Nichtigerklärung des Beschlusses innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung nicht erhoben oder zurückgenommen worden oder dass auf eine solche verzichtet worden ist (§ 5 Abs 2 GesAusG). Diese Unterbrechung ist jedoch in das (pflichtgemäße) Ermessen des Gerichts gestellt (Kalss, Verschmelzung – Spaltung – Umwandlung3§ 5 GesAusG Rz 13), wobei dieses im Rahmen einer alle Umstände berücksichtigenden Interessensabwägung darüber zu entscheiden hat, ob die sachlichen Gründe im Einzelfall für das Abwarten einer Entscheidung des Prozessgerichts sprechen oder ob das in § 19 Abs 2 FBG besonders hervorgehobene Interesse an einer raschen Erledigung prävaliert (vgl dazu 6 Ob 77/07b [ErwG 5.2.]); eine die Unterbrechung ablehnende Entscheidung ist unanfechtbar (§ 19 Abs 3 FBG). Dadurch wird die erörterte Gefährdung der Antragstellerin somit nicht beseitigt (vgl auch 6 Ob 44/19z und 6 Ob 90/19g [einstweilige Verfügung, der dort Beklagten die Anmeldung beim Firmenbuch zu verbieten]).

[28] 5.3 Mit den weiteren, von der Antragsgegnerin erstmals im Rekurs vorgebrachten Umständen, die eine Gefährdung ausschließen sollen, verstößt sie gegen das auch im Rechtsmittelverfahren gegen eine einstweilige Verfügung geltende Neuerungsverbot (RS0002445). Ihre diesbezüglichen Argumente wären überdies aber auch nicht stichhaltig. Eine Liquidation der Gesellschaft ist unstrittig nicht erfolgt. Selbst wenn der Gesellschaftszweck durch den Verkauf der „Projektliegenschaft“ erreicht worden wäre, könnte der Antragstellerin ein Interesse an der Beibehaltung ihrer Gesellschafterstellung mit allen damit verbundenen Rechten auch in der „Abwicklungsphase“ nicht per se abgesprochen werden.

[29] 6. Der Revisionsrekurs hat daher Erfolg. Die angefochtene Entscheidung ist dahin abzuändern, dass die einstweilige Verfügung des Erstgerichts, mit Ausnahme des rechtskräftig abgewiesenen Spruchpunkts 1. c), wiederhergestellt wird.

7. Kosten:

[30] 7.1 Aufgrund der Abänderung war auch die Kostenentscheidung des erst und zweitinstanzlichen Verfahrens neu zu fassen. Diese gründet auf §§ 78, 402 und 393 Abs 1 EO iVm § 43 Abs 1, § 50 Abs 1 ZPO. Die Antragstellerin ist mit ihrem Antrag und ihrem Rekurs nur teilweise durchgedrungen. Da der Rechtsstreit in erster Linie die Unterlassung der Beschlussfassung über einen Gesellschafterausschluss betraf, hat die Antragstellerin in der Sache überwiegend obsiegt; der wegen des zu weit gefassten Begehrens eingetretene Abwehrerfolg der Antragsgegnerin ist mit einem Drittel anzusetzen.

[31] 7.2 In dritter Instanz war nicht mehr das gesamte Sicherungsbegehren Verfahrensgegenstand, weil die Antragstellerin die abweisende Entscheidung des Rekursgerichts nicht zur Gänze bekämpft hat. Sie ist mit ihrem Revisionsrekurs daher zur Gänze durchgedrungen, sodass sie gemäß § 393 Abs 1 EO iVm §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO dessen Kosten vorläufig und die Antragsgegnerin die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung endgültig selbst zu tragen haben.

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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2022:0060OB00211.21D.0225.000

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